Landgericht Duisburg:
Urteil vom 30. April 2013
Aktenzeichen: 22 O 93/12

(LG Duisburg: Urteil v. 30.04.2013, Az.: 22 O 93/12)

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die Klage ist unbegründet, so dass dahinstehen kann, ob ein Feststellungsinteresse für die gestellten Anträge besteht (vgl. BGH, NJW, 1978, 2031, 2032; BAG, NJW, 2003, 1755; Müko/Becker-Eberhard, ZPO, 4. Aufl., 2013, § 256 ZPO, Rn. 36).

A.

Sowohl die Abberufung des Klägers von seinem Vorstandsposten gemäß § 15 Abs. 2 SpkG NRW als auch die Kündigung des Dienstvertrages gemäß § 10 Abs. 3 des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages aus wichtigem Grund sind wirksam.

I.

Die mit Schreiben vom 2.1.2012 gegenüber dem Beklagten erklärte Kündigung bzw. mitgeteilte Abberufung ist aus formellen Gründen nicht zu beanstanden.

1.)

Herr H2, bei dem es sich ausweislich des Ausdrucks des Protokolls vom 2.11.2009 (Anlage B 2 zur Klageerwiderung) um den Vorsitzenden des Verwaltungsrates der Beklagten handelt, ist gemäß § 20 Abs. 2 Satz 4 SpkG NRW zur Vertretung der Sparkasse gegenüber Mitgliedern des Vorstandes kraft Gesetzes zuständig. Gemäß § 15 Abs. 2 a SpkG ist wiederum der Verwaltungsrat für die Abberufung eines Vorstandes zuständig. Einer Unterschrift eines weiteren Mitgliedes des Verwaltungsrates unter der Kündigung bedurfte es daher nicht.

2.)

Die Form der Einberufung zur Verwaltungsratssitzung vom 2.1.2013, in der die Abberufung und außerordentliche Kündigung des Beklagten beschlossen wurden, begegnet ebenfalls keinen durchgreifenden Bedenken.

Bereits in der Sitzung des Verwaltungsrates am 23.12.2011 waren die Abberufung und außerordentliche Kündigung des Klägers auf die Tagesordnung gesetzt worden. Ausweislich des Sitzungsprotokolls (Anlage B 1 zur Klageerwiderung) kam man dann jedoch überein, den Tagesordnungspunkt in der nächsten Sitzung des Verwaltungsrates am 2.1.2012 zu behandeln. Ausweislich des Protokolls vom 2.1.2012, an dessen Richtigkeit das Gericht keinen Anlass zu zweifeln hat, wurde die schriftliche Einladung nebst Tagesordnung und Anlagenverzeichnis dieser Verwaltungsratssitzung den Teilnehmern nachrichtlich am 29.12.2011 zugestellt. Es wurden keine Sitzungsunterlagen versandt. Eine entsprechende Einladung hat die Beklagte als Teil des Anlagenkonvolutes B 1 ebenfalls zur Gerichtsakte gereicht. Auch insoweit hat das Gericht keinen Anlass, daran zu zweifeln, dass der entsprechende Beklagtenvortrag zutreffend ist.

Unabhängig hiervon ist, insbesondere soweit keine Sitzungsunterlagen versandt wurden, aber ein eventueller Einberufungsmangel in der Sitzung vom 2.1.2012 auch nicht gerügt worden, so dass ein etwaiger Verfahrensfehler jedenfalls keine Relevanz hat (vgl. OLG Karlsruhe, AG, 1996, 224, 226; Müko/Habersack, AktG, § 108 AktG, Rn. 77, 3. Aufl., 2008). Zwar hat der BGH (NZG, 2000, 945) die Einberufung zur Verwaltungsratssitzung einer thüringischen Sparkasse unter der Mitteilung des TOPs "Vorstandsangelegenheiten", während tatsächlich die fristlose Kündigung eines Mitgliedes des Vorstandes Gegenstand war, moniert und ausgeführt, ein in einer derart fehlerhaft einberufenen Sitzung gefasster Beschluss sei nichtig. Gleichzeitig hat er jedoch darauf hingewiesen, dass in der Sitzung Verwaltungsratsmitglieder deutlich gemacht hätten, dass sie mit dem Vorgehen der Mehrheit nicht einverstanden seien, so dass der Einberufungsmangel nicht geheilt sei. Für eine derartige Rüge liegen aber vorliegend keine Anhaltspunkte vor, worauf das Gericht mit Beschluss vom 28.3.2013 (Bl. 252 ff. GA.) ausdrücklich hingewiesen hat.

3.)

