Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht:
Beschluss vom 10. Februar 2015
Aktenzeichen: 8 LA 22/14

(Niedersächsisches OVG: Beschluss v. 10.02.2015, Az.: 8 LA 22/14)

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg - 7. Kammer - vom 17. Dezember 2013 wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens.

Der Streitwert des Berufungszulassungsverfahrens wird auf 30.000 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf seiner Approbation als Arzt.

Der B. geborene Kläger ist als Facharzt für Allgemeinmedizin in eigener Praxis mit Sitz in C. tätig. Er erhielt 2003 die Genehmigung zur Durchführung von Substitutionsbehandlungen bei Drogenabhängigkeit und war in der Folge bis 2009 auch als Substitutionsarzt tätig. Er verfügte nicht über eine Erlaubnis zum Verkehr mit Betäubungsmitteln nach § 3 des Betäubungsmittelgesetzes.

Das Landgericht D. verurteilte den Kläger mit rechtskräftigem Urteil vom 16. Dezember 2009 - 4 KLs 91/09 - wegen unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln in 263 Fällen, wegen unerlaubter Verschreibung von Betäubungsmitteln in 290 Fällen und wegen Betruges in 14 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten und setzte die Vollstreckung der Freiheitsstrafe zur Bewährung aus. Das Strafgericht stellte fest, dass der Kläger bei keinem seiner im Substitutionsprogramm behandelten Patienten eine den Vorgaben des § 5 der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung entsprechende Substitution durchgeführt und diese Behandlungen zu Unrecht gegenüber den Krankenkassen abgerechnet hat, wodurch ein Schaden von 89.305,10 EUR entstanden ist. Die Feststellungen beruhten auf der geständigen Einlassung des Klägers, den Aussagen von sechs Zeugen, dem Gutachten des Sachverständigen E. und in Augenschein genommenen Patientenkarteikarten. Strafmildernd berücksichtigte das Strafgericht die Mitwirkung des Klägers bei der Tataufarbeitung, die Wiedergutmachung des finanziellen Schadens schon während des laufenden Ermittlungsverfahrens und die freiwillige Aufgabe der Tätigkeit als Substitutionsarzt. Die Verhängung eines Berufsverbotes hielt es nicht für erforderlich, weil sich die Verfehlungen nicht auf die Tätigkeit des Klägers als Allgemeinmediziner auswirkten.

Nach Anhörung widerrief der Beklagte mit Bescheid vom 16. November 2011 die ärztliche Approbation des Klägers. Der Beklagte nahm unter Bezugnahme auf die Feststellungen in der strafgerichtlichen Entscheidung eine Unwürdigkeit des Klägers zur Ausübung des ärztlichen Berufs an. Ein Arzt, der entgegen den betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften Betäubungsmittel an Drogenabhängige abgebe oder verschreibe, habe sein Ansehen und das Vertrauen in der Bevölkerung verspielt. Der Widerruf der Approbation greife auch unter Berücksichtigung aller individuellen Umstände nicht unverhältnismäßig in die grundgesetzlich geschützte Berufsfreiheit des Klägers ein.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 17. Dezember 2013 abgewiesen. Hiergegen richtet sich der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung.

II.

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg. Die von ihm geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (1.) und der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (2.) liegen nicht vor.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind zu bejahen, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 8.12.2009 - 2 BvR 758/07 -, BVerfGE 125, 104, 140). Die Richtigkeitszweifel müssen sich dabei auch auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen; es muss also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass die Berufung zu einer Änderung der angefochtenen Entscheidung führen wird (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.3.2004 - BVerwG 7 AV 4.03 -, NVwZ-RR 2004, 542, 543). Eine den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügende Darlegung dieses Zulassungsgrundes erfordert, dass im Einzelnen unter konkreter Auseinandersetzung mit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung ausgeführt wird, dass und warum Zweifel an der Richtigkeit der Auffassung des erkennenden Verwaltungsgerichts bestehen sollen. Hierzu bedarf es regelmäßig qualifizierter, ins Einzelne gehender, fallbezogener und aus sich heraus verständlicher Ausführungen, die sich mit der angefochtenen Entscheidung auf der Grundlage einer eigenständigen Sichtung und Durchdringung des Prozessstoffes auseinandersetzen (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 3.4.2013 - 13 LA 34/13 -, juris Rn. 2; Beschl. v. 24.3.2009 - 10 LA 377/08 -, juris Rn. 2; Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 124a Rn. 100 (Stand: September 2004)).

Der Kläger wendet gegen die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung ein, das Verwaltungsgericht habe den aus der verfassungsrechtlichen Steinzeit stammenden Begriff der "Unwürdigkeit" zur Ausübung des ärztlichen Berufs und dem vorausgehend der Würde eines Arztes nicht hinreichend bestimmt. Auf seine - des Klägers - umfassenden Ausführungen im erstinstanzlichen Verfahren habe das Verwaltungsgericht nur mit einem Hinweis auf die Konkretisierung des Begriffs der "Unwürdigkeit" in der Rechtsprechung reagiert, ohne dass danach ein konkreter Begriffsinhalt erkennbar werde.

Dieser Einwand greift nicht durch.

Das Verwaltungsgericht hat den Begriff der "Unwürdigkeit" zur Ausübung des ärztlichen Berufs im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BÄO in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats zutreffend definiert. Danach ist ein Arzt zur Ausübung des ärztlichen Berufs unwürdig, wenn er durch sein Verhalten nicht mehr das für die Ausübung seines Berufes unabdingbar nötige Vertrauen besitzt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 14.4.1998 - BVerwG 3 B 95.97 -, NJW 1999, 3425; Senatsbeschl. v. 2.9.2009 - 8 LA 99/09 -, juris Rn. 2 jeweils m.w.N.). Die (Fortsetzung der) Ausübung des ärztlichen Berufs wird damit vom Vorliegen persönlicher Eigenschaften, auf deren Vorliegen der Arzt Einfluss nehmen kann, abhängig gemacht (vgl. BVerfG, Beschl. v. 28.3.1985 - 1 BvR 1245/84 u.a. -, BVerfGE 69, 233, 244; Sachs, GG, 6. Aufl., Art. 12 Rn. 130 (Abhängigkeit des Berufszugangs von der Zuverlässigkeit des Berufsträgers als subjektive Berufszulassungsregelung)). Der mit einem Approbationsentzug wegen Unwürdigkeit als subjektiver Berufszulassungsregelung verbundene Eingriff in die Berufsfreiheit kann daher schon dann gerechtfertigt sein, wenn ein überragendes Gemeinschaftsgut, das der Freiheit des Einzelnen vorgeht, geschützt werden soll. Genau dies ist das Ziel des Entzugs der ärztlichen Approbation wegen Unwürdigkeit. Denn hierdurch soll nicht das bisherige Verhalten des Arztes sanktioniert, sondern das Ansehen der Ärzteschaft in den Augen der Öffentlichkeit geschützt werden; dies freilich nicht als Selbstzweck, sondern um das für jede Heilbehandlung unabdingbare Vertrauen der Patienten in die Integrität der Personen aufrecht zu erhalten, denen mit der Approbation die staatliche Erlaubnis zur selbständigen Ausübung der Heilkunde verliehen ist und in deren Behandlung sich die Patienten begeben. Dieses für das Arzt-Patienten-Verhältnis konstitutive und damit auch für das hochrangige Gemeinschaftsgut der Gesundheitsversorgung der Bevölkerung (vgl. zu dem im Verfassungsrang stehenden Gemeinschaftswert der Volksgesundheit: BVerfG, Beschl. v. 14.3.1989 - 1 BvR 1033/82 u.a. -, BVerfGE 80, 1, 21; BVerwG, Urt. v. 18.5.1982 - BVerwG 7 C 24.81 -, BVerwGE 65, 323, 325) unerlässliche Vertrauen würde zerstört durch eine fortdauernde Berufstätigkeit von Ärzten, die ein Fehlverhalten gezeigt haben, das mit dem Berufsbild und den allgemeinen Vorstellungen von der Persönlichkeit eines Arztes schlechthin nicht zu vereinbaren ist. Dabei muss der Approbationsentzug wegen Unwürdigkeit in einem angemessenen Verhältnis zur Schwere des Eingriffs in die Berufsfreiheit stehen. Anlass für den Entzug der Approbation wegen Unwürdigkeit können deshalb nur gravierende Verfehlungen sein, die geeignet sind, das Vertrauen der Öffentlichkeit in den Berufsstand, bliebe das Verhalten für den Fortbestand der Approbation folgenlos, nachhaltig zu erschüttern (vgl. BVerwG, Beschl. v. 27.1.2011 - BVerwG 3 B 63.10 -, NJW 2011, 1830, 1831; Senatsbeschl. v. 18.4.2012 - 8 LA 6/11 -, juris Rn. 30; Stollmann, Widerruf und Ruhen von Approbationen, in: MedR 2010, 682 f. jeweils m.w.N.). Solche gravierenden Verfehlungen müssen nicht unmittelbar im Verhältnis des Arztes zu seinem Patienten angesiedelt sein. Erfasst werden vielmehr auch alle mit der eigentlichen ärztlichen Tätigkeit in nahem Zusammenhang stehenden Handlungen und ferner, abhängig von der Schwere des Delikts, auch Straftaten außerhalb des beruflichen Wirkungskreises, wenn sie zu einem Ansehens- und Vertrauensverlust führen, der den Betroffenen für den ärztlichen Beruf als auf absehbare Zeit untragbar erscheinen lässt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 28.8.1995 - BVerwG 3 B 7.95 -, NVwZ-RR 1996, 477; Beschl. v. 9.1.1991 - BVerwG 3 B 75.90 -, NJW 1991, 1557; Senatsbeschl. v. 18.4.2012, a.a.O.; v. 2.9.2009, a.a.O., Rn. 3). Dabei ist nach objektivem Maßstab (vgl. BVerwG, Beschl. v. 6.3.2003 - BVerwG 3 B 10.03 -, juris Rn. 3, Bayerischer VGH, Beschl. v. 21.5.2010 - 21 BV 09.1206 -, juris Rn. 40) zu beurteilen, ob das Fehlverhalten geeignet ist, dieses Ansehen des Berufsstandes der Ärzte und das in ihn gesetzte Vertrauen nachhaltig zu erschüttern.

