Bundespatentgericht:
Beschluss vom 3. August 2005
Aktenzeichen: 29 W (pat) 218/02

(BPatG: Beschluss v. 03.08.2005, Az.: 29 W (pat) 218/02)

Tenor

1. Die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 11. Mai 1999 und 18. Juli 2002 werden aufgehoben, soweit die Anmeldung zurückgewiesen wurde für die Waren und Dienstleistungenbespielte mechanische, magnetische, magnetooptische, optische und elektronische Träger für Ton und/oder Bild und/oder Daten; codierte Telefonkarten; codierte Ausweise; Spielprogramme für Computer; Bildschirmschonerprogramme; Brillen und Sonnenbrillen sowie Brillenetuis; Datenbankprogramme; Computer-Software; netzwerkunterstützende Computer-Software (Netware); Firmware;

Beherbergung von Gästen; Vermittlung von Beherbergung von Gästen in Hotels; Entwickeln und Gestalten von digitalen Ton- und Bildträgern; Erstellen von Computerprogrammen und Grafiken.

2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Wortmarke Heute mittagwurde am 18. Dezember 1997 für die Waren und Dienstleistungen der Klasse 9:

bespielte mechanische, magnetische, magnetooptische, optische und elektronische Träger für Ton und/oder Bild und/oder Daten; codierte Telefonkarten; codierte Ausweise; Spielprogramme für Computer; Bildschirmschonerprogramme; Brillen und Sonnenbrillen sowie Brillenetuis; Datenbankprogramme; Computer-Software; netzwerkunterstützende Computer-Software (Netware); Firmware;

Klasse 38:

Verbreitung, Verteilung und Weiterleitungen von Fernseh-, Hörfunk-, Telekommunikations- und Informationssignalen über kabelfreie und/oder kabelgebundene digitale und analoge Netze, auch im Online- und Offline-Betrieb in Form von interaktiven elektronischen Mediendiensten sowie mittels Computer; Sammeln und Liefern von Nachrichten;

Klasse 41:

Unterhaltung durch Hörfunk- und Fernsehsendungen/-programme; Film-, Ton-, Video- und Fernsehproduktion; Musikdarbietungen; Veröffentlichung und Herausgabe von elektronisch wiedergebbaren Text-, Grafik-, Bild- und Toninformationen, die über Datennetze abrufbar sind; Veröffentlichung und Herausgabe von Druckereierzeugnissen; Durchführung von Konzert-, Theater- und Unterhaltungsveranstaltungen, von Konferenzen, Tagungen, Seminaren, Lehrgängen, Symposien, Ausstellungen und Vorträgen; Veranstaltung von Sportwettbewerben;

Klasse 42:

Entwickeln und Gestalten von digitalen Ton- und Bildträgern; Vermittlung und Vermietung von Zugriffszeiten auf Datenbanken; Datendienste im Rahmen des Betriebs von Datenbanken; Beherbergung, Verpflegung und Bewirtung von Gästen; Vermittlung von Beherbergung und Verpflegung von Gästen in Hotels und Restaurants; Fotografieren; Erstellen von Computerprogrammen und Grafikenzur Eintragung in das Register angemeldet.

Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit zwei Beschlüssen vom 11. Mai 1999 und 18. Juli 2002 als freihaltebedürftige und nicht unterscheidungskräftige Angabe zurückgewiesen. Bei "Heute mittag" handele es sich um eine reine Zeitangabe, die lediglich auf den Zeitpunkt der Erbringung der beanspruchten Dienstleistungen hinweise. Bei den Waren könne es sich um Merchandisingprodukte für eine bekannte Fernsehproduktion handeln. Der Hinweis der Anmelderin auf die Verkehrsdurchsetzung der Marken "Heute" und "Heute-Journal" rechtfertige keine andere Beurteilung. Denn der Bestandteil "Heute" werde in der angemeldeten Marke nicht als eigenständige Marke wahrgenommen, sondern verschmelze mit dem weiteren Bestandteil "mittag" zu einem einheitlichen Gesamtbegriff, nämlich einer ohne weiteres verständlichen Zeitangabe.

