Oberlandesgericht Köln:
Beschluss vom 3. April 2003
Aktenzeichen: 26 WF 66/03

(OLG Köln: Beschluss v. 03.04.2003, Az.: 26 WF 66/03)

Tenor

1. Der Beklagte wird zur Rechtsverteidigung im Beschwerdeverfahren ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt C. in F. gewährt

(§ 119 S. 2 ZPO).

2. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Kostenfestsetzungsantrag des Amtsgericht - Familiengericht - Eschweiler vom 21.02.2003 (12 F 499/01) unter Aufrechterhaltung im übrigen dahin abgeändert, dass die von dem Kläger an die Beklagte zu erstattenden Kosten statt 268,31 EUR nur 141,93 EUR (in Buchstaben: einhunderteinundvierzig und 93/100) betragen.

3. Im übrigen wird das Rechtsmittel zurückgewiesen.

4. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen der Kläger zu 53 % und die Beklagte

zu 47 %.

Gründe

I.

Die sofortige Beschwerde des Klägers richtet sich gegen die von dem Amtsgericht auf der Grundlage des Kostenbeschlusses des Senats vom 22.10.2002 (26 UF 131/02) erfolgte Festsetzung einer vollen 13/10 Prozessgebühr nach dem Gegenstandswert der zurückgenommenen Berufung von 2.500,- EUR zuzüglich Kopierkosten, Auslagenpauschale und 16 % Umsatzsteuer zugunsten der Beklagten.

Das Amtsgericht hat die antragsgemäße Festsetzung mit der Rechtsprechung des hiesigen Kostensenates ( Beschluss vom 15.09.1997 - 17 W 243/97 OLG Köln -, veröffentlicht in FamRZ 1998, 841 und Rechtspfleger 1998,93) begründet. Danach seien die Kosten der Berufungsbeklagten für die Inanspruchnahme eines Rechtsanwaltes sofort nach Einlegung der Berufung auch dann erstattungsfähig, wenn der Berufungskläger sein Rechtsmittel nur fristwahrend einlege.

Mit der Beschwerde macht der Kläger geltend, es handele sich vorliegend um einen auch in dem vom Amtsgericht zitierten Beschluss anerkannten Ausnahmefall, in dem die Berufungsbeklagte keine Kostenerstattung verlangen könne, weil die Parteien ein Stillhalteabkommen getroffen hätte.

Hilfsweise vertritt er die Auffassung, dass er der Beklagten nur eine halbe Prozessgebühr zu erstatten habe, da deren 2. Hälfte erst mit der Ankündigung eines Sachantrags anfalle, die jedoch vor Vorliegen der Berufungsbegründung auch nach den Ausführungen des Kostensenates regelmäßig nicht notwendig sei.

Die Beklagte verteidigt den angefochtenen Beschluss, bestreitet das Vorliegen eines Stillhalteabkommens und beruft sich für die Erstattungsfähigkeit der mit der Ankündigung des Abweisungsantrags entstandenen Gebührenhälfte auf die aus den erstinstanzlichen Äußerungen des Klägers ablesbare Entschlossenheit zur Durchführung der Berufung.

II.

Die sofortige Beschwerde ist nach § 104 III S. 1 ZPO statthaft und im übrigen zulässig, in der Sache aber nur in dem aus dem Tenor ersichtliche Umfang begründet.

Das Amtsgericht beruft sich zu Recht auf die richtungsweisende Entscheidung des Kostensenates, mit der dieser seine langjährige vertretene Ansicht aufgegeben hat und nunmehr - wie bereits zuvor ein Großteil der Obergerichte - anerkennt, dass es grundsätzlich zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig erscheint, dass sich der Berufungsbeklagte sofort nach Einlegung der Berufung von einem Rechtsanwalt beraten lässt und ihn mit seiner Vertretung im Berufungsverfahren beauftragt, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob der Berufungskläger sein Rechtsmittel nur vorsorglich (fristwahrend) eingelegt hat oder nicht. Dieser Auffassung, die der Kostensenat in dem Grundsatzbeschluss ausführlich begründet hat, schließt sich der Senat innerhalb der hierzu vertretenen kontroversen Meinungen und unübersichtlichen Rechtsprechung(vgl. nur die Nachweise bei Zöller/ Herget, ZPO, 23. A., § 91 Stichwort "Berufung") schon wegen der Einheitlichkeit der Rechtsprechung im hiesigen OLG- Bezirk an. Danach kommt es für die Frage der Erstattungsfähigkeit der durch die sofortigen Bestellung eines Anwalts durch den Berufungsbeklagten entstehenden Kosten auf das in § 91 I S. 1 ZPO genannte Kriterium der Notwendigkeit nach § 91 II S. 1 ZPO nicht an. Denn die Regelung des § 91 II S. 1 ZPO verträgt keine Ausnahmen, soweit es um den Grundsatz geht, ob die Partei sich überhaupt eines anwaltlichen Beistandes für einen Prozess oder eine Rechtsmittelinstanz bedienen darf. Lediglich, soweit es darum geht, ob einzelne Maßnahmen des Prozessbevollmächtigten im Sinne von § 91 I S. 1 ZPO zur zweckentsprechenden Führung des Rechtsstreits erforderlich sind, ist für die Erstattungsfähigkeit der durch sie verursachten Kosten auf die Notwendigkeit dieser Maßnahme abzustellen.