Danach ergeben sich aus der gesetzlichen Regelung und ihrer Zielsetzung richtungweisende Gesichtspunkte für die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der "Unwürdigkeit", der in ähnlicher Weise in anderen die Berufszulassung regelnden Gesetzen verwendet wird (vgl. etwa § 14 Abs. 1 Nr. 2 BBG; § 12 Abs. 1 Nr. 2 BeamtStG; § 97 Abs. 3 Satz 2 BNotO; § 7 Nr. 5 BRAO; § 19 Abs. 1 Nr. 4 DRiG; § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Nds. HKG; § 2 Abs. 1 Nr. 3 PsychThG; § 8 Abs. 1 2. Spiegelstrich SchiedsG; § 46 Abs. 2 Nr. 3 SG). Der Begriff genügt damit auch den Anforderungen des verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebotes. Denn dieses verlangt eben nicht, dass der Gesetzgeber den Tatbestand einer Norm mit genau erfassbaren Maßstäben selbst umschreibt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 3.9.2014 - 1 BvR 3353/13 -, NVwZ 2014, 1571 zur Verfassungsmäßigkeit des unbestimmten Rechtsbegriffs der "Unwürdigkeit" im Wissenschaftsrecht).

Der Kläger wendet gegen die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung weiter ein, das Verwaltungsgericht habe seine Unwürdigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs zu Unrecht allein auf der Grundlage der strafgerichtlichen Entscheidung festgestellt, ohne den Sachverhalt selbst zu ermitteln. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erstrecke sich die Rechtskraft einer strafgerichtlichen Entscheidung von vorneherein nur auf den Schuldspruch und den Rechtsfolgenausspruch. Darüber hinausgehende tatsächliche oder rechtliche Feststellungen seien für andere Gerichte nur dann verbindlich, wenn dies gesetzlich ausdrücklich bestimmt sei. Eine solche Bestimmung fehle im ärztlichen Berufsrecht.

Auch dieser Einwand greift nicht durch.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Beschl. v. 18.8.2011 - BVerwG 3 B 6.11 -, juris Rn. 10; Beschl. v. 6.3.2003, a.a.O., Rn. 2; Urt. v. 26.9.2002 - BVerwG 3 C 37.01 -, NJW 2003, 913, 916) und auch des Senats (vgl. Senatsbeschl. v. 7.2.2014 - 8 LA 84/13 -,GesR 2014, 183, 184; v. 13.1.2009 - 8 LA 88/08 -, MedR 2009, 483 f. jeweils m.w.N.) dürfen die in einem rechtskräftigen Strafurteil oder auch Strafbefehl enthaltenen tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen regelmäßig zur Grundlage einer behördlichen oder gerichtlichen Beurteilung der betroffenen Persönlichkeit bei Entscheidungen über den Entzug einer ärztlichen Approbation gemacht werden.

Aus den vom Kläger benannten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs ergibt sich nichts anderes. Der Bundesgerichtshof hat im Urteil vom 30. April 2004 (- 1 StR 354/03 -, NStZ-RR 2004, 238, 240) ausgeführt, dass eine Tatsachenbindung nicht zum Wesen der Rechtskraft gehört. Ergänzend hat der Bundesgerichtshof im Beschluss vom 9. März 2010 (- 4 StR 640/09 -, NStZ 2010, 529) darauf hingewiesen, dass Feststellungen rechtskräftiger Urteile zu früheren Tatgeschehen einschließlich der Beweistatsachen, die in einem späteren Verfahren von Bedeutung sein können, den neu entscheidenden Tatrichter nicht binden. Die danach nur begrenzten Wirkungen der Rechtskraft einer strafgerichtlichen Entscheidung sind für die hier zu beurteilenden Fälle aber nicht maßgeblich. Denn die dargestellte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats fußt nicht allein auf der Rechtskraftwirkung strafgerichtlicher Entscheidungen. Ihr liegt vielmehr die weitergehende Annahme zugrunde, dass in einem Strafverfahren regelmäßig umfassendere Möglichkeiten zur Aufklärung des Sachverhalts als in einem Verwaltungsverfahren bestehen, einem rechtskräftigen Strafurteil hinsichtlich der darin enthaltenen tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen eine materielle Richtigkeitsgewähr zukommt und diese Feststellungen somit für die verwaltungsbehördliche Entscheidung über den Fortbestand der Approbation grundsätzlich übernommen werden können (vgl. Senatsbeschl. v. 13.1.2009, a.a.O.). Diese Annahme wird durch die Systematik der Regelungen in der Bundesärzteordnung bekräftigt. Denn nach § 3 Abs. 5 BÄO wird bei der Einleitung eines Strafverfahrens gegen einen Arzt wegen des Verdachts einer Straftat, aus der sich seine Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs ergeben kann, regelmäßig die Entscheidung über die Erteilung oder den Widerruf der Approbation bis zur Beendigung des strafgerichtlichen Verfahrens ausgesetzt und allenfalls gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 BÄO das Ruhen der Approbation angeordnet. Müsste die Approbationsbehörde hingegen nach Abschluss des Strafverfahrens nochmals eigenständig den Sachverhalt aufklären, fehlten ihr dafür regelmäßig schon die rechtlichen Möglichkeiten; so besteht etwa nach § 26 Abs. 3 Satz 1 VwVfG keine Aussagepflicht für Zeugen. Außerdem dürfte die Sachaufklärung durch den zwischenzeitlichen Zeitablauf regelmäßig erschwert sein.

Der Kläger wendet gegen die Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils weiter ein, das Verwaltungsgericht habe die in der strafgerichtlichen Entscheidung getroffenen tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen auch deshalb nicht berücksichtigen dürfen, weil gewichtige Anhaltspunkte für deren Unrichtigkeit vorlägen und weil der Beklagte, aber auch das Verwaltungsgericht zur Sachverhaltsaufklärung besser als das Strafgericht in der Lage gewesen wären.

Es trifft zwar zu, dass ein Abweichen von den Feststellungen in einer strafgerichtlichen Entscheidung ausnahmsweise dann geboten sein kann, wenn gewichtige Anhaltspunkte für deren Unrichtigkeit bestehen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 18.8.2011, a.a.O.; Beschl. v. 6.3.2003, a.a.O.; Urt. v. 26.9.2002, a.a.O.), etwa weil Wiederaufnahmegründe gegeben sind, die maßgeblichen tatsächlichen Feststellungen des Strafgerichts erkennbar auf einem Irrtum beruhen oder die Approbationsbehörde ausnahmsweise in der Lage ist, eine für ihre Entscheidung erhebliche, aber strittige Tatsache besser als das Strafgericht aufzuklären (vgl. Senatsbeschl. v. 21.5.2013 - 8 LA 54/13 -, juris Rn. 8).

Derart gewichtige Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Feststellungen in den strafgerichtlichen Entscheidungen ergeben sich aus dem Zulassungsvorbringen des Klägers allerdings nicht.

Der Kläger macht insoweit geltend, die strafgerichtliche Entscheidung beruhe im Wesentlichen auf den Ausführungen des Sachverständigen E.. Dieser sei selbst nicht Inhaber der Fachkunde "Suchtmedizinische Grundversorgung". Dessen Ausführungen, insbesondere die Hauptvorwürfe, seien inhaltlich unzutreffend. Er - der Kläger - habe sechs von sechzehn mit Methadon substituierten Patienten das Substitut "am Wochenende mitgegeben". Ausweislich der Behandlungsdokumentation habe er entgegen den Ausführungen des Sachverständigen aber individualisierte Behandlungskonzepte und erforderliche Anamnesen erstellt und die Take-Home-Substitution auch nur dann durchgeführt, wenn allenfalls seltene Rückfalle und Beigebrauch der Patienten dies in Ausnahmefällen gestatteten. Diese Behandlungsumstände habe er hinreichend dargelegt. Diese Umstände seien zu Unrecht nicht berücksichtigt worden. Es sei auch fehlerhaft angenommen worden, dass auch die aktuelle Fassung der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung die Mitgabe von Substitutionsmitteln nicht gestatte. Ebenso sei fehlerhaft davon ausgegangen worden, dass die Substitutionsbehandlung bei festgestelltem Beigebrauch zwangsläufig zu beenden sei. Nach den Bestimmungen in Nrn. 11 und 12 der Richtlinien der Bundesärztekammer zur Durchführung der substitutionsgestützten Behandlung Opiatabhängiger liege es vielmehr in der Entscheidung des Arztes, ob er die Substitutionsbehandlung weiterführe. Diese solle erst dann abgebrochen werden, wenn vorherige Interventionsstrategien zu keinem positiven Ergebnis geführt hätten; der Abbruch sei mithin ultima ratio. Hier sei nicht festgestellt worden, dass die Fortführung der Substitutionsbehandlung trotz Beigebrauchs nicht ärztlich vertretbar gewesen ist.

Diese Einwände rechtfertigen es nach dem dargestellten Maßstab nicht, ausnahmsweise von den Feststellungen in der strafgerichtlichen Entscheidung abzuweichen.

