Finanzgericht Köln:
Urteil vom 22. Juni 2005
Aktenzeichen: 13 K 244/04

(FG Köln: Urteil v. 22.06.2005, Az.: 13 K 244/04)

Tenor

Die Körperschaftsteuerbescheide 1997 und 1998 und die Bescheide über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 47 Abs. 1 KStG auf den 31.12.1997 und 1998 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 00.00.0000 werden abgeändert. Dem Beklagten wird aufgegeben, die geänderten Steuerfestsetzungen und Feststellungen von Besteuerungsgrundlagen nach Maßgabe der Urteilsgründe zu errechnen, ferner der Klägerin das Ergebnis dieser Berechnung unverzüglich mitzuteilen und die Bescheide mit den geänderten Inhalten nach Rechtskraft dieses Urteils neu bekanntzugeben.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten im vorliegenden Verfahren über die Frage, ob ein zwischen der Klägerin und der E. GmbH abgeschlossener Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag steuerlich anerkannt werden kann oder ob die in Umsetzung dieses Vertrages von der Klägerin an die E. GmbH gezahlten Beträge als verdeckte Gewinnausschüttungen zu qualifizieren sind.

Die Klägerin ist eine Gesellschaft mbH. An ihr ist die E. GmbH seit 0000 zu 100% beteiligt. Zwischen der Klägerin und der E. GmbH wurde am 00.00.0000 ein notariell beurkundeter Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag abgeschlossen. § 2 dieses Vertrages beinhaltete die Regelung über die Ergebnisübernahme. Er hatte folgenden Inhalt:

Der gesamte Gewinn der "Klägerin", der ohne diesen Ergebnisausschluss sonst auszuweisen wäre, ist nach Abschluss des Geschäftsjahres an die E. abzuführen.

Die "Klägerin" darf Beträge aus dem Jahresüberschuss nur insoweit in freie Rücklagen einstellen, als dies bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung begründet ist. Die Auflösung von Gewinnrücklagen und Kapitalrücklagen i. S. v. § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB, die vor Abschluss dieses Vertrages bestanden, darf nicht vorgenommen werden und von der E. nicht verlangt werden.

Die E. hat jeden während der Vertragsdauer entstehenden Jahresfehlbetrag bei der "Klägerin" auszugleichen, soweit dieser nicht dadurch ausgeglichen wird, dass den anderen Gewinnrücklagen Beträge entnommen werden können, die während der Vertragsdauer in sie eingestellt worden sind.

Der Jahresabschluss der "Klägerin" ist vor seiner Feststellung der E. zur Kenntnisnahme, Prüfung und Abstimmung vorzulegen.

Die Abführung von Beträgen aus der Auflösung von Gewinnrücklagen oder Kapitalrücklagen, die vor Inkrafttreten dieses Vertrages gebildet wurden, ist ausgeschlossen.

Weitere Bestimmungen über die Ergebnisübernahme enthält der notariell beurkundete Vertrag nicht. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die bei den Vertragsakten befindliche Kopie des Vertrages verwiesen.

Die Gesellschafter bzw. die nach § 16 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung - GmbH-Gesetz - handlungsfähigen Veräußerer stimmten dem Vertrag mit Beschluss vom 00.00.0000 zu. Die Eintragung im Handelsregister erfolgte an 00.00.0000. Die Eintragung hatte folgenden Text:

Mit Beschluss vom 00.00.0000 haben die Gesellschafter dem zwischen der Gesellschaft als beherrschtem Unternehmen und der E. Dienstleistungs- und Vermögensverwaltungsgesellschaft mbH am 00.00.0000 abgeschlossenem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag zugestimmt.

Bei einer Überprüfung der (notariellen) Verträge und Zustimmungsbeschlüsse im Hinblick auf ihre steuerlichen Auswirkungen fiel der Klägerin auf, dass eine ausdrückliche Erwähnung des § 302 Abs. 3 des Aktiengesetzes - AktG - in dem Vertrag nicht enthalten war. Daraufhin wurde am 00.00.0000 eine schuldrechtliche Klarstellungsvereinbarung abgeschlossen. Diese enthielt in § 1 folgende Regelung:

Die E. ist entsprechend den Vorschriften des § 302 Abs. 1 und 3 AktG verpflichtet, jeden während der Vertragsdauer sonst entstehenden Jahresfehlbetrag auszugleichen, soweit dieser nicht dadurch ausgeglichen wird, dass den anderen Gewinnrücklagen Beträge entnommen werden können, die während der Vertragsdauer in sie eingestellt worden sind.

Ebenfalls am 00.00.0000 stimmten die Gesellschafterversammlungen der Klägerin und der E. GmbH der Klarstellungsvereinbarung zu. Wegen der Einzelheiten wird auf die Kopien der Klarstellungsvereinbarung und der Niederschriften über die Gesellschafterversammlungen verwiesen.

Der Beklagte veranlagte die Klägerin zunächst unter Schätzung der Besteuerungsgrundlagen zur Körperschaftsteuer für die beiden Streitjahre. Dabei ging der Beklagte vom Vorliegen einer körperschaftsteuerlichen Organschaft aus. Nachdem der Beklagte die Vorbehalte der Nachprüfung aufgehoben hatte, legte die Klägerin fristgerecht Einsprüche ein und die fehlenden Steuererklärungen vor. Im Rahmen der Erörterung der Steuererklärungen wies der Beklagte die Klägerin darauf hin, dass seines Erachtens die körperschaftsteuerliche Organschaft nicht anzuerkennen sei, weil der Gewinnabführungsvertrag keine ausdrückliche Regelung entsprechend § 302 Abs. 3 AktG enthalte. Die von der Klägerin an die E. GmbH geleisteten Zahlungen seien daher als verdeckte Ausschüttungen zu berücksichtigen. Die Klägerin nahm zu diesem Verböserungshinweis keine Stellung.

