Bundesverfassungsgericht:
Beschluss vom 27. Februar 2008
Aktenzeichen: 1 BvR 1295/07

(BVerfG: Beschluss v. 27.02.2008, Az.: 1 BvR 1295/07)

Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

Die Verfassungsbeschwerde betrifft das Auswahlverfahren für die Zulassung als Rechtsanwalt bei dem Bundesgerichtshof.

I.

1. Voraussetzung einer Zulassung als Rechtsanwalt bei dem Bundesgerichtshof ist gemäß § 164 der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) eine Benennung durch den Wahlausschuss für Rechtsanwälte bei dem Bundesgerichtshof (im Folgenden: Wahlausschuss). Der Wahlausschuss besteht aus dem Präsidenten des Bundesgerichtshofs als Vorsitzenden, den Vorsitzenden der zwölf Zivilsenate des Bundesgerichtshofs sowie aus den sechs Mitgliedern des Präsidiums der Bundesrechtsanwaltskammer und den fünf Mitgliedern des Präsidiums der Rechtsanwaltskammer bei dem Bundesgerichtshof. Der Wahlausschuss benennt nach geheimer Wahl aus den Vorschlagslisten, die von der Bundesrechtsanwaltskammer aufgrund von Vorschlägen der Rechtsanwaltskammern oder von der Rechtsanwaltskammer bei dem Bundesgerichtshof eingereicht werden können, die „doppelte Zahl von Rechtsanwälten, die er für die Zulassung bei dem Bundesgerichtshof für angemessen hält“ (§ 168 Abs. 2 BRAO).

Der Vorsitzende des Wahlausschusses teilt dem Bundesministerium der Justiz das Ergebnis der Wahl mit. Durch die Benennung wird für den Bewerber kein Anspruch auf Zulassung als Rechtsanwalt bei dem Bundesgerichtshof begründet (§ 168 Abs. 3 BRAO). Über den Antrag auf Zulassung als Rechtsanwalt bei dem Bundesgerichtshof entscheidet vielmehr das Bundesministerium der Justiz (§ 170 Abs. 1 BRAO).

2. a) Der Beschwerdeführer wurde 1995 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Er ist Fachanwalt für Verwaltungsrecht und wurde in die Vorschlagsliste der Bundesrechtsanwaltskammer aufgenommen.

Der Wahlausschuss legte einen Bedarf von sieben Neuzulassungen fest. In der anschließenden Wahl ergab sich für den Beschwerdeführer keine Mehrheit, um auf einen der 14 Rangplätze der schließlich dem Bundesministerium der Justiz vorgelegten Bewerberliste aufgenommen zu werden.

b) Der Beschwerdeführer hat daraufhin beim Anwaltssenat des Bundesgerichtshofs die Feststellung seines Anspruchs auf Zulassung als Rechtsanwalt bei dem Bundesgerichtshof beantragt, ferner hilfsweise die Feststellung, dass acht Neuzulassungen zu beschließen seien und weiter hilfsweise die Verpflichtung des Wahlausschusses zur Nachwahl von zwei Bewerbern.

Der Bundesgerichtshof hat den Antrag auf gerichtliche Entscheidung mit dem angegriffenen Beschluss (veröffentlicht in NJW 2007, S. 1136) zurückgewiesen; auch die nachfolgende Anhörungsrüge des Beschwerdeführers ist ohne Erfolg geblieben. Der nur als Wahlanfechtung zulässige Antrag sei unbegründet. Die Vorschriften der §§ 164 ff. BRAO seien verfassungsgemäß; auch die Bestimmung eines Bedarfs von sieben Neuzulassungen sowie die Auswahl der in die Bewerberliste aufgenommenen Bewerber seien nicht zu beanstanden.

aa) Bei den Regelungen über die Singularzulassung der Rechtsanwälte bei dem Bundesgerichtshof und der Wahl dieser Rechtsanwälte handele es sich um Berufsausübungsregelungen. Der in § 168 Abs. 2 BRAO liegende erhebliche Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit sei aufgrund eines entsprechend gewichtigen Regelungsziels gerechtfertigt. Das Revisionsgericht in Zivilsachen könne seine Aufgaben – die Klärung grundsätzlicher Rechtsfragen, die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung und die Fortbildung des Rechts – sachgerecht nur erfüllen, wenn die Parteien durch eine begrenzte Zahl unabhängiger und besonders qualifizierter Rechtsanwälte, die die Durchführung aussichtsloser Rechtsmittelverfahren ablehnten, vertreten seien. Die besonderen Aufgaben der Rechtsanwaltschaft bei dem Bundesgerichtshof könnten nur die singular bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwälte hinreichend erfüllen. Zwar hätten sich Fachanwaltschaften herausgebildet, sie würden die Zuständigkeit des Bundesgerichtshofs aber nicht abdecken und seien nicht auf die Bedürfnisse des Bundesgerichtshofs und auf die Tätigkeit als Revisionsanwalt zugeschnitten. Die Einheit von berufsrechtlicher Lokalisation, eingeschränkter Postulationsfähigkeit und Kanzleisitz dieser Rechtsanwälte fordere eine - vom Bundesverfassungsgericht ausdrücklich gebilligte (Hinweis auf BVerfG, Beschluss des Vorprüfungsausschusses vom 24. März 1982 - 1 BvR 278/75 -, unveröffentlicht) - zahlenmäßige Beschränkung der bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwälte. Mögliche Alternativregelungen seien ungeeignet, weil sie ein wirtschaftliches Risiko eröffnen und damit besonders geeignete Bewerber abschrecken könnten. Zur Abmilderung der Eingriffsfolgen wäre zwar die Einführung einer starren Altersgrenze möglich, die häufigere Neuzulassungen zur Folge hätte. Eine solche sei aber jedenfalls dann nicht verfassungsrechtlich geboten, wenn - wie hier geschehen - die nachlassende Schaffenskraft einzelner Rechtsanwälte beim Bedarf an Neuzulassungen berücksichtigt werde. Dass das Gesetz zur Bestimmung der Anzahl zuzulassender Rechtsanwälte nur den unbestimmten Rechtsbegriff „angemessen“ verwende, werde dadurch ausgeglichen, dass hierüber der sachkundige und gemischt zusammengesetzte Wahlausschuss entscheide. Partikulare Motivationen und Interessen könnten so nicht zu Lasten der Objektivität der Entscheidung gehen. Ebenso sei unbedenklich, dass der Gesetzgeber nur vorgegeben habe, dass die Auswahl durch eine geheime Mehrheitswahl erfolge. Der Vorbehalt des Gesetzes verlange nicht, die technische Frage der Mehrheitsermittlung zu regeln oder alle Kriterien für die Auswahl der Bewerber gesetzlich festzulegen. Eine über das Lebensalter und die Mindestberufserfahrung hinausgehende Konkretisierung der Anforderungen ergebe sich aus dem Zweck der Rechtsanwaltschaft bei dem Bundesgerichtshof, die Qualität der höchstrichterlichen Rechtsprechung durch eine fachlich hochqualifizierte, unabhängige Anwaltschaft zu fördern. Aus diesem Zweck leite der Senat ab, dass unter den Bewerbern eine an diesem Maßstab ausgerichtete Bestenauslese stattzufinden habe. Das brauche der Gesetzgeber aber nicht im Einzelnen gesetzlich festzuschreiben, es genüge, dass er dies durch ein entsprechendes Verfahren sichergestellt habe. Denn ein Zusammenwirken aller Kräfte, die ein berechtigtes Interesse an der Auswahl hätten, gewährleiste am ehesten Sachverstand und Objektivität und sei hinlänglich geeignet, unterschiedliche Motivationen auszugleichen.

