Bundespatentgericht:
Beschluss vom 7. Februar 2000
Aktenzeichen: 10 W (pat) 113/99

(BPatG: Beschluss v. 07.02.2000, Az.: 10 W (pat) 113/99)

Tenor

1. Auf die Beschwerde wird die Umschreibungsverfügung des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 31. August 1999 aufgehoben. Die Eintragung der Fahrzeugfabrik R... GmbH & Co. KG als Inhaberin des Patents 592 08 995 ist rückgängig zu machen.

Hermann B... ist wieder in die Rolle einzutragen.

2. Der Antrag auf Umschreibung vom 12. März 1999 wird zurückgewiesen.

3. Der Antrag der Fahrzeugfabrik R... GmbH & Co. KG, das Verfahren auszusetzen, wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Der Antragsgegner war als Inhaber des europäischen Patents 0 549 756, dessen Wirkungen für die Bundesrepublik Deutschland eingetreten sind, in der Patentrolle eingetragen (P 592 08 995).

Am 13. März 1999 beantragte die "Patent- und Rechtsanwaltskanzlei H...- ... & V..." (i.F. Kanzlei) die Umschreibung auf die Fahrzeugfabrik R... GmbH & Co. KG (iF: R...).

Zum Nachweis des Rechtsübergangs vom Antragsgegner auf die Kanzlei wurden in Kopie vorgelegt:

- eine Verpfändungserklärung mit Datum vom 9. Juni 1993 des Antragsgegners zugunsten der "Patentanwaltskanzlei H..., V..., Dr. B..., A..., Dr. S...".

- ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluß des Amtsgerichts Forchheim vom 9. September 1998. Durch diesen wurden für Gesellschafter der Kanzlei, nämlich V..., Dr. S..., L..., M... und A... wegen ihrer vollstreckbaren Ansprüche gegen den Antragsgegner sämtliche vom Schuldner geführten Patente einschließlich etwaiger zukünftiger Ansprüche aus den Patenten aufgrund von Lizenzverträgen "gepfändet und den Gläubigern in Höhe des Pfandbetrags zur Einziehung überwiesen".

Zum Nachweis des Rechtsübergangs von der Kanzlei auf R... legten die Ver- treter der Kanzlei ihr - Schreiben an R... vom 14. Oktober 1998 vor, in dem es ua heißt: "... Zwischen der Firma R... GmbH & Co. KG und der Patentanwaltskanzlei H... & V... wurde folgender Kaufvertrag ge- schlossen:

" I. Die Pfandrechte an den Patenten:

- Patent Nr 0 549 756, europäisches Patent (= das streitige Patent) werden der Firma R... übertragen und zu einem Preis von ... verkauft.

II. Zugrundeliegende Rechte Diesem Kaufvertrag liegt sowohl die Verpfändungsvereinbarung der Kanzlei mit Herrn B... vom 9. Juni 1993 als auch der Pfändungs- und Überweisungsbeschluß des Amtsgerichts Forchheim vom 12. September 1998 zugrunde.

III. Eintragung der Pfandrechtsinhaberschaft Die Kanzlei H... & V... wird, um die Eintragung der neuen Pfandrechtsinhaberschaft bei den Patentämtern zu erreichen, die notwendigen Erklärungen und Voraussetzungen schaffen ..."

Die Kanzlei hat auf entsprechende Anfrage des Patentamts ausdrücklich der Umschreibung auf R... zugestimmt.

Daraufhin wurde am 31. August 1999 die Umschreibung verfügt und R... als Patentinhaberin in der Rolle vermerkt. Von der vollzogenen Umschreibung wurden mit Bescheid vom selben Tage der Antragsgegner, die Kanzlei und R... unterrichtet.

Mit Bescheid vom 9. September 1999 forderte das Patentamt vergeblich den Kaufvertrag von der Kanzlei an.

Gegen den Bescheid vom 31. August 1999 legte der Antragsgegner am 10. September 1999 Beschwerde ein.

Er beantragt, die Umschreibung rückgängig zu machen.