Mit Einspruchsentscheidung vom 00.00.0000 wies der Beklagte die Einsprüche unter Festsetzung der Körperschaftsteuer 1997 auf ... € und der Körperschaftsteuer 1998 auf ... € als unbegründet zurück. Dabei folgte der Beklagte grundsätzlich den eingereichten Steuererklärungen, berücksichtigte aber das Organschaftsverhältnis nicht. Dabei ging er davon aus, dass § 17 des Körperschaftsteuergesetzes - KStG - zwingend die ausdrückliche Vereinbarung der Anwendung des § 302 Abs. 3 AktG voraussetze. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung verwiesen.

Dagegen wendet sich die Klägerin mit der Klage. Ausgehend von dem unstreitigen Sachverhalt vertritt sie die Auffassung, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung einer körperschaftsteuerlichen Organschaft nach §§ 14, 17 KStG im Streitfall gegeben seien. Neben dem unstreitig wirksamen Vertrag vom 00.00.0000 sei auch die Klarstellungsvereinbarung und damit die Anwendung des § 302 Abs. 3 AktG wirksam vereinbart worden.

Nach neuerer zivilrechtlicher Rechtsprechung und Literaturauffassung gelte § 302 AktG auch beim so genannten GmbH-Konzern. Eine ausdrückliche Vereinbarung im Gewinnabführungsvertrag sei nicht erforderlich. Vielmehr werde § 302 Abs. 3 AktG implizit vereinbart. Im Übrigen werde im zivilrechtlichen Schrifttum die Frage aufgeworfen, ob gerade beim Einmann-GmbH-Konzern § 302 Abs. 3 AktG wegen des Schutzes der Gläubiger nach § 303 AktG nicht sogar entbehrlich sei.

Selbst wenn man für die steuerliche Anerkennung der Organschaft eine ausdrückliche Vereinbarung des § 302 AktG für erforderlich halte, könnten aber keinesfalls Formvorschriften für die Vereinbarung gelten, wenn die Anwendung des § 302 AktG bereits - stillschweigend - zivilrechtlich wirksam vereinbart worden sei. Für die Klarstellungsvereinbarung bestehe daher weder die Verpflichtung zur notariellen Beglaubigung des Zustimmungsbeschlusses der Gesellschafterversammlung der beherrschten Gesellschaft, hier der Klägerin, noch die Verpflichtung oder nur die Möglichkeit der Eintragung ins Handelsregister. Die redaktionelle Klarstellung des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages sei eine unwesentliche Änderung, die weder der Zustimmung der Gesellschafterversammlung bedürfe, noch eintragungsfähig sei.

In diesem Zusammenhang trägt die Klägerin vor, dass sie bei drei Handelsregisterbehörden nachgefragt habe, wie der Antrag auf Eintragung einer entsprechenden Klarstellungsvereinbarung behandelt würde. Übereinstimmend sei erklärt worden, dass ein derartiger Eintragungsantrag zurückgewiesen würde, weil die Ergänzung nicht eintragungsfähig sei.

Die Klägerin beantragt,

unter Änderung der angefochtenen Bescheide die Körperschaftsteuer 1997 und 1998 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 00.00.0000 jeweils mit ... DM festzusetzen und die Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gemäß § 47 Abs. 1 KStG entsprechend den eingereichten Steuererklärungen vorzunehmen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er vertritt unter Bezugnahme auf die Einspruchsentscheidung die Meinung, dass die steuerliche Anerkennung einer Organschaft die ausdrückliche und zivilrechtlich wirksame Vereinbarung des § 302 Abs. 3 AktG voraussetze. An einer derartigen zivilrechtlich wirksamen Vereinbarung fehle es im Streitfall.

Entgegen der Auffassung der Klägerin handele es sich bei der so genannten Klarstellungsvereinbarung tatsächlich um eine erstmalige Vereinbarung der Anwendung des § 302 Abs. 3 AktG. Diese bedürfe entsprechend der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs - BGH - eines notariell beglaubigten Zustimmungsbeschlusses der Gesellschafterversammlung und der Eintragung ins Handelsregister, um wirksam zu werden. Daran fehle es im Streitfall.

Selbst wenn man davon ausgehe, dass § 302 AktG im GmbH-Vertragskonzern nach herrschender Auffassung im Zivilrecht grundsätzlich analog anzuwenden sei, habe doch zumindest bzgl. der Einmann-GmbH Unklarheit bestanden, wie weit eine analoge Anwendung des § 302 AktG reiche. Es habe daher im Streitfall, bei dem es unstreitig um einen Einmann-GmbH-Konzern gehe, der ausdrücklichen Vereinbarung bedurft. Im Hinblick auf die Unklarheiten bei der analogen Anwendung des § 302 AktG sei auch die Eintragung der Ergänzungsvereinbarung ins Handelsregister unverzichtbar gewesen, da nur dies die erforderliche Beweissicherungs- und Publizitätsfunktion erfülle. Dass eine Eintragung grundsätzlich möglich sei, sei dem Beklagten aus Fällen bekannt, bei denen eine entsprechende nachträgliche Vereinbarung ins Handelsregister eingetragen worden sei. Im Übrigen hätte der Klägerin bei Ablehnung eines Eintragungsantrages der Rechtsbehelfsweg offen gestanden.