Es kann dahinstehen, ob gegen die Vorschrift des § 109 Abs. 1 AktG verstoßen worden ist. Ein Verfahrensfehler hat grundsätzlich nur dann die Fehlerhaftigkeit eines Beschlusses zur Folge, wenn durch ihn möglicherweise das Beschlussergebnis beeinflusst worden ist und er somit über die erforderliche Relevanz verfügt (OLG Karlsruhe, AG, 1996, 224, 226; Müko/Habersack, AktG, 3. Aufl., 2008, § 108 AktG, Rn. 77). Daran fehlt es in der Regel bei der Teilnahme nicht berechtigter Personen an der Sitzung (Müko/Habersack, a. a. O.). Umstände, aus denen sich vorliegend etwas anderes ergeben könnte, sind nicht ersichtlich.

II.

Nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme unter Berücksichtigung des gesamten Akteninhaltes steht für das Gericht fest (§ 286 ZPO), dass die Beklagte der Q1 GmbH am 22.12.2010 einen Kredit gewährt hat, damit diese sodann durch umgehende Weiterleitung der Darlehensvaluta an die T GmbH deren dringenden, vom Kreditbeschluss vom 20./ 24.11.2010 nicht gedeckten Liquiditätsbedarf decken konnte, während eine Beteiligungsabsicht der Q1 GmbH an der T GmbH allerhöchstens angedacht, also jedenfalls nicht der eigentliche Grund für den Kredit war. Dementsprechend sollte die Rückzahlung der 600.000 € letztlich durch die T GmbH über die Q1 GmbH an die Beklagte erfolgen. All dies war dem Beklagten bekannt. Gleichwohl informierte er den Risikoausschuss nicht über diese Zusammenhänge, sondern verschleierte sie.

1.)

Der Zeuge L hat bekundet, es habe im Dezember 2010 einen Liquiditätsengpass bei der Firma T gegeben, der daraus resultiert sei, dass die T eine Leistung, die sie an ihre Schwestergesellschaft, die SBO, habe erbringen sollen, nicht sauber eingeplant habe. Bei den 600.000 € sei es also nicht um die Finanzierung einer Beteiligung, sondern um einen Kredit gegangen, dessen Valuta die Q1 GmbH der T GmbH zur Verfügung habe stellen sollen, wohingegen die T über die Q1 den Kredit habe zurückzahlen sollen. Der Rückfluss habe durch einen Materialverkauf seitens der T GmbH erfolgen sollen.

Diese Aussage überzeugt. Sie ist nachvollziehbar, in sich geschlossen und widerspruchsfrei.

Sie steht im Einklang mit einer, vom Zeugen im Termin vorgelegten Email vom 16.12.2010, die u. a. auch an den Kläger gerichtet war und wonach sich Forderungen hinsichtlich noch nicht gebuchter Beträge auf 500.000,00 € beliefen, dieser Betrag jedoch noch 2010 zu leisten sei. Als Lösung hat der Zeuge dabei skizziert, dass die Q1 der T einen Betrag in Höhe von 500.000,00 € gegen Kostenerstattung zur Verfügung stellen solle, den sie, die Beklagte, kreditieren solle. Die Rückführung solle dann aus der Abarbeitung des Materials erfolgen.

In einer weiteren E-Mail vom 17.12.2011, die ebenfalls auch an den Kläger adressiert war, teilte der Zeuge L mit, dass er die angedachte Kreditierung der Q1 an die T mit den Herren S1, L1 und U, also den Gesellschafter-Geschäftsführern der Q1 GmbH, diskutiert habe, wobei vereinbart worden sei, dass die Q1 den noch festzustellenden Betrag bis zum 30.1.2011 zur Verfügung stelle. Gegebenenfalls sollte dann bis Januar 2011 über einen langfristigen Einstieg in Form einer Beteiligung mit Herrn K verhandelt werden.

Der Kläger persönlich schaltete sich sodann in die Angelegenheit ein, indem er mit Email vom 20.12.2010 den Zeugen L bat, mit Hochdruck fertigzustellen, dass noch in diesem Jahr die 500.000,00 € auf das Konto der T fließen könnten.

Aus dieser Email-Korrespondenz ist aber ohne Weiteres ersichtlich, dass es bei dem Darlehen über 600.000 € jedenfalls bestimmend um eine kurzfristige Kreditierung der T durch die Q1 GmbH im vorgenannten Sinne ging, wovon der Kläger als Email-Adressat, der sich zudem - wie seine Email vom 20.12.2010 belegt - aktiv in die Kreditierung eingeschaltet hatte, Kenntnis gehabt haben muss.

