Bundespatentgericht:
Beschluss vom 21. Oktober 2010
Aktenzeichen: 8 W (pat) 328/05

(BPatG: Beschluss v. 21.10.2010, Az.: 8 W (pat) 328/05)

Tenor

Das Patent 100 46 277 wird widerrufen.

Gründe

I.

Auf die am 19. September 2000 beim Patentamt eingereichte Patentanmeldung 100 46 277.4-23 mit der Bezeichnung "Verfahren zum Wechseln von Milchfiltern und Wechselvorrichtung für Milchfilter" ist das Patent 100 46 277 mit Beschluss vom 19. Juli 2004 erteilt und die Erteilung am 10. Februar 2005 veröffentlicht worden.

Gegen das Patent hat die Einsprechende am 9. Mai 2005 Einspruch erhoben.

Zur Stützung ihres Vorbringens hat die Einsprechende neben den im Prüfungsverfahren bereits in Betracht gezogenen Druckschriften, nämlich die DE 695 09 752 T2, US 5957081A, EP 0 653 159 A1 und die WO 98/28 969 A1 noch auf die folgenden Entgegenhaltungen verwiesen:

US 4 257 888 EP 0 088 058 A2.

Die Einsprechende hat hierzu vorgetragen, dass die Merkmale der nebengeordneten Patentansprüche 1 und 8 des angegriffenen Patents bereits aus der im Prüfungsverfahren in Betracht gezogenen US 5 957 081 A bzw. der DE 695 09 752 T2 jeweils bekannt seien und darüber hinaus durch die US 4 257 888 nahe gelegt seien. Insbesondere seien Unterschiede in der jeweiligen technischen Vorgehensweise bzw. Ausgestaltung zu dem in der US 4 257 888 beschriebenen und dargestellten technischen Handeln in den auf ein Verfahren bzw. eine Vorrichtung gerichteten Ansprüchen 1 bzw. 8 nicht ersichtlich, so dass Patentfähigkeit nicht gegeben sei.

Die Einsprechende stellt den Antrag, das Patent 100 46 277 zu widerrufen.

Die Patentinhaberin stellt den Antrag, das Patent 100 46 277 aufrecht zu erhalten.

Die Patentinhaberin hat dem Vorbringen der Einsprechenden widersprochen. Sie hat im Einzelnen vorgetragen, dass der maßgebliche Fachmann ausgehend vom Stand der Technik nach der US 4 257 888 mehrere Schritte unternehmen müsse, um zum Gegenstand des Anspruchs 1 bzw. des Anspruchs 8 zu gelangen. Auch eine Kombination dieser Druckschrift mit dem Offenbarungsgehalt der US 5 957 081 bzw. der DE 695 09 752 T2 könne nicht zu dem patentgemäßen Verfahren bzw. der entsprechenden Vorrichtung führen, weil es sich um völlig unterschiedliche Konzepte handle, die nicht miteinander kombinierbar seien, wie die Patentinhaberin weiter ausgeführt hat. Zu dem im Rahmen der mündlichen Verhandlung im Vordergrund stehenden Stand der Technik nach der US 4 257 888 hat die Patentinhaberin noch ausgeführt, dass diese Druckschrift hauptsächlich auf eine Flüssigkeitsreinigung im industriellen Maßstab gerichtet sei und nicht für die Ausgestaltung einer Melkanlage in Betracht komme, weil hier die Hülse Teil der Leitung sei und zum Wechsel des Filterelements aus der Leitung heraus genommen werden müsse. Demgemäß müsse zuerst das Gehäuse aus der Leitung entfernt werden und erst dann könne bei dem entgegengehaltenen Stand der Technik der Filter gewechselt werden. Hinzu komme, dass die in der US 4 257 888 offenbarte Filtereinheit zwei Ableitungen aufweise, von denen eine für das gereinigte Produkt vorgesehen sei und die andere der Abführung der abgetrennten Anteile aus der zu reinigenden Flüssigkeit diene.