Der Beklagte versteht die einschlägige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - BFH - in dem Sinne, dass der BFH nicht davon ausgeht, dass § 302 Abs. 3 AktG analog für die GmbH gilt. Daraus ergebe sich im Lichte der BFH-Rechtsprechung die Notwendigkeit einer rechtsgeschäftlichen Vereinbarung. Eine derartige rechtsgeschäftliche Begründung ohne flankierendes Formerfordernis erscheine sinnlos. Wegen der weiteren Einzelheiten insoweit wird auf die Schriftsätze vom 00. und 00.00.0000 verwiesen.

Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 00. und 00.00.0000 auf mündliche Verhandlung verzichtet.

Gründe

Die Klage ist begründet. Die angefochtenen Körperschaftsteuer- und Feststellungsbescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Der Beklagte hat zu Unrecht bei den angefochtenen Veranlagungen verdeckte Gewinnausschüttungen im Sinne des § 8 Abs. 3 KStG in Höhe der Zahlungen der Klägerin an die E. GmbH angesetzt.

Er ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die hier streitbefangenen vertraglichen Absprachen zwischen der Klägerin und der E. GmbH nicht den Anforderungen der §§ 14, 17 KStG genügen und deshalb die Gewinne der Klägerin nicht der E. GmbH als Organträgerin zuzurechnen (§ 14 Satz 1 KStG), sondern die Zahlungen der Klägerin an die E. GmbH als verdeckte Gewinnausschüttungen im Sinne des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG zu qualifizieren sind.

Nach § 17 KStG gelten die Regeln über die körperschaftsteuerliche Organschaft für Aktiengesellschaften oder KGaA als Organgesellschaften (§ 14 KStG) entsprechend, wenn eine andere Kapitalgesellschaft - hier die Klägerin als GmbH - mit Sitz und Geschäftsleitung im Inland sich wirksam verpflichtet, ihren ganzen Gewinn an ein anderes Unternehmen im Sinne des § 14 KStG abzuführen.

Weitere Voraussetzung ist, dass

eine Gewinnabführung den in § 301 des Aktiengesetzes genannten Betrag nicht überschreitet und eine Verlustübernahme entsprechend den Vorschriften des § 302 des Aktiengesetzes vereinbart wird.

Im Streitfall sind zunächst die Voraussetzungen des § 14 KStG erfüllt.

Die Klägerin hat unstreitig Sitz und Geschäftsleitung im Inland. Während der Streitjahre lag eine so genannte finanzielle Eingliederung im Sinne des § 14 Nr. 1 KStG vor. Die E. GmbH war seit 0000 ununterbrochen und unmittelbar zu 100% an der Klägerin beteiligt.

Die Klägerin war auch während des gesamten Streitzeitraums wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen der E. GmbH eingegliedert. Eine derartige Eingliederung ist nach § 14 Nr. 2 Satz 2 KStG stets gegeben, wenn die Organgesellschaft - hier die Klägerin - durch einen Beherrschungsvertrag im Sinne des § 291 Abs. 1 des AktG die Leitung ihres Unternehmens dem Unternehmen des Organträgers unterstellt.

Dies ist im Streitfall durch § 1 des Vertrages vom 00.00.0000 zivilrechtlich wirksam erfolgt.

Die zivilrechtlich wirksame Begründung eines Organschaftsverhältnisses setzt grundsätzlich (d. h. vorbehaltlich der in § 17 KStG ausdrücklich ausgeschlossenen Regeln über den fehlgeschlagenen Konzern) einen schriftlichen Vertrag voraus, dem sowohl von der Gesellschafterversammlung der Organgesellschaft als auch des Organträgers zugestimmt werden muss. Die Zustimmung der Gesellschafterversammlung der Organgesellschaft bedarf dabei, da sie materiellrechtlich einer Gesellschaftsvertragsänderung im Sinne des § 53 Abs. 1 GmbHG gleichkommt, in entsprechender Anwendung des § 53 Abs. 2 Satz 1 GmbHG der notariellen Beurkundung. Letztlich ist erforderlich, dass das Bestehen des Vertrages und die Beschlüsse der Gesellschafterversammlungen gemäß § 294 AktG dem Handelsregister vorgelegt werden und eine entsprechende Eintragung gemäß § 294 AktG/§ 54 Abs. 3 GmbHG im Handelsregister der Organgesellschaft erfolgt (grundlegend BGH-Urteil vom 24. Oktober 1988 II ZB 7/88, BGHZ 105, 324; vgl. auch Kleinert/Lahl, GmbH-Rundschau 2003, 698; Michalski a. a. O., Systematische Darstellung 3 Rdnr. 399 m. w. N.; ebenso Körperschaftsteuerrichtlinien - KStR - 1995 Abschnitt 64; weitere Nachweise bei Dötsch/Eversberg/Jost/Witt, KStG, § 17 n. F. Rdnr. 22).

Die Erfüllung dieser Voraussetzungen durch die im Tatbestand dargestellten Verträge und Beschlüsse der Gesellschafterversammlungen sowie die Eintragung ins Handelsregister ist zwischen den Beteiligten unstreitig.