Soweit der Kläger mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 12.6.2013 vorträgt, im Hinblick auf ein im Tagesverlauf des 16.12.2010 mit dem Zeugen L geführtes Telefonat, in dem dieser die Beteiligungsabsicht der Q1 bestätigt habe, die Mail vom 16.12.2010 sei nicht mehr aktuell gewesen und habe daher zum Zeitpunkt der Beschlussfassung nicht seinem Kenntnisstand entsprochen, ist dies nicht plausibel. Denn Gegenstand der Email des Zeugen L vom 17.12.2010, die auch dem Kläger zugeleitet worden war, war der Hinweis darauf, dass bereits vereinbart war, dass die Q1 GmbH der T GmbH den erforderlichen Betrag zur Verfügung stellt. Über eine Beteiligung der Q1 GmbH an der T GmbH sollte hingegen gegebenenfalls erst verhandelt werden. Damit steht diese Email aber ohne Weiteres im Einklang mit derjenigen vom 16.12.2010. Warum dann der Kläger aber auf der Grundlage eines vor der Email vom 17.12.2010 geführten Telefonates die Email vom 16.12.2010 nicht mehr als aktuell ansehen konnte, ist nicht nachvollziehbar.

Ein Anlass, die mündliche Verhandlung im Hinblick auf diesen neuen Vortrag gemäß § 156 ZPO wiederzueröffnen, besteht daher nicht.

Soweit es in dem Kreditbeschluss vom 22.12.2010 heißt: "zeitlich befristeter Betriebsmittelbedarf/Vorfinanzierung einer anstehenden Beteiligung", der Beteiligungszweck also wesentlich konkreter dargestellt wurde, hat der Zeuge eingeräumt, die Wendung "Vorfinanzierung einer anstehenden Beteiligung" sei allerdings etwas missverständlich gewesen.

Es erscheint aber ohne Weiteres plausibel, dass auf eine exakte Angabe des Zweckes nicht mit der äußersten Sorgfalt Wert gelegt wurde. Denn die Angelegenheit hatte, wie insbesondere die Email des Klägers vom 20.12.2010 verdeutlicht, höchste Eilbedürftigkeit, so dass vor diesem Hintergrund Ungenauigkeiten in den gewählten Begrifflichkeiten nachvollziehbar sind. Es kommt hinzu, dass der Überweisungsauftrag (Anlage B 7 zur Klageerwiderung) als Verwendungszweck lediglich die Angabe "KK Kredit" aufweist, von einer wie auch immer gearteten Beteiligungsabsicht der Q1 GmbH hingegen keine Rede ist.

Für die reine Kreditierung als maßgeblichem Hintergrund des Darlehens über 600.000,00 € spricht weiterhin die kurze Rückzahlungsfrist. Danach sollte das Darlehen bis zum 31.1.2011 zurückgeführt werden. Warum bei einer Beteiligung, die eher auf Langfristigkeit ausgelegt ist, ein so kurzer Rückzahlungszeitraum vereinbart hätte werden sollen, ist aber nicht nachvollziehbar.

Der Vortrag des Beklagten mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 12.6.2013, bis zu diesem Zeitpunkt hätten die Einzelheiten der Beteiligung geklärt werden sollen, ist lediglich allgemein gehalten. Ein Anlass, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen, besteht daher nicht.

Es ist auch nicht plausibel, warum ein Kredit gemäß Darlehensvertrag kurzfristig zurückgezahlt werden sollte, obwohl gleichzeitig von vornherein eine Umwandlung in einen längerfristigen Kredit geplant gewesen sein soll. Dieser Vortrag lässt nämlich die nahe liegende Frage offen, warum der Kredit nicht von vornherein langfristig angelegt wurde.

Es kommt hinzu, dass in der Präsentation des Sachverhaltes hinsichtlich der T in der Risikoausschusssitzung vom 16.2.2011 auf der Folie 7 (Anlage B 20 zur Klageerwiderung) ausgeführt wird, dass sich Q1 an der T beteiligen wolle, wobei Details noch nicht vorlägen. Zu diesem Zeitpunkt hätten die 600.000,00 € aber gemäß dem Kreditbeschluss vom 22.12.2010 schon zurückgezahlt sein sollen. Auch dies spricht dann aber gegen eine geplante Beteiligung der Q1 GmbH an der T GmbH als bestimmender Hintergrund für den Kredit vom 22.12.2010.

Soweit der Zeuge L bekundet hat, die kurzfristige Rückführung des Darlehens habe aus einem Materialverkauf der T erfolgen sollen, trägt der Kläger zudem selbst vor, der Zeuge L1 habe anlässlich einer Präsentation am 16.12.2010 erklärt, Altpressen der T sollten verkauft werden und es solle eine Leasinggesellschaft gefunden werden, über die zwei neue Pressen geleast werden können und keine Anzahlung erforderlich sei, so dass sehr schnell Gewinne zu realisieren seien. Damit steht die Zeugenaussage insoweit auch im Einklang mit dem Klägervortrag.