bb) Die Bestimmung eines Bedarfs von sieben Neuzulassungen durch den Wahlausschuss unterliege nur der eingeschränkten Überprüfung durch den Senat, denn dem Wahlausschuss stehe ein Beurteilungsspielraum zu. Entsprechend §§ 163, 39 Abs. 3 BRAO beschränke sich die Überprüfung darauf, dass der Wahlausschuss das Verfahren eingehalten, sachgerechte Entscheidungskriterien angelegt, sich eine ausreichende Tatsachengrundlage verschafft und ein Ergebnis gefunden habe, das sich in dem hierdurch bestimmten Rahmen halte.

cc) Nicht zu beanstanden sei auch die konkrete Auswahl der in die Bewerberliste aufgenommenen Rechtsanwälte. Auch hier stehe dem Wahlausschuss ein Beurteilungsspielraum zu und die Prüfung des Senats sei wie bei der Bedarfsbestimmung eingeschränkt. Alle vom Wahlausschuss ausgewählten Bewerber würden über die erforderlichen weit überdurchschnittlichen Kenntnisse und Fähigkeiten, die forensische Erfahrung und die Befähigung zum praktischwissenschaftlichen Arbeiten verfügen. Trotz der, wenn auch mit unterschiedlichen Gewichtungen durch die beiden Gutachter, im Ergebnis durchaus positiv ausgefallenen Beurteilung des Beschwerdeführers habe sich der Wahlausschuss gegen die Aufnahme des Beschwerdeführers auf die Bewerberliste entscheiden dürfen. Der Beschwerdeführer verkenne, dass die Voten der Berichterstatter für sich genommen nichts darüber aussagten, wie sich die Beurteilung im Gesamtvergleich darstelle. Dieser Gesamtvergleich und die daraus folgende Rangfolge der Bewerber hätten sich erst aus dem Wahlakt selbst ergeben. Deshalb lasse sich aus einem Vergleich der Voten nicht ableiten, der Wahlausschuss habe seinen Beurteilungsspielraum überschritten, als sich seine Mitglieder bei der Wahl gegen den Beschwerdeführer entschieden hätten.

Dabei sei auch in sachgerechter Weise berücksichtigt worden, dass die Rechtsanwaltschaft bei dem Bundesgerichtshof in ihrer Gesamtheit den Erfordernissen einer geordneten Rechtspflege entspreche. Hierbei komme es nicht auf die vom Ausschuss bestimmte Rangfolge der Bewerberliste an, denn an diese Rangfolge sei das Bundesministerium der Justiz bei seiner abschließenden Entscheidung über die Neuzulassungen nicht gebunden. Die Bewerberliste biete das Potential für eine deutliche Verjüngung und trage dem Anliegen Rechnung, den Anteil von Frauen in der Rechtsanwaltschaft bei dem Bundesgerichtshof zu erhöhen, wobei aber die festgestellte Qualifikation der gewählten Rechtsanwältinnen keinerlei Anlass für den Verdacht einer sachfremden Bevorzugung aufgrund der Geschlechtszugehörigkeit biete. Außerdem sei eine Mischung von Bewerbern, die schon Revisionsverfahren bearbeitet hätten, und solchen, die bei den Instanzgerichten tätig seien, erreicht worden.

Anhaltspunkte dafür, dass der Ausschuss sachfremde Erwägungen bei der Auswahl angestellt haben könnte, seien weder aufgezeigt noch ersichtlich. Aus dem Umstand, dass ein Teil der Bewerber den Berichterstattern und übrigen Wahlausschussmitgliedern durch ihr Auftreten als amtlich bestellte Vertreter von Rechtsanwälten bei dem Bundesgerichtshof bereits bekannt gewesen sei, lasse sich dies nicht ableiten. Umgekehrt seien auch etwaige Schwächen der Bewerber besser bekannt und in den Beurteilungen auch angesprochen.

c) Das Bundesministerium der Justiz hat inzwischen alle 13 durch den Wahlausschuss mit der Bewerberliste benannten Bewerber, die ihren Zulassungsantrag aufrechterhielten, als Rechtsanwälte bei dem Bundesgerichtshof zugelassen.

3. Mit seiner gegen die Entscheidungen des Wahlausschusses und des Bundesgerichtshofs sowie mittelbar gegen §§ 164 bis 170 BRAO gerichteten Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer insbesondere eine Verletzung von Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG.

Das in §§ 164 bis 170 BRAO normierte Auswahlverfahren stelle eine unverhältnismäßige Schranke der Berufsfreiheit dar. Außerdem genüge die Zugangsbeschränkung des § 168 Abs. 2 BRAO nicht dem Bestimmtheitsgebot.

Bei diesem Auswahlverfahren handele es sich um eine objektive Berufswahlschranke. Der Rechtsanwalt bei dem Bundesgerichtshof sei nicht nur eine „Spielart“ des übergreifenden Berufsbildes „Rechtsanwalt“. Von einem eigenständigen Berufsbild sei immer dann auszugehen, wenn die zu vergleichenden Tätigkeiten Gegenstand unterschiedlicher normativer Regelungen geworden seien, ein jeweils eigenständiges soziales Gewicht hätten und sich auch nach der Verkehrsauffassung wesensmäßig unterschieden. Kriterien hierfür seien die rechtliche Ausgestaltung der Tätigkeit, eine besondere Organisation der Ausübenden sowie besondere wirtschaftliche Chancen und Risiken. Das spezielle Regelungsregime für die Rechtsanwälte bei dem Bundesgerichtshof stelle subjektiv - hinsichtlich Alter, Berufserfahrung und Eignung - sowie objektiv - hinsichtlich der Feststellung eines Bedürfnisses - substantiell über die Befähigung zum Richteramt als allgemeine Voraussetzung hinausgehende Zulassungsanforderungen auf und schränke die Postulationsfähigkeit nicht nur unerheblich ein. Die in einer eigenen Standesvertretung organisierten Rechtsanwälte bei dem Bundesgerichtshof seien in ihrer Sozietätsbildung beschränkt, hätten ihren Kanzleisitz in Karlsruhe zu nehmen und müssten wegen ihrer monopolartigen Stellung keine Mandantenakquise betreiben; sie hätten sogar kaum unmittelbaren Mandantenkontakt, weil im Regelfall der Anwalt aus der Vorinstanz die Kontaktperson sei. Die Rechtsanwälte bei dem Bundesgerichtshof träten „in der sozialen Wirklichkeit“ als eigene Berufsgruppe in Erscheinung. Die hiernach vorliegende objektive Zulassungsbeschränkung sei, selbst wenn die vom Bundesgerichtshof ins Feld geführten Gemeinwohlinteressen hinreichend gewichtig sein sollten, jedenfalls nicht zur Abwehr nachweisbarer oder höchstwahrscheinlich schwerer Gefahren für diese Rechtsgüter erforderlich.

Aber auch wenn die §§ 164 ff. BRAO lediglich als Berufsausübungsschranken angesehen würden, so seien diese nach der Drei-Stufen-Lehre zwischen der ersten und zweiten Stufe anzusiedeln. Für derartige statusbildende Berufsausübungsregelungen seien erhöhte Rechtfertigungsanforderungen zu verlangen, die sich nicht nur in vernünftigen Erwägungen des Allgemeinwohls erschöpfen, sondern darüber hinaus zur Abwehr konkreter Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter erforderlich und angemessen sein müssten. Auch diesen Legitimationsanforderungen sei durch die §§ 164 bis 170 BRAO nicht genügt.