Die E. GmbH ist auch unstreitig eine unbeschränkt steuerpflichtige, nicht steuerbefreite Körperschaft (§ 14 Nr. 3 KStG); der Gewinnabführungsvertrag war ausweislich des § 3 auch auf mindestens fünf Jahre, nämlich vom 1. Januar 1996 bis zum 31. Dezember 2000 unkündbar (§ 14 Nr. 4 KStG) und ist innerhalb des von § 14 Nr. 4 KStG vorgegebenen Zeitrahmens zivilrechtlich wirksam zu Stande gekommen. Die vom BGH aufgestellten formellen Kriterien, die Zustimmungserklärungen der Gesellschafterversammlungen, die notariellen Beurkundungen und die Eintragung ins Handelsregister sind unstreitig bis 0000 erfolgt.

Der Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag enthielt auch eine § 14 Nr. 5 KStG entsprechende Beschränkung bzgl. der Einstellung von Beträgen in die freien Rücklagen (§ 2 des Vertrages).

Es ist weiterhin unstreitig, dass die vertraglichen Vereinbarungen über die Gewinnabführung und die tatsächlichen Gewinnabführungen die Voraussetzungen des § 17 Satz 2 Nr. 1 KStG erfüllen.

Nach Überzeugung des erkennenden Senats ist auch eine Verlustübernahme entsprechend den Vorschriften des § 302 des Aktiengesetzes "vereinbart" worden.

1. Entgegen der Auffassung des Beklagten sind die Voraussetzungen des § 17 Nr. 2 KStG im Streitfall erfüllt. Es liegt eine Vereinbarung der Verlustübernahme im Sinne des § 17 Nr. 2 KStG vor.

Bei einer sinnorientierten Auslegung des § 17 KStG ist der Begriff "vereinbart" dahingehend zu verstehen, dass durch einen wirksamen Vertrag die Anwendung der Verlustübernahme entsprechend § 302 AktG herbeigeführt wird.

Zwar wird der Begriff "vereinbart" sowohl in der allgemeinen Sprache (vgl. dazu Duden, Das Bedeutungswörterbuch, Stichworte: vereinbaren, Vereinbarung) als auch in der Rechtssprache (vgl. §§ 154, 155 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB -) im Sinne einer Einigung im Rahmen eines Vertragsschlusses oder sonstigen Absprache verstanden. Im Lichte der dokumentierten Gesetzgebungsgeschichte ginge eine allein am Wortlaut haftende Auslegung aber sowohl an dem gesetzgeberischen Willen als auch an dem Zweck der Vorschrift vorbei.

Wie bereits im Gesetzgebungsverfahren zu § 17 KStG a. F. klar herausgestellt, wollte der Gesetzgeber "durch die vorgesehenen besonderen Vorschriften hinsichtlich der Form und des Inhalts der zwischen der Organgesellschaft und dem Unternehmen des Organträgers zu treffenden Vereinbarungen" den aktienrechtlichen und den außeraktienrechtlichen Ergebnisabführungsvertrag in den Voraussetzungen und den steuerrechtlichen Wirkungen "soweit wie möglich" aneinander anpassen (vgl. Bundestags-Drucksache V/3017 S. 9 zum damaligen § 7a Abs. 5, später § 17 KStG; ebenso BFH-Urteil vom 17. Dezember 1980 I R 220/78, BStBl II 1981, 383).

Da die zivilrechtliche Rechtslage bzgl. der Begründung eines wirksamen Organschaftsverhältnisses im Rahmen des GmbH-Konzerns zum damaligen Zeitpunkt unklar war, enthielt das KStG eigenständige Regeln. Obwohl es in der Folgezeit durch Veränderungen in der Zivilrechtsprechung immer wahrscheinlicher erschien, dass zivilrechtlich höhere Anforderungen an die wirksame Begründung eines Organschaftsverhältnisses gestellt würden, wurde das KStG nicht geändert. Wie das Bundesfinanzministerium - BMF - mehrfach klarstellte, sollten bis zur Klärung der zivilrechtlichen Vorfragen Organschaftsverträge nicht beanstandet werden, die die Voraussetzungen des § 17 KStG erfüllten (vgl. BMF-Schreiben vom 17. Februar und 1. Oktober 1987, DStR 1987, 238 und 805).

Folgerichtig hat der Gesetzgeber anlässlich der Klärung der zivilrechtlichen Rechtslage durch die grundlegende Entscheidung des BGH zu den Voraussetzungen eines wirksamen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages (BGH-Beschluss vom 24. Oktober 1988 II ZB 7/88, BGHZ 105, 324) das Gesetz durch Aufhebung der bisherigen Voraussetzungen in § 17 Nr. 1 und 2 KStG geändert, da nunmehr die Voraussetzungen für einen wirksamen Unternehmensvertrag geklärt waren.

Entgegen der - bisher auch vom erkennenden Senat (vgl. Urteil vom 11. März 1999 13 K 6548/96, EFG 1999, 730) vertretenen Auffassung - kann aus der Tatsache, dass der Steuergesetzgeber anlässlich der oben dargestellten teilweisen Aufhebung des § 17 KStG a. F. nicht auch § 17 Nr. 2 KStG n. F. aufgehoben hat, nicht zwingend geschlossen werden, dass der Gesetzgeber eine eigenständige neben die zivilrechtlichen Regeln tretende Voraussetzung für die Anerkennung einer Organschaft schaffen wollte.