Der Überzeugungskraft der Bekundungen des Zeugen L steht nicht die Aussage des Zeugen Q5 entgegen. Soweit dieser bekundet hat, er habe schon den Eindruck gehabt, dass man eine Beteiligung gewollt habe und nicht ein Darlehen habe vergeben wollen, handelt es sich lediglich um eine persönliche Einschätzung. Das von ihm vorgelegte Protokoll des Interviews mit dem Zeugen L gibt zwar dessen Angabe wieder, in der Besprechung vom 15.12.2010 habe Herr L1 gesagt, Q1 wolle sich beteiligen. Gleichzeitig hat der Zeuge gegenüber dem Zeugen Q5 aber auch angegeben, dass die T am 16.12.2010 in akute Liquiditätsnot geraten sei, die Beklagte habe aber kein Geld zur Verfügung stellen wollen. In einer Vorstandssitzung am 16.12.2010 sei das Thema "Kreditbereitstellung an die Q1 zur Finanzierung der T" besprochen worden.

Damit lassen sich aber die Angaben des Zeugen L gegenüber dem Zeugen Q5 ohne Weiteres mit der Aussage des Zeugen L vor dem erkennenden Gericht in Einklang bringen. Diese Konstanz im Angabe-/ Aussageverhalten des Zeugen L spricht daher für die Überzeugungskraft der Aussage.

Soweit der Zeuge Langer hingegen Angaben zur Beteiligungsbereitschaft von Q1 gemacht hat, basieren diese letztlich lediglich auf Erklärungen des Vorstandes selbst gegenüber seinen, des Zeugen, Kollegen vor Ort und dem Inhalt des Kreditbeschlusses. Angaben zu den näheren Hintergründen aus eigener Anschauung konnte der Zeuge nicht tätigen.

Die Aussagen der Zeugen L1 und G stimmen hinsichtlich des Zweckes des Kreditbeschlusses letztlich mit den Angaben des Zeugen L überein, denn auch hiernach ging es um eine Zwischenfinanzierung der T GmbH. Sie stehen daher der Überzeugungskraft der Aussage des Zeugen L im Hinblick auf den im vorliegenden Rechtsstreit jedenfalls relevanten Sachverhalt nicht entgegen. Dann bedarf aber auch der Vortrag des Klägers, wonach die Zeugen G und L1 in einem Gespräch im März 2011 gegenüber den Zeugen T7 und M erklärt haben sollen, dass sie dauerhaft an der T beteiligt bleiben wollten, keiner weiteren Aufklärung. Selbst, wenn die vorgenannten Zeugen die klägerseits behaupteten Angaben gemacht gehabt haben sollten, ließe dies nicht mit ausreichender Sicherheit einen Rückschluss darauf zu, dass das Darlehen vom 22.12.2010, anders als vom Zeugen L bekundet, im Hinblick auf eine geplante Beteiligung gewährt wurde.

2.)

Für das Gericht steht auch fest, dass der vorgenannte Sachverhalt jedenfalls mit Wissen des Klägers geschah. Aus den an ihn gesandten Emails war ihm der vorstehende Sachverhalt bekannt. Dass er diese nicht zur Kenntnis nahm, schließt das Gericht aus. Denn jedenfalls mit Email vom 20.12.2010 hat er sich persönlich in die Angelegenheit eingeschaltet und den Zeugen L zur Eile gemahnt. Es liegt aber fern, dass er dies tat, ohne sich vorher mit dem maßgeblichen, sich aus dem aus den vorangegangenen Emails ergebenden Sachverhalt, vertraut gemacht zu haben. Auch spricht nichts dafür, dass er, abweichend vom Inhalt dieser Emails, über die Hintergründe der Darlehensgewährung vom 22.12.2010 unzutreffend unterrichtet wurde.

3.)

Der Kläger hat den Risikoausschuss über den vorgenannten Sachverhalt nicht in ausreichender Weise aufgeklärt. Vielmehr hat er ihn verschleiert.

Am 16.2.2011 fand eine Sitzung des Risikoausschusses statt, in der laut Protokoll der Zeuge L das Gremium umfassend über die aktuelle Situation bezüglich des Engagements T informierte. Dabei präsentierte er verschiedene Folien, wobei die Folie 7 eine Kapitalunterstützung durch Q1 in Höhe von 600.000,00 € aufwies und die Information beinhaltete, dass sich Q1 an der T beteiligen wolle. Weiterhin war von deutlichen Liquiditätsengpässen im Hinblick auf die Auswirkungen einer Planverfehlung die Rede. Auf Folie 10 heißt es: "Liquiditätshilfe von Q1 ist zurückgezahlt ab 3011 monatlich 50.000,00, Rest in 12.2011 mit 150.000,00."