Patentanspruch 1 gemäß Streitpatentschrift lautet:

"Verfahren zum automatischen Wechseln eines in einer Filtereinheit (16) angeordneten Milchfilterelements (1a) mit folgenden Schritten: Freigeben des in der Filtereinheit (16) eingeschlossenen Milchfilterelements (1a) durch Öffnen der Filtereinheit (16) mittels einer Verschlusseinrichtung (6), so dass das Milchfilterelement (1a) von einem Gehäuse frei gegeben wird; Austauschen des freigegebenen Milchfilterelements (1a) mittels einer Tauscheinrichtung (4) gegen ein anderes Milchfilterelement (1b -1d) aus einem Filtermagazin (5); Verschließen der Filtereinheit (16) mittels einer Verschlusseinrichtung (6), so dass das andere Milchfilterelement (1b -1d) mit einem Gehäuse versehen wird."

Der nebengeordnete Patentanspruch 8 gemäß Streitpatentschrift lautet:

"Wechselvorrichtung zum Auswechseln eines in einem Strömungsweg einer Milch angeordneten Milchfilterelements (1) mit einer Filtereinheit (16), die ein Gehäuse bestehend aus einem Gehäuseteil (3) und einem mit dem Gehäuseteil (3) lösbar verbundenen Träger (2) aufweist, in dem ein Milchfilterelement (1a) angeordnet ist, einer Verschlusseinrichtung (6), durch die das Milchfilterelement (1a) vom Gehäuse freigegeben wird, dadurch gekennzeichnet, dass ein Filtermagazin (5) vorgesehen ist, das wenigstens zwei Milchfilterelemente aufnehmen kann und wenigstens ein weiteres Milchfilterelement (1b -1d) enthält und dass eine Tauscheinrichtung (4) vorgesehen ist, die so ausgebildet ist, dass das vermittels der Tauscheinrichtung (4) freigegebene Milchfilterelement (1a) gegen ein weiteres sich in dem Filtermagazin (5) befindliche Milchfilterelement (1b) ausgetauscht wird."

Wegen der auf Patentanspruch 1 rückbezogenen Ansprüche 2 bis 7 sowie der auf Patentanspruch 8 rückbezogenen Ansprüche 9 bis 20 sowie weiterer Einzelheiten im Übrigen wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Über den Einspruch, der nach dem 1. Januar 2002 und vor dem 1. Juli 2006 formund fristgerecht eingelegt worden ist, hat der zuständige Technische Beschwerdesenat gemäß § 147 Abs. 3 PatG zu entscheiden, da die mit der Einlegung des Einspruchs begründete Entscheidungsbefugnis durch die spätere Aufhebung der Vorschrift nicht entfallen ist (vgl. auch BGH GRUR 2007, 859, 861 und 862 ff. -Informationsübermittlungsverfahren I und II; GRUR 2009, 184, 185 -Ventilsteuerung).

Der zulässige Einspruch ist begründet, denn er führt zum Widerruf des angegriffenen Patents.

Weder das Verfahren zum automatischen Wechseln eines Milchfilterelements nach Patentanspruch 1 noch die Wechselvorrichtung zum Auswechseln eines Milchfilterelements nach dem nebengeordneten Patentanspruch 8 stellt eine patentfähige Erfindung i. S. d. §§ 1 bis 5 PatG dar.

1. Das Verfahren zum automatischen Wechseln eines Milchfilterelements nach Patentanspruch 1 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

1.1 Patentanspruch 1 ist auf ein Verfahren zum automatischen Wechseln eines in einer Filtereinheit angeordneten Milchfilterelements gerichtet.