Die Anmelderin hat Beschwerde eingelegt. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, dass der Bestandteil "heute" für die Anmelderin verkehrsdurchgesetzt sei. Sie strahle nicht nur die Nachrichtensendung "heute", sondern auch das ebenso bekannte "heute-Journal" sowie die Nachrichtensendung "heute nacht" aus. Aufgrund der Verkehrsbekanntheit des Stammbestandteils "heute" erkenne der Verkehr in der angemeldeten Marke ohne weiteres den Unternehmenshinweis. Im Übrigen halte die von der Anmelderin mittäglich ausgestrahlte Fernsehsendung "heute mittag" einen Marktanteil von über 18 %. Dabei werde in der Regel davon ausgegangen, dass der Bekanntheitsgrad etwa dreimal größer sei als der Prozentsatz der Einschaltquoten, weil es sich bei den 18 % der Fernsehzuschauer, die die Sendung einschalteten, durchaus um unterschiedliche Personen handeln könnte. Der Bekanntheitsgrad der Sendung sei aus diesem Grund mit nahezu 60 % anzusetzen. Berücksichtigung verdiene außerdem die Tatsache, dass bereits zahlreiche Kombinationen des Bestandteils "heute" mit weiteren beschreibenden Angaben im Register eingetragen seien.

Die Anmelderin beantragt sinngemäß, die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben.

Das Ergebnis der vom Senat durchgeführten Recherche zur beschreibenden Verwendung der Wortfolge "heute mittag" sowie deren beider Bestandteile wurde der Anmelderin übersandt.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache nur teilweise Erfolg. Für die Waren und Dienstleistungen

"Verbreitung, Verteilung und Weiterleitungen von Fernseh-, Hörfunk-, Telekommunikations- und Informationssignalen über kabelfreie und/oder kabelgebundene digitale und analoge Netze, auch im Online- und Offline-Betrieb in Form von interaktiven elektronischen Mediendiensten sowie mittels Computer; Sammeln und Liefern von Nachrichten; Unterhaltung durch Hörfunk- und Fernsehsendungen/-programme; Film-, Ton-, Video- und Fernsehproduktion; Musikdarbietungen; Veröffentlichung und Herausgabe von elektronisch wiedergebbaren Text-, Grafik-, Bild- und Toninformationen, die über Datennetze abrufbar sind; Veröffentlichung und Herausgabe von Druckereierzeugnissen; Durchführung von Konzert-, Theater- und Unterhaltungsveranstaltungen, von Konferenzen, Tagungen, Seminaren, Lehrgängen, Symposien, Ausstellungen und Vorträgen; Veranstaltung von Sportwettbewerben; Vermittlung und Vermietung von Zugriffszeiten auf Datenbanken; Datendienste im Rahmen des Betriebs von Datenbanken; Verpflegung und Bewirtung von Gästen; Vermittlung von Verpflegung von Gästen in Hotels und Restaurants; Fotografieren"

steht der Eintragung des angemeldeten Zeichens das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft entgegen (§ 37 Abs 1 iVm § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG).

1. Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um einen Werktitel, dessen Schutzfähigkeit als Marke sich nach den Vorschriften des Markengesetzes bestimmt (vgl BGH GRUR 2000, 882 - Bücher für eine bessere Welt - mwN). Nicht schutzfähig ist nach § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG ein Zeichen, dem die konkrete Eignung fehlt, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Denn Hauptfunktion der Marke ist es, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl EuGH GRUR 2003, 604, Rn 62 - Libertel; BGH GRUR 2005, 257 - Bürogebäude). Bei der Prüfung der Unterscheidungskraft ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen, so dass auch ein geringes Maß ausreicht, um das Schutzhindernis zu überwinden. Die Unterscheidungskraft einer Wortmarke fehlt unter anderem dann, wenn das Zeichenwort eine für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehende Sachaussage darstellt (vgl BGH GRUR 1999, 1089 - YES; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard). Dies ist hier der Fall.