Die vorstehenden Zusammenhänge ergeben sich aus den Folien daher nicht. Zur Frage, ob es seinerzeit Gegenstand der Sitzung war, woher Q1 die Mittel erhalten hatte, konnte der Zeuge keine Angaben machen.

Ferner stellte Herr A ausweislich des Protokolls die Frage, ob es üblich sei, dass sich Beratungsunternehmen an einem Unternehmen (hier T) beteiligen. Der Kläger informierte laut Protokollinhalt sodann lediglich darüber, dass die Initiative nicht von der Sparkasse ausging, sondern allein vom Beratungsunternehmen Q1. Über die wahren, vorgenannt wiedergegebenen Hintergründe, machte der Kläger hingegen gerade keine Angaben, wie der Zeuge T2 in seiner Vernehmung in der Sitzung vom 30.4.2013 überzeugend bekundet hat. Der Zeuge hat in diesem Zusammenhang nämlich ausgesagt, seine definitive Erinnerung an die Sitzung sei, dass der Risikoausschuss nicht darüber unterrichtet worden sei, dass es sich bei dem Betrag in Höhe von 600.000,00 € um einen Kredit der Sparkasse gehandelt habe.

Für die Richtigkeit der Aussage spricht, dass anderenfalls nichts näher gelegen hätte, als Entsprechendes in dem Protokoll festzuhalten. So ist den Sitzungsprotokollen vom 11.5.2011 und vom 8.6.2011 zu entnehmen, dass die Kreditierung der Q1 GmbH durch die Beklagte Anlass erheblicher Diskussionen war. Es spricht aber nichts dafür, dass dies in der Sitzung des Risikoausschusses am 16.2.2011, hätten dessen Mitglieder seinerzeit bereits die erforderlichen Informationen erhalten, anders gewesen wäre und dass dann der entsprechende Diskussionsstand nicht Gegenstand des Protokolls gewesen wäre.

Vielmehr konnten die Mitglieder des Risikoausschusses im Hinblick auf die Erklärung des Beklagten, die Beteiligung sei nicht auf Veranlassung der Sparkasse erfolgt, davon ausgehen, dass die Sparkasse an dem gesamten Vorgang, also auch an der Kreditierung, nicht beteiligt war. Dieser Eindruck musste sich in der Risikoausschusssitzung vom 13.4.2011 verstärken. Dort wies ausweislich des Protokolls der Kläger, gefragt nach dem Ausfallrisiko hinsichtlich des Komplexes T, darauf hin, dass man das Engagement bereits in 2010 komplett durch Einzelwertberichtigung abgesichert habe. Dies konnten die Mitglieder des Risikoausschusses aber nur dahingehend verstehen, dass ein weiteres Ausfallrisiko im Zusammenhang mit der T nicht bestand, also die Q1 GmbH die 600.000,00 € nicht kreditweise von der Beklagten zur Verfügung gestellt erhalten hatte. Denn dieser Umstand begründete ebenfalls ein Ausfallrisiko, wie der Kläger ausweislich des Protokolls der Risikoausschusssitzung vom 11.5.2011 nach einer entsprechenden Frage des Zeugen T2 selbst eingeräumt hat. Über dieses Ausfallrisiko hat der Kläger den Risikoausschuss damit am 13.04.2011 aber gerade nicht informiert.

Auch auf die Frage von Herrn A, ob die Q1 GmbH ihre bereitgestellte Liquidität von 600.000,00 € abgesichert habe, wurde vom Kläger zudem nicht etwa der hinter der Kreditierung stehende Sachverhalt geschildert, sondern lediglich erklärt, hierzu lägen keine Informationen vor. Dabei musste für den Kläger ohne Weiteres auf der Hand liegen, dass, wenn schon Fragen nach der Absicherung des Kreditengagements der Q1 GmbH, also nach deren Ausfallrisiko, gestellt wurden, erst Recht für den Risikoausschuss relevant war, dass die Beklagte den entsprechenden Kredit gewährt hatte und damit, welches Ausfallrisiko für die Beklagte selbst bestand.

Im Übrigen enthält auch dieses Protokoll keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Kreditierung Gegenstand der Sitzung vom 13.4.2011 war. Aus den obigen Erwägungen heraus schließt das Gericht dies daher aus.