Die der Entlastung der Zivilsenate dienende Filterfunktion, welche es dem Bundesgerichtshof ermöglichen solle, sich auf seine genuin revisionsrechtlichen Aufgaben zu konzentrieren, stelle ohne Zweifel einen gewichtigen Gemeinwohlbelang dar. Hierfür sei aber keine nach einem objektiven Bedürfnis zugelassene Rechtsanwaltschaft unverzichtbar. Vielmehr könnte bei Beibehaltung einer besonderen Rechtsanwaltschaft bei dem Bundesgerichtshof unter Verzicht auf die zahlenmäßige Beschränkung jeder Rechtsanwalt, der über die fachliche und persönliche Eignung verfüge, um den Besonderheiten der revisionsrechtlichen Tätigkeit an den Zivilsenaten des Bundesgerichtshofs zu genügen, zugelassen werden. Alternativ könnte der - dann allerdings nicht als Singularzulassung ausgestaltete - Zugang zu den Zivilsenaten des Bundesgerichtshofs und eventuell auch der anderen Revisionsgerichte einer „Fachanwaltschaft für Revisionsrecht“ vorbehalten bleiben, die besondere theoretische und praktische Erfahrungen im Revisionsrecht nachzuweisen habe.

Dass eine bedürfnisorientierte Zulassung wegen möglicher Alternativen, die den Belangen des Bundesgerichtshofs gleich effektiv Rechnung trüge, nicht erforderlich sei, werde durch den Umstand gestützt, dass es eine „Hausanwaltschaft“ bei den anderen Bundesgerichten nicht gebe, obwohl diese mittlerweile ein ähnliches oder gar höheres Pensum an Revisionen beziehungsweise Nichtzulassungsbeschwerden zu bewältigen hätten. Es sei auch weder empirisch noch normativ schlüssig belegt, dass der Bundesgerichtshof hinsichtlich der rechtlichen Komplexität der zu entscheidenden Sachfragen oder der Heterogenität beziehungsweise der Breite der jeweils betroffenen Rechtsgebiete eine Sonderstellung unter den obersten Gerichtshöfen des Bundes einnehme. Daher fehle der These, der Bundesgerichtshof benötige nicht nur eine spezielle, sondern sogar eine durch das Versprechen des Alleinvertretungsanspruchs besonders protegierte Anwaltschaft, jede Plausibilität und Überzeugungskraft.

Rechtlich unbeachtlich sei die Argumentation des Bundesgerichtshofs, eine Alternativregelung, die allein eine strenge Qualitätskontrolle der Bewerber, hingegen keine Zahlenbeschränkung der zuzulassenden Rechtsanwälte vorsehe, sei ungeeignet, weil sie im Fall der Beibehaltung der Singularzulassung ein offensichtlich beträchtliches wirtschaftliches Risiko eröffne und damit besonders geeignete Bewerber abschrecke. Die durch Art. 12 Abs. 1 GG garantiere Berufsfreiheit müsse zwangsläufig zu einer Konkurrenzsituation zwischen den Grundrechtsträgern führen und verpflichte den Staat daher zu wettbewerbsrechtlicher Neutralität in berufsbezogenen Angelegenheiten; in keinem Fall schulde der Staat den Grundrechtsträgern ein bestimmtes Mindesteinkommen oder einen bestimmten Geschäftsumfang. Außerdem könne das befürchtete wirtschaftliche Risiko der bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwälte über das Gebührenrecht oder über eine Aufhebung der beschränkten Postulationsfähigkeit gemindert werden.

Auch wenn das die besondere Rechtsanwaltschaft bei dem Bundesgerichtshof prägende „Vier-Augen-Prinzip“ als ein allgemein anerkanntes Instrument der Qualitätssicherung fungiere, stehe noch nicht fest, dass dieses Prinzip zur Erreichung des verfolgten Ziels erforderlich sei. Dessen Effekte, also die im Interesse des Mandanten gebotene nochmalige und vom bisherigen Prozessgeschehen unabhängige Bewertung sowie die Beschränkung auf die revisionsrechtlich wesentlichen Punkte, würden bereits durch andere, die Berufsfreiheit weniger einschränkende Mechanismen, erreicht. Als wichtigstes Korrektiv wirke hier die anwaltliche Haftung für schuldhaft fehlerhafte Beratung oder Prozessführung.

Die in § 168 Abs. 2 BRAO liegende Zugangsbeschränkung sei auch nicht ausreichend bestimmt. Nach der Numerus-Clausus-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gehöre die Kapazitätsermittlung zum Kern des Zulassungswesens und daher auch die Festlegung der Kriterien für diese Ermittlung in den Verantwortungsbereich des Gesetzgebers. Diskretionäre Zugangsentscheidungen durch eine Kommission könnten aus grundrechtlicher Sicht nur dort ihren Platz haben, wo der Gesetzgeber zu einer normativen Konkretisierung selbst nicht oder nur unzureichend im Stande sei. Vorliegend wäre ihm dies jedoch unschwer möglich. Er könnte als Bewertungsmaßstab für ein Bedürfnis etwa die Entwicklung der Fallzahlen in der Vorinstanz nehmen oder sich an den Eingängen bei dem Bundesgerichtshof selbst orientieren. Zur notwendigen Feinsteuerung könnte das Parlament mit einer Verordnungskompetenz eine demokratisch legitimierte Grundlage für die Exekutive schaffen. Deshalb sei keine Konstellation gegeben, die es dem Gesetzgeber erlaube, die Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs „angemessen“ auf ein sachkundiges und plural zusammengesetztes Gremium zu delegieren. Wie berechtigt die Forderung nach mehr gesetzlicher Bestimmtheit sei, habe sich im vorliegenden Verfahren eindrucksvoll gezeigt. Das Bundesministerium der Justiz habe offensichtlich einen deutlich höheren Bedarf als der Wahlausschuss gesehen. Dabei müsse noch immer verwundern, wie eine sehr geringe Zahl an Rechtsanwälten das gleiche oder zumindest ein annähernd gleiches Arbeitspensum als mehr als doppelt so viele Richter am Bundesgerichtshof bewältigen sollen.

Die in § 165 Abs. 1 BRAO normierte Zusammensetzung des Wahlausschusses stelle auch nicht sicher, dass es zu einer sachkundigen und nicht von Partikularinteressen geleiteten Entscheidung komme; denn fast die Hälfte der Mitglieder gehörten zur Anwaltschaft. Dabei verfügten die fünf Vorstände der Rechtsanwaltskammer bei dem Bundesgerichtshof über knapp 20 % der Stimmen, obwohl sie interessierte Gruppenvertreter seien und die Gefahr bestehe, dass diese Ausschussmitglieder vor allem zugunsten der in den Kanzleien von Rechtsanwälten bei dem Bundesgerichtshof tätigen Mitarbeiter stimmten.

Schließlich hätte - entgegen der Auffassung des Bundesgerichtshofs - bei der Bedarfsfeststellung die Zahl der wissenschaftlichen Mitarbeiter der am Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwälte berücksichtigt werden müssen. Die bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwälte würden zwar nach hinreichender Prüfung selbst die inhaltliche Verantwortung für die Vorarbeiten ihrer Mitarbeiter übernehmen, dies betreffe aber nur die Endkontrolle. Der Blick hierauf gehe am Problem vorbei, weil die Mitarbeiter wesentlich zur Bewältigung des - den Bedarf prägenden - tatsächlich anfallenden und eigenständig zu erledigenden Arbeitspensums beitragen würden.

II.

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Der Verfassungsbeschwerde kommt keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu. Die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen sind bereits entschieden. In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist geklärt, dass die anwaltliche Berufsausübung durch den Grundsatz der freien Advokatur gekennzeichnet ist, der einer staatlichen Kontrolle und Bevormundung grundsätzlich entgegensteht (vgl. BVerfGE 50, 16 <29>; 76, 171 <188>). Ferner ist entschieden, welche Anforderungen das Bestimmtheitsgebot stellt (vgl. BVerfGE 117, 71 <111 f.>) und unter welchen Voraussetzungen gesetzliche Regelungen der Berufsausübung zulässig sind (vgl. BVerfGE 93, 362 <369>; 103, 1 <10>). Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung der Rechte des Beschwerdeführers angezeigt; denn die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg.