Im Zeitpunkt der Gesetzesänderung (die Bundestagsdrucksache stammt aus dem September 1991) war die Frage bzgl. der unmittelbaren Anwendbarkeit der §§ 302, 303 AktG beim GmbH-Vertragskonzern zivilrechtlich noch ungeklärt. Zwar hatte der BGH bereits 1985 (Urteil vom 16. September 1985 II ZR 275/84, BGHZ 95, 330, NJW 1986, 188) zur Anwendung der §§ 302, 303 AktG im so genannten faktischen GmbH-Konzern entschieden. Die Entwicklung der Rechtsprechung war insoweit aber noch offen (vgl. BGH-Urteil vom 20. Februar 1989 II ZR 167/88, BGHZ 107, 7 unter III. 3.).

Eine eindeutige Rechtsprechung zur Anwendung der Vorschriften im wirksam errichteten GmbH-Vertragskonzern bestand zum damaligen Zeitpunkt nicht; soweit ersichtlich hatte der BGH lediglich (vgl. Urteil vom 14. Dezember 1987 II ZR 170/87, BGHZ 103, 1) einen Fall zu fehlerhaften Gesellschaftsverträgen entschieden. In der Literatur ging man davon aus, dass zumindest die Regelungen über den faktischen Konzern Anwendung finden müssten (vgl. Timm, Geklärte und offene Fragen im Vertragskonzernrecht der GmbH, GmbH Rundschau 1987, 8 m. w. N.). Eine klare und eindeutige Entscheidung des BGH zur Anwendung der §§ 302, 303 AktG im wirksam errichteten GmbH-Vertragskonzern findet sich erst in dem BGH-Urteil vom 11. November 1991 II ZR 287/90, BGHZ 116, 37; bestätigt durch BGH-Urteil vom 11. November 1999 II ZR 120/98, Der Betrieb - DB - 1999, 2457). Diese klarstellende Rechtsprechung des BGH konnte der Gesetzgeber bei der Vorbereitung und Verabschiedung des Steueränderungsgesetzes 1992 also noch nicht kennen.

Nach Überzeugung des erkennenden Senats kann angesichts der oben dargestellten Entwicklung in der Zivilrechtsprechung aus der Tatsache der Aufrechterhaltung der Regelung in § 17 Nr. 2 KStG nicht darauf geschlossen werden, dass der Gesetzgeber eine zwingend neben die zivilrechtlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen des Organschaftsvertrages tretende Voraussetzung für die steuerliche Anerkennung kodifizieren wollte (ebenso Walter, Die Verlustübernahme im Gewinnabführungsvertrag, GmbH-Rundschau 1999, 1017).

Bei der geschilderten Ausgangslage erscheint es zwar verständlich, dass der Gesetzgeber die Voraussetzung - Geltung des § 302 AktG - weiterhin als eigenständige Regelung im KStG belassen hat. Er hat damit aber nicht klar gesagt, dass er über sein erklärtes Ziel - Gleichbehandlung von GmbH- und Aktienkonzern - hinaus für den GmbH-Konzern höhere Anforderungen im Steuerrecht formulieren wollte, als nach Zivilrecht erforderlich (ebenso Hermann/ Heuer/ Raupach, KStG, § 17 Rdnr. 31). Die fortwirkende generelle Zielsetzung des Gesetzgebers spricht vielmehr dafür, dass die Regelung des § 17 Nr. 2 KStG in dem Sinne gemeint war, dass für die steuerliche Anerkennung der Organschaft § 302 AktG im GmbH-Konzern gelten muss; ob die Geltung kraft Gesetzes eintritt oder - bei fehlender gesetzlicher Geltung - vereinbart werden muss, war und ist für den Gesetzgeber nicht bedeutsam.

Gegen eine Auslegung des § 17 Nr. 2 KStG im Sinne einer Zivilrecht korrigierenden oder zwingend ergänzenden Vorschrift spricht auch die Gesetzgebungsbegründung zu § 14 Nr. 4 Satz 4 KStG n. F. (Bundestags-Drucksache - BT-Drs. - 12/1118, Seite 67). Dort hat der Gesetzgeber unter ausdrücklicher Bezugnahme auf eine zivilrechtlich ungeklärte Rechtslage eine ergänzende Regelung in das KStG aufgenommen. Die Tatsache, dass eine entsprechende Begründung zu § 17 KStG fehlt (BT-Drs. 12/1108 a. a. O.), indiziert die Fortgeltung der Intentionen aus der ursprünglichen Gesetzgebungsbegründung, also die Gleichbehandlung der Organschaft bei Aktiengesellschaften und Gesellschaften mbH.

Für eine dahingehende Auslegung spricht auch die Übergangsregelung der Finanzverwaltung in BStBl I 1989, 430, in der deutlich gemacht wurde, dass die Rechtsprechung des BGH zu fehlerhaften oder nichtigen Gewinnabführungsverträgen nicht übernommen werden sollte. Auf das BMF-Schreiben wird in der Gesetzgebungsbegründung zu § 14 KStG ausdrücklich verwiesen. In Umsetzung der Gedanken des BMF stellt § 17 KStG n. F. ausdrücklich auf eine "wirksame" Gewinnabführungsverpflichtung ab. Auch dies spricht dafür, dass der Gesetzgeber in den Punkten, in denen er von der Zivilrechtslage (Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft) abweichen wollte, dies zum Ausdruck gebracht hat.

