Bundespatentgericht:
Beschluss vom 12. März 2007
Aktenzeichen: 24 W (pat) 88/03

(BPatG: Beschluss v. 12.03.2007, Az.: 24 W (pat) 88/03)

Tenor

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Wortbildmarke Grafik der Marke 39956508.6 ist mit den Farben "hellgelb, gelb, braun, beige, hellbeige, sandfarben, stahlblau, graublau, dunkelgrau" unter der Nummer 399 56 508 für die Waren und Dienstleistungen

"Psychologische Beratung bei Einzelpersonen, Paaren, Teams und Gruppen; Konfliktlösung bei Paaren; Konfliktmanagement bei Teams; Coaching, nämlich psychologische Beratung und Training für Führungskräfte zur Förderung der Führungsqualität und der emotionalen Intelligenz; Ehetherapie; Teamsupervision, nämlich Förderung der Teamarbeit, Förderung der Effektivität des Teams, Aufdecken der Teamproblematik; Hypnose; Psychotherapie; Psychoanalyse; Verhaltenstherapie; autogenes Training; Dienstleistung eines Facharztes für psychotherapeutische Medizin; systemische Therapien; systemische Beratung; psychoanalytischsystemische Beratung und Therapie; Meditation; Mediation; Psychopharmaka, auch für den Export bestimmt"

in das vom Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register eingetragen worden.

Gegen die Eintragung der vorgenannten Marke hat die Inhaberin der prioritätsälteren, für die Waren

"Pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Babykost, Pflaster, Verbandmaterial; Zahnfüllmittel und Abdruckmassen für zahnärztliche Zwecke; Desinfektionsmittel"

am 29. September 1997 eingetragenen Wortmarke 397 32 340 doc Widerspruch erhoben.

Mit Beschluss vom 14. Januar 2002 hat die mit einem Beamten des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 42 des DPMA den Widerspruch zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Erinnerung der Widersprechenden hat dieselbe Markenstelle, besetzt mit einem Angestellten des höheren Dienstes, mit Beschluss vom 15. Januar 2003 ebenfalls zurückgewiesen. In dem Erinnerungsbeschluss bestätigt die Markenstelle die Auffassung des Erstprüfers, wonach zwischen den Vergleichsmarken keine Verwechslungsgefahr i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG bestehe. Selbst im Hinblick auf die teilweise mögliche Identität zwischen den Waren "Psychopharmaka" der angegriffenen Marke und den für die ältere Marke registrierten Waren "pharmazeutische Erzeugnisse" sowie einer - unterstellt - normal kennzeichnungskräftigen Widerspruchsmarke, werde die angegriffene Marke den danach erhöhten Anforderungen an den einzuhaltenden Markenabstand gerecht. Insgesamt unterscheide sie sich im Klangeindruck durch den Wortbestandteil "Psy", in (schrift-)bildlicher Hinsicht zusätzlich durch die auffällige graphische Ausgestaltung deutlich von der Widerspruchsmarke. Eine ausnahmsweise Prägung des Gesamteindrucks der jüngeren Marke durch den eine Verwechslungsgefahr allenfalls begründenden Bestandteil "Doc" könne nicht angenommen werden. Soweit der Wortbestandteil "PsyDoc" überhaupt aufgegliedert werde, würden die Verkehrskreise auch die beschreibenden Anklänge von "Psy" als Kurzform von "Psychologie" und von "Doc" als Kurzform von "Doktor" erkennen. Der Verkehr werde demnach "PsyDoc" als einheitlichen Gesamtbegriff mit der Bedeutung "Psychologiedoktor" auffassen, bei dem der markenrechtliche Schwerpunkt nicht allein auf dem Begriff "Doc" liege. Ferner bestehe nicht die Gefahr, dass die Marken gedanklich unter dem Gesichtspunkt der Serienmarke miteinander in Verbindung gebracht würden. Die Benutzung der von der Widersprechenden aufgeführten Serienmarken sei nicht liquide und die formale Registerlage lasse keine zwingenden Schlüsse auf die Verkehrsauffassung zu. Auch entsprächen die Marken, die bis auf zwei Ausnahmen durch einen dem Begriff "doc" nachgestellten Bestandteil gekennzeichnet seien, in ihrer Bildung nicht der angegriffenen Marke.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden, die unter Hinweis auf den Beschluss des Bundespatentgerichts vom 27. Juli 2000, 25 W (pat) 180/99 "DOC Pharma/doc", vorträgt, dass die Widerspruchsmarke "doc" wenigstens für Arzneimittel durchschnittliche Kennzeichnungskraft beanspruchen könne. Das Markenwort "doc" sei in der angegriffenen Marke identisch enthalten und präge überwiegend deren Gesamteindruck. Der Bildbestandteil könne zumindest die klangliche Unterscheidbarkeit nicht fördern. Sowohl für die mündliche Wiedergabe als auch für das Behalten der Marke in der Erinnerung seien die Wortbestandteile gegenüber graphischen Elementen von weit überwiegender Wichtigkeit, weshalb zum Markenvergleich der Wortbestandteil "PsyDoc" der angegriffenen Marke heranzuziehen sei. Dessen Aufgliederung ergebe sich schon durch den mittleren Großbuchstaben "D". Während "Psy" als Kurzform von "Psychologie" einen beschreibenden Anklang aufweise, sei "Doc" keine Kurzform von "Doktor", sondern ein kennzeichnungskräftiges, mit der Widerspruchsmarke identisches Markenwort. Doch selbst wenn ein Teil des Verkehrs in der angemeldeten Marke eine Kurzform für "Psychologiedoktor" oder "Psychologie-Doc" erkennen sollte, sei der Bestandteil "Doc" darin als prägend zu bewerten. "Psy" stelle insoweit nur ein bedeutungseinschränkendes Vorwort dar, welches die Verwendung der Marke "Doc" für ein bestimmtes pharmazeutisches Fachgebiet ausweise. Es bestehe außerdem die Gefahr, dass die Marken gedanklich als Serienzeichen miteinander in Verbindung gebracht würden. Darauf, ob die weiteren "doc"-Marken der Widersprechenden bzw. der ihr angeschlossenen Firmen im Verkehr präsent seien und daher Einfluss auf die Auffassung des Verkehrs haben könnten, komme es nicht an, da die Widerspruchsmarke der angegriffenen Marke nicht als notorisch bekannte, sondern als Registermarke entgegengehalten werde. I. Ü. sei eine entsprechende Serie auf dem Markt, wie die angefügte Seite aus dem Internet-Auftritt des Jahres 2000 belege. Unerheblich sei, dass ein Teil der Serienmarken den jeweiligen Zusatz dem Bestandteil "doc" nachgestellt hätten, da die Widerspruchsmarke "doc" zur Serienbildung vorne und hinten ergänzt werden könne.