Die angegriffenen Entscheidungen verletzen den Beschwerdeführer insbesondere nicht in seinem Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG. Die Vorschriften der §§ 164 bis 170 BRAO für das Wahlverfahren der Rechtsanwälte bei dem Bundesgerichtshof sind verfassungsgemäß (1.) und ihre Anwendung im Ausgangsverfahren nicht zu beanstanden (2.).

1. a) Die angegriffenen Entscheidungen und die ihnen zugrunde liegenden gesetzlichen Regelungen, insbesondere über die Benennung durch den Wahlausschuss als Voraussetzung für die Zulassung als Rechtsanwalt bei dem Bundesgerichtshof (§§ 164, 170 BRAO) und die begrenzte Anzahl der vom Wahlausschuss gegenüber dem Bundesministerium der Justiz zu benennenden Bewerber (§ 168 Abs. 2 BRAO) beschränken die durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistete Berufsfreiheit des Beschwerdeführers.

Dieser Eingriff in die grundrechtliche Freiheit eines Rechtsanwalts betrifft allerdings nicht dessen Berufswahl. Die Grundrechtsbeschränkung erfolgt vielmehr durch eine Berufsausübungsregelung, die Elemente enthält, die einer Einschränkung der Berufswahl nahe kommen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. März 1982, a.a.O.; vgl. auch BGH, Beschluss vom 14. Mai 1975 - AnwZ 7/75 -, unveröffentlicht; Beschluss vom 28. Februar 1983 - AnwZ (B) 37/82 -, BRAK-Mitt 1983, S. 135 <136>; BGHZ 162, 199 <201 f.>).

Ergibt sich ein bestimmtes „Berufsbild“ nicht aus einer gesetzlichen Regelung (vgl. dazu BVerfGE 17, 232 <241>), so setzt ein eigenständiger Beruf voraus, dass sich die berufliche Tätigkeit von der anderer Berufe wesensmäßig unterscheidet und die Berufsträger in der sozialen Wirklichkeit als eigene Berufsgruppe in Erscheinung treten (vgl. BVerfGE 86, 28 <38>). Hieran gemessen übt ein Rechtsanwalt bei dem Bundesgerichtshof keinen eigenständigen Beruf aus, sondern betätigt sich in einem bestimmten Teilbereich des durch die Rechtstradition geprägten Anwaltsberufs.

Bereits nach den Gesetzesmaterialien liegt der Rechtsanwaltschaft bei dem Bundesgerichtshof kein eigenständiges Berufsbild zugrunde. Die Zulassung als Rechtsanwalt bei dem Bundesgerichtshof ist als ein bloßer Wechsel der Zulassung innerhalb der als Einheit verstandenen Rechtsanwaltschaft ausgestaltet (vgl. BTDrucks 3/120, S. 110 zu § 178). Die besondere Stellung der Rechtsanwaltschaft bei dem Bundesgerichtshof ist durch ihren Wirkungskreis bedingt; dabei soll sie ein Teil der gesamten Anwaltschaft bleiben (vgl. BTDrucks 3/120, S. 110 zu § 176). Auch das auf diesen Erwägungen fußende Berufsrecht zeigt, dass der Gesetzgeber hinsichtlich der bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwälte von der Möglichkeit, einzelne Erwerbstätigkeiten nicht weiter als bloßen Berufsteil, sondern als eigenständigen Beruf zu qualifizieren, keinen Gebrauch gemacht hat. So ist nicht nur einheitlich die Berufsbezeichnung „Rechtsanwalt“ vorgesehen, vielmehr gelten auch die Berufsordnung für Rechtsanwälte (BORA), das Gesetz über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG) und - abgesehen von besonderen Regelungen in §§ 163 ff. BRAO - auch die Vorschriften des Ersten bis Siebten Teils der Bundesrechtsanwaltsordnung für alle Rechtsanwälte.

Auch in der sozialen Wirklichkeit treten die bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwälte nicht als eigene Berufsgruppe in Erscheinung. Zwar trifft der Rechtsanwalt, der sich für eine Zulassung bei dem Bundesgerichtshof entscheidet, in beruflicher Hinsicht eine grundlegende und auf Dauer ausgerichtete „Lebensentscheidung“ (vgl. BVerfGE 33, 125 <161>). Er muss nicht nur eine bisherige Sozietät (§ 172a BRAO), sondern auch seinen Mandantenstamm aufgeben; seine Postulationsfähigkeit ist im Wesentlichen auf das Auftreten vor dem Bundesgerichtshof beschränkt (§ 172 BRAO) und sein Tätigkeitsschwerpunkt liegt nunmehr im Revisionsrecht. Diese Besonderheiten der Tätigkeit als Rechtsanwalt bei dem Bundesgerichtshof prägen aber - auch unter Berücksichtigung der mit Blick auf das Ansehen herausgehobenen Stellung aus der Anwaltschaft und der günstigeren Einkommenssituation (vgl. BVerfGE 11, 30 <41 f.>; 33, 125 <161 f.>) - nach der Verkehrsauffassung keinen eigenständigen Beruf. Das wesenstypische Element der freien Rechtsanwaltschaft liegt vielmehr in der staatlicher Einflussnahme entzogenen, unabhängigen Wahrnehmung der Interessen der Rechtsuchenden. In diesem maßgeblichen Merkmal unterscheidet sich die Tätigkeit der bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwälte nicht von der aller Rechtsanwälte.

Obwohl der Eingriff danach eine Berufsausübungsregelung darstellt, wirkt die Zulassungskontingentierung nach § 168 Abs. 2 BRAO wie eine objektive Zugangssperre und weist damit Elemente auf, die einer Beschränkung der Berufswahl nahe kommen. Abgesehen von der personalen Komponente, dass Rechtsanwälten die berufliche Herausforderung einer unmittelbaren Beteiligung an der Lösung grundsätzlicher zivilrechtlicher Rechtsfragen und der Rechtsfortbildung versagt bleibt, berührt die Zulassungsbeschränkung jedoch nur einen verschwindend geringen Teil des anwaltlichen Tätigkeitsfeldes. So ergibt sich aus dem Verhältnis der jährlich bei den Zivilsenaten des Bundesgerichtshofs eingehenden ungefähr 4.000 Revisionen und Nichtzulassungsbeschwerden zu den etwa 4 Millionen Gerichtsverfahren ein Anteil von nur rund 0,1 % der Prozesse. Selbst ohne Berücksichtigung der außergerichtlichen Mandate ist das forensische Tätigkeitsfeld des Rechtsanwalts daher nur so unbedeutend betroffen, dass der Eingriff nicht annähernd ein Gewicht erlangt, wie es typischerweise Berufswahlregelungen zukommt.

b) Die Einschränkung der anwaltlichen Berufsausübungsfreiheit hinsichtlich einer Tätigkeit als Rechtsanwalt bei dem Bundesgerichtshof durch das in §§ 164 bis 170 BRAO normierte Zulassungsverfahren ist gesetzlich ausreichend bestimmt geregelt und durch hinreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt. Es gibt jedem Bewerber gleichermaßen die faire Chance, im Rahmen der gebotenen Bestenauslese entsprechend seiner Eignung berücksichtigt zu werden.

aa) Eingriffe in Art. 12 Abs. 1 GG bedürfen einer hinreichend bestimmten gesetzlichen Grundlage. Dabei hängt der verfassungsrechtlich gebotene Grad der Bestimmtheit (Art. 20 Abs. 3 GG) von der Besonderheit des jeweiligen Tatbestandes ab. Die Anforderungen an hinreichende Bestimmtheit sind umso strenger, je schwerer die Auswirkungen einer Regelung wiegen (vgl. BVerfGE 107, 104 <120>; 117, 71 <111>; stRspr).

