Bundespatentgericht:
Beschluss vom 7. April 2003
Aktenzeichen: 30 W (pat) 20/02

(BPatG: Beschluss v. 07.04.2003, Az.: 30 W (pat) 20/02)

Tenor

Auf die Beschwerde der Markeninhaberin wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 14. November 2001 aufgehoben.

Der Widerspruch aus der Marke 395 52 131 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Marke SIESarist am 11. Januar 2000 unter der Nr 399 78 089 für

"elektrotechnische und elektronische Apparate, Geräte und Instrumente, soweit in Klasse 9 enthalten; elektrische Meß-, Signal-, Zähl-, Registrier-, Überwachungs-, Steuer-, Regel- und Schaltgeräte; elektrische Dateneingabe-, -verarbeitungs-, -übertragungs-, -speicher- und -ausgabegeräte; Teile der vorgenannten Apparate, Geräte und Instrumente; elektrotechnische Bauelemente; Datenverarbeitungsprogramme; Ingenieurdienstleistungen; technische Beratung bei der Einrichtung von Ferndiagnose- und -wartungssysteme; Entwicklung und Stellung von Datenverarbeitungsprogrammen"

in das Markenregister eingetragen worden. Die Veröffentlichung der Eintragung erfolgte am 10. Februar 2000.

Widerspruch erhoben hat am 15. März 2000 die Inhaberin der Marke 395 52 131 "Caesar", die seit dem 12. Juni 1996 für

"Soft- und Hardwaresysteme, nämlich für die mobile Meßtechnik, Prüfstandstechnik, Software und Hardware zur Meßdatenerfassung, -übertragung, -speicherung, -auswertung; Datenverarbeitungsgeräte und Computer, nämlich für die Meßtechnik und Prüfstandstechnik; Schulung im Bereich der Soft- und Hardwaresysteme, nämlich der Meßtechnik, der Prüfstandstechnik und der Meßdatenerfassung, -übertragung, -speicherung und -auswertung; Durchführung von Seminaren, Seminarbetrieb; Dienstleistungen eines Ingenieurs und eines Physikers, Kalibrieren von Meßsystemen, Ausführen telemetrischer Messungen; Consulting im Bereich der Soft- und Hardwaresysteme"

eingetragen ist.

Die Markenstelle für Klasse 9 hat Verwechslungsgefahr angenommen und die Löschung der Marke beschlossen.

Die Waren der Widerspruchsmarke "Soft- und Hardwaresysteme ...; Datenverarbeitungsgeräte und Computer ..." seien teilweise im Waren/Dienstleistungsverzeichnis der angegriffenen Marke enthalten, teilweise seien sie diesen Waren sehr ähnlich, "Ingenieurdienstleistungen" seien in beiden Verzeichnissen enthalten. Hinsichtlich der Dienstleistung der angegriffenen Marke "Entwicklung und Erstellung von Datenverarbeitungsprogrammen" bestehe zu der Ware der Widerspruchsmarke "Datenverarbeitungsgeräte" eine Ähnlichkeit im mittleren Bereich. Der wegen Warenidentität/-ähnlichkeit erforderliche deutliche Markenabstand sei nicht gewahrt.

Es bestehe eine klangliche Verwechslungsgefahr, da die lautlichen Differenzen in den Wortanfängen eher unauffällig seien, die Vergleichsmarken die gleiche Silbenanzahl hätten, in der Betonung keine Unterschiede aufwiesen und in der Wortendung identisch seien.

"Cae..." werde statt "Z" oft mit einem scharfen "S" ausgesprochen, das erste "S" in "SIESar" nicht immer weich, sondern in entscheidungserheblichem Umfang auch als scharfes "S".

Die Markeninhaberin hat Beschwerde eingelegt mit der Begründung, selbst bei Warenidentität scheide wegen der bestehenden Unterschiede der Marken eine Verwechslungsgefahr aus.