Er macht geltend, dem Patentamt sei ein Rechtsübergang auf die Kanzlei und dann auf R... nicht nachgewiesen worden. Er sei im Umschreibungsverfahren auch nicht gehört worden.

Die weitere Verfahrensbeteiligte R... beantragt, 1. die Beschwerde zurückweisen, 2. den Antragsgegner aufzufordern, der Umschreibung auf die Antragsteller zuzustimmen und - im Falle des Ausbleibens der Zustimmungserklärung-

3. das Beschwerdeverfahren auszusetzen bis zur gerichtlichen Klärung, ob der Beschwerdeführer zur Erteilung der Zustimmung verpflichtet ist.

Dazu wird vorgetragen, daß die Verpfändung eine ausreichende Grundlage zur Umschreibung gewesen sei. Der Antragsgegner habe auch erklärt, er werde jederzeit sein Einverständnis zur Umschreibung geben.

Das Verfahren sei auszusetzen. Es sei ein Verfahren zwischen ihr und dem Antragsgegener anhängig. Dabei gehe es um die Wirksamkeit der Kündigung des zwischen den Parteien abgeschlossenen Lizenzvertrags, dessen Gegenstand auch das hier in Rede stehende Patent sei. Sie beabsichtige, eine Klage gegen den Antragsgegner auf Zustimmung zur Umschreibung zu erheben, falls dieser ihrer Aufforderung, diese Erklärung abzugeben, nicht nachkomme.

Die Kanzlei hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

II.

1. Die Beschwerde ist zulässig. Sie richtet sich gegen die Umschreibungsmitteilung vom 31. August 1999 und damit gegen die Umschreibungsverfügung vom selben Tage sowie deren Vollzug. Der Inhalt der Umschreibungsmitteilung stellt eine abschließende, die Rechte des Beschwerdeführers berührende und damit eine der Beschwerde zugängliche Entscheidung dar (vgl BGH GRUR 1969, 43 - Marpin).

2. Das Begehren, die Umschreibungsverfügung aufzuheben und die Umschreibung rückgängig zu machen, ist begründet.

Die Frage, ob und ggf unter welchen Voraussetzungen eine Umschreibung rückgängig gemacht werden kann, ist im Gesetz nicht geregelt. Inhaltliche Unrichtigkeit der Umschreibung allein kann nicht Grundlage für ein Rückgängigmachen sein (vgl BGH aaO, S 44; Benkard, PatG, 9. Aufl, § 30 Rdn 22). Durch eine fehlerhafte Umschreibung erleidet der wahre Patentinhaber nämlich keinen Verlust seines Patents; er büßt nur seine formelle Legitimation ein. Er kann jederzeit durch Klage vor den ordentlichen Gerichten die formelle Legitimation wiedererlangen.

Eine Rückgängigmachung einer inhaltlich unrichtigen Umschreibung kann aber ausnahmsweise dann in Betracht kommen, wenn die Voraussetzungen vorliegen, unter denen die Rechtskraft einer gerichtlichen Entscheidung im Wege der Wiederaufnahme beseitigt werden kann, oder - auf Antrag des zu Unrecht nicht Gehörten - wenn das rechtliche Gehör nicht in ausreichender Weise gewährt wurde und die Umschreibung auf diesem Verfahrensmangel beruht (vgl BGH aaO); in einem solchen Fall ist es recht und billig, den Streitfall wieder in die Lage zu versetzen, die vor der Versagung des rechtlichen Gehörs bestand, sofern der durch die fehlerhafte Umschreibung durch Erwerb der formellen Legitimation Begünstigte sich nicht bereits in schutzwürdigem Vertrauen auf den Rechtsbestand der Umschreibung nachhaltig eingerichtet hat (vgl BGH aaO, S 45).

Diese besonderen Voraussetzungen für die Rückgängigmachung der Umschreibung sind im vorliegenden Fall gegeben.

a) Das Patentamt hätte die Umschreibung nicht vornehmen dürfen.