Gemessen daran hält § 168 Abs. 2 BRAO einer verfassungsrechtlichen Überprüfung stand. Zwar hat der Gesetzgeber dem Wahlausschuss keine Vorgaben zur konkreten Bestimmung der Anzahl der bei dem Bundesgerichtshof zuzulassenden Rechtsanwälte gemacht. Trotz der Verwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs „angemessen“ lässt sich jedoch ein hinreichend bestimmter, vom Gesetzgeber gewollter Regelungsgehalt erkennen, so dass die Möglichkeit einer Auslegung durch die Rechtsprechung eröffnet ist (vgl. BVerfGE 107, 104 <128>). Diese führt mit Rücksicht auf den Gesetzeszweck zu dem Ergebnis, dass - nicht anders als bei der Bedarfsprüfung für die Bestellung von Notaren nach § 4 der Bundesnotarordnung (vgl. dazu BVerfGE 17, 371 <379 f.>; 73, 280 <292>) - die angemessene Zahl der bei dem Bundesgerichtshof zuzulassenden Rechtsanwälte an den Erfordernissen einer geordneten Rechtspflege auszurichten ist. Aufgrund der Notwendigkeit einer ausreichenden Beschäftigungsmöglichkeit beschränkt einerseits der Geschäftsanfall der Zivilsenate die Zahl der Zulassungen, während andererseits die sachgerechte Wahrnehmung der Interessen der Rechtsuchenden gebietet, dass für die Parteien eine hinreichende Auswahl unter mehreren Rechtsanwälten möglich ist (vgl. BGH, Beschluss vom 7. November 1983 - AnwZ 21/83 -, NJW 1984, S. 1042 <1043>; Beschluss vom 11. September 2006 - AnwZ 1/06 -, AnwBl 2007, S. 83 <85>).

Diese Auslegung ist auch von Verfassungs wegen geboten. So wäre einerseits der verfassungsrechtlich verbürgte Zugang der Rechtsuchenden zum Revisionsgericht beeinträchtigt, wenn für die notwendige anwaltliche Vertretung eine hinreichende Auswahl unter den zugelassenen Rechtsanwälten nicht gewährleistet wäre. Andererseits erfordern Gemeinwohlinteressen und die Berufsfreiheit der bereits bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwälte eine Begrenzung der Zahl postulationsfähiger Prozessvertreter. Das im Allgemeininteresse liegende gesetzgeberische Ziel, den Rechtsanwälten bei dem Bundesgerichtshof mit dem Ziel der Vermeidung von Rechtsmitteln ohne hinreichende Erfolgsaussichten eine Filterfunktion zuzuweisen, wäre gefährdet, wenn so viele Rechtsanwälte zugelassen würden, dass hierdurch ein ruinöser Wettbewerb unter den Revisionsanwälten einsetzen würde. Außerdem erfordert das Verhältnismäßigkeitsgebot mit Blick auf die verfassungsrechtlich unbedenkliche (vgl. BVerfGE 106, 216) - und mit der Verfassungsbeschwerde nicht in Zweifel gezogene - beschränkte Postulationsfähigkeit der Rechtsanwälte bei dem Bundesgerichtshof (vgl. § 172 BRAO), dass den dadurch in ihrer beruflichen Betätigung erheblich eingeschränkten Rechtsanwälten bei dem Bundesgerichtshof trotz der gebotenen Konzentration auf das Revisionsrecht ein Geschäftsanfall verbleibt, der ausreichend ist, damit ihre Berufsausübung ihnen eine ihrer besonderen Qualifikation entsprechende auskömmliche Lebensgrundlage ermöglicht.

Die Angemessenheit der Zahl der zuzulassenden Rechtsanwälte wird hierdurch in einer Hinsicht durch die Gewährleistung hinreichender Auswahlmöglichkeiten der Rechtsuchenden sowie in anderer Hinsicht durch die Sicherung ausreichender Betätigungsmöglichkeiten der Rechtsanwälte bei dem Bundesgerichtshof begrenzt. Eine genauere gesetzliche Regelung erscheint nach der Eigenart des zu ordnenden Sachverhalts und mit Rücksicht auf den Normzweck kaum möglich (vgl. dazu BVerfGE 102, 347 <361>). Die Regelung ist nur dann auf Dauer geeignet, den Erfordernissen einer geordneten Rechtspflege zu dienen, wenn sie es erlaubt, auf veränderte Umstände - wie etwa Entwicklungen im Geschäftsanfall und Änderungen des Revisionsrechts - flexibel zu reagieren.

Überdies wird die verbleibende Ungenauigkeit dadurch abgemildert, dass die Festlegung der genauen Zahl der Rechtsanwälte zwischen den genannten Grenzpunkten der Sachkunde des Wahlausschusses überlassen ist, dessen Zusammensetzung sicherstellt, dass partikulare Motivationen und Interessen in der geheimen Wahl (§ 168 Abs. 1 Satz 2 und 3 BRAO) keine Mehrheit finden (vgl. BVerfG, Beschluss des Vorprüfungsausschusses vom 24. März 1982, a.a.O.; BGHZ 162, 199 <207>). Dabei lässt sich entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers die Zusammensetzung des Wahlausschusses nicht beanstanden. Dass fünf der 24 Mitglieder des Wahlausschusses dem Vorstand der Rechtsanwaltskammer bei dem Bundesgerichtshof angehören und weitere sechs Mitglieder aus der Anwaltschaft stammen, hat seinen nachvollziehbaren Grund im vernünftigen Bestreben, den Sachverstand der Rechtsanwaltschaft zu beteiligen, ohne jedoch den Vertretern des Berufsstandes ein Übergewicht im Verhältnis zur Richterschaft zu ermöglichen. Über die genaue Zahl der zuzulassenden Rechtsanwälte entscheidet zudem nicht der Wahlausschuss, sondern das Bundesministerium der Justiz (§ 170 Abs. 1 BRAO). Nachdem sich das Bundesministerium - der geänderten höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. BGH, Beschluss vom 11. September 2006, a.a.O., S. 84 f. m.w.N.) folgend - an die vom Wahlausschuss für angemessen erachtete Zahl von Neuzulassungen nicht gebunden sieht, ist eine zusätzliche Korrekturmöglichkeit hinsichtlich der vom Wahlausschuss für angemessen erachteten Anzahl von Neuzulassungen eröffnet. Hiernach können aus der Bewerberliste weniger oder bis zu doppelt so viele Rechtsanwälte bei dem Bundesgerichtshof zugelassen werden, wie der Wahlausschuss für angemessen hielt.

bb) Mit der Begrenzung der bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwälte gemäß § 168 Abs. 2 BRAO verfolgt der Gesetzgeber ein gewichtiges Gemeinwohlziel, das die Beschränkung der Berufsausübung legitimieren kann (vgl. BVerfGE 117, 163 <182>).