Soweit der Kläger die fachliche Qualifikation des Sachverständigen E. in Frage zu stellen sucht, zeigt er schon keinen die Wiederaufnahme des Strafverfahrens gebietenden Grund im Sinne des § 359 StPO auf. Im Übrigen geht er mit der Behauptung fehl, die in der strafgerichtlichen Entscheidung enthaltenen Feststellungen beruhten im Wesentlichen auf den Ausführungen des Sachverständigen. Ausweislich der Gründe des Urteils des Landgerichts Oldenburg vom 16. Dezember 2009 beruhen die Feststellungen maßgeblich auf der geständigen Einlassung des Klägers im Strafverfahren, die das Strafgericht durch die Anhörung der Zeugen und des Sachverständigen sowie die Inaugenscheinnahme einzelner Patientenkarteikarten verifiziert hat (Urt. v. 16.12.2009, Umdruck, S. 37)

Soweit der Kläger darüber hinaus in Frage stellt, gegen die sich aus § 5 der Verordnung über das Verschreiben, die Abgabe und den Nachweis des Verbleibs von Betäubungsmitteln (Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung) in der hier maßgeblichen Fassung vom 19. Juni 2001 (BGBl. I S. 1180) - BtMVV 2001 - ergebenden Vorgaben für die Verschreibung zur Substitution verstoßen zu haben, ergeben sich aus seinem Zulassungsvorbringen keine Anhaltspunkte für irrtümlich fehlerhafte Feststellungen in der strafgerichtlichen Entscheidung.

Dies gilt zunächst für die Feststellung des Strafgerichts, der Kläger habe für keinen seiner Patienten ein für die Substitutionsbehandlung erforderliches Therapiekonzept entworfen oder dokumentiert (Urt. v. 16.12.2009, Umdruck, S. 5).

Nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BtMVV 2001 darf der Arzt für einen Patienten ein Substitutionsmittel nur verschreiben, wenn die Substitutionsbehandlung erforderliche psychiatrische, psychotherapeutische oder psychosoziale Behandlungs- und Betreuungsmaßnahmen einbezieht. Die Substitution darf mithin nicht isoliert erfolgen, sondern die Behandlung muss im Rahmen eines umfassenden Therapiekonzeptes stehen, das im notwendigen Umfang auch diese begleitenden Behandlungs- und Betreuungsmaßnahmen umfassen muss. Der Arzt muss darauf hinwirken, dass der Abhängige an den von dem Arzt für notwendig angesehenen Maßnahmen kontinuierlich teilnimmt (vgl. zu den Anforderungen im Einzelnen: Weber, BtMG, 2. Aufl. 2003, BtMVV, § 5 Rn. 39 ff.; Nr. 3 der Richtlinien der Bundesärztekammer zur Durchführung der substitutionsgestützten Behandlung Opiatabhängiger, Stand: 22.3.2002, veröffentlicht in: Dt. Ärzteblatt 2002, 1458 ff. - Substitutionsrichtlinien 2002 -). Das Therapiekonzept ist, wie die Erfüllung aller anderen sich aus § 5 BtMVV 2001 für den Arzt ergebenden Verpflichtungen, nach § 5 Abs. 10 BtMVV 2001 zu dokumentieren.

Dass der Kläger entgegen den Feststellungen des Strafgerichts das danach erforderliche Therapiekonzept erstellt und dokumentiert hat, ergibt sich auch aus seinem Zulassungsvorbringen nicht. Die hierzu getätigten Ausführungen im Anlagenkonvolut zum Schriftsatz vom 18. Februar 2014 versuchen von vorneherein nur, für vier der sechzehn substituierten Patienten das Vorliegen eines Therapiekonzepts darzustellen. Diese Ausführungen zu den Patienten

- F.: "Die berufliche Tätigkeit erschien und erscheint mir als eine Säule der medizinischen und sozialen Rehabilitation.",

- G.: "Die notwendige Psychotherapie wird suchtmedizinischerseits in ihrer absoluten Notwendigkeit relativierend betrachtet und ist für die Substitution keine Bedingung sine qua non.",

- H.: "Psychosoziale Betreuung bei I. in J. " und

- K.: "Entgegen Aussage Urteil psychosoziale Betreuung habe erst im Mai 2008 stattgefunden, hier liegen schriftlich bestätigte Kontakte zur Drogenberatung Nordenham vor für 30.11.06, 12.1.07, 8.2.07, 20.8.07, 13.5.08, 19.5.08, 21.7.08, 26.1.09"

sind allerdings so vage, dass der Senat hieraus nicht ansatzweise auf das Vorliegen eines vom Kläger vor Beginn der Substitutionsbehandlung erstellten und während dieser Behandlung von ihm überwachten Konzeptes ergänzender psychiatrischer, psychotherapeutischer oder psychosozialer Behandlungs- und Betreuungsmaßnahmen zu schließen vermag. Zu Therapiekonzepten für die übrigen zwölf substituierten Patienten verhalten sich die Ausführungen des Klägers nicht; lediglich für die Patientinnen L. und M. stellt der Kläger die - gesetzlich bestimmte - Erforderlichkeit eines Therapiekonzeptes grundlegend in Frage.

Anhaltspunkte für irrtümlich fehlerhafte Feststellungen in der strafgerichtlichen Entscheidung ergeben sich auch nicht aus dem Vorbringen des Klägers, wonach das Strafgericht fehlerhaft davon ausgegangen sein soll, dass die Substitutionsbehandlung bei festgestelltem Beigebrauch zwangsläufig zu beenden sei.

Diese Darstellung des Klägers ist unzutreffend. Das Strafgericht ist nicht davon ausgegangen, dass die Substitutionsbehandlung bei festgestelltem Beigebrauch zwangsläufig zu beenden ist. Das Strafgericht hat vielmehr zutreffend angenommen, dass eine ordnungsgemäße Substitutionsbehandlung nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Buchst. c BtMVV 2001 regelmäßige körperliche Untersuchungen und unangekündigte Urinkontrollen erfordert, um feststellen zu können, ob der Patient Stoffe gebraucht, deren Art und Menge den Zweck der Substitution gefährden. Weiter zutreffend hat es angenommen, dass nach § 5 Abs. 2 Satz 2 BtMVV 2001 in Verbindung mit Nr. 11 der Substitutionsrichtlinien 2002 die Feststellung von Beigebrauch jeglicher Art nicht folgenlos bleiben darf und in letzter Konsequenz auch die weitere Verschreibung von Substitutionsmitteln ausschließt (vgl. Urt. v. 16.12.2009, Umdruck, S. 4). Diesen zutreffenden Maßgaben folgend lag der gegenüber dem Kläger erhobene strafrechtliche Vorwurf durchweg nicht darin, die Substitutionsbehandlung bei einem festgestellten Beigebrauch nicht sofort beendet zu haben, sondern darin, auf einen festgestellten Beigebrauch überhaupt nicht - etwa durch Abklärung der Ursachen des Beigebrauchs, durch Suche nach Möglichkeiten der Beseitigung des Beigebrauchs, durch verstärkte Zusammenarbeit mit der psychosozialen Betreuungsstelle, durch einen fraktionierten Beigebrauchsentzug oder/und durch Ausschluss der Take-Home-Verschreibung (vgl. Nr. 11 der Substitutionsrichtlinien 2002) - reagiert zu haben (vgl. etwa Urt. v. 16.12.2009, Umdruck S. 5 (allgemein), S. 7 (Patient N.), S. 12 (Patient H.), S. 13 (Patientin L.), S. 18 (Patient O.), S. 25 (Patient P.), S. 26 (Patient Q.), S. 34 (Patient R.)).

Anhaltspunkte für irrtümlich fehlerhafte Feststellungen in der strafgerichtlichen Entscheidung ergeben sich aus dem Zulassungsvorbringen auch nicht, soweit es einen Verstoß gegen die Regelungen zur sogenannten Take-Home-Verschreibung nach § 5 Abs. 8 BtMVV 2001 betrifft.

Nach dieser Bestimmung kann der Arzt oder sein ärztlicher Vertreter in der Praxis ausnahmsweise abweichend von den Vorgaben des § 5 Abs. 5 bis 7 BtMVV 2001 dem Patienten eine Verschreibung über die für bis zu sieben Tage benötigte Menge des Substitutionsmittels aushändigen und ihm dessen eigenverantwortliche Einnahme erlauben, sobald und solange der Verlauf der Behandlung dies zulässt und dadurch die Sicherheit und Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs nicht beeinträchtigt werden (Satz 1). Bei der ärztlichen Entscheidung ist dafür Sorge zu tragen, dass aus der Mitgabe des Substitutionsmittels resultierende Risiken der Selbst- oder Fremdgefährdung so weit wie möglich ausgeschlossen werden (Satz 2). Die Aushändigung der Verschreibung ist insbesondere dann nicht zulässig, wenn die Untersuchungen und Erhebungen des Arztes Erkenntnisse ergeben haben, dass der Patient Stoffe konsumiert, die ihn zusammen mit der Einnahme des Substitutionsmittels gefährden (Nr. 1), unter Berücksichtigung der Toleranzentwicklung noch nicht auf eine stabile Dosis eingestellt worden ist (Nr. 2) oder Stoffe missbräuchlich konsumiert (Nr. 3 des Satzes 3). Für die Bewertung des Verlaufes der Behandlung ist im Übrigen der allgemein anerkannte Stand der medizinischen Wissenschaft maßgebend (Satz 4). In begründeten Ausnahmefällen kann der Arzt unter den in Satz 1 bis 3 genannten Voraussetzungen zur Sicherstellung der Versorgung bei Auslandsaufenthalten des Patienten diesem Verschreibungen des Substitutionsmittels über eine Menge für einen längeren als in Satz 1 genannten Zeitraum aushändigen und ihm dessen eigenverantwortliche Einnahme erlauben (Satz 5). Diese Verschreibungen dürfen in einem Jahr insgesamt die für bis zu 30 Tage benötigte Menge des Substitutionsmittels nicht überschreiten (Satz 6). Jede Verschreibung nach Satz 1 oder Satz 5 ist dem Patienten im Rahmen einer persönlichen ärztlichen Konsultation auszuhändigen (Satz 8).