Die Widersprechende beantragt (sinngemäß), die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen, mit der Maßgabe, dass der Widerspruch hinsichtlich der Dienstleistungen der Klassen 41 und 42 der angegriffenen Marke zurückgenommen wird.

Der Inhaber der angegriffenen Marke beantragt, die Beschwerde der Widersprechenden zurückzuweisen.

Er schließt sich den Gründen des Erinnerungsbeschlusses der Markenstelle vom 15. Januar 2003 an und verweist i. Ü. auf sein bisheriges Vorbringen vor der Markenstelle.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden hat in der Sache keinen Erfolg. Auch nach Auffassung des Senats besteht zwischen den Vergleichsmarken keine markenrechtlich beachtliche Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG, so dass die Zurückweisung des Widerspruchs durch die Markenstelle zu Recht erfolgt ist (§ 43 Abs. 2 Satz 2 MarkenG).

Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend vorzunehmen. Dabei ist von einer Wechselwirkung zwischen den Beurteilungsfaktoren der Waren-/Dienstleistungsidentität oder -ähnlichkeit, der Markenidentität oder -ähnlichkeit und der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren/Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder der Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr., vgl. u. a. EuGH GRUR 1998, 387, 389 (Nr. 22) "Sabèl/Puma"; GRUR Int. 1999, 734, 736 (Nr. 18-21) "Lloyd"; GRUR Int. 2000, 899, 901 (Nr. 40) "Marca/Adidas"; GRUR 2005, 1042, 1044 (Nr. 27) "THOMSON LIFE"; BGH GRUR 2004, 865, 866 "Mustang"; GRUR 2005, 513, 514 "MEY/Ella May").

Die Waren "Psychopharmaka, auch für den Export bestimmt" der angegriffenen Marke, gegen die sich der Widerspruch nach dessen teilweiser Zurücknahme im Beschwerdeverfahren nur noch richtet, liegen im Identitätsbereich der für die Widerspruchsmarke geschützten pharmazeutischen Erzeugnisse.

Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke beurteilt der Senat für die vorliegend in Rede stehenden pharmazeutischen Erzeugnisse als noch durchschnittlich. Nicht zu verkennen ist in diesem Zusammenhang jedoch, dass es sich bei dem Markenwort "doc" um die im Englischen und Amerikanischen gebräuchliche familiäre Kurzform des englischen Wortes "doctor" für "Doktor, Arzt" handelt (vgl. Langenscheidts Wörterbuch Englisch, 1999, S. 181 f.). In dieser Bedeutung ist das Wort "Doc" gerade in den letzten Jahren verstärkt auch in Deutschland bekannt geworden, wie etwa die geläufige Bezeichnung des Arztes des Fußballclubs FC Bayern München, Herrn Dr. Müller-Wohlfahrt, als "(FC) Bayern-Doc" oder die Kennzeichnung der Ärzte bei der Fußballweltmeisterschaft 2006 mit der Aufschrift "Doc" zeigen. Zwar wird der Gebrauch der saloppen familiären Kurzform "doc" in Zusammenhang mit Pharmazeutika, insbesondere Psychopharmaka, die i. d. R. in einer sachlichen Sprache unter Verwendung korrekter Fachtermini beschrieben und beworben werden, von den beteiligten Verkehrskreisen, vor allem den Fachkreisen, nicht als ernsthafter Hinweis auf die Herkunft der Mittel von einem Arzt und damit nicht als konkret merkmalsbeschreibende Angabe aufgefasst werden. Wegen des insoweit verfremdenden, eher assoziativen Zusammenhangs mit den fraglichen Waren sowie der diesbezüglich dem Wort "doc" i. S. v. "Doktor" in Alleinstellung nur zu entnehmenden relativ vagen Aussage ist der Marke eine gewisse Eigentümlichkeit und Originalität nicht abzusprechen (s. auch BPatG v. 27. 7. 2000, 25 W (pat) 180/99 "DOC Pharma/doc"; DPMA Beschlüsse v. 28. 9. 2004 und 7. 4. 2006 in den Löschungsverfahren S. 207/02 und S. 34/05 Lösch. 397/32 340.9/05 "doc"). Allerdings kann der Widerspruchsmarke "doc" im Hinblick auf den neben dem betrieblichen Herkunftshinweis gleichwohl auch zutage tretenden beschreibenden Anklang an einen Doktor oder Arzt im Verhältnis zu einem normal kennzeichnungskräftigen (Fantasie-)Wort ohne mitschwingender beschreibender Bedeutung nur ein verminderter, im unteren Bereich des Durchschnitts liegender Grad an Kennzeichnungskraft beigemessen werden (vgl. dazu Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 9 Rdn. 186). Eine Steigerung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke aufgrund intensiver Benutzung im Verkehr hat die Widersprechende nicht geltend gemacht und hierfür auch keine Unterlagen eingereicht.

Auch wenn unter Berücksichtigung der aufgezeigten kollisionsrelevanten Umstände an den von den Vergleichsmarken einzuhaltenden Abstand noch eher strenge Anforderungen zu stellen sind, erachtet der Senat die vorhandene Ähnlichkeit der Marken für zu gering, um eine markenrechtlich beachtliche Verwechslungsgefahr bejahen zu können.

Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit ist maßgeblich auf den von den Marken hervorgerufenen Gesamteindruck unter Berücksichtigung der unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente abzustellen. Entscheidend kommt es insoweit darauf an, wie die Marken auf den Durchschnittsverbraucher der jeweiligen Waren oder Dienstleistungen wirken, der eine Marke regelmäßig als Ganzes wahrnimmt und nicht auf die verschiedenen Einzelheiten achtet (vgl. EuGH a. a. O. (Nr. 23) "Sabèl/Puma", a. a. O. (Nr. 25) "Lloyd"; GRUR Int. 2004, 843, 845 (Nr. 29) "MATRATZEN"; GRUR 2006, 413, 414 (Nr. 19) "ZIRH/SIR"; BGH GRUR 2006, 60, 62 (Nr. 17) "coccodrillo"). In ihrer Gesamtheit betrachtet unterscheidet sich die angegriffene Marke von der widersprechenden Einwortmarke unverwechselbar durch den größenmäßig dominierenden, äußerst markanten Bildbestandteil, der einen felsigen, zerklüfteten, weißbeigen Küstenabschnitt vor blauem Himmel und blaugrauem Wasser darstellt. Dabei zeigt der im Vordergrund stehende, in die linke Bildhälfte hineinragende große Felsklotz das eingemeißelte, braune Profil eines nach rechts blickenden Männergesichts mit einem dunkelgrau abgeschatteten Auge. Zudem grenzt der am unteren Bildrand über dem Wasser platzierte gelbe Schriftzug "PsyDoc" durch den zusätzlichen Eingangswortbestandteil "Psy" die angegriffene Marke auch insoweit bildlich, klanglich und begrifflich von der widersprechenden Einwortmarke "doc" ab.

Zwar schließt der Grundsatz, dass die Marken jeweils als Ganzes miteinander zu vergleichen sind, nicht aus, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile einer komplexen Marke für den durch die Marke im Gedächtnis der angesprochenen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können, mit der Folge, dass bei Übereinstimmung von Marken in den jeweils prägenden Bestandteilen die Gefahr einer Verwechslung der beiden Gesamtzeichen zu bejahen ist (vgl. EuGH a. a. O. (Nr. 32) "MATRATZEN"; a. a. O. (Nr. 29) "THOMSON LIFE"; BGH a. a. O. "Mustang"; GRUR 2006, 859, 860 (Nr. 18) "Malteserkreuz"). Eine solche im Gesamteindruck prägende Bedeutung ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dann anzunehmen, wenn der betreffende Zeichenbestandteil eine besondere, das gesamte Zeichen bestimmende Kennzeichnungskraft aufweist, so dass die anderen Bestandteile im Rahmen des Gesamteindrucks weitgehend in den Hintergrund treten (vgl. BGH GRUR 2004, 778, 779 "URLAUB DIREKT"; GRUR 2004, a. a. O. "Mustang"). Dies trifft nach Auffassung des Senats für den hier in Rede stehenden, mit der Widerspruchsmarke übereinstimmenden Wortbestandteil "Doc" in der angegriffenen Marke jedoch nicht zu.

Soweit sich die Widersprechende auf den in der Rechtsprechung anerkannten Erfahrungssatz beruft, dass beim Zusammentreffen von Wort- und