Wenn der Kläger in dem Protokoll der Risikoausschusssitzung vom 11.5.2011 schließlich dahingehend wiedergegeben wird, er gehe davon aus, dass in dem Risikoausschuss bereits zuvor über dieses Thema gesprochen worden sei, kann es sich zur Überzeugung des Gerichtes insoweit lediglich um eine Schutzbehauptung handeln. Denn im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen spricht nichts dafür, dass diese Angabe zutreffend ist oder der Kläger zumindest subjektiv von deren Richtigkeit ausgegangen ist bzw. ausgehen konnte.

Insbesondere ergibt sich auch nichts anderes aus den Bekundungen des Zeugen L. Soweit der Zeuge ausgesagt hat, es sei später über die Bürgschaft gesprochen worden, räumt dies nicht die Möglichkeit aus, dass dies erst in der Risikoausschusssitzung vom 11.5.2011 oder in der Sitzung vom 8.6.2011 der Fall war.

4.)

Soweit die Beklagte in ihrem Rechtsstreit gegen die Q1 GmbH vor dem Landgericht Duisburg (3 O 247/12) vortragen lässt, die Darlehensgewährung sei wegen einer vorgesehenen Unternehmensbeteiligung an der Firma T4 GmbH erfolgt, führt dies zu keiner anderen Betrachtung. Ein Verstoß gegen die Wahrheitspflicht gemäß § 138 Abs.1 ZPO liegt insoweit nicht vor. Die Wahrheitspflicht verlangt von den Parteien nicht, nur solche Tatsachenbehauptungen aufzustellen, von deren Wahrheit sie überzeugt sind. § 138 Abs 1 ZPO verbietet lediglich, wissentlich unwahre Behauptungen aufzustellen oder Tatsachen bewusst sinnentstellend zu verschweigen (sog Lügeverbot) (BeckOK/von Selle, ZPO, § 138 ZPO, Rdnr. 29). So liegt der Fall hier indessen ersichtlich nicht, zumal die Möglichkeit einer künftigen Beteiligung der Q1 GmbH an der T durchaus angedacht gewesen sein mag.

5.)

Der Zeuge ehat im Hinblick auf ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gemäß anwaltlichem Schreiben vom 09.04.2013 (Bl. 264 GA) von seinem Zeugnisverweigerungsrecht gemäß § 384 Nr. 1, 2 ZPO Gebrauch gemacht, so dass eine Vernehmung nicht in Betracht kam. Da nach diesem Schreiben das Beweisthema Gegenstand eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens ist, bestand das Zeugnisverweigerungsrecht auch insgesamt und nicht lediglich hinsichtlich einzelner Fragen (vgl. BGH, NJW, 2008, 2038, 2040), so dass der Zeuge gemäß § 386 Abs.3 ZPO nicht zum Termin erscheinen musste. Dass es mittlerweile ein entsprechendes Ermittlungsverfahren gibt, hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 30.4.2013 eingeräumt.

Unabhängig hiervon sind der Klägerseite das anwaltliche Schreiben vom 9.4.2013 und die Abladeverfügung den vorbenannten Zeugen betreffend mitgeteilt worden. Einwendungen gegen eine umfassende Berechtigung des Zeugen ezur Zeugnisverweigerung hat der Kläger nicht erhoben (vgl. BeckOK/Scheuch, ZPO, § 399 ZPO, Rdnr. 2).

III.

Bei der unzureichenden Information des Risikoausschusses durch den Kläger über den vorgenannten Sachverhalt handelt es sich um einen wichtigen Grund im Sinne von § 10 Abs. 3 des streitgegenständlichen Dienstvertrages und gemäß § 15 Abs. 2 SpkG NW.

Es ist anerkannt, dass Kompetenzverstöße grundsätzlich eine Kündigung aus wichtigem Grund zu rechtfertigen vermögen, es sei denn, es liegen besondere Umstände im einzelnen Fall vor, die einen Kompetenzverstoß in einem milderen Licht erscheinen lassen (vgl. BGH, Urteil vom 9.4.2013, II ZR 273/02, Beck RS 2013, 07774; ZIP, 2008, 694; OLG Düsseldorf, Urteil vom 13.5.1982, 8 U 11/81; Beck RS 1982, 3136682; Fischer, DStR, 2007, 1083, 1084). Denn mit unterschiedlichen Kompetenzen ausgestattete Organe und Gremien sind auf eine vertrauensvolle Zusammenarbeit angewiesen. Wird durch eine vorsätzliche Handlung oder Unterlassung die Basis für eine von Vertrauen geprägte Zusammenarbeit zerstört, ist es daher dem Dienstherrn regelmäßig nicht mehr zuzumuten, das Anstellungsverhältnis bis zum vertraglich vereinbarten Ende fortlaufen zu lassen (vgl. OLG Düsseldorf a.a.O.).