(1) Der Zweck, dem die §§ 164 ff. BRAO und hierbei insbesondere die von der Verfassungsbeschwerde angegriffene Zulassungsbegrenzung nach § 168 Abs. 2 BRAO dienen, ergibt sich aus einer Verweisung der Materialien zur Bundesrechtsanwaltsordnung auf die Rechtsanwaltsordnung von 1878. Danach bezweckt die Regelung eine Förderung und Weiterentwicklung der höchstrichterlichen Rechtsprechung in Zivilsachen, die im Wesentlichen auf zweifachem Wege erreicht werden soll: Durch die Konzentration ihrer Tätigkeit auf die Zivilsachen bei dem Bundesgerichtshof sowie durch die Beschränkung der Zahl der zugelassenen Rechtsanwälte soll sichergestellt werden, dass die Revisionsanwälte „mit den Rechtsanschauungen des Gerichtshofes und der darauf beruhenden Auslegung und Weiterbildung des Rechts auf das Genaueste vertraut“ sind (vgl. BTDrucks 3/120, S. 111 zu § 185). Aufgrund dieser besonderen Kenntnisse sowie ihrer allgemein hohen juristischen Qualifikation sollen die bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwälte durch ihre Beiträge zu den gerichtlichen Verfahren, erforderlichenfalls auch durch kritische Einwände, die Weiterentwicklung der Rechtsprechung sichern und voranbringen. Überdies soll die höchstrichterliche Rechtsprechung durch die Filterfunktion der Revisionsanwälte gefördert werden, indem die Revisionsanwälte an sie herangetragene aussichtlose Verfahren „abvotieren“ und so vom Bundesgerichtshof fernhalten oder ihm - bei Einlegung des Rechtsmittels zur Fristwahrung und Rücknahme vor der Begründung - jedenfalls eine sachliche Befassung ersparen (vgl. BTDrucks 3/120, S. 111 zu § 185). Diese Entlastung, die mit dem Arbeitsanfall von drei Zivilsenaten oder 20 Richtern veranschlagt wird (vgl. Gross, AnwBl 2001, S. 20 m.w.N.), soll die Rechtsprechung dadurch fördern, dass die richterliche Arbeitskraft nicht durch Verfahren gebunden wird, die für die eigentliche Aufgabe des Revisionsgerichts, die Beantwortung grundsätzlicher Rechtsfragen und die Fortbildung des Rechts, unerheblich sind. Eine anderenfalls notwendige personelle Ausweitung des Revisionsgerichts, die für die Kontinuität und Einheitlichkeit der Rechtsprechung nachteilig wäre und überdies den Staatshaushalt zusätzlich belasten würde, soll vermieden werden.

Das Regelungsziel einer Förderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung in Zivilsachen ist als Gemeinwohlbelang von besonderem Gewicht einzustufen, auch wenn die grundlegende Sicherung des gebotenen hohen Niveaus der Qualität der höchstrichterlichen Rechtsprechung zwar bereits durch die Auswahl besonders qualifizierter Richter und der Gewährleistung entsprechender Arbeitsbedingungen erfolgt. Die Förderung der Rechtspflege ist schon allgemein ein wichtiges Gemeinschaftsgut (vgl. BVerfGE 59, 302 <317>), so dass die Funktionsfähigkeit der höchstrichterlichen Rechtsprechung in Zivilsachen insbesondere wegen ihrer Aufgabe, die Fortbildung des Rechts und die Einheitlichkeit der Rechtsprechung zu sichern, als überragend wichtiges Gemeinschaftsgut anzusehen ist. Unter diesen Umständen wird mit dem Regelungszweck der Förderung und Weiterentwicklung der höchstrichterlichen Rechtsprechung in Zivilsachen ein gewichtiges Gemeinwohlziel von weit größerer Bedeutung verfolgt, als sie „vernünftigen“ Erwägungen oder „hinreichenden Gründen“ des Gemeinwohls zukommt, die als Legitimation für Eingriffe in die Berufsausübung im Regelfall ausreichen.

Aus dem Ziel der Förderung der Weiterentwicklung der höchstrichterlichen Rechtsprechung folgt entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers, dass der Gesetzgeber mit der Zulassungsbegrenzung keinen Schutz vor Konkurrenz zur Sicherung einer besseren Einkommenssituation der bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwälte beabsichtigt. Dagegen kann nicht mit Erfolg eingewandt werden, Art. 12 Abs. 1 GG garantiere die Berufsfreiheit und verpflichte den Staat zu wettbewerbsrechtlicher Neutralität in berufsbezogenen Angelegenheiten. Der Gesetzgeber muss vom überkommenen Gemeinwohlzweck der Förderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht deshalb absehen, weil seine Regelung folglich auch einen Wettbewerbsschutz für einen Teil der Rechtsanwaltschaft bedingt. Diese Folge wäre nur als eigenständiger Regelungszweck als Gemeinwohlbelang zurückzuweisen (vgl. BVerfGE 93, 362 <370>). Abgesehen von dem stets zu wahrenden Verhältnismäßigkeitsprinzip darf der Gesetzgeber bei der Verfolgung legitimer Gemeinwohlbelange nur solche Folgen, die das Grundgesetz ausdrücklich ausschließt - wie beispielsweise Arbeitszwang und Zwangsarbeit (Art. 12 Abs. 2 und 3 GG) - nicht in Kauf nehmen.

Hingegen sind der zwingende Anwaltswechsel zwischen Tatsachen- und Revisionsinstanz und das hieraus folgende „Vier-Augen-Prinzip“ sowie das Anliegen einer „ersprießlichen Zusammenarbeit“ zwischen den Bundesrichtern und den Rechtsanwälten bei dem Bundesgerichtshof für die Zulässigkeit der Beschränkung der Zahl der bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwälte ohne Bedeutung. Zwar mögen die Bundesrichter die Zusammenarbeit mit einer überschaubaren Zahl bekannter Rechtsanwälte als sachdienlich empfinden, allein dies rechtfertigt aber eine Beschränkung der anwaltlichen Tätigkeit nicht (vgl. BVerfGE 103, 1 <18>). Ob das „Vier-Augen-Prinzip“ neben der sachgerechten Beratung der Partei auch die Rechtsprechungsqualität der Zivilsenate des Bundesgerichtshofs fördern soll, kann hier dahingestellt bleiben. Die unterschiedliche anwaltliche Vertretung in den Tatsachen- und der Revisionsinstanz ist nämlich nicht in den von der Verfassungsbeschwerde angegriffenen §§ 164 bis 170 BRAO verankert, sondern wesentliches Element der durch § 172 BRAO beschränkten Postulationsfähigkeit der Rechtsanwälte bei dem Bundesgerichtshof (vgl. BVerfGE 106, 216).

(2) Zur Förderung und Verbesserung der höchstrichterlichen Rechtsprechung in Zivilsachen sind das Auswahlverfahren und insbesondere die Zulassungsbegrenzung nach § 168 Abs. 2 BRAO auch verhältnismäßig, also geeignet, erforderlich und zumutbar.

(a) Ein Mittel ist bereits dann im verfassungsrechtlichen Sinne geeignet, wenn mit seiner Hilfe der gewünschte Erfolg gefördert werden kann, wobei die Möglichkeit der Zweckerreichung genügt (vgl. BVerfGE 67, 157 <175>; 103, 293 <307>).

Diese ist hier gegeben. Die Gewährleistung eines ausreichenden Geschäftsanfalls für die bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwälte durch die Zulassungsbegrenzung stellt sicher, dass die bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwälte über genügend Fallmaterial verfügen, um - wie im Interesse der Rechtsuchenden erstrebt - mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und der darauf beruhenden Auslegung und Fortbildung des Rechts auf das Genaueste vertraut zu sein. Die mit der Zulassungsbegrenzung verbundenen günstigen Erwerbsaussichten haben außerdem zur Folge, dass es die wirtschaftliche Attraktivität der Tätigkeit als Rechtsanwalt bei dem Bundesgerichtshof erleichtert, hoch qualifizierte Rechtsanwälte für einen Wechsel zur Rechtsanwaltschaft bei dem Bundesgerichtshof zu gewinnen. Zugleich werden damit die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass die bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwälte ihre Filterwirkung effektiv wahrnehmen und dadurch die höchstrichterliche Rechtsprechung fördern. Nur wirtschaftlich abgesicherte Rechtsanwälte verfügen über die Unabhängigkeit, angetragene Mandate ohne Rücksicht auf das konkret zu erwartende Honorar oder Folgemandate zu bewerten. Schließlich wird durch ein gesichertes wirtschaftliches Auskommen auch die Bereitschaft dafür gefördert, dass Rechtsuchende in Angelegenheiten von grundsätzlicher Bedeutung jedoch mit nur geringem Streitwert einen bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt finden, der ungeachtet eines im Einzelfall nur geringen Honorars die anwaltliche Vertretung übernimmt.