Aus dem Stand der Technik sind gemäß Absatz 0003 der Streitpatentschrift Milchfilter bei Melkmaschinen bekannt, bei denen der Milchstrom auf einen neuen, frischen Milchfilter umgeleitet wird, wenn der alte verschmutzt ist (vgl. EP 0 653 153 A1, US 5 957 081 A), so dass kein Austausch der Milchfilter statt findet. Andererseits ist eine Filtereinrichtung zum Filtern von in einer Milchleitung strömenden Milch bekannt (DE 695 09 752 T2), bei der das Filtermaterial durch einen frischen Abschnitt dadurch ersetzt wird, dass die Gehäuseteile voneinander weg bewegt und anschließend ein Band mit Filtermaterial ein Stück weiter aufgewickelt wird und danach die Gehäuseteile wieder gegen das Filtermaterial gedrückt werden (Absatz 0004). Bei einer anderen Filtereinrichtung nach der WO 98/28 969 A1 ist das Filterelement auf einer drehbaren Scheibe positioniert und kann durch Drehen der Scheibe in einen Leitungsabschnitt geführt werden, der Wasser zur Reinigung des Filterelementes führt, wobei das Filterelement als solches nicht austauschbar ist (Absatz 0005).

Nachdem der Gebrauch von verschmutzten Milchfiltern zu einer Verschlechterung der Milchqualität führt, erfordert das Einhalten der Milchstandards deshalb häufig eine unerwünschte Unterbrechung der Melkzeiten, wie im Streitpatent (Absatz 0006) weiter ausgeführt wird.

Hiervon ausgehend stellt sich das Streitpatent gemäß Absatz 0007 die Aufgabe, ein Verfahren und eine Wechselvorrichtung anzugeben, womit die Hygienequalität der Milch verbessert und ein reibungsloser Betrieb der Melkanlage gewährleistet wird.

Patentanspruch 1 in erteilter Fassung beschreibt demgemäß ein Verfahren zum automatischen Wechseln eines in einer Filtereinheit angeordneten Milchfilterelements mit folgenden Schritten:

I. Freigeben des in der Filtereinheit eingeschlossenen Milchfilterelements durch Öffnen der Filtereinheit mittels einer Verschlusseinrichtung, so dass das Milchfilterelement von einem Gehäuse frei gegeben wird.

II. Austauschen des freigegebenen Milchfilterelements mittels einer Tauscheinrichtung gegen ein anderes Milchfilterelement aus einem Filtermagazin.

III. Verschließen der Filtereinheit mittels einer Verschlusseinrichtung, so dass das andere Milchfilterelement mit einem Gehäuse versehen wird.

Das Verfahren nach Patentanspruch 1 beschreibt einen automatischen Wechsel des Milchfilterelements, das eines Zutuns des Betreibers nicht bedarf (Absatz 0009). Dabei wird das zu wechselnde Filterelement zuerst frei gegeben (Verfahrensschritt I), dann mittels Tauscheinrichtung gegen ein anderes ausgetauscht (Schritt II) und schließlich das neue Filterelement durch Verschließen der Filtereinheit wieder mit einem Gehäuse versehen (Schritt III), so dass die Milchleitung wieder funktionsfähig wird. Merkmal II lässt durch seine Formulierung bereis erkennen, dass das Milchfilterelement als einzelnes Bauteil vorliegen muss, denn sonst könnte es nicht durch eine Tauscheinrichtung gegen ein anderes aus einem Filtermagazin ausgetauscht werden. Im Verfahrensschritt II ist ferner lediglich festgelegt, dass das freigegebene Milchfilterelement gegen ein anderes aus dem Magazin ausgetauscht werden soll, während hier über den Verbleib des verbrauchten auszutauschenden Filterelementes keine Angaben gemacht werden. Damit bleiben aber Ort und Ausführung des Austausches nach Auffassung des Senats insoweit offen, als unter die Formulierung des Merkmals II. zumindest auch die bloße Entfernung des freigegebenen Milchfilterelementes im Wege eines Tausches gegen ein aus dem Filtermagazin stammendes Milchfilterelement subsummierbar ist und daher mit Merkmal II. nicht zwingend und ausschließlich die in der Beschreibung des Ausführungsbeispiels (Abs. 0012 der Streitpatentschrift) erwähnte Zurückstellung des verschmutzten Filterelements in das Filtermagazin gefordert wird.