Gemäß § 30 Abs 3 PatG vermerkt das Patent in der Rolle eine Änderung in der Person des Patentinhabers, wenn sie ihm nachgewiesen ist.

Ein Nachweis für einen rechtsgeschäftlichen Übergang des Patents ist nicht erbracht. Aus den vorgelegten Unterlagen ist ein solcher nicht ersichtlich.

Ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluß führt nicht zu einem Übergang des gepfändeten Rechts auf den Gläubiger (vgl Busse, PatG, 5. Aufl, § 30 Rdn 49). Das Recht wird nur mit einem Pfandrecht belastet. In solchen Fällen bleibt der Schuldner Inhaber des Rechts; er darf allerdings nichts mehr tun, was die Rechtsstellung des Gläubigers beeinträchtigt (Thomas-Putzo, ZPO, 18. Aufl, § 829, Rdn 33). Daran ändert auch nichts, daß das gepfändete Recht zur Einziehung gemäß §§ 857 Abs 1, 835 Abs 1 ZPO überwiesen wurde. Auch danach bleibt das gepfändete Recht Vermögensbestandteil des Schuldners (vgl Zöller-Stöber, ZPO, 15. Aufl, § 835 Rdn 7 mwN; Baumbach-Hartmann, ZPO 54. Aufl, § 835, Rdn 6 mwN). Nur wenn die gepfändete Forderung bzw das gepfändete Recht nicht zur Einziehung, sondern (ausnahmsweise) an Zahlung Statt überwiesen ist, geht das Recht auf den Gläubiger über (vgl § 857 Abs 1, § 835 Abs 1, 2 ZPO). Dieser Fall ist hier nicht gegeben. Die in dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluß genannten Gesellschafter der Kanzlei sind daher nicht Inhaber des streitigen Patents geworden.

Entsprechendes gilt für die Verpfändungserklärung mit Datum vom 9. Juni 1993, da die rechtsgeschäftliche Bestellung eines Pfandrechts auch nur die Belastung des zu sichernden Rechts bewirkt, nicht aber seinen Übergang auf den Gläubiger (vgl §§ 1274, 1204 BGB).

Die Erklärung des Antragsgegners in der Verpfändungserklärung "Das Einverständnis zum Umschreiben dieser Schutzrechte in den amtlichen Registern wird auf Anforderung der Kanzlei jederzeit gegeben" führt zu keiner anderen Beurteilung. Es ist nicht nachgewiesen, daß der Antragsgegner diese Absicht verwirklicht hätte. Abgesehen davon, wäre diese auch keine Grundlage für eine zulässige Umschreibung gewesen, denn eintragbar ist die Änderung in der Person des Patentinhabers nur, wenn ein wirklicher Wechsel des Rechtsinhabers zugrunde liegt (vgl Benkard aaO Rdn 12). Diese Voraussetzung wäre mit der bloßen Zustimmung zur Umschreibung durch den Antragsgegner noch nicht gegeben, da die Verpfändung und der Pfändungs- und Überweisungsbeschluß nicht zur Änderung der (materiellrechtlichen) Rechtsinhaberschaft geführt haben.

Ist daher schon kein Rechtsübergang des Patents vom Antragsgegner auf die Kanzlei nachgewiesen, so konnte die Kanzlei das Patent auch nicht auf R... übertragen. Ein gutgläubiger Erwerb durch R... ist ausgeschlossen (vgl § 1273 Satz 2 BGB).

Ein Rechtsübergang von der Kanzlei auf R... ist auch nicht nachgewiesen worden. Aus dem angeblichen Inhalt des Kaufertrages, der nicht zu den Akten gereicht wurde, geht nur hervor, daß R... zwar das Pfandrecht, nicht aber das Patent erwerben sollte.

b) Das Patentamt hat die Umschreibung nicht verfügen und vollziehen dürfen, weil es vor seiner Entscheidung dem bis dahin als Patentinhaber eingetragenen Antragsgegner das rechtiches Gehör nicht gewährt hat.