Entgegen einer im Schrifttum (Ernst & Young, KStG, § 17 Rdnr. 11) zu findenden Darstellung hat der Gesetzgeber auch keine "ausdrückliche" Vereinbarung verlangt. Auch gibt der Wortlaut der Vorschrift keinen Anhaltspunkt dafür, dass eine ("ausdrückliche") Vereinbarung im Gewinnabführungsvertrag enthalten sein müsse. § 17 KStG enthält keine Formulierungen, die derartige Ableitungen nahe legen.

Beide Ableitungen werden in der Regel damit begründet, dass die hohen Anforderungen an das Zustandekommen eines Gewinnabführungsvertrages nur dann Sinn machten, wenn der Gewinnabführungsvertrag alle wesentlichen Vertragsinhalte umfasse. Damit werden aber die zivilrechtlichen Voraussetzungen eines wirksamen Gewinnabführungsvertrages unzulässig mit den - zivilrechtlich offenkundig überflüssigen und bedeutungslosen (vgl. BGHZ 105, 324 unter IV.2. c) - besonderen Regelungen des § 17 KStG verquickt. Da der mit hohen Anforderungen verbundene Gewinnabführungsvertrag automatisch zur Anwendung des § 302 AktG führt, können für die Auslegung des § 17 Nr. 2 KStG insoweit keine Ableitungen vorgenommen werden.

Nach Überzeugung des erkennenden Senates ist daher für die steuerliche Anerkennung einer Organschaft lediglich erforderlich, dass neben den oben dargestellten Voraussetzungen der §§ 14, 17 Nr. 1 KStG ein wirksamer Gewinnabführungsvertrag abgeschlossen wurde und dabei/dadurch § 302 AktG anwendbar geworden ist.

Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt. Zwischen der Klägerin und der E. GmbH ist unstreitig - und durch die Eintragung in das Handelsregister vom Registergericht bestätigt - ein wirksamer Gewinnabführungsvertrag zustande gekommen. Dies hat - bei Zugrundelegung der ganz herrschenden Meinung im Zivilrecht, der sich der erkennende Senat anschließt - die unmittelbare, analoge Anwendung des § 302 AktG und auch des § 303 AktG zur Folge. Auf die Klarstellungsvereinbarung zwischen der Klägerin und der E. GmbH kommt es bei dieser Lösung nicht an.

2. Unabhängig von der dargestellten Lösung ist die Klage auch deshalb begründet, weil die Klägerin mit der E. GmbH die Verlustübernahme entsprechend § 302 Abs. 1 AktG in dem notariellen Unternehmensvertrag vereinbart hat, dieser Vereinbarung durch formgerechte Gesellschafterbeschlüsse beider Gesellschaften zugestimmt worden ist und die entsprechenden Eintragungen im Handelsregister erfolgt sind. Dies ist hinreichend.

Wenn man der oben dargelegten Auslegung des Gesetzes nicht folgen will, ist § 17 Nr. 2 KStG im Licht der jedenfalls in den hier maßgeblichen Jahren geklärten Zivilrechtslage zumindest dahingehend auszulegen, dass eine ausdrückliche Vereinbarung gemäß § 302 Abs. 3 AktG nicht erforderlich ist.

Wie der Bundesfinanzhof bereits 1980 festgestellt hat, ist die Formulierung in § 17 Nr. 2 KStG "Verlustübernahme entsprechend den Vorschriften des § 302 AktG" hinsichtlich des Umfangs der Einbeziehung der aktienrechtlichen Vorschriften in die vertragliche Regelung nicht eindeutig (BFH-Urteil vom 17. Dezember 1980 I R 220/78, BStBl II 1981, 383).

Im Lichte der damaligen Zivilrechtslage und unter ausdrücklicher Bezugnahme auf den Zweck der Vorschrift hat der BFH die Einbeziehung des § 302 Abs. 3 AktG aus der Notwendigkeit abgeleitet, den GmbH-Vertragskonzern nicht günstiger zu gestalten als den Aktienkonzern. Er hat ausdrücklich geprüft, ob die von ihm vorgenommene Auslegung für die Verfolgung des gesetzgeberischen Zweckes nicht schlechthin ungeeignet sei und letztlich die Auslegung, dass auch § 302 Abs. 3 AktG vereinbart werden müsse, mit außersteuerlichen Gesichtspunkten begründet.

Diese im Jahr 1980 nachvollziehbaren Überlegungen sind für die Streitjahre durchgängig nicht mehr fruchtbar zu machen.

Da § 302 Abs. 3 AktG kraft Gesetzes gilt, kann es nicht mehr um die unterschiedliche Behandlung von GmbH- und Aktienkonzern gehen. Auch die außersteuerlichen Gesichtspunkte - auf die auch der erkennende Senat (EFG 1999, 730; bestätigt durch BFH-Urteil vom 29. März 2000 I R 43/99, BFH/NV 2000, 1250) noch 1999 abgestellt hat - vermögen nicht mehr zu überzeugen. Der Steuergesetzgeber ist nicht dazu da, vom Zivilgesetzgeber bewusst der Ziviljustiz überlassene Entwicklungen zu korrigieren (so zutreffend: Walpert, Die Vereinbarung der Verlustübernahme nach § 17 Satz 2 Nr. 2 KStG im Rahmen eines Gewinnabführungsvertrages mit einer GmbH, DStR 1999, 1684). Interessen der Gläubiger oder Minderheitsgesellschafter der Organgesellschaft werden bereits durch die unmittelbare Geltung von § 302 Abs. 3 AktG geschützt. Eine ausdrückliche Vereinbarung entfaltet keine weiter gehenden Wirkungen. Publizitätsbedürfnisse außen stehender Personen erfüllt das Handelsregister, in das nur die Zustimmung zum Gewinnabführungsvertrag aufgenommen wird, nicht das Steuerrecht.