1.2 Der nächstkommende Stand der Technik wird durch die US 4 257 888 gebildet.

Durch die US 4 257 888 ist ein Verfahren zum automatischen Wechseln (vgl. Spalte 2, Zeilen 3, 4) eines in einer Filtereinheit (compartment 1) angeordneten Filterelements (filtering cartridge 5) (vgl. Fig. 1 bis 4) bekannt geworden. Allerdings werden durch diese Entgegenhaltung nicht speziell Milchfilterelemente beschrieben, die automatisch auszutauschen sind, sondern Filterelemente für eine Vielzahl von Einsatzbereichen (Spalte 1, Zeilen 7 ff.), unter anderem aber auch zum Reinigen von Getränken wie z. B. Kaffee in der Nahrungsmittelindustrie (Spalte 1, Zeilen 9 bis 11), so dass -anders als die Patentinhaberin vorträgt -dieser Stand der Technik jedenfalls auch für Fragen der Milchreinigung in Betracht zu ziehen ist. Wie aus Fig. 1 und 3 ersichtlich ist, erfolgt auch bei dem Verfahren nach der US 4 257 888 das Freigeben des in der Filtereinheit (1) eingeschlossenen Filterelements (5) durch Öffnen der Filtereinheit (1) mittels einer Verschlusseinrichtung (obere und untere Deckplatten 7, 8 in Wirkzusammenhang mit Federn 14 und Hydraulikzylindern 9), so dass das Filterelement von einem Gehäuse (1) freigegeben wird (Spalte 3, Zeilen 63 bis 67). Damit ist der Verfahrensschritt I des Anspruchs 1 (vgl. Merkmalsgliederung gemäß Punkt II. 1.1) durch diesen Stand der Technik bereits vorbeschrieben. Auch erfolgt bei diesem Stand der Technik das Austauschen des freigegebenen Filterelements (5) (Spalte 3, Zeile 66 bis Spalte 4, Ziele 4) mittels einer Tauscheinrichtung (allgemein mit Ziff. 15 bezeichnet, bestehend aus Hydraulikzylinder 19 und Anordnung 20, vgl. Spalte 3, Zeilen 37 bis 39 und Spalte 3, Zeilen 67 bis Spalte 4, Zeile 1) gegen ein anderes Filterelement (5) aus einem Filtermagazin (vgl. Fig. 3, Ziff. 29 und Spalte 3, Zeilen 47, 48 und Zeilen 35 bis 39), wie im Verfahrensschritt II des Anspruchs 1 beschrieben. Dabei wird das neue Filterelement (5) derart in das Gehäuse eingesetzt, dass das auszutauschende verschmutzte Filterelement durch das Einsetzen des neuen Filterelements ausgeworfen wird (Spalte 4, Zeilen 1 bis 4). Ein derartiger Ablauf des Filteraustausches fällt aber bereits unter den Bedeutungsumfang des Merkmals II., wie in Punkt II. 1.1 erläutert ist. Danach erfolgt auch bei dem entgegengehaltenen Verfahren das Verschließen der Filtereinheit (1) mittels Verschlusseinrichtung (7, 8, 14), so dass das andere (ausgetauschte) Filterelement (5) mit einem Gehäuse versehen wird (Spalte 4, Zeilen 4 bis 10), wie im Verfahrensschritt III des Anspruchs 1 gefordert wird. Nach alledem werden die Schritte I bis III des patentgemäßen Verfahrens nach Anspruch 1 bereits durch den Stand der Technik nach der US 4 257 888 in der beanspruchten Abfolge vorweg genommen. Zwar ist das entgegengehaltene automatische Filterwechselverfahren nicht speziell zur Milchfilterung, jedoch zur Filterung von Getränken, wie eingangs bereits erwähnt, ausgelegt, so dass es auch zur Filterung von Milch in Betracht zu ziehen ist.