So liegt der Fall nach den vorstehenden Ausführungen hier.

1.)

Der Kläger hatte als Vorstandsmitglied eine herausgehobene berufliche Stellung (OLG Düsseldorf, a.a.O.). Auch dem Risikoausschuss sind gemäß § 3 seiner Geschäftsordnung bedeutsame Aufgaben zugewiesen. So beschließ er in bestimmten Fällen über die Zustimmung zu Beschlüssen des Vorstandes und berät den Vorstand hinsichtlich der Grundsätze der Risikopolitik und Risikosteuerung sowie der Geschäfts- und Risikostrategie nach den Vorgaben der Mindestanforderungen für das Risikomanagement. Auch ist er für die Beratung und Überwachung der Risikoanlage der Sparkasse auf der Grundlage der Risikoberichterstattung des Vorstandes nach den Vorgaben der MaRisk sowie für die Überwachung der Steuerung der Risikostruktur zuständig.

Untereinander sind der Vorstand und der Risikoausschuss daher auf eine vertrauensvolle Zusammenarbeit angewiesen, zumal nicht jede Einzelinformation des Vorstandes vom Risikoausschuss nachgeprüft werden kann.

2.)

Unabhängig von der Frage, ob zwischen der Q1 GmbH und der T GmbH eine Kreditnehmereinheit vorlag - wofür Einiges spricht -, so dass der Risikoausschuss der Kreditvergabe an die Q1 GmbH hätte zustimmen müssen, hat der Kläger dadurch, dass er den Risikoausschuss nicht über den vorstehenden Sachverhalt informiert, sondern diesen verschleiert hat, jedenfalls die Beratungs- und Überwachungskompetenz des Risikoausschusses verletzt, denn diese setzt gerade eine vollständige, zutreffende Information des Ausschusses über die dort behandelten Vorgänge voraus.

Dies geschah dabei nicht nur einmal, sondern in den beiden Sitzungen vom 16.2. und 13.4., wobei im Hinblick auf Fragen einzelner Risikoausschussmitglieder nach dem Vorgesagten umso mehr Anlass zu einer vollständigen Aufklärung hinsichtlich des Komplexes Q1 bestand.

Dabei wiegt dieses Verhalten des Klägers umso schwerer, als er in der Risikoausschusssitzung vom Dezember 2010 ausdrücklich zugesagt hatte, über den Komplex T fortwährend zu berichten. Dass hierzu aber der vorstehende Sachverhalt hinsichtlich der Kreditierung der Q1 GmbH gehörte, liegt auf der Hand.

Nachdem Vorsagten ist auch von einem Vorsatz des Klägers hinsichtlich der unzureichenden Information des Risikoausschusses auszugehen. Anders kann das Verhalten des Klägers, insbesondere im Hinblick auf seine Antworten auf die vorstehenden Fragen einzelner Risikoausschussmitglieder und die vorherige, eigene Zusage, weiter über den Komplex T GmbH zu unterrichten, zur Überzeugung des Gerichts nicht gewürdigt werden. Der streitgegenständliche Vorgang war zudem von erheblicher Bedeutung, weil nur hierdurch die Insolvenz der T, gegen die die Beklagte erhebliche Forderungen hatte, vermieden werden konnte. Dass der Kläger den Risikoausschuss etwa aus Nachlässigkeit nicht umfassend informierte, schließt das Gericht daher auch aus diesem Grund aus.

Im Hinblick auf die Nachhaltigkeit der nicht ausreichenden Information des Risikoausschusses durch den Kläger und den Umstand, dass hierfür keine nachvollziehbaren Gründe ersichtlich sind, lässt auch nichts den Kompetenzverstoß des Klägers in einem milderen Licht erscheinen.

3.)

Der Umstand, dass die Beklagte nicht allen übrigen Vorstandsmitgliedern ebenfalls gekündigt hat, führt zu keiner anderen Betrachtung.

Der Abberufung und Kündigung eines Vorstandsmitgliedes wegen eines wichtigen Grundes steht es grundsätzlich nicht entgegen, dass bezüglich der Person eines anderen Vorstandsmitgliedes vergleichbare Umstände vorliegen, die auch dessen Abberufung rechtfertigen würden (OLG Saarbrücken, BKR, 2007, 119). Dem Umstand einer "Ungleichbehandlung" kann vielmehr allenfalls insoweit indizielle Bedeutung beigemessen werden, als sie möglicherweise einen Schluss auf eine gewisse Zumutbarkeit erlauben. Angesichts des schwerwiegenden und beharrlichen Kompetenzverstoßes des Klägers ist aber im vorliegenden Fall die Annahme eines solchen Indizes nicht gerechtfertigt.