1.1. Die Angabe "Heute mittag" bezeichnet die Mittagszeit des gegenwärtigen Tages und wird im allgemeinen Sprachgebrauch vor allem als Hinweis auf die Tageszeit zwischen 11.00 Uhr und 14.00 Uhr sowie die mittägliche Essenszeit verstanden. Im Kontext von Presse, Funk und Fernsehen ist die Zeitangabe "Mittag" einerseits als Hinweis auf eine bestimmte Sendezeit bzw ein bestimmtes Format gebräuchlich. Dies kommt in zahlreichen, mit dem Bestandteil "Mittag" gebildeten Wortzusammensetzungen zum Ausdruck, wie zB "Mittagsfernsehen, Mittagsfernsehprogramm, Mittagsjournal, Mittagsmagazin, Mittagsprogramm, Mittagshow, Mittagssendung, Mittagstalk, Mittagstalkshow, Mittags-Primetime" usw. In Wortzusammensetzungen wie "Mittagsmeldungen, Mittagsnachrichten" weist der Begriff darüber hinaus schlagwortartig auf deren Aktualität hin, nämlich bezogen auf die bis zur Mittagszeit eingetretenen Ereignisse. Üblich zur Bezeichnung des Veranstaltungszeitpunkts ist die Angabe "Mittag" außerdem im Zusammenhang mit Veranstaltungen kultureller und sonstiger Art. Beispiel hierfür sind Begriffe wie "Mittagskonzert, Mittagsmusik, Mittagsshow, Mittagssymposium" (vgl http://wortschatz.informatik.unileipzig.de/ zum Stichwort "Mittag").

1.2. Wegen der häufigen Verwendung des Bestandteils "Mittag" als Hinweis auf einen Sendetermin bzw Ausdruck von Aktualität erfasst das angesprochene Publikum das Zeichen daher in Verbindung mit den dem Medienbereich zuzurechnenden Dienstleistungen, nämlich "Verbreitung, Verteilung und Weiterleitungen von Fernseh-, Hörfunk-, Telekommunikations- und Informationssignalen über kabelfreie und/oder kabelgebundene digitale und analoge Netze, auch im Online- und Offline-Betrieb in Form von interaktiven elektronischen Mediendiensten sowie mittels Computer; Veröffentlichung und Herausgabe von elektronisch wiedergebbaren Text-, Grafik-, Bild- und Toninformationen, die über Datennetze abrufbar sind; Veröffentlichung und Herausgabe von Druckereierzeugnissen; Unterhaltung durch Hörfunk- und Fernsehsendungen/-programme; Film-, Ton-, Video- und Fernsehproduktion" lediglich als inhaltsbeschreibenden Titel einer täglichen Mittagssendung oder -veröffentlichung. Gleiches gilt für die Dienstleistungen "Sammeln und Liefern von Nachrichten; Vermittlung und Vermietung von Zugriffszeiten auf Datenbanken; Datendienste im Rahmen des Betriebs von Datenbanken; Fotografieren", die typischerweise im Zusammenhang mit der Ausstrahlung von Nachrichtensendungen oder der Veröffentlichung von Print- oder elektronischen Medien erbracht werden, so dass wegen des engen Sachbezugs auch insoweit der beschreibende Begriffsinhalt im Vordergrund steht (vgl BGH GRUR 2005, 417, 419 - BerlinCard).

Hinsichtlich der Dienstleistungen "Musikdarbietungen; Durchführung von Konzert-, Theater- und Unterhaltungsveranstaltungen, von Konferenzen, Tagungen, Seminaren, Lehrgängen, Symposien, Ausstellungen und Vorträgen; Veranstaltung von Sportwettbewerben", erschöpft sich die Bezeichnung "Heute mittag" in dem beschreibenden Hinweis auf den Veranstaltungszeitpunkt. Für die Dienstleistungen im Bereich der Gastronomie, nämlich "Verpflegung und Bewirtung von Gästen; Vermittlung von Verpflegung von Gästen in Hotels und Restaurants" beschreibt das Zeichen lediglich ein aktuelles Mittagsangebot an Speisen und Getränken.

2. Die Tatsache, dass der Bestandteil "heute" zu Gunsten der Anmelderin für die Dienstleistung "Produktion und Ausstrahlung einer Fernsehsendung" im Jahr 1983 als verkehrsdurchgesetzte Marke eingetragen wurde, rechtfertigt keine andere Beurteilung.