Durch den Stand der Technik nach der US 5 957 081 A bzw. der DE 695 09 752 T2 sind dem einschlägigen Fachmann, einem Diplom-Ingenieur der allgemeinen Verfahrenstechnik bzw. Agraringenieur mit Fachhochschulabschluss und mehrjähriger Erfahrung in der Entwicklung von Verfahren und Vorrichtungen zur Tierhaltung bereits die Anordnung von Milchfiltern in Melkanlagen und Verfahren zum automatischen Austausch der Milchfilterelemente bekannt geworden, so dass der Einsatz von Milchfiltern in Melkanlagen sowie der automatische Filterwechsel dort an sich dem allgemeinen Fachwissen zuzurechnen sind.

Somit bestand für den einschlägigen Fachmann am Anmeldetag des Streitpatents unter Zuhilfenahme seines Fachwissens kein Hindernis, ein Verfahren zum automatischen Wechseln eines in einer Filtereinheit angeordneten Milchfilterelements (an Melkanlagen) mit den Verfahrensschritten des Filterwechselverfahrens nach der US 4 257 888 auszugestalten, um dadurch unmittelbar zu dem patentgemäßen Verfahren nach Anspruch 1 zu gelangen. Der Auswahl eines derartigen bekannten Filterwechselverfahrens konnte dabei auch nicht die Tatsache entgegenstehen, dass das Gehäuse zum Zwecke des Filterwechsels "aus der Leitung herausgenommen" werden müsse, wie die Patentinhaberin als Hinderungsgrund vorgetragen hat, denn dies ist in prinzipiell ähnlicher Weise auch beim patentgemäßen Verfahren der Fall, wie aus Fig. 4 der Streitpatentschrift ersichtlich ist, wo das Gehäuse lediglich anders als beim entgegengehaltenen Stand der Technik nicht seitlich, sondern nach unten weggenommen wird. Auch eine zusätzliche Ableitung von Rückständen, wie sie der entgegengehaltene Stand der Technik vorsieht, vermag einen Fachmann nicht davon abzuhalten, das in der US 4 257 888 beschriebene Verfahren für die Milchfiltration, z. B. in Melkanlagen, zu übernehmen.

Patentanspruch 1 ist nach alledem nicht bestandsfähig. Mit Patentanspruch 1 fallen auch die auf diesen rückbezogenen Patentansprüche 2bis 7.

2. Die Wechselvorrichtung zum Auswechseln eines in einem Strömungsweg einer Milch angeordneten Milchfilterelements nach dem nebengeordneten Patentanspruch 8 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

2.1 Der ohne Angabe einer Beziehung zu Patentanspruch 1 formulierte nebengeordnete Patentanspruch 8 ist auf eine Wechselvorrichtung zum Auswechseln eines in einem Strömungsweg einer Milch angeordneten Milchfilterelements mit folgenden Merkmalen gerichtet.

1.

Die Wechselvorrichtung weist eine Filtereinheit auf.

1.1 Die Filtereinheit weist ein Gehäuse auf, das aus einem Gehäuseteil und einem mit dem Gehäuseteil lösbar verbundenen Träger besteht.

1.1.1 In dem Gehäuse ist ein Milchfilterelement angeordnet.

2.

Die Wechselvorrichtung weist eine Verschlusseinrichtung auf.

2.1 Durch die Verschlusseinrichtung wird das Milchfilterelement vom Gehäuse freigegeben.

3.

Die Wechselvorrichtung weist ein Filtermagazin auf.

3.1 Das Filtermagazin kann wenigstens zwei Milchfilterelemente aufnehmen.

3.2 Das Filtermagazin enthält wenigstens ein weiteres Milchfilterelement.

4.

Die Wechselvorrichtung weist eine Tauscheinrichtung auf.

4.1 Die Tauscheinrichtung ist so ausgebildet, dass das vermittels der Tauscheinrichtung freigegebene Milchfilterelement gegen ein weiteres sich im Filtermagazin befindliches Milchfilterelement ausgetauscht wird.