Mit diesen Vorgaben von vorneherein unvereinbar ist die Mitgabe von Substitutionsmitteln durch den Arzt oder seinen ärztlichen Vertreter in der Praxis an den in der Substitutionsbehandlung befindlichen Patienten. § 5 Abs. 8 Satz 1 und 5 BtMVV 2001 gestatten ausdrücklich nur, "dem Patienten eine Verschreibung" für das Substitutionsmittel mitzugeben, nicht aber das Substitutionsmittel selbst. Dem Arzt wird mithin nur eine Ausnahme vom grundsätzlichen Verbot der Aushändigung einer Verschreibung an den Patienten nach § 5 Abs. 5 BtMVV 2001 eröffnet (vgl. BGH, Beschl v. 27.5.2014 - 2 StR 354/13 -, jeweils Rn. 11 ff.; Beschl. v. 28.7.2009 - 3 StR 44/09 -, juris Rn. 5 f.; Weber, BtMG, 2. Aufl. 2003, BtMVV § 5 Rn. 73 f.). Gleiches gilt entgegen der Annahme des Klägers im Übrigen auch nach § 5 Abs. 8 BtMVV in der durch die Dreiundzwanzigste Verordnung zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher Vorschriften vom 19. März 2009 (BGBl. I S. 560) geänderten Fassung. Auch danach ist es dem Arzt nicht gestattet, dem Patienten das Substitutionsmittel mitzugeben (vgl. Ascheraden/Kunstmann/Scherbaum, Substitutionsbehandlung - Ohne Reformen kein ärztlicher Nachwuchs, in: Dt. Ärzteblatt 2013, A-1243, 1244; Ullmann/Pollähne, Substitutionsbehandlung vor dem Bundesgerichtshof, in: StV 2014, 613, 634; Weber, BtMG, 4. Aufl. 2013, BtMVV, § 5 Rn. 126).

Nach den Feststellungen im Urteil des Landgerichts D. vom 16. Dezember 2009 hat der Kläger in 263 Fällen seinen Patienten das Substitutionsmittel aber mitgegeben und damit auch gegen die Vorgaben des § 5 Abs. 8 BtMVV 2001 verstoßen:

- Patient G., lfde. Nrn. 48 bis 66 (Urt. v. 16.12.2009, Umdruck, S. 10);

- Patient H., lfde. Nrn. 83 bis 102 (Urt. v. 16.12.2009, Umdruck, S. 12 f.);

- Patientin L., lfde. Nrn. 110 bis 119 (Urt. v. 16.12.2009, Umdruck, S. 14);

- Patientin M., lfde. Nrn. 134, 136, 138, 140, 142 bis 144, 147, 149, 151, 152 und 156 (Urt. v. 16.12.2009, Umdruck, S. 15 f.);

- Patient S., lfde. Nrn. 183, 185, 187, 189, 191 und 192 (Urt. v. 16.12.2009, Umdruck, S. 18);

- Patient O., lfde. Nrn. 193 bis 206 und 208 (Urt. v. 16.12.2009, Umdruck, S. 18 f.);

- Patient T., lfde. Nrn. 210 bis 236 (Urt. v. 16.12.2009, Umdruck, S. 20 f.);

- Patient U., lfde. Nrn. 267 bis 321 (Urt. v. 16.12.2009, Umdruck, S. 22 ff.);

- Patient P., lfde. Nrn. 326 bis 353 und 355 bis 361 (Urt. v. 16.12.2009, Umdruck, S. 25 f.);

- Patient Q., lfde. Nrn. 362 bis 424 (Urt. v. 16.12.2009, Umdruck, S. 27 ff.).

Mit den dargestellten Vorgaben des § 5 Abs. 8 BtMVV 2001 waren aber auch die übrigen Take-Home-Verschreibungen des Klägers nicht vereinbar.

Eine Take-Home-Verschreibung setzt, wie bereits dargestellt, unter anderem voraus, dass der Verlauf der Behandlung die Mitgabe der Verschreibung zulässt (§ 5 Abs. 8 Satz 1 BtMVV 2001). Sie ist ausgeschlossen, wenn die Untersuchungen und Erhebungen des Arztes Erkenntnisse ergeben haben, dass der Patient Stoffe konsumiert, die ihn zusammen mit der Einnahme des Substitutionsmittels gefährden oder Stoffe missbräuchlich konsumiert (§ 5 Abs. 8 Satz 3 Nrn. 1 und 3 BtMVV 2001). Für die Bewertung des Verlaufes der Behandlung ist nach § 5 Abs. 8 Satz 4 BtMVV 2001 der allgemein anerkannte Stand der medizinischen Wissenschaft maßgebend. Die Einhaltung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Wissenschaft wird nach § 5 Abs. 11 Satz 2 BtMVV 2001 vermutet, wenn und soweit Vorgaben in Richtlinien der Bundesärztekammer vom Arzt bei der Substitutionsbehandlung beachtet worden sind (vgl. Weber, BtMG, 2. Aufl. 2003, BtMVV § 5 Rn. 101).

Nach Nr. 9 der Substitutionsrichtlinien 2002 ist die Take-Home-Verschreibung nur dann zulässig, wenn dem substituierten Patienten seit mindestens sechs Monaten ein Substitutionsmittel verschrieben und zum unmittelbaren Verbrauch überlassen wurde und seit mindestens drei Monaten nach sorgfältiger Prüfung kein Anhalt dafür besteht, dass der Patient Stoffe gebraucht, deren Konsum nach Art oder Menge die eigenverantwortliche Einnahme des Substitutionsmittels nicht erlaubt und der klinische Eindruck des Patienten stabil ist. In hiervon abweichenden Ausnahmefällen darf mit besonderer Begründung von den genannten Zeiten abgewichen werden. Dies bedarf der besonderen Dokumentation. Wegen des hohen Missbrauchrisikos von Take-Home-Verschreibungen obliegt dem behandelnden Arzt eine besondere Verantwortung. Die Take-Home-Verschreibung muss auf Substituierte beschränkt bleiben, bei denen die psychosoziale Reintegration entsprechend fortgeschritten ist und bei denen für eine Selbst- oder Fremdgefährdung durch Beigebrauch oder nicht bestimmungsgemäße Verwendung des Substitutionsmittels keine Hinweise bestehen. In der Regel soll eine Take-Home-Verschreibung zunächst nur für kurze Zeiträume erfolgen, sie kann ggf. schrittweise erhöht werden. Die Ausschöpfung des vollen durch die Betäubungsmittelverschreibungsverordnung gesetzten Rahmens der Take-Home-Verschreibung ist nur zu vertreten, wenn eine eindeutige berufliche, familiäre, soziale oder medizinische Notwendigkeit besteht. Die Entscheidung zur Take-Home-Verschreibung soll in Absprache mit der psychosozialen Betreuungsstelle erfolgen. Die Gründe für die Take-Home-Verschreibung für den Verlauf der Behandlung, der eine Take-Home-Verschreibung zulässt und notwendig macht, sind zu dokumentieren.

Diesen Anforderungen genügten die vom Kläger vorgenommenen Take-Home-Verschreibungen nach den Feststellungen des Strafgerichts und auch nach seinem Zulassungsvorbringen nicht ansatzweise.

- Dem Patienten N. wurden in der Zeit vom 17. August 2006 bis zum 19. Oktober 2006 zehn Take-Home-Verschreibungen für Buprenorphin (Handelsname Subutex) ausgehändigt (Urt. v. 16.12.2009, Umdruck, S. 7, lfde. Nrn. 1 bis 10), ohne dass die Einhaltung der sich aus § 5 Abs. 8 BtMVV 2001 ergebenden ärztlichen Verpflichtungen vom Kläger in einer den Anforderungen des § 5 Abs. 10 BtMVV 2001 genügenden Weise dokumentiert wurde. Dieser Patient befand sich erst seit dem 3. August 2006 in der Behandlung bei dem Kläger. Die eigentliche Substitution begann erst am 17. August 2006, und zwar mit einer Take-Home-Verschreibung. Die nach Nr. 9 der Substitutionsrichtlinien 2002 erforderliche Wartezeit von sechs Monaten war daher nicht eingehalten. Auch konnte der Kläger nicht aufgrund eigener Prüfung über einen Zeitraum von drei Monaten ausschließen, dass der Patient Stoffe gebrauchte, deren Konsum nach Art oder Menge die eigenverantwortliche Einnahme des Substitutionsmittels nicht erlaubt. Vielmehr lagen dem Kläger Erkenntnisse über einen regelmäßigen Beikonsum von Heroin, Kokain und Benzodiazepinen vor. Die gleichwohl erfolgte Verschreibung von Buprenorphin war hier aufgrund der Gefahr einer lebensbedrohlichen Atemdepression kontraindiziert (vgl. Nrn. 4.4 und 4.5 der Gebrauchsinformation "SUBUTEX 2 mg-Sublingualtabletten", veröffentlicht unter http://www.pharmazie.com/graphic/A/91/1-23091.pdf, Stand: 9.2.2015).