Die einzige Ausnahme von dem Grundsatz, dass dem Berufungsbeklagten die Kosten seines Berufungsanwaltes bei Rücknahme der Berufung vor deren Begründung generell zu erstatten sind, wird für den Falle des Vorliegens eines sog. Stillhalteabkommens anerkannt. Entgegen der Auffassung des Klägers haben die Parteien aber ein solches Stillhalteabkommen vorliegend nicht getroffen. Denn das Schweigen der Beklagten auf die bei Einlegung der Berufung geäußerte Bitte, die Beklagte möge noch keinen beim Oberlandesgericht zugelassenen Anwalt beauftragen, bis entschieden sei, ob das Rechtsmittel durchgeführt werde, genügt nicht zur Annahme einer derartigen Vereinbarung. Sie entsteht vielmehr nur durch ausdrückliche Zustimmung (OLG Köln, a. a. O., S. 845; OLG Düsseldorf, OLGR 1997, 87). Etwas andres gilt hier auch nicht etwa, weil sich in einem früheren Verfahren zwischen den Parteien der Kläger an eine entsprechende Bitte in einer von der Beklagten eingeleiteten Berufung gehalten hat.

Die von der Beklagten beantragten Kostenfestsetzung ist jedoch nur zum Teil begründet, und zwar insoweit, als die entstandenen Kosten auf der Bestellung des Prozessbevollmächtigten beruhen. Unbegründet, weil nicht notwendig i. S. des § 91 I S. 1 ZPO war dagegen die Ankündigung des Abweisungsantrags bevor die Berufung begründet war. Für eine zweckentsprechende frühzeitige Beratung und Rechtsverteidigung der Berufungsbeklagten ist es aus erstattungsrechtlicher Sicht ausreichend, wenn sich ihr Prozessbevollmächtigter zunächst lediglich zu den Gerichtsakten bestellt, ohne einen Sachantrag anzukündigen. Im Ergebnis offenbar ebenso der BGH (Beschluss vom 17.12.2002 - XZB 27/02 - vgl. den Hinweis in Heft 7 der FamRZ 2003, S. II "neueste Informationen") für die Revision, wenn der Prozessbevollmächtigte des Revisionsbeklagten die Zurückweisung beantragt, bevor die Revision begründet worden ist. In einem solchen Fall sei dem Revisionsbeklagten nur die halbe Prozessgebühr zu erstatten.

Da nur wegen der hier zugleich erfolgten schriftsätzlichen Ankündigung des Abweisungsantrags dem Prozessbevollmächtigten die zweite Gebührenhälfte trotz Rücknahme der Berufung erwächst (§§ 31, 32 BRAGO) (OLG Köln a. a. O., S. 845/846), war die Kostenfestsetzung um die zweite Gebührenhälfte zu kürzen.

Der begründete Erstattungsanspruch errechnet sich dann wie folgt: 13/20 Prozessgebühr nach einem Gegenstandswert von 2.500,- EUR aus § 32 I BRAGO = 104,65 EUR zuzüglich 2,- EUR für 4 Fotokopien aus § 27 S. 2 BRAGO und 15,70 EUR Entgelt für Post- und Telefonkommunikationsdienstleistungen gem. § 26 S. 2 BRAGO, zusammen 122,35 EUR zuzüglich 16 % Umsatzsteuer gem. § 25 II BRAGO = 19,58 EUR mithin insgesamt 141,93 EUR.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 91, 92 ZPO.

Wert des Beschwerdeverfahrens: 268,31 EUR






OLG Köln:
Beschluss v. 03.04.2003
Az: 26 WF 66/03


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