Die in Anspruch 8 nicht expressis verbis als automatisch arbeitend beschriebene Wechselvorrichtung besteht aus vier wesentlichen Baugruppen, der Filtereinheit (Merkmalsgruppe 1.), der Verschlusseinrichtung (2.), dem Filtermagazin (3.) und der Tauscheinrichtung (4.). Die Verschlusseinrichtung dient dazu, das Gehäuseteil vom Träger zu lösen (Fig. 3, 4), um das Milchfilterelement frei zu geben, wobei die Verschlusseinrichtung gemäß Ausführungsbeispiel durch einen pneumatischen Zylinder oder mit einem Elektromotor entlang einer Führungsschiene betrieben werden kann (Absatz 0038). Das Filtermagazin ist nach Merkmal 3.1 so beschaffen, dass es wenigstens zwei Milchfilterelemente, die zum Austausch bereit stehen, aufnehmen kann (Absatz 0012 und 0038). Der eigentliche Austausch der Filterelemente erfolgt durch die Tauscheinrichtung, welche gemäß Beschreibung des Ausführungsbeispiels das auszutauschende Milchfilterelement ergreifen und austauschen kann (Absatz 0012 und 0038), wobei dieser Vorgang zwar auf eine automatische Betriebsweise hinweisen kann, aber als solcher nicht weiter und detaillierter beschreiben und dargestellt ist, sondern in seiner konkreten Ausgestaltung dem Fachmann überlassen wird.

Die Möglichkeit, das verbrauchte Milchfilterelement -wie im Ausführungsbeispiel (Abs. 0012 der Streitpatentschrift) angedeutet -in das Filtermagazin zurückzustellen, ergibt sich auch aus dem Text des Anspruchs 8, dort insbesondere Merkmal 4.1 -ähnlich wie schon zu Anspruch 1 festgestellt wurde -nicht zwingend und ausschließlich. Vielmehr lässt auch die Formulierung des Anspruchs 8 die Art und Weise des Filteraustausches insoweit offen, als auch eine Ausgestaltungsvariante hiervon mit umfasst ist, bei der das freigegebene Milchfilterelement am Ort der Freigabe verworfen wird und durch ein (neues) weiteres Milchfilterelement ersetzt wird, welches seinerseits jedoch aus dem Filtermagazin entnommen worden ist.

2.2 Die US 4 257 888 offenbart (insbes. Fig. 1, 3) auch eine Wechselvorrichtung zum Auswechseln eines in einem Strömungsweg einer Flüssigkeit (z. B. Getränk) angeordneten Filterelements mit einer Filtereinheit (1) und einem in einem Gehäuse (1, 4) angeordneten Filterelement (5), so dass die Merkmale 1. und 1.1.1 des Anspruchs 8 auch bei der entgegengehaltenen Vorrichtung verwirklicht sind (vgl. Merkmalsgliederung gemäß Punkt II. 2.1.). Die Wechselvorrichtung weist auch eine Verschlusseinrichtung (7, 8, 9, 14) auf (Merkmal 2.), durch die das Filterelement (5) vom Gehäuse (1, 4) frei gegeben wird (Merkmal 2.1). Auch weist die entgegengehaltene Wechselvorrichtung ein Filtermagazin (29) auf (Merkmal 3.), welches wenigstens zwei Filterelemente (5) aufnehmen kann (vgl. Fig. 3, 4) und wenigstens ein weiteres Filterelement (5) enthält (Merkmale 3.1 und 3.2). Eine Tauscheinrichtung ist bei der Vorrichtung nach der US 4 257 888 ebenfalls vorgesehen, welche aus dem Hydraulikzylinder (19) und dem Element (20) besteht (vgl. insbesondere Fig. 3) und insgesamt mit der Ziff. 15 bezeichnet ist, so dass auch Merkmal 4. bereits vorweggenommen ist. Die Tauscheinrichtung (15) der entgegengehaltenen Wechselvorrichtung ist dabei ebenfalls, wie in Merkmal 4.1 des Anspruchs 8 gefordert, so ausgebildet, dass das vermittels der Tauscheinrichtung frei gegebene Filterelement gegen ein weiteres sich im Filtermagazin befindliches Filterelement ausgetauscht wird. Dem Text der Entgegenhaltung ist an der maßgeblichen Stelle in Spalte 4, Zeilen 1 bis 4, nämlich zu entnehmen, dass die neuen Filterelemente in die (Gehäuse der) Filtereinheiten eingesetzt werden, um die verschmutzten Filterelemente auszuwerfen, welche von den (Gehäusen der) Filtereinheiten entfernt werden und die neuen Filterelemente den Platz der verschmutzten einnehmen. Damit liegt das im Stand der Technik nach der US 4 257 888 beschriebene technische Handeln bereits im Umfang der technischen Aussage von Merkmal 4.1 (vgl. hierzu auch Ausführungen gemäß Punkt II. 2.1).