- Dem Patienten F. wurden in der Zeit vom 8. Dezember 2006 bis zum 18. September 2007 29 Take-Home-Verschreibungen für Methadon (Handelsname Polamidon) und 8 Take-Home-Verschreibungen für Buprenorphin (Handelsname Subutex) ausgehändigt (Urt. v. 16.12.2009, Umdruck, S. 8 f., lfde. Nrn. 11 bis 47), ohne dass die Einhaltung der sich aus § 5 Abs. 8 BtMVV 2001 ergebenden ärztlichen Verpflichtungen vom Kläger in einer den Anforderungen des § 5 Abs. 10 BtMVV 2001 genügenden Weise dokumentiert wurde. Dieser Patient befand sich erst seit dem 27. November 2006 in der Substitutionsbehandlung bei dem Kläger. Die nach Nr. 9 der Substitutionsrichtlinien 2002 erforderliche Wartezeit von sechs Monaten war daher auch hier nicht eingehalten. Auch konnte der Kläger nicht aufgrund eigener Prüfung über einen Zeitraum von drei Monaten ausschließen, dass der Patient Stoffe gebrauchte, deren Konsum nach Art oder Menge die eigenverantwortliche Einnahme des Substitutionsmittels nicht erlaubt. Zudem verschrieb der Kläger - auch nach seinen Ausführungen im Anlagenkonvolut zum Schriftsatz vom 18. Februar 2014 - diesem Patienten während der Substitutionsbehandlung mit Methadon jedenfalls im Zeitraum von Dezember 2006 bis April 2007 fortlaufend Diazepam, ein Benzodiazepinpräparat. Die gleichzeitige Gabe der genannten Substitutionsmittel und des Benzodiazepinpräparates begründete auch hier die Gefahr einer lebensbedrohlichen Intoxikation (vgl. hierzu Senatsbeschl. v. 7.2.2014, a.a.O., S. 186 m.w.N.). Unabhängig davon konnte der Kläger, wie nach Nr. 9 der Substitutionsrichtlinien 2002 gefordert, nicht davon ausgehen, dass die psychosoziale Reintegration des Patienten fortgeschritten und keine Hinweise auf eine Selbst- oder Fremdgefährdung durch Beigebrauch oder nicht bestimmungsgemäße Verwendung des Substitutionsmittels bestehen. Der Patient war, was dem Kläger bekannt war, während der laufenden Substitutionsbehandlung im Zeitraum vom 28. März bis 17. April 2007 wegen psychischer und Verhaltensstörungen durch multiplen Substanzgebrauch stationär in einer psychiatrischen Fachklinik untergebracht.

- Dem Patienten V. wurden in der Zeit vom 5. September 2008 bis zum 2. März 2009 16 Take-Home-Verschreibungen für Buprenorphin (Handelsname Subutex) ausgehändigt (Urt. v. 16.12.2009, Umdruck, S. 11, lfde. Nrn. 67 bis 82), ohne dass die Einhaltung der sich aus § 5 Abs. 8 BtMVV 2001 ergebenden ärztlichen Verpflichtungen vom Kläger in einer den Anforderungen des § 5 Abs. 10 BtMVV 2001 genügenden Weise dokumentiert wurde.

- Dem Patienten H. wurden in der Zeit vom 18. Mai 2006 bis zum 26. Juni 2006 6 Take-Home-Verschreibungen für Methadon ausgehändigt (Urt. v. 16.12.2009, Umdruck, S. 13, lfde. Nrn. 103 bis 108), ohne dass die Einhaltung der sich aus § 5 Abs. 8 BtMVV 2001 ergebenden ärztlichen Verpflichtungen vom Kläger in einer den Anforderungen des § 5 Abs. 10 BtMVV 2001 genügenden Weise dokumentiert wurde. Am 26. Mai 2006 erhielt der Patient eine Verschreibung von 50,4 ml Methadon für 28 Tage im Hinblick auf einen behaupteten Urlaub in W. (Anlagenkonvolut zum Schriftsatz vom 18. Februar 2014). Die hierfür erforderlichen Voraussetzungen nach § 5 Abs. 8 Satz 5 und 6 BtMVV 2001 waren offensichtlich nicht erfüllt. Bereits fünf Tage später, am 31. Mai 2006 erhielt der Patient 9 ml Methadon für fünf Tage aus der Praxis des Klägers mitgegeben (Urt. v. 16.12.2009, Umdruck, S. 13, lfde. Nr. 102). Weitere 16 bzw. 20 Tage später, am 16. und 20. Juni 2006, erhielt der Patient erneut Take-Home-Verschreibungen über jeweils 3 ml Methadon ausgehändigt (Urt. v. 16.12.2009, Umdruck, S. 13, lfde. Nrn. 105 und 106). Schließlich verschrieb der Kläger dem Patienten am 26. Juni 2006 für weitere 11 Tage 16,5 ml Methadon, obwohl ein Ausnahmefall nicht ansatzweise dokumentiert wurde und auch die sich aus § 5 Abs. 8 Satz 6 BtMVV 2001 ergebende Höchstgrenze längst überschritten war.

- Der Patientin L. wurden in der Zeit vom 21. Dezember 2007 bis zum 8. Juli 2008 6 Take-Home-Verschreibungen für Methadon ausgehändigt (Urt. v. 16.12.2009, Umdruck, S. 14, lfde. Nrn. 120 bis 125), ohne dass die Einhaltung der sich aus § 5 Abs. 8 BtMVV 2001 ergebenden ärztlichen Verpflichtungen vom Kläger in einer den Anforderungen des § 5 Abs. 10 BtMVV 2001 genügenden Weise dokumentiert wurde. Nach den Ausführungen im Anlagenkonvolut zum Schriftsatz vom 18. Februar 2014 und dem dort enthaltenen Gutachten des X. vom 26. August 2012 konnte der Kläger nachweislich nicht aufgrund einer eigenen, mindestens drei Monate umfassenden sorgfältigen Prüfung feststellen, dass bei dieser Patientin kein Anhalt dafür besteht, dass sie Stoffe gebrauchte, deren Konsum nach Art oder Menge die eigenverantwortliche Einnahme des Substitutionsmittels nicht erlaubt. Vielmehr war die Behandlung in der Zeit vom 9. September 2007 bis zum 5. November 2007 unterbrochen und die Urinkontrollen am 9. und 13. November 2007 wiesen Opiate und damit einen der Take-Home-Verschreibung entgegenstehenden Beigebrauch auf.

- Der Patientin M. wurden in der Zeit vom 14. Februar 2006 bis zum 21. Juli 2006 26 Take-Home-Verschreibungen für Methadon und 2 Take-Home-Verschreibungen für Buprenorphin (Handelsname Subutex) ausgehändigt (Urt. v. 16.12.2009, Umdruck, S. 15, lfde. Nrn. 126 bis 133, 135, 137, 139, 141, 145, 146, 148, 150, 153 bis 155, 157 bis 165), ohne dass die Einhaltung der sich aus § 5 Abs. 8 BtMVV 2001 ergebenden ärztlichen Verpflichtungen vom Kläger in einer den Anforderungen des § 5 Abs. 10 BtMVV 2001 genügenden Weise dokumentiert wurde. Die Patientin befand sich erst seit dem 13. Februar 2006 (wieder) in der Substitutionsbehandlung bei dem Kläger. Die nach Nr. 9 der Substitutionsrichtlinien 2002 erforderliche Wartezeit von sechs Monaten war daher auch hier nicht eingehalten. Auch konnte der Kläger nicht aufgrund eigener Prüfung über einen Zeitraum von drei Monaten ausschließen, dass die Patientin Stoffe gebrauchte, deren Konsum nach Art oder Menge die eigenverantwortliche Einnahme des Substitutionsmittels nicht erlaubt. Vielmehr wies eine Urinkontrolle am 13. Februar 2006 den Beigebrauch von Heroin, Kokain, Benzodiazepinen und Cannabis nach. Gleichwohl erfolgte bereits einen Tag später, am 14. Februar 2006, die erste Take-Home-Verschreibung. Das Strafgericht stellte schließlich fest, dass in zahlreichen Fällen zeitgleich zu den Take-Home-Verschreibungen auch eine Mitgabe von Methadon durch den Kläger an die Patientin erfolgte.

- Dem Patienten S. wurden in der Zeit vom 29. April 2005 bis zum 21. Oktober 2005 21 Take-Home-Verschreibungen für Methadon ausgehändigt (Urt. v. 16.12.2009, Umdruck, S. 17 f., lfde. Nrn. 166 bis 182, 184, 186, 188 und 190), ohne dass die Einhaltung der sich aus § 5 Abs. 8 BtMVV 2001 ergebenden ärztlichen Verpflichtungen vom Kläger in einer den Anforderungen des § 5 Abs. 10 BtMVV 2001 genügenden Weise dokumentiert wurde.

- Dem Patienten O. wurden am 12. Mai 2006 und am 26. Mai 2006 zwei Take-Home-Verschreibungen für Methadon ausgehändigt (Urt. v. 16.12.2009, Umdruck, S. 18 f., lfde. Nrn. 207 und 209), ohne dass die Einhaltung der sich aus § 5 Abs. 8 BtMVV 2001 ergebenden ärztlichen Verpflichtungen vom Kläger in einer den Anforderungen des § 5 Abs. 10 BtMVV 2001 genügenden Weise dokumentiert wurde. Die Verschreibung vom 26. Mai 2006 betrifft 196 ml Methadon für 28 Tage. Eine solche Verschreibung kann allenfalls in den begründeten Ausnahmefällen des § 5 Abs. 8 Satz 5 und 6 BtMVV 2001 zu rechtfertigen sein. Nach Nr. 9 der Substitutionsrichtlinien 2002 muss es sich um einen Einzelfall handeln, in dem die Notwendigkeit nachweisbar gegeben ist. Diesen Nachweis der Notwendigkeit hat der Kläger nicht ansatzweise geführt, wenn er im Anlagenkonvolut zum 18. Februar 2014 lediglich geltend macht, "das Take-Home-Rezept über 28 Tage vom 26.5.2006 könnte (Sic !) mit einer Reise in sein Heimatland Y. verbunden gewesen sein".