Es stellt sich vielmehr die Frage, ob im Lichte der geänderten Zivilrechtslage die Aufrechterhaltung der ursprünglich berechtigten (Walter a. a. O.) bisherigen Auslegung des § 17 Nr. 2 KStG im Sinne einer Verweisung auch auf § 302 Abs. 3 AktG nicht dazu führt, dass § 17 Nr. 2 KStG zu einer - im Sinne der vom BFH zitierten Kuponsteuerentscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG-Beschluss vom 24. September 1965 1 BvR 228/65, BVerfGE 19, 119) - für die Erreichung des gesetzgeberischen Zweckes schlechthin ungeeigneten Norm würde.

Zivilrechtlich ist die Verweisung obsolet, denn § 302 Abs. 3 AktG galt nach der in den Streitjahren unangefochtenen ständigen Rechtsprechung des BGH für den GmbH-Vertragskonzern kraft Gesetzes. Auch steuerrechtlich ergibt die Vorschrift keinen Sinn, da ein Verzicht - selbst wenn er mit § 302 Abs. 3 AktG in Übereinstimmung stünde - nach ganz herrschender Meinung im Steuerrecht regelmäßig zur Nichtanerkennung der Organschaft führt (vgl. Gosch, KStG, § 17 Rdnr. 11; Frotscher, KStG, § 17 Rdnr. 9; Ernst & Young, KStG § 17 Rdnr. 12; Erle/Sauter, KStG § 17 Rdnr. 45). Es liegt also nicht nur eine mangelnde Abstimmung zwischen dem Zivil- und Steuerrecht vor, sondern eine selbst steuerrechtlich sinnlose Regelung. § 17 Nr. 2 KStG wird als "Strafvorschrift für Dumme und Unkundige" (z. B. Walter a. a. O.; Ernst & Young, KStG § 17 Rdnr. 12; Walpert a. a. O.) oder als steuerliche Erschwerung (z. B. Dötsch/Eversberg/Jost/Witt, KStG, § 17 n. F. Rdnr. 24 m. w. N.) bezeichnet.

Der Senat ist davon überzeugt, dass bei der Auslegung einer unbestritten uneindeutigen Vorschrift eine derartige Situation trotz der unmissverständlichen bisherigen Rechtsprechung zu korrigieren ist (anderer Ansicht: Neumann in Gosch, KStG, a. a. O.). Dies gilt umso mehr, als der BFH zur Vermeidung möglicherweise verfassungswidriger Ergebnisse einer Organschaft in einer jüngeren Entscheidung (BFH-Urteil vom 29. Januar 2003 I R 6/99, BFH/NV 2003, 969) selbst die eindeutige Regelung in § 14 Nr. 3 Satz 1 KStG unangewandt gelassen hat, um eine Verwerfung der Vorschrift durch das BVerfG wegen eines möglicherweise bestehenden Verstoßes gegen Art. 3 des Grundgesetzes im Hinblick auf eine nach der Rechtsprechung des entscheidenden BFH-Senates möglicherweise nicht grundrechtsfähige ausländische juristische Person zu vermeiden. Nach Überzeugung des erkennenden Senates muss es noch viel eher möglich sein, eine sinnlose Ungleichbehandlung wirtschaftlich identischer Lebenssachverhalte im Rahmen der normalen Auslegung einer Vorschrift zu vermeiden.

3. Letztlich ist, selbst wenn man entgegen der Auffassung des Senates eine ausdrückliche Verlustübernahme entsprechend den Vorschriften des § 302 Abs. 1 und Abs. 3 AktG für die körperschaftsteuerliche Anerkennung der Organschaft im GmbH-Konzern für erforderlich hielte, in dem hier zu entscheidenden Verfahren der Klage stattzugeben, da eine Verlustübernahme entsprechend den Vorschriften des § 302 AktG zwischen der Organgesellschaft (Klägerin) und der Organträgerin (E. GmbH) getroffen worden ist.

Es ist zwischen den Beteiligten des vorliegenden Verfahrens unstreitig, dass die Klägerin mit der E. GmbH im Gewinnabführungsvertrag - auch steuerrechtlich wirksam und formgerecht - eine Vereinbarung entsprechend § 302 Abs. 1 AktG und spätestens in der Klarstellungsvereinbarung vom 00.00.0000 auch eine Vereinbarung über die Verlustübernahme entsprechend § 302 Abs. 3 AktG getroffen hat.

Auch die Vereinbarung zu § 302 Abs. 3 AktG ist entgegen der Auffassung des Beklagten wirksam und hinreichend.

Insbesondere ist die Vereinbarung nicht gemäß § 125 BGB wegen Formmangels nichtig. Für die Vereinbarung nach § 17 Nr. 2 KStG i. V. m. § 302 Abs. 3 AktG besteht keine gesetzliche Formvorschrift.