Die Endsilben seien nicht identisch, der Beschluß der Markenstelle gebe die Marke durchgehend falsch mit "SIEsar" wieder. Da sie richtig: "SIESaR" laute, führe dies zu einer anderen Silbentrennung und damit unterschiedlicher Schlußsilben. Die klangliche Verwechslungsgefahr scheide aus, da die im Beschluß getroffenen Feststellungen nicht mit den allgemeinen Ausspracheregeln übereinstimmten. Der starke klangliche Unterschied am Wortanfang ("zä" und "sie") sei ausschlaggebend, da die Schlußsilbe "sar", bei der das r kaum hörbar sei, von untergeordneter Bedeutung sei. Fachkreise würden neuen Kennzeichnungen mit großer Aufmerksamkeit begegnen, zudem stünde hier ein Phantasiewort einem bekannten Begriff gegenüber, so daß wegen des abweichenden Sinngehalts klangliche Unterschiede besser erfaßt würden.

Die Markeninhaberin beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und den Widerspruch zurückzuweisen.

Die Widersprechende hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluß der Markenstelle sowie auf die Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Der Widerspruch war gemäß §§ 42 Abs 2 Nr 1, 43 Abs 2 Satz 2 MarkenG zurückzuweisen, denn zwischen den Marken besteht keine Verwechslungsgefahr iSd § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG.

Ob Verwechslungsgefahr besteht, hängt nach § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG ab von der Identität oder Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Marken einerseits und andererseits von der Identität oder Ähnlichkeit der von den beiden Marken erfaßten Waren. Darüber hinaus sind auch alle weiteren Umstände zu berücksichtigen, die sich auf die Verwechslungsgefahr auswirken können, insbesondere die Kennzeichnungskraft der älteren Marke, wobei die verschiedenen für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr heranzuziehenden Faktoren in einer Wechselwirkung stehen (st Rspr vgl BGH GRUR 2001, 507, 508 - EVIAN/REVIAN; GRUR 2000, 506, 508 - ATTACHÉ/TISSERAND jeweils mwNachw).

Die sich nach der Registerlage gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen sind teilweise identisch, teilweise ähnlich. Hierzu wird auf die Ausführungen im Beschluß der Markenstelle Bezug genommen.

Was die Kennzeichnungskraft und damit den Schutzumfang der Widerspruchsmarke betrifft, können diese als durchschnittlich eingestuft werden. Der sehr bekannte Eigenname "Caesar" hat für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen keinen beschreibenden Anklang und damit eine ausreichende Eignung zur Produktkennzeichnung.

Der unter diesen Umständen zur Vermeidung von Verwechslungen erforderliche deutliche Markenabstand ist gewahrt.

Die angegriffene Marke hält dabei sowohl in schriftbildlicher als auch in klanglicher Hinsicht den gebotenen Abstand von der Widerspruchsmarke ein.

Entgegen der Ansicht der Widersprechenden ist bei der Widerspruchsmarke nicht damit zu rechnen, daß sie in rechtserheblichem Umfang nach englischen Ausspracheregeln und damit klanglich ähnlich "Sisar" wie die angegriffene Marke ausgesprochen würde. Bei der Widerspruchsmarke handelt es sich um einen bekannten Eigennamen aus der römischen Geschichte, für den es die im Deutschen übliche Ausspracheform "Zäsar" gilt. Auch wenn im EDV-Bereich und der Computersprache häufig englische Fachbegriffe verwendet werden, ergeben sich keine sicheren Anhaltspunkte dafür, daß der "Fach"Verkehr den Eigennamen Cäsar, dessen lateinischer Ursprung und dessen im Deutschen übliche Aussprache ihm vertraut sind, Englisch aussprechen wird. Daß Cäsar auch im Englischen als historische Person bekannt und dort anders ausgesprochen wird, führt auch in Warenbereichen, bei denen englisch eine größere Rolle spielt, nicht dazu, alle Wörter englisch auszusprechen.

Da es sich nicht um ein Wort der englischen Sprache handelt, sondern um einen historischen Eigennamen der lateinischen Sprache ist hier die deutsche Sprechweise maßgeblich.

Auch in schriftbildlicher oder begrifflicher Hinsicht bestehen ausreichende Unterschiede.

Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bietet der Streitfall keinen Anlaß, § 71 Abs 1 MarkenG.

Dr. Buchetmann Schramm Hartlieb Ko






BPatG:
Beschluss v. 07.04.2003
Az: 30 W (pat) 20/02


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/7e3f2f78ecf7/BPatG_Beschluss_vom_7-April-2003_Az_30-W-pat-20-02




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share