(b) Zur Verfolgung des genannten legitimen Gemeinwohlziels ist die Zulassungskontingentierung auch erforderlich.

Ein Eingriff in die Berufsfreiheit ist nur dann erforderlich, wenn ein anderes, in jeder Hinsicht gleich wirksames (vgl. BVerfGE 105, 17 <36>), die Berufsfreiheit aber weniger einschränkendes Mittel nicht zur Verfügung steht. Auch soweit die Freiheit der Berufsausübung betroffen ist, dürfen Eingriffe nicht weiter gehen, als es die rechtfertigenden Gemeinwohlbelange erfordern (vgl. BVerfGE 106, 216 <219>). Allerdings steht dem Gesetzgeber bei der Beurteilung dessen, was er zur Verwirklichung der von ihm verfolgten Gemeinwohlzwecke für erforderlich halten darf, ein weiter Einschätzungs- und Prognosespielraum zu, der vom Bundesverfassungsgericht je nach der Eigenart des in Rede stehenden Sachbereichs, den Möglichkeiten, sich ein hinreichend sicheres Urteil zu bilden, und der auf dem Spiel stehenden Rechtsgüter nur in begrenztem Umfang überprüft werden kann. Bei der Beurteilung der Erforderlichkeit einer Maßnahme ist der Beurteilungsspielraum des Gesetzgebers erst dann überschritten, wenn die gesetzgeberischen Erwägungen so fehlsam sind, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für derartige Maßnahmen abgeben können (vgl. BVerfGE 110, 141 <157 f.>; 117, 163 <189>). Vor dem Hintergrund der hiernach nur eingeschränkt möglichen verfassungsrechtlichen Überprüfung kann es nicht beanstandet werden, dass der Gesetzgeber insbesondere die Zulassungsbegrenzung zur Förderung und Weiterentwicklung der höchstrichterlichen Rechtsprechung in Zivilsachen für erforderlich gehalten hat.

Zwar gibt es bei den anderen obersten Bundesgerichten keine (im Wesentlichen) nur dort vertretungsberechtigte Rechtsanwaltschaft. Daraus kann aber nicht gefolgert werden, auf eine besondere Rechtsanwaltschaft könne ohne Nachteile für wesentliche Belange des Gemeinwohls auch bei dem Bundesgerichtshof verzichtet werden. Eine vom Bundesministerium der Justiz zur Ausarbeitung von Vorschlägen zur Neuregelung des Rechts der Rechtsanwaltschaft bei dem Bundesgerichtshof eingesetzte Kommission kam nach Anhörung der Vertreter der obersten Bundesgerichte 1998 im Gegenteil zu dem Ergebnis, dass eine spezielle Anwaltschaft auch bei den übrigen obersten Bundesgerichten wünschenswert wäre, weil die Qualität der Prozessvertretung dort verbesserungswürdig erscheine. So seien beim Bundessozialgericht vier Fünftel, beim Bundesarbeitsgericht die Hälfte und beim Bundesverwaltungsgericht und dem Bundesfinanzhof jeweils ein Drittel der Nichtzulassungsbeschwerden wegen schwer wiegender formeller oder inhaltlicher Mängel unzulässig (vgl. Bericht der Kommission, 1998, S. 29 f.). Diese Feststellung trifft - abgesehen vom Bundesarbeitsgericht, das 2007 (nur) etwa ein Viertel der Nichtzulassungsbeschwerden als unzulässig verworfen hat - weiter zu. Beim Bundesgerichtshof kommt es hingegen vor allem dann zu unzulässigen Revisionen, wenn nach einer negativen Aussichtenprüfung durch den Rechtsanwalt bei dem Bundesgerichtshof absichtsvoll keine Revisionsbegründung vorgelegt wird (vgl. Gross, a.a.O.). Der Gesetzgeber hat sich jedoch die weitere Einschätzung der Kommission zu eigen gemacht, wonach eine Spezialisierung bei den anderen obersten Bundesgerichten - auch für solche Rechtsanwälte, die im jeweiligen Bereich als Fachanwälte tätig sind - wirtschaftlich nicht tragbar sei.

Zudem ist die Erforderlichkeit einer Maßnahme immer in Abhängigkeit vom bezweckten Erfolg zu beurteilen. Zielt die gesetzliche Regelung - wie hier - auf eine Stärkung der höchstrichterlichen Rechtsprechung in Zivilsachen, ist unerheblich, ob der Gesetzgeber diese Regelung auch zur Stärkung der höchstrichterlichen Rechtsprechung in den anderen Gerichtsbarkeiten einsetzt.

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers stellt es keine gleich geeignete Alternative dar, den Zugang zu den Zivilsenaten des Bundesgerichtshofs - unter Aufgabe der gemäß § 172 BRAO eingeschränkten Postulationsfähigkeit - noch einzuführenden Fachanwälten für Revisionsrecht oder im jeweiligen Rechtsgebiet der bisherigen Fachanwaltschaften zu eröffnen. Fachanwälte verfügen zwar über eine besondere Qualifikation, die begrenzte Zahl von jährlich etwa 4.000 Revisionsverfahren, Nichtzulassungsbeschwerden und Rechtsbeschwerden in Zivilsachen schließt es jedoch aus, dass eine größere Anzahl von Fachanwälten eine ausreichende forensische Erfahrung in Revisionsverfahren sammeln könnte. Dies zeigt sich besonders deutlich in dem von der Verfassungsbeschwerde ausdrücklich genannten Bereich des Familienrechts mit 6.935 Fachanwälten. Im Jahr 2006 sind im Familienrecht hingegen nur 66 Revisionen und Nichtzulassungsbeschwerden beim Bundesgerichtshof anhängig geworden. Die von der Verfassungsbeschwerde vorgeschlagene Alternative einer Zugangsöffnung für Fachanwälte steht der Erforderlichkeit auch deswegen nicht entgegen, weil sich der Gesetzgeber für eine beschränkte Postulationsfähigkeit der bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwälte (§ 172 BRAO) entschieden hat. Die Verfassungsbeschwerde greift diese Regelung nicht substantiiert an. Bei der Frage der Erforderlichkeit einer zahlenmäßigen Beschränkung der zuzulassenden Rechtsanwälte kann deswegen nicht auf eine Alternativregelung unter Aufgabe von § 172 BRAO, der eine kompetente Vertretung der Prozessparteien in der Revisionsinstanz und eine Stärkung der Rechtspflege durch eine leistungsfähige und in Revisionssachen besonders qualifizierte Anwaltschaft bezweckt (vgl. BVerfGE 106, 216 <220>), abgestellt werden.