IV.

Die Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB ist gewahrt.

Zuständig für die Kündigung war der Verwaltungsrat. Die Frist des § 626 Abs. 2 BGB begann daher zu dem Zeitpunkt zu laufen, in dem die Organmitglieder als solche über den maßgeblichen Sachverhalt informiert wurden, d. h. zu dem diesen alle Tatsachen bekannt waren, die als notwendige Grundlage für die Entscheidung über die Beendigung des Dienstverhältnisses anzusehen sind (vgl. BGH, NZG, 2007, 396; OLG Jena, NZG, 1999, 1069).

Vorliegend ist von einer derartigen Kenntnis allenfalls seit der Sitzung vom 23.12.2011 auszugehen. Soweit der Kläger eine solche Kenntnis spätestens am 6.12.2011 bejaht und meint, im Hinblick auf den Umstand, dass an diesem Tag die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Q4 anhand einer Powerpoint-Präsentation die Inhalte ihrer Untersuchungsergebnisse dargestellt hätte, folgt das Gericht dem nicht.

Ein Kündigungsberechtigter darf Ermittlungen anstellen und den Betroffenen anhören, ohne dass die Frist zu laufen beginnt. Denn es genügt nicht allein die Kenntnis des konkreten, die Kündigung auslösenden Verhaltens. Bei einer vom Dienstberechtigten erklärten außerordentlichen Kündigung gehören vielmehr auch solche Aspekte zum Kündigungssachverhalt, die für den Dienstverpflichteten und gegen die Kündigung sprechen (vgl. BAG, NZA, 2006, 101, 103; NZA-RR, 2006, 440, 441 f.; Beck OK/Fuchs, BGB, § 626 BGB, Rn. 24). Bei einer beabsichtigten Anhörung des Kündigungsgegners ist zwar von einer Regelfrist von einer Woche auszugehen (BAG, NZA, 1994, 409, 411). Allerdings ist es aber auch nicht zu beanstanden, wenn der Dienstberechtigte vor der Anhörung sicherstellt, dass er alle ihm erreichbaren und aus seiner Sicht in Betracht kommenden Sachverhaltsmomente kennt (vgl. BAG, NZA-RR, 2006, 440, 442; Beck OK/Fuchs a.a.O.).

Vorliegend war die Q4 von der Beklagten mit Schreiben vom 6.7.2011 beauftragt worden, eine Sonderuntersuchung durchzuführen, die sich auch auf das Kreditengagement T erstrecken sollte und gegebenenfalls optional zusätzlich auf das Kreditengagement Q1 mbH.

In der Sitzung vom 3.11.2011 wurde der Q4 mitgeteilt, dass der Auftrag definitiv auf das Kreditengagement Q1 ausgedehnt werden solle hinsichtlich der Ordnungsmäßigkeit der Kreditvergabe an Q1 mit Kreditbeschluss vom 22.12.2010 vor dem Hintergrund des Engagements T. Zu diesem Zeitpunkt waren aber die Geschäftsführer der Q1 GmbH noch nicht angehört worden. Es kann aber nicht beanstandet werden, zunächst von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen, konnte sich doch die Beklagte von der Anhörung einen Gewinn gegebenenfalls neuer Erkenntnisse erhoffen. Darauf, ob die Maßnahmen letztlich zur Aufklärung des Sachverhaltes beigetragen haben oder überflüssig waren, kommt es insoweit nicht an (Staudinger/Preis, BGB, Neubearbeitung 2011, § 626 BGB, Rn. 290). Die Anhörung der Geschäftsführer erfolgte aber erst am 20.12.2011. Am 23.12.2011 fand sodann die Verwaltungsratssitzung statt.

Dass die Einberufung des Verwaltungsrates durch den einberufungsberechtigten Vorsitzenden nach dessen Kenntniserlangung von dem Kündigungssachverhalt unangemessen verzögert wurde, so dass sich die Beklagte so behandeln lassen müsste, als wäre die Vertreterversammlung mit der billigerweise zumutbaren Beschleunigung einberufen worden - wobei kein kleinlicher Maßstab angelegt werden darf (vgl. OLG Saarbrücken, BKR, 2007, 119, 121) - ist nicht ersichtlich. Anhaltspunkte hierfür bestehen nicht.

B.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91, 709 ZPO.

Streitwert: 1.550.000,00 €






LG Duisburg:
Urteil v. 30.04.2013
Az: 22 O 93/12


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