- Dem Patienten T. wurden in der Zeit vom 17. November 2006 bis zum 22. Juli 2008 18 Take-Home-Verschreibungen für Methadon (Handelsname Polamidon) und 12 Take-Home-Verschreibungen für Buprenorphin (Handelsname Subutex) ausgehändigt (Urt. v. 16.12.2009, Umdruck, S. 21 f., lfde. Nrn. 237 bis 266), ohne dass die Einhaltung der sich aus § 5 Abs. 8 BtMVV 2001 ergebenden ärztlichen Verpflichtungen vom Kläger in einer den Anforderungen des § 5 Abs. 10 BtMVV 2001 genügenden Weise dokumentiert wurde.

- Dem Patienten U. wurden in der Zeit vom 22. Mai 2007 bis zum 31. Mai 2007 4 Take-Home-Verschreibungen für Methadon ausgehändigt (Urt. v. 16.12.2009, Umdruck, S. 25, lfde. Nrn. 322 bis 325), ohne dass die Einhaltung der sich aus § 5 Abs. 8 BtMVV 2001 ergebenden ärztlichen Verpflichtungen vom Kläger in einer den Anforderungen des § 5 Abs. 10 BtMVV 2001 genügenden Weise dokumentiert wurde. Der Patient befand sich erst seit April 2007 (wieder) in der Substitutionsbehandlung bei dem Kläger. Die nach Nr. 9 der Substitutionsrichtlinien 2002 erforderliche Wartezeit von sechs Monaten war daher auch hier nicht eingehalten. Auch konnte der Kläger nicht aufgrund eigener Prüfung über einen Zeitraum von drei Monaten ausschließen, dass der Patient Stoffe gebrauchte, deren Konsum nach Art oder Menge die eigenverantwortliche Einnahme des Substitutionsmittels nicht erlaubt.

- Dem Patienten P. wurde am 17. Juni 2006 eine Take-Home-Verschreibung für Methadon ausgehändigt (Urt. v. 16.12.2009, Umdruck, S. 26, lfde. Nrn. 354), ohne dass die Einhaltung der sich aus § 5 Abs. 8 BtMVV 2001 ergebenden ärztlichen Verpflichtungen vom Kläger in einer den Anforderungen des § 5 Abs. 10 BtMVV 2001 genügenden Weise dokumentiert wurde.

- Dem Patienten Q. wurden in der Zeit vom 7. September 2006 bis zum 27. Februar 2009 99 Take-Home-Verschreibungen für Methadon ausgehändigt (Urt. v. 16.12.2009, Umdruck, S. 29 ff., lfde. Nrn. 425 bis 523), ohne dass die Einhaltung der sich aus § 5 Abs. 8 BtMVV 2001 ergebenden ärztlichen Verpflichtungen vom Kläger in einer den Anforderungen des § 5 Abs. 10 BtMVV 2001 genügenden Weise dokumentiert wurde. Auch nach den Ausführungen des Klägers im Anlagenkonvolut zum Schriftsatz vom 18. Februar 2014 ist es in dem genannten Behandlungszeitraum zu insgesamt sieben "Rückfällen" gekommen, ohne dass Folgen für die Substitutionsbehandlung oder auch nur irgendeine ärztliche Reaktion hierauf dokumentiert wurde.

- Dem Patienten Z. wurden in der Zeit vom 22. Juli 2008 bis zum 7. August 2008 4 Take-Home-Verschreibungen für Methadon ausgehändigt (Urt. v. 16.12.2009, Umdruck, S. 33, lfde. Nrn. 524 bis 527), ohne dass die Einhaltung der sich aus § 5 Abs. 8 BtMVV 2001 ergebenden ärztlichen Verpflichtungen vom Kläger in einer den Anforderungen des § 5 Abs. 10 BtMVV 2001 genügenden Weise dokumentiert wurde. Der Patient befand sich erst seit dem 22. Juli 2008 in der Substitutionsbehandlung bei dem Kläger. Die nach Nr. 9 der Substitutionsrichtlinien 2002 erforderliche Wartezeit von sechs Monaten war daher auch hier nicht eingehalten. Auch konnte der Kläger nicht aufgrund eigener Prüfung über einen Zeitraum von drei Monaten ausschließen, dass der Patient Stoffe gebrauchte, deren Konsum nach Art oder Menge die eigenverantwortliche Einnahme des Substitutionsmittels nicht erlaubt. Vielmehr ergab die Urinkontrolle bei Beginn der Behandlung am 22. Juli 2008 den Beigebrauch von Heroin, Kokain und Cannabis. Der Hinweis des Klägers im Anlagenkonvolut zum Schriftsatz vom 18. Februar 2014, die Take-Home-Verschreibung sei gerechtfertigt gewesen, weil der Patient den Erhalt einer solchen durch einen anderen Substitutionsarzt glaubhaft versichert habe, ist nicht nachzuvollziehen. Der Kläger selbst hatte die Voraussetzungen für eine Take-Home-Verschreibung zu überprüfen.

- Dem Patienten R. wurden in der Zeit vom 9. Oktober 2008 bis zum 24. Februar 2009 13 Take-Home-Verschreibungen für Methadon (Handelsname Polamidon) ausgehändigt (Urt. v. 16.12.2009, Umdruck, S. 34, lfde. Nrn. 528 bis 540), ohne dass die Einhaltung der sich aus § 5 Abs. 8 BtMVV 2001 ergebenden ärztlichen Verpflichtungen vom Kläger in einer den Anforderungen des § 5 Abs. 10 BtMVV 2001 genügenden Weise dokumentiert wurde. Der Patient befand sich erst seit September 2008 in der Substitutionsbehandlung bei dem Kläger. Die nach Nr. 9 der Substitutionsrichtlinien 2002 erforderliche Wartezeit von sechs Monaten war daher auch hier nicht eingehalten. Auch konnte der Kläger nicht aufgrund eigener Prüfung über einen Zeitraum von drei Monaten ausschließen, dass der Patient Stoffe gebrauchte, deren Konsum nach Art oder Menge die eigenverantwortliche Einnahme des Substitutionsmittels nicht erlaubt. Die Berufung des Klägers auf glaubhafte Versicherungen des Patienten zu vorausgegangenen Take-Home-Verschreibungen einer anderen Substitutionsärztin vermag ihn auch hier nicht von den ihm selbst obliegenden Pflichten nach § 5 Abs. 8 BtMVV 2001 zu befreien. Im Anlagenkonvolut zum Schriftsatz vom 18. Februar 2014 räumt der Kläger ein, jedenfalls einmal selbst einen Beigebrauch festgestellt zu haben. Sich hieraus ergebende Folgen für die Substitutionsbehandlung wurden nicht dokumentiert.

- Der Patientin K. wurden in der Zeit vom 30. Oktober 2006 bis zum 27. Januar 2009 13 Take-Home-Verschreibungen für Methadon (Handelsname Polamidon) ausgehändigt (Urt. v. 16.12.2009, Umdruck, S. 35, lfde. Nrn. 541 bis 553), ohne dass die Einhaltung der sich aus § 5 Abs. 8 BtMVV 2001 ergebenden ärztlichen Verpflichtungen vom Kläger in einer den Anforderungen des § 5 Abs. 10 BtMVV 2001 genügenden Weise dokumentiert wurde. Die Patientin befand sich erst seit dem 18. Oktober 2006 in der Substitutionsbehandlung bei dem Kläger. Die nach Nr. 9 der Substitutionsrichtlinien 2002 erforderliche Wartezeit von sechs Monaten war daher auch hier nicht eingehalten. Auch konnte der Kläger nicht aufgrund eigener Prüfung über einen Zeitraum von drei Monaten ausschließen, dass die Patientin Stoffe gebrauchte, deren Konsum nach Art oder Menge die eigenverantwortliche Einnahme des Substitutionsmittels nicht erlaubt. Vielmehr wiesen zu Beginn der Substitutionsbehandlung durchgeführte Urinkontrollen auf den Beigebrauch von Benzodiazepinen hin. Gleichwohl erfolgte wenige Tage später die erste Take-Home-Verschreibung. Die Berufung des Klägers auf glaubhafte Versicherungen der Patientin zu vorausgegangenen Take-Home-Verschreibungen eines anderen Substitutionsarztes vermag ihn auch hier nicht von den ihm selbst obliegenden Pflichten nach § 5 Abs. 8 BtMVV 2001 zu befreien.

Der Kläger macht darüber hinaus geltend, der Beklagte sei zur Sachverhaltsaufklärung auch besser als das Strafgericht in der Lage gewesen. Als für die Überwachung des Betäubungsmittelverkehrs zuständige Stelle sei er über sämtliche durch die Kassenärztliche Vereinigung gemeldeten Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz informiert gewesen. Er verfüge über spezielles Fachwissen und den erforderlichen Verfahrensüberblick, um die Vorkommnisse bei der Substitutionstherapie rechtlich einordnen und die fachlichen Mängel der Arbeit des Sachverständigen AA. erkennen zu können. Die Verstöße seien maßgeblich durch lückenhafte und nicht eindeutige Formulierungen der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung zur Take-Home-Verschreibung verursacht worden. Allein im Bereich der Wesermarsch seien drei Ärzte wegen fehlerhafter Substitution verurteilt worden.