2.1. Zwar ist in Rechtsprechung und Schrifttum anerkannt, dass ein zusammengesetztes Zeichen in seiner Gesamtheit schutzfähig sein kann, wenn eines der von Haus aus schutzunfähigen Elemente sich im Verkehr nach § 8 Abs 3 MarkenG durchgesetzt hat (vgl BGH GRUR 1983, 245 - BEKA Robusta; Fezer, Markenrecht, 3. Aufl 2001, § 8 Rdn 434; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 2. Aufl 2003, § 8 Rdn 325; Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl 2003, § 8 Rdn 468). Dieser Grundsatz beruht aber auf einer Fallkonstellation, bei der die Verkehrsdurchsetzung im Zeitpunkt der Anmeldung des zusammengesetzten Zeichens geltend gemacht wurde (BGH aaO - BEKA Robusta). Liegt jedoch - wie im vorliegenden Fall - zwischen dem Nachweis der Verkehrsdurchsetzung des einzelnen Bestandteils und der Anmeldung der Zeichenkombination ein Zeitraum von über 20 Jahren, kann dem nicht gefolgt werden. Für die Beurteilung der Schutzfähigkeit ist nämlich auf den Zeitpunkt der Eintragung abzustellen (vgl Ingerl/Rohnke § 8 Rn 41; Ströbele/Hacker § 8 Rn 29).

Nach den eingereichten Unterlagen hat der Senat erhebliche Zweifel, ob der Bestandteil "heute" noch die Voraussetzungen einer Verkehrsdurchsetzung nach § 8 Abs 3 MarkenG erfüllt. Zwar hat das im Zeitpunkt der Eintragung der Marke im Jahr 1983 vorgelegte demoskopische Gutachten ergeben, dass 89 % der relevanten Verkehrskreise die Bezeichnung "heute" im Zusammenhang mit einer Fernsehsendung der Beschwerdeführerin zuordneten. Bei der Entscheidung des Senats ist aber auch die von der Beschwerdeführerin eingereichte demoskopische Befragung nach dem Bekanntheitsgrad der Nachrichtensendung "heute" einzubeziehen, wonach im Mai 1994 nur noch 57,3 % der Befragten die Sendung "heute" kannten. Da der Bekanntheitsgrad einer Bezeichnung regelmäßig höher ist als der für die Beurteilung der Verkehrdurchsetzung maßgebliche Grad der Zuordnung zu einem bestimmten Unternehmen, ergibt sich daraus ein erheblicher Teil der maßgeblichen Verkehrskreise, der die Bezeichnung "heute" nicht der Beschwerdeführerin zuordnet. Zu berücksichtigen ist dabei, dass sich in den letzten 20 Jahren ein grundsätzlicher struktureller Wandel von einer begrenzten Zahl öffentlichrechtlicher Fernseh- und Rundfunkanstalten, zu denen auch die Beschwerdeführerin zählt, zu einer Vielzahl von Fernsehsendern vollzogen hat. Infolgedessen sieht sich das angesprochene Publikum mit einer unüberschaubaren Programmvielfalt konfrontiert. Der Senat geht daher davon aus, dass ein gegenüber dem Jahr 1983 deutlich geringerer Anteil in der Kennzeichnung "heute" für eine Fernsehsendung einen Hinweis auf das Unternehmen der Beschwerdeführerin erkennt. Demnach ist die Voraussetzung für die Annahme des Zeichenbestandteils "heute" als noch im Zeitpunkt der Entscheidung durchgesetzt nicht gerechtfertigt.

2.2. Selbst wenn man zu Gunsten der Beschwerdeführerin die Verkehrsbekanntheit des Bestandteils "Heute" unterstellt, misst das angesprochene Publikum diesem Bestandteil innerhalb des angemeldeten Gesamtzeichens "Heute mittag" aber keinen Hinweischarakter zu. In der Zusammensetzung mit dem weiteren Adverb "mittag" verbindet sich der Bestandteil "Heute" nämlich zu einer in der Allgemeinsprache gängigen Zeitangabe, die vom angesprochenen Publikum nur als solche und nicht als Kombination eines Herkunftshinweises mit einer beschreibenden Angabe verstanden wird (vgl BPatG 29 W (pat) 12/03 - Xtra-Easy).