Das Patentamt hat es unterlassen, dem Antragsgegner den Umschreibungsantrag der Kanzlei mitzuteilen (§ 99 Abs 1 PatG iVm § 270 ZPO; § 14 Abs 2 DPAV iVm § 270 ZPO). Den zum Zwecke der Umschreibung vorgelegten Unterlagen ist nicht zu entnehmen, daß der Antragsgegener mit der Umschreibung einverstanden war. So konnte er seine Einwendungen auch nicht vorbringen und auf den mangelnden Nachweis des Rechtsübergangs hinweisen. Damit beruht die zu Unrecht erfolgte Umschreibung auf der Verletzung des rechtlichen Gehörs des Antragsgegners. Durch die Umschreibung hat er seine formelle Legitimation verloren, die wieder zu erlangen möglich, aber aufwendig ist. Diese Folge durch Versagung des rechtlichen Gehörs herbeigeführt zu haben, stellt aber einen so schwerwiegenden Verfahrensfehler dar, daß die Aufhebung der Umschreibungsverfügung und die Rückgängigmachung der Umschreibung gerechtfertigt ist (vgl BGH aaO S 44, 45).

Der Rückgängigmachung steht ein schutzwürdiges Vertrauen in den Rollenbestand seitens R... nicht entgegen. Das ist bereits angesichts der auf die Legi- timation beschränkten Wirkung der Umschreibung ausgeschlossen (vgl BGH aaO). Darüber hinaus hat hier der Antragsgegner unverzüglich nach Vollzug der Umschreibung Beschwerde eingelegt. Damit hat sich R... auf den Rechtsbe- stand der Umschreibung einrichten können (vgl BGH aaO).

3. Der Umschreibungsantrag der Kanzlei vom 13. März 1999 war zurückzuweisen. Der Antragsgegner ist diesem Antrag im Beschwerdeverfahren entgegengetreten, nachdem ihm im Verfahren vor dem Patentamt das rechtliche Gehör versagt worden war. Die Voraussetzungen für eine Umschreibung liegen auch im Beschwerdeverfahren nicht vor, da ein Nachweis für den Rechtsübergang nicht erbracht ist. Die Sache ist entscheidungsreif, so daß der Senat über die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung hinaus auch über den Umschreibungsantrag entscheiden konnte (vgl Schulte PatG 5. Aufl § 79 Rdn 10). Abgesehen davon ist im Hinblick auf die unterschiedlichen Pfandgläubiger (vgl Pfändungs- und Überweisungsbeschluß, Verpfändungserklärung) unklar, ob tatsächlich alle von Rechtsanwältin H... vertretenen Gesellschafter der "Patent- und Rechtsanwaltskanzlei" auch Antragsteller sind.

4. Es ist nicht Aufgabe des Senats, den Antragsgegner zur Zustimmung zur Umschreibung aufzufordern. Die Zuständigkeit des Beschwerdegerichts beschränkt sich auf die Überprüfung der angefochtenen Entscheidung.

5. Der Antrag von R..., das Verfahren auszusetzen ist nicht begründet. Das anhängige Verfahren vor dem Land- bzw Oberlandesgericht wie auch eine Klage auf Abgabe einer Willenserklärung sind nicht vorgreiflich, da das vorliegende Beschwerdeverfahren nicht die Prüfung, wer materiellrechtlich Inhaber des Patents ist, zum Gegenstand hat. Die Eintragung verlautbart nicht die materielle Rechtslage; sie verschafft dem Eingetragenen nur die Legitimation gegenüber dem Patentamt und dem Patentgericht (vgl Busse, aaO Rdn 32,ff, 98f; Schulte, PatG 5. Aufl, § 30 Rdn 9; Benkard aaO Rdn 17).

Sofern noch nicht geschehen, hat R... die Möglichkeit, nach Rückumschrei- bung auf den Antragsgegner einen Pfändungsvermerk in der Rolle eintragen zu lassen (vgl Busse aaO Rdn 21).

Bühring Winkler Winterbr/prö






BPatG:
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