Schließlich kann die Rechtsanwaltschaft bei dem Bundesgerichtshof auch nicht unter Verzicht auf die zahlenmäßige Begrenzung der zugelassenen Rechtsanwälte aufrechterhalten werden. Eine strenge Eignungsprüfung mit entsprechend hohen subjektiven Voraussetzungen ist für sich allein nicht in gleicher Weise geeignet, den Rechtsanwälten bei dem Bundesgerichtshof einen ausreichenden Geschäftsanfall zu sichern. Der Beschwerdeführer stellt nicht in Abrede, dass dieses mildere Mittel zu einer höheren Zahl an Zulassungsberechtigten führen würde. Er ist jedoch der Ansicht, der Markt werde regulierend wirken, weil die Nachfrage nach anwaltlicher Vertretung langfristig auch das Angebot bestimme. Dabei bleibt jedoch außer Acht, dass die Situation auf dem Anwaltsmarkt selbst bei strengen Eignungsprüfungen auch für die Rechtsanwaltschaft bei dem Bundesgerichtshof eine hohe Zahl von Zulassungen und einen hiermit verbundenen starken Konkurrenzdruck befürchten lässt. Gerade die Effektivität der Filterwirkung der Revisionsanwälte beruht aber vor allem auf deren wirtschaftlicher Unabhängigkeit. Insbesondere ein unter den Revisionsanwälten einsetzender Verdrängungswettbewerb könnte die Effektivität der Filterfunktion gefährden. Die Überlegung, dass eine höhere Zahl von Revisionsanwälten auch eine steigende Zahl von Revisionsverfahren, Nichtzulassungsbeschwerden oder Rechtsbeschwerden ohne hinreichende Erfolgsaussichten erwarten lässt, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Außerdem führt jeder weitere bei dem Bundesgerichtshof zugelassene Rechtsanwalt zu einer geringeren durchschnittlichen Zahl an Mandaten und mindert daher die Möglichkeit forensischer Erfahrung. Keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet schließlich auch der Hinweis des Bundesgerichtshofs in der angegriffenen Entscheidung, dass allein eine strenge Qualitätskontrolle der Bewerber ohne zahlenmäßige Beschränkung der zuzulassenden Rechtsanwälte nicht gleich geeignet sei, weil die auch von der Verfassungsbeschwerde erwartete „Regulierung durch den Markt“ im Fall der Beibehaltung von § 172 BRAO ein offensichtlich beträchtliches wirtschaftliches Risiko eröffne und damit besonders geeignete Bewerber vor einem Wechsel zur Rechtsanwaltschaft bei dem Bundesgerichtshof abschrecken werde.

(c) Die gesetzliche Regelung ist auch angemessen.

Das vom Gesetzgeber zur Verfolgung eines legitimen Zwecks gewählte Mittel muss nicht nur geeignet und erforderlich, sondern auch angemessen sein. Voraussetzung hierfür ist, dass das Maß der Belastung des Einzelnen noch in einem vernünftigen Verhältnis zu den der Allgemeinheit erwachsenden Vorteilen steht (vgl. BVerfGE 76, 1 <51>). Um dies feststellen zu können, ist eine Abwägung zwischen den Gemeinwohlbelangen, zu deren Wahrnehmung der Eingriff in die Grundrechte erforderlich ist, und den Auswirkungen auf die Rechtsgüter der davon Betroffenen notwendig (vgl. BVerfGE 92, 277 <327>; 117, 163 <193>). Die danach gebotene Gesamtabwägung führt zu dem Ergebnis, dass die von der Zulassungsbegrenzung ausgehende Beschränkung der Berufsfreiheit eine angemessene, den Betroffenen auch zumutbare Belastung darstellt.

Die §§ 164 bis 170 BRAO betreffen die Entscheidung, auf einem bestimmten Teilbereich des Rechtsanwaltsberufs tätig zu sein. Der Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit enthält insoweit auch Elemente, die einer Berufswahl nahe kommen, weil Rechtsanwälte ihre Mandanten in Zivilsachen vor dem Bundesgerichtshof nicht vertreten können. Indessen ist die Freiheit der Berufsausübung in ihrer speziellen Funktion, Grundlage auch der wirtschaftlichen Lebensführung zu sein (vgl. BVerfGE 101, 331 <346 f.>), nicht erheblich betroffen, denn die Zulassungsbeschränkung betrifft mit dem auch anderweitig (§§ 542 ff. der Zivilprozessordnung <ZPO>) eingeschränkten Zugang zum Revisionsgericht in Zivilsachen nur einen sehr kleinen Teil der anwaltlichen Berufsausübung. Auch soweit sich ein Rechtsanwalt bei seiner Berufswahl von der persönlichen Herausforderung hat leiten lassen, an der Weiterentwicklung der höchstrichterlichen Rechtsprechung beteiligt zu sein, steht ihm diese Möglichkeit nicht nur bei den anderen obersten Bundesgerichten, sondern auch noch in Strafsachen bei dem Bundesgerichtshof offen.

Demgegenüber ist das mit den §§ 164 bis 170 BRAO verfolgte Interesse des Gemeinwohls einer Förderung und Verbesserung der höchstrichterlichen Rechtsprechung in Zivilsachen - mit Blick auf das dadurch berührte Rechtsgut einer funktionierenden Rechtspflege - von besonderem Gewicht und trägt die Zumutbarkeit der Beeinträchtigung der Berufsfreiheit. Zwar hängt das Qualitätsniveau der Rechtsprechung letztlich von der Richterschaft ab, die Anwaltschaft hat hierauf jedoch nicht unerheblichen Einfluss. Neben fachlichen Anstößen hat deren Filterwirkung mit Blick auf die ersparten Richterstellen auch fiskalische Bedeutung. Solche legitimieren zwar als selbständiges Gesetzesziel keinen Grundrechtseingriff, sind aber beim Gewicht des einen legitimen Eingriff rechtfertigenden Gemeinwohlbelangs zu berücksichtigen. Hinzu kommt, dass eine Erhöhung der Zahl der bei dem Bundesgerichtshof tätigen Richter zu nachteiligen Folgen für die Einheitlichkeit der Rechtsprechung führen kann.

2. Auch die konkrete Auslegung und Anwendung der §§ 164 bis 170 BRAO durch den Bundesgerichtshof ist aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden.

Es kann dahinstehen, ob die Argumentation des Bundesgerichtshofs, die Zahl der wissenschaftlichen Mitarbeiter der Rechtsanwälte bei dem Bundesgerichtshof seien bei der Festlegung der „angemessenen“ Zahl an Neuzulassungen nicht zu berücksichtigen, weil diese sich durch eine Erhöhung der Zahl der zugelassenen Anwälte nicht beeinflussen lasse, zu überzeugen vermag. Selbst wenn die Entscheidung in dieser Hinsicht fehlerhaft sein sollte, weil nicht entscheidend ist, ob sich die Zahl der wissenschaftlichen Mitarbeiter bei einer Erhöhung der Zahl der zugelassenen Rechtsanwälte verringert, sondern ob die Rechtsuchenden eine hinreichende Auswahlmöglichkeit unter den zugelassenen Rechtsanwälten haben, wäre damit noch keine Verletzung von Grundrechten des Beschwerdeführers gegeben. Eine Grundrechtsverletzung setzt vielmehr voraus, dass die Erwägungen des Fachgerichts Auslegungsfehler erkennen lassen, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von Bedeutung und Tragweite eines Grundrechts, insbesondere seines Schutzbereichs beruhen, und auch in ihrer materiellen Bedeutung für den konkreten Rechtsfall von einigem Gewicht sind (vgl. BVerfGE 103, 89 <100> m.w.N.; stRspr). Daran fehlt es jedoch, wenn dem Wahlausschuss bei der Ermittlung des von einem Rechtsanwalt durchschnittlich zu bewältigenden Arbeitspensums und damit bei der Festlegung der Zahl der zuzulassenden Rechtsanwälte deshalb ein Fehler unterlaufen sein sollte, weil die Unterstützung durch wissenschaftliche Mitarbeiter nicht hinreichend beachtet worden wäre. Es würde sich lediglich um einen Fehler bei der Bedarfsermittlung handeln, der nicht darauf beruht, dass namentlich das Grundrecht des Beschwerdeführers in seiner Bedeutung und Tragweite verkannt worden wäre.

Die weiteren für die Bedarfsermittlung herangezogenen Abwägungskriterien greift die Verfassungsbeschwerde nicht an und insoweit sind aus verfassungsrechtlicher Sicht auch keine Zweifel ersichtlich.

3. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.






BVerfG:
Beschluss v. 27.02.2008
Az: 1 BvR 1295/07


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/80c4de8d8716/BVerfG_Beschluss_vom_27-Februar-2008_Az_1-BvR-1295-07




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