Ein Formzwang ergibt sich auch nicht dadurch, dass die Vereinbarung zwingend im Rahmen des Gewinnabführungsvertrages, der nach der bereits dargestellten Rechtsprechung des BGH entsprechenden Formzwängen unterliegt, getroffen werden müsste.

Für die Annahme einer derartigen Voraussetzung fehlt es an hinreichenden Anhaltspunkten im Gesetz. Wie bereits oben ausgeführt, enthält § 17 KStG keine entsprechende Anweisung. Eine Ableitung aus dem Zivilrecht verbietet sich, da eine ausdrückliche Vereinbarung des § 302 Abs. 3 AktG zivilrechtlich sinnlos ist, weil die Vorschrift nach ganz herrschender Auffassung im zivilrechtlichen Schrifttum (Michalski, Kommentar zum GmbHG, 2002, unter C. Systematische Darstellung 4, Rdnr. 75; Scholz, GmbHG, 9. Aufl., 2000, Anhang Konzernrecht Rdnr. 211 jeweils m. w. N.) und der Rechtsprechung des BGH (BGH-Urteil vom 11.November 1991 II ZR 287/90, BGHZ 116, 37; weitere Nachweise in BFH-Urteil vom 29. März 2000 I R 43/99, BFH/NV 2000, 1250), bei einem wirksamen Gewinnabführungsvertrag immer analog anzuwenden ist.

Für die isolierte Vereinbarung der Vorschriften des § 302 AktG ergibt sich ein Formzwang weder aus dem Zivilrecht noch aus dem Steuerrecht.

Eine Ableitung aus dem Zivilrecht scheidet schon deshalb aus, weil die vom im BGH herangezogenen Überlegungen für die Begründung des Formzwangs für den Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag für die Begründung eines Formzwangs für die Vereinbarung gemäß § 17 Nr. 2 KStG nicht herangezogen werden können.

Der BGH hat die Anwendung der §§ 53, 54 GmbHG, also die notwendige notarielle Beurkundung und die Eintragung ins Handelsregister, für den Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag damit begründet, dass der Vertrag grundlegend in den Gesellschaftszweck, die Zuständigkeitskompetenz der Gesellschafter und in ihr Gewinnbezugsrecht eingreife und satzungsgleich die rechtliche Grundstruktur der sich der Beherrschung unterstellenden GmbH umgestalte. Eine derartige Änderung des Gesellschaftsvertrages unterliege aus Beweissicherungs- und damit auch Rechtssicherheitsgründen, aber auch zum Zwecke der materiellen Richtigkeitsgewähr sowie zur Gewährleistung einer Prüfungs- und Belehrungsfunktion der Beurkundungspflicht und der Eintragungspflicht (grundlegend BGHZ 105, 324 unter IV. 2c).

Ausgehend von dieser Begründung für die Beurkundungs- und Eintragungspflicht kann für die allein nach § 17 Nr. 2 KStG notwendige Vereinbarung einer entsprechende Formpflicht nicht bestehen. Da die Haftung und das Verzichtsverbot nach § 302 AktG bei Abschluss eines entsprechenden Unternehmensvertrages ohne ausdrückliche Vereinbarung eingreifen, kann der nachfolgenden ausdrücklichen Vereinbarung zivilrechtlich keine Bedeutung zukommen. Insbesondere ist mit ihr keine satzungsändernde Wirkung verbunden (ebenso: Kleinert, GmbH Rundschau 2004, 1407; Scholz, GmbHG, 9. Aufl., 2000, Anhang Konzernrecht Rdnr. 211). Damit fehlt es an den Voraussetzungen, aus denen der BGH die Notwendigkeit der notariellen Beurkundung abgeleitet hat. Ebenso fehlt es an den Voraussetzungen, aus denen der BGH die Notwendigkeit der Eintragungspflicht abgeleitet hat. Da infolge der automatischen Geltung des § 302 AktG im GmbH-Vertragskonzern der ausdrücklichen Vereinbarung keine zivilrechtliche Bedeutung zukommt, besteht auch kein Publizitätsbedürfnis.

Dabei kann dahinstehen, ob eine derartige ausdrückliche Vereinbarung nicht eintragungsfähig ist, wie die Klägerin vorträgt, oder doch eingetragen werden kann, wie der Beklagte vorträgt und wie dem erkennenden Senat aus anderen Verfahren bekannt ist. Erforderlich ist aus zivilrechtlicher Sicht eine entsprechende Eintragung jedenfalls nicht.

Auch aus § 17 KStG kann eine entsprechende Formvorschrift nicht abgeleitet werden.

Da zivilrechtlich keine besonderen Formvorschriften bestehen, müsste für die nur aus steuerlichen Gründen erfolgende ausdrückliche Vereinbarung der Anwendung des § 302 Abs. 3 AktG eine ausdrückliche Anordnung bezüglich spezieller Formen der Vereinbarung in den einschlägigen steuerlichen Regelungen enthalten sein. Eine ausdrückliche Regelung zur Form der Vereinbarung enthält § 17 KStG aber nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision war im Hinblick auf die mehrfache Begründung der Entscheidung sowohl wegen grundsätzlicher Bedeutung als auch wegen Abweichung von der bisherigen Rechtsprechung des BFH zuzulassen.






FG Köln:
Urteil v. 22.06.2005
Az: 13 K 244/04


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/7fa5b2bfc307/FG-Koeln_Urteil_vom_22-Juni-2005_Az_13-K-244-04




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