Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 28. November 2002
Aktenzeichen: 5 StR 381/02

(BGH: Beschluss v. 28.11.2002, Az.: 5 StR 381/02)

Tenor

1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 1. März 2002 dahin geändert, daß an Stelle der Verurteilung der Angeklagten zur Zahlung von 271.555,82 Euro nebst Zinsen und der zugehörigen Vollstreckbarkeitserklärung der Ausspruch tritt:

Die Angeklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Adhäsionsklägerin 161.405,56 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 7. Februar 2002 zu zahlen.

Die Kosten des Adhäsionsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

2.

Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.

3.

Die Beschwerdeführer haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen.

Gründe

Das Landgericht hat die Angeklagten wegen Untreue in neun Fällen, davon in vier Fällen in Tateinheit mit Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr und wegen Steuerhinterziehung in fünf Fällen jeweils zu Gesamtfreiheitsstrafen von drei Jahren verurteilt. Ferner hat es die Angeklagten verurteilt, als Gesamtschuldner an die Adhäsionsklägerin 271.555,82 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 7. Februar 2002 (Zustellung der Adhäsionsklage) zu zahlen, und im übrigen von einer Entscheidung über die Adhäsionsklage abgesehen. Die Revisionen der Angeklagten führen zu der aus dem Tenor ersichtlichen Änderung der Adhäsionsentscheidung. Im übrigen sind die Rechtsmittel aus den vom Generalbundesanwalt in der Zusendungsschrift angegebenen Gründen unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Es beschwert die Angeklagten nicht, daß die Strafkammer im Hinblick auf jeden der unter II. 3. bis 7. genannten Geschäftskunden nur jeweils eine Untreue angenommen hat, obwohl die Angeklagten mit jedem Kunden eine Mehrzahl von Schwarzgeschäften abgeschlossen haben.

Nach § 403 Abs. 1 Satz 1 StPO kann der Verletzte "einen aus der Straftat erwachsenen vermögensrechtlichen Anspruch" (schon) im Strafverfahren geltend machen. Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht die Angeklagten wegen der hier abgeurteilten Straftaten zur Zahlung von Schadensersatz an die Adhäsionsklägerin verurteilt (§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB), der abzüglich bereits geleisteter Zahlungen 161.405,56 Euro beträgt (zzgl. Rechtshängigkeitszinsen).

Hingegen hätte das Landgericht wegen der weitergehenden Klageforderung (UA S. 45 Forderungen Nr. 2 bis 5) von einer Entscheidung absehen müssen. Das Adhäsionsverfahren erlaubt eine prozeßökonomisch gleichzeitige Entscheidung über Strafsachen und über aus der Tat entstandene bürgerlich-rechtliche Ansprüche (Pfeiffer, StPO 4. Aufl. Vor § 403 Rdn. 1). Mit ihm soll eine wiederholte Inanspruchnahme der Gerichte vermieden, der Gefahr divergierender Entscheidungen entgegengewirkt und dem Antragsberechtigten ermöglicht werden, schon im Strafverfahren seine zivilrechtlichen Ansprüche geltend zu machen. Indes kommt es nach § 405 Satz 1 StPO zu keiner Sachentscheidung über den Adhäsionsantrag, wenn - aus welchen Gründen auch immer - "der Angeklagte einer Straftat nicht schuldig gesprochen und auch nicht eine Maßregel der Besserung und Sicherung gegen ihn angeordnet wird". Da der Strafrichter nicht gezwungen werden soll, zivilrechtliche Ansprüche zu prüfen, die sich nicht unmittelbar aus der strafrechtlichen Verurteilung ergeben, ist die genannte Vorschrift dahingehend zu verstehen, daß der Angeklagte nicht nur "einer", sondern eben "der Straftat" (im Sinne des § 264 StPO) überführt wird, aus der der geltend gemachte Anspruch erwachsen sein soll (vgl. Hilger in Löwe/Rosenberg, StPO 25. Aufl. § 405 Rdn. 6; Stöckel in KMR [Stand 18. Januar 1999] § 405 Rdn. 3; Kurth in HK-StPO 3. Aufl. § 405 Rdn. 2).

Vorliegend fehlt es aber gerade an der Identität zwischen den hier abgeurteilten Taten und den den weiteren Forderungen zugrundeliegenden Sachverhalten. Den letztgenannten liegen vielmehr (behauptete) "Schwarzgeschäfte" mit gänzlich anderen Vertragspartnern und hinsichtlich anderer Warenposten zugrunde, mithin Tatvorwürfe, die mit den abgeurteilten Lebenssachverhalten nicht identisch sind. Wegen des geltend gemachten Anspruchs auf Ersatz für "vorgerichtlich bei der Rechtsverfolgung entstandene Anwaltskosten" kann zudem angesichts weitgehend fehlender tatrichterlicher Feststellungen (vgl. zur Darstellungspflicht BGHR StPO § 404 Abs. 1 Entscheidung 4) nicht beurteilt werden, ob die Voraussetzungen für eine solche Forderung tatsächlich gegeben sind (vgl. auch § 118 Abs. 2 Satz 1 BRAGO).

Eine Zurückverweisung der Sache zu neuer Verhandlung allein über den Entschädigungsanspruch kommt nicht in Betracht (vgl. BGHR StPO § 403 Anspruch 1, 3, 7).






BGH:
Beschluss v. 28.11.2002
Az: 5 StR 381/02


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