Auch diese Einwände greifen nicht durch.

Mit dem Hinweis darauf, dass der Beklagte nicht nur Approbationsbehörde, sondern auch die in Niedersachsen für die Überwachung des Betäubungsmittelverkehrs zuständige Landesbehörde sei und daher die betäubungsmittelrechtlichen Fragestellungen besser als das Strafgericht beurteilen könne, hat der Kläger schon nicht hinreichend dargelegt, hinsichtlich welcher für die Widerrufsentscheidung erheblichen, aber strittigen Tatsache die Möglichkeiten des Beklagten zur Sachaufklärung besser als die der Strafgerichte gewesen sein sollen. Dies ist für den Senat auch nicht offensichtlich. Auf etwa bessere Kenntnisse des Beklagten hinsichtlich der betäubungsmittelrechtlichen Fragestellungen kommt es insoweit nicht an; die rechtliche Beurteilung eines Sachverhalts ist autonome Aufgabe des Gerichts (iura novit curia; vgl. BVerfG, Beschl. v. 25.6.1992 - 1 BvR 600/92 -, NJW-RR 1993, 383; BVerwG, Beschl. v. 8.7.1998 - BVerwG 4 BN 22.98 -, juris Rn. 16).

Der Kläger wendet gegen die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung weiter ein, das Verwaltungsgericht habe aus dem vom Strafgericht festgestellten Fehlverhalten zu Unrecht auf eine Unwürdigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs geschlossen. Der Widerruf der Approbation sei unverhältnismäßig. Es lägen keine gravierenden wiederholten Verfehlungen über einen langen Zeitraum vor. Nach der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Substitutionsbehandlung opiatabhängiger Patienten seien diese selbst verantwortlich. Es müsse mithin berücksichtigt werden, dass es sich um eine besondere Patientengruppe mit besonderer Kenntnis im Umgang mit Drogen handele. Hinsichtlich der Ausbildung, Anleitung und Begleitung substituierender Ärzte habe es in der Vergangenheit erhebliche Defizite gegeben, die in zahlreichen Fällen zu unvermeidbaren Fehlern und Verbotsirrtümern geführt hätten. Er selbst habe nach Erhebung der ersten Vorwürfe die Tätigkeit als Substitutionsarzt eingestellt und die Abrechnungsgenehmigung an die Kassenärztliche Vereinigung zurückgegeben. Seine Tätigkeit als Allgemeinarzt sei von der Tätigkeit als Substitutionsarzt nicht betroffen. Der Entzug der Approbation erweise sich daher als unangemessene Reaktion. Sie treffe ihn aufgrund seines Alters auch unverhältnismäßig hart, da er keine Möglichkeit habe, die Approbation wieder zu erlangen.

Auch diese Einwände setzen die erstinstanzliche Entscheidung ernstlichen Richtigkeitszweifeln nicht aus.

Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass das in der strafgerichtlichen Entscheidung dokumentierte Fehlverhalten des Klägers geeignet ist, das Ansehen des Berufsstandes der Ärzte und das in ihn gesetzte Vertrauen nachhaltig zu erschüttern. Der Kläger beging in einer Vielzahl von Fällen über einen Zeitraum von mehreren Jahren vorsätzliche Straftaten, die unmittelbar im Verhältnis des Arztes zu seinem Patienten angesiedelt sind. Sein Fehlverhalten war gravierend; es verstieß gegen grundlegende gesetzliche Bestimmungen zur Substitutionsbehandlung opiatabhängiger Patienten. So führte er sämtliche Substitutionsbehandlungen durch, ohne ein umfassendes Therapiekonzept zu entwickeln oder/und zu dokumentieren (vgl. zum grundlegenden Charakter dieser Voraussetzung der Substitutionsbehandlung: BGH, Urt. v. 2.2.2012 - 3 StR 321/11 -, NStZ 2012, 337, 338; Weber, a.a.O., BtMG, § 13 Rn. 71 f.). In 263 Fällen gab er den Patienten das Substitutionsmittel aus seiner Praxis heraus mit, obwohl eine solche Vorgehensweise nach den Bestimmungen der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung nicht erlaubt war und auch nicht unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt sein konnte. In weiteren 290 Fällen verschrieb er den Patienten das Substitutionsmittel zur eigenverantwortlichen Einnahme, obwohl die Voraussetzungen des § 5 Abs. 8 BtMVV 2001 an eine solche Take-Home-Verschreibung nicht erfüllt waren. Dabei handelte es sich entgegen der Darstellung des Klägers nicht um rein formale Voraussetzungen einer bestimmten Verschreibungsart im Rahmen der Substitution, sondern um elementare, der Gesundheit des opiatabhängigen Patienten dienende Voraussetzungen der Substitutionsbehandlung. Der Kläger verletzte so das in ihn als Arzt gesetzte Vertrauen grob und verstieß gravierend auch gegen seine grundlegende ärztliche Pflicht, das Handeln am Wohl der Patienten auszurichten (vgl. § 2 Abs. 2 Satz 2 der Berufsordnung der Ärztekammer Niedersachsen). Die Art und Weise der Verschreibung von Betäubungsmitteln an betäubungsmittelabhängige Patienten war im vorliegenden Fall ohne Weiteres geeignet, deren Suchterkrankung zu fördern und sie der erheblichen Gefahr einer fehldosierten Anwendung auszusetzen (vgl. zur Unwürdigkeit für die Ausübung des ärztlichen Berufs bei Verstößen gegen gesetzliche Vorschriften für die Verschreibung von Betäubungsmitteln: Bayerischer VGH, Urt. v. 3.3.1992 - 21 B 91.1336 -, BayVBl. 1992, 403 f.; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 6.6.1988 - 5 B 309/88 -, MedR 1989, 44 f.).

Dieser Einschätzung hält der Kläger zu Unrecht die Entscheidungen des Bundesgerichtshofes vom 28. Januar 2014 (- 1 StR 494/13 -, BGHSt 59, 150 f.) und vom 16. Januar 2014 (- 1 StR 389/13 -, MedR 2014, 812 f.) entgegen. Der Bundesgerichtshof hat in diesen Entscheidungen ausdrücklich festgestellt, dass die Nichtbeachtung des in § 5 Abs. 1 BtMVV formulierten Behandlungsziels, der Ausschlussgründe des § 5 Abs. 2 BtMVV und der in § 5 Abs. 8 BtMVV niedergelegten Voraussetzungen bzw. spezifischen Ausschlussgründe von Take-Home-Verschreibungen bei Überschreitung der Grenzen der ärztlichen Therapiefreiheit als Verletzung der materiellen Voraussetzungen dieser Therapie und damit als nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Buchst. a BtMG strafbares Verhalten gelten. Lediglich für die darüber hinausgehende und hier nicht relevante Frage, ob Verstöße des Arztes gegen betäubungsmittelrechtliche Vorschriften auch zu seiner Handlungsherrschaft bei einer missbräuchlichen Verwendung des verschriebenen Substitutionsmedikaments durch den Patienten führen und eine daran anknüpfende Strafbarkeit des Arztes als Täter eines Körperverletzungs- oder Tötungsdelikts begründen können, hat der Bundesgerichtshof auf die grundsätzliche Eigenverantwortung des betäubungsmittelabhängigen Patienten für eine sich selbstschädigende oder selbstgefährdende Handlung hingewiesen. Die dem Arzt nach § 5 BtMVV obliegenden Pflichten bei der Substitutionsbehandlung opiatabhängiger Patienten werden hierdurch indes nicht relativiert.

Liegen damit die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BÄO vor, ist - ohne dass es auf die Gefahr erneuter Verletzungen beruflicher Pflichten ankommt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 27.1.2011, a.a.O.; Beschl. v. 2.11.1992 - BVerwG 3 B 87.92 -, NJW 1993, 806; Senatsbeschl. v. 23.4.2012 - 8 LA 45/11 -, juris Rn. 10) - die Approbation als Arzt zu widerrufen; dem Beklagten ist insoweit kein Ermessen eingeräumt.

Anhaltspunkte dafür, dass der Widerruf der Approbation im vorliegenden Fall ausnahmsweise einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Berufsfreiheit des Klägers bewirkt (vgl. zur grundsätzlichen Verhältnismäßigkeit des mit dem Approbationswiderruf verbundenen Eingriffs in die Berufsfreiheit: BVerwG, Beschl. v. 23.10.2007 - BVerwG 3 B 23.07 -, juris Rn. 5 f.), ergeben sich auch aus seinem Zulassungsvorbringen nicht.