Ein geringfügiger baulicher Unterschied zur patentgemäßen Wechselvorrichtung nach Anspruch 8 besteht darin, dass die entgegengehaltene Vorrichtung -anders als in Merkmal 1.1 des Anspruchs 8 beschrieben -eine Filtereinheit mit einem Gehäuse aufweist, das aus einem Gehäuseteil und nicht einem, sondern zwei mit dem Gehäuseteil lösbar verbundenen Trägern (7, 8; vgl. Fig. 1, 3) besteht. Dieser Unterschied ist jedoch rein konstruktiver Art und vermag eine erfinderische Tätigkeit nicht zu begründen, denn durch die beim Stand der Technik nach der US 4 257 888 vorgenommene seitliche Entfernung der Filtereinheit aus der Leitung (vgl. Fig. 1) bedarf es einer Lösbarkeit des Gehäuseteils oben und unten, während Merkmal 1.1 des Anspruchs 8 des Streitpatents auf eine Ausführungsform gerichtet ist, bei der das Gehäuse -wie im Ausführungsbeispiel nach Fig. 4 der Streitpatentschrift ersichtlich -nach unten aus der Leitung genommen wird. Daher bedarf es bei der patentgemäßen Ausgestaltung lediglich eines Trägers, mit dem das Gehäuse lösbar verbunden sein muss, während es bei der entgegengehaltenen Ausführungsform der seitlichen Entnahme des Gehäuses an beiden Enden (oben und unten) jeweils eines lösbaren Trägers bedarf. Dieser Zusammenhang ist dem o. g. einschlägigen Fachmann jedoch auf Grund seines allgemeinen Fachwissens geläufig und er vermag die jeweils geeignete technische Lösung dem jeweiligen konstruktiven Konzept der Anlage ohne erfinderische Tätigkeit anzupassen.

Auch ist die Wechselvorrichtung nach der US 4 257 888 nicht ausdrücklich und ausschließlich zum Wechseln von Milchfiltern vorgesehen, sondern allgemeinz. B. für Getränkefilter. Der maßgebliche Fachmann, der automatisch wechselbare Filter für den Milchstrom in Melkanlagen auf Grund seines Fachwissens kennt (vgl. US 5 957 081 A, DE 695 09 752 T2) vermag jedoch die Filter-Wechselvorrichtung nach der US 4 257 888 ohne weiteres für die Milchfilterung in einer Melkanlage auszugestalten und anzupassen. Eine derartige Anpassung geht dabei -wie oben dargelegt -nicht über die Anwendung fachmännischen Wissens und einfacher handwerklicher Maßnahmen hinaus. Somit bedurfte es für den maßgeblichen Fachmann keiner erfinderischen Tätigkeit, um ausgehend von dem nächstkommenden Stand der Technik nach der US 4 257 888 zu einer Wechselvorrichtung mit den Merkmalen des Patentanspruchs 8 zu gelangen.

Patentanspruch 8 hat nach alledem keinen Bestand. Die auf Patentanspruch 8 rückbezogenen Patentansprüche 9 bis 20 haben nach Wegfall ihres tragenden Anspruchs ebenfalls keinen Bestand.

Dr. Zehendner Dr. Huber Schwarz Dr. Prasch Cl






BPatG:
Beschluss v. 21.10.2010
Az: 8 W (pat) 328/05


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