3. Für die Annahme, dass sich das angemeldete Zeichen in seiner Gesamtheit infolge intensiver Benutzung als Marke für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Verkehr nach § 8 Abs 3 MarkenG durchgesetzt hat, fehlen hinreichende Anhaltspunkte. Der Vortrag der Beschwerdeführerin nimmt keinerlei Bezug auf die in Rechtsprechung und Literatur anerkannten Voraussetzungen einer Verkehrsdurchsetzung (vol EuGH GRUB 1999, 723 ff, Rn 51 ff - Windsurfing Chiemsee; GRUR 2002, 804, Rn 60 - Philips; BGH GRUR 1990, 360 - Apropos Film II; GRUR 2001, 1042, 1043 - REICH UND SCHÖN; BPatG GRUR 2004, 6162 - BVerwGE; GRUR 2005, 337, 340 - VISAGE; Fezer § 8 Rn 421 ff; Ingerl/Rohnke § 8 Rn 322 ff; Ströbele/Hacker § 8 Rn 452 ff). Die eingereichten Unterlagen zum Marktanteil der Fernsehsendung "heute mittag" im Auswertungszeitraum 2000 sind unbehelflich, da die Schutzfähigkeit einer Marke im Zeitpunkt der Eintragung gegeben sein muss. Des Weiteren liegt dieser Prozentsatz bezogen auf die Gesamtzuschauerzahl weit unter dem nach der Rechtsprechung notwendigen Durchsetzungsgrad von mindestens 50 % (vgl BGH GRUR 2001, 1042, 1043 - REICH UND SCHÖN). Der Hinweis der Beschwerdeführerin, dass der Bekanntheitsgrad einer Sendung regelmäßig das Dreifache des Marktanteils betrage, ändert daran nichts. Denn Zuschauerquoten, Marktanteil und Bekanntheitsgrad geben keinen unmittelbaren Aufschluss über den für die Beurteilung der Verkehrsdurchsetzung maßgeblichen Anteil der Verkehrskreise, die die Sendung als von einer bestimmten Sendeanstalt stammend erkennen (vgl BPatG 29 W (pat) 76/02 - hallo Deutschland).

4. Die Voreintragung vergleichbar gebildeter Marken der Beschwerdeführerin führt zu keinem anderen Ergebnis. Zum Einen handelt es sich bei der Entscheidung über die Eintragbarkeit einer Marke nicht um eine Ermessens-, sondern um eine gebundene Entscheidung, die jeweils einer auf den Einzelfall bezogenen Prüfung unterliegt, ergibt sich aus der Registrierung ähnlicher oder selbst identischer Marken durch das Deutsche Patent- und Markenamt bzw aus Entscheidungen der Rechtsmittelgerichte, welche die Schutzfähigkeit angemeldeter Marken bejahen, auch unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgebots nach Art 3 GG kein Anspruch auf Schutzgewährung für spätere Markenanmeldungen (vgl EuGH GRUR 2004, 428 ff, Rn 62 - Henkel; BGH GRUR 1997, 537, 526 - Autofelge). Zum Anderen gibt es über die oben gemachten Ausführungen zur Unterscheidungskraft eines verkehrsdurchgesetzten Bestandteils hinaus keinen Grundsatz, dass die Bildung einer Zeichenserie einen Anspruch auf Eintragung entsprechend gebildeter Zeichen begründet. Das von der Beschwerdeführerin vorgetragene Argument der Zeichenserie gehört rechtssystematisch zum Problemkreis der mittelbaren Verwechslungsgefahr und nicht zur hier verfahrensgegenständlichen Schutzfähigkeit einer Markenanmeldung. Im Übrigen gilt auch hier, wie oben unter Ziff 2 dargelegt, dass die beteiligten Verkehrskreise in dem angemeldeten Zeichen den Bestandteil nicht isoliert und demzufolge auch nicht als Stammbestandteil einer Zeichenserie wahrnehmen.

5. Etwas anderes gilt lediglich für die Waren und Dienstleistungen "bespielte mechanische, magnetische, magnetooptische, optische und elektronische Träger für Ton und/oder Bild und/oder Daten; codierte Telefonkarten; codierte Ausweise; Spielprogramme für Computer; Bildschirmschonerprogramme; Brillen und Sonnenbrillen sowie Brillenetuis; Datenbankprogramme; Computer-Software; netzwerkunterstützende Computer-Software (Netware); Firmware; Beherbergung von Gästen; Vermittlung von Beherbergung von Gästen in Hotels; Entwickeln und Gestalten von digitalen Ton- und Bildträgern; Erstellen von Computerprogrammen und Grafiken". Es lässt sich nicht feststellen, dass Zeitangaben zur Beschreibung dieser Waren gebräuchlich sind oder diese Dienstleistungen üblicherweise nach dem Zeitpunkt ihrer Erbringung beschrieben werden. Die Annahme, der Verkehr werde auch insoweit dem angemeldeten Zeichen einen im Vordergrund stehenden Begriffsinhalt zuordnen, ist daher fernliegend.

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Az: 29 W (pat) 218/02


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