Die unter Berufung auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Verfahren 1 BvR 2709/09 vom Kläger geäußerte Auffassung, das durch einen Approbationswiderruf wegen Unwürdigkeit geschützte Vertrauen in die Ärzteschaft sei grundsätzlich kein Gemeinwohlinteresse, dessen Bedeutung in angemessenem Verhältnis zur Schwere des Eingriffs stehe, teilt der Senat nicht. Der Entscheidung der 2. Kammer des 1. Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 8. April 2010 - 1 BvR 2709/09 - lag, anders als hier, eine sofortige Vollziehung des Widerrufs der ärztlichen Approbation zugrunde. Da eine solche Anordnung der sofortigen Vollziehung des in der Hauptsache angefochtenen Verwaltungsaktes ein selbständiges vorläufiges Verbot zur Ausübung des ärztlichen Berufes bewirkt, das in seinen Wirkungen über diejenigen des in der Hauptsache angefochtenen Verwaltungsaktes hinausgeht und damit schwerwiegend in das Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG eingreift (vgl. BVerfG, Beschl. v. 24.10.2003 - 1 BvR 1594/03 -, NJW 2003, 3618), ist ein solcher Eingriff nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfG, Beschl. v. 8.4.2010 - 1 BvR 2709/09 -, NJW 2010, 2268 (Widerruf der Approbation als Arzt); Beschl. v. 24.10.2003, a.a.O., S. 3619 (Widerruf der Approbation als Apotheker); Beschl. v. 4.10.2006 - 1 BvR 2403/06 -, juris Rn. 16 (Anordnung des Ruhens der Approbation als Zahnarzt)) und auch des Senats (vgl. Beschl. v. 29.7.2011 - 8 ME 36/11 -, juris Rn. 22 (Streichung aus der Architektenliste); Beschl. v. 26.10.2010 - 8 ME 181/10 -, juris Rn. 3 (Widerruf einer Heilpraktikererlaubnis); Beschl. v. 27.11.2009 - 8 ME 196/09 -, juris Rn. 3 (Widerruf einer Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung Logopäde); Beschl. v. 19.1.2005 - 8 ME 181/04 -, juris Rn. 3 (Anordnung des Ruhens der Approbation eines Arztes)) nur gerechtfertigt, wenn der Sofortvollzug schon vor Rechtskraft des Hauptsacheverfahrens als Präventivmaßnahme zur Abwehr konkreter Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter erforderlich ist und unter strikter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit erfolgt. Ob diese Voraussetzungen gegeben sind, hängt von einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls und insbesondere davon ab, ob eine weitere Berufstätigkeit konkrete Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter befürchten lässt. Diese Voraussetzungen erachtete das Bundesverfassungsgericht im konkret gegebenen Fall für nicht erfüllt. Dass darüber hinaus, wie der Kläger meint, vom Bundesverfassungsgericht allgemein infrage gestellt habe, ob das durch einen Approbationswiderruf wegen Unwürdigkeit geschützte Vertrauen in die Ärzteschaft überhaupt ein Gemeinwohlinteresse sei, dessen Bedeutung in angemessenem Verhältnis zur Schwere des Eingriffs stehe, vermag der Senat hingegen nicht zu erkennen.

Auch der weitergehende Hinweis des Klägers auf seine langjährige und fehlerfreie Ausübung der Tätigkeit als Allgemeinmediziner und die demgegenüber nur geringfügige Zahl von Substitutionsbehandlungen und damit verbundenen Pflichtverletzungen stellt die Verhältnismäßigkeit des Approbationswiderrufs nicht in Frage. Auch ein erstmaliger, zumal strafrechtlich erfasster Verstoß genügt grundsätzlich für die Annahme der Berufsunwürdigkeit, wenn, wie hier, die Art der Straftat, das Ausmaß der Schuld und der Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit von bedeutendem Gewicht sind (vgl. BVerwG, Beschl. v. 4.8.1993 - BVerwG 3 B 5.93 -, NVwZ-RR 1994, 388; Senatsbeschl. v. 21.5.2013, a.a.O., Rn. 14). Im Übrigen ist die ärztliche Approbation im Sinne von § 2 Abs. 1 BÄO nicht teilbar (vgl. BVerwG, Urt. v. 9.12.1998 - BVerwG 3 C 4.98 -, BVerwGE 108, 100, 104; Senatsbeschl. v. 5.1.2007 - 8 LA 78/06 -, juris Rn. 7).

Auch die Einstellung der Substitutionsbehandlung durch den Kläger und die freiwillige Rückgabe der Abrechnungsgenehmigung an die Kassenärztliche Vereinigung erfolgten erst nach Aufdeckung des Fehlverhaltens. Dem Kläger ist zwar zugute zu halten, dass er den finanziellen Schaden gegenüber den Krankenkassen zügig ausglich. Auch wenn hierin, wie der Kläger meint, keine Selbstverständlichkeit zu sehen sein mag, erfüllte er letztlich nur berechtigte Rückforderungsansprüche der Krankenkassen. Zudem kann einem solchen Wohlverhalten, das unter dem Druck eines schwebenden behördlichen Verfahrens an den Tag gelegt wird, regelmäßig kein besonderer Wert beigemessen werden (vgl. OVG Saarland, Urt. v. 29.11.2005 - 1 R 12/05 -, juris Rn. 166; Bayerischer VGH, Beschl. v. 15.6.1993 - 21 B 92.226 -, juris Rn. 34). Anlass, von diesem Grundsatz im vorliegenden Fall ausnahmsweise abzuweichen, besteht für den Senat nach dem Zulassungsvorbringen nicht.

Der Approbationswiderruf ist auch nicht deshalb unverhältnismäßig, weil dieser Widerruf im Hinblick auf das Alter des Klägers gegebenenfalls einem endgültigen Berufsverbot gleichkommt und eine Abmilderung der Folgen des Eingriffs in die Berufsfreiheit durch eine spätere Wiedererteilung der Approbation faktisch nicht mehr in Betracht kommt. Denn bei der Beurteilung der Unwürdigkeit eines Arztes für die weitere Berufsausübung kann bei älteren Ärzten kein anderer Maßstab angelegt werden als bei jüngeren Ärzten (vgl. Senatsbeschl. v. 2.5.2012 - 8 LA 78/11 -, juris Rn. 22; VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 28.7.2003 - 9 S 1138/03 -, NJW 2003, 3647, 3649). Im Übrigen ist für die Berücksichtigung individueller Gesichtspunkte dann kein Raum, wenn, wie hier, die Berufsunwürdigkeit im maßgeblichen Zeitpunkt vorlag (vgl. BVerwG, Beschl. v. 23.10.2007, a.a.O., Rn. 6; Beschl. v. 14.4.1998, a.a.O., S. 3426).

Der Kläger macht schließlich geltend, das Verwaltungsgericht habe nicht hinreichend berücksichtigt, dass das Strafgericht auch unter Berücksichtigung des Nachtatverhaltens ausdrücklich von der Verhängung eines Berufsverbotes absah.

Auch dieser Einwand greift nicht durch.

Denn auch das bewusste Absehen der Strafgerichte von der Verhängung eines Berufsverbotes als Maßregel der Besserung und Sicherung nach den Bestimmungen des Strafgesetzbuches schränkt die den Verwaltungsbehörden eingeräumte Befugnis zur Untersagung eines Berufs nicht ein (vgl. BVerwG, Beschl. v. 14.4.1998, a.a.O.; Urt. v. 14.2.1963 - BVerwG I C 98.62 -, BVerwGE 15, 282, 286 f.; Senatsbeschl. v. 18.4.2012, a.a.O. jeweils m.w.N.).

2. Die Berufung ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Eine solche grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine höchstrichterlich noch nicht beantwortete Rechtsfrage oder eine obergerichtlich bislang ungeklärte Tatsachenfrage von allgemeiner Bedeutung aufwirft, die sich im Rechtsmittelverfahren stellen würde und im Interesse der Einheit der Rechtsprechung oder der Weiterentwicklung des Rechts einer fallübergreifenden Klärung durch das Berufungsgericht bedarf (vgl. Senatsbeschl. v. 11.7.2013 - 8 LA 148/12 -, juris Rn. 30; Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 124 Rn. 30 f. (Stand: September 2004) m.w.N.). Um die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO darzulegen, hat der Zulassungsantragsteller die für fallübergreifend gehaltene Frage zu formulieren sowie näher zu begründen, weshalb sie eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat und ein allgemeines Interesse an ihrer Klärung besteht. Darzustellen ist weiter, dass sie entscheidungserheblich ist und ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten steht (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 17.2.2010 - 5 LA 342/08 -, juris Rn. 12; Schoch/Schneider/Bier, a.a.O., § 124a Rn. 103 f.).

Diesen Darlegungsanforderungen genügt der klägerische Zulassungsantrag nicht. Der Kläger hat schon eine Tatsachen- oder Rechtsfrage, der eine grundsätzliche Bedeutung zukommen soll, nicht hinreichend konkret formuliert. Eine solche Frage vermag der Senat dem Zulassungsvorbringen auch bei wohlwollender Auslegung nicht zu entnehmen.

Der Kläger sieht zum einen mit Blick auf die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 17. Februar 2014 - 1 StR 389/13 - und vom 28. Januar 2014 - 1 StR 494/13 - einen Bedarf zur Klärung der "Fragestellung der Auswirkung einer formal zu beanstandenden Take-Home-Verordnung". Welcher über die Ausführungen zu 1. hinausgehende Klärungsbedarf hier im Einzelnen bestehen soll und inwieweit eine solche Klärung für den Ausgang des vorliegenden Rechtsstreits entscheidungserheblich sein könnte, ist dem Zulassungsvorbringen indes nicht zu entnehmen.

Der Kläger sieht zum anderen einen Klärungsbedarf mit Blick auf die Änderungen in § 5 Abs. 8 BtMVV. Er meint, dass "unter Zugrundelegung der BtMVV in seiner aktuellen Fassung die strafrechtlichen Vorwürfe sich weitgehend auflösen". Abgesehen davon, dass diese Annahme, wie zu 1. ausgeführt, weitgehend nicht zutrifft, vermag der Senat auch diesem Vorbringen eine konkrete und entscheidungserhebliche Rechtsfrage nicht zu entnehmen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, 52 Abs. 1 GKG und Nr. 16.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NordÖR 2014, 11).






Niedersächsisches OVG:
Beschluss v. 10.02.2015
Az: 8 LA 22/14


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/7c745e6abd1d/Niedersaechsisches-OVG_Beschluss_vom_10-Februar-2015_Az_8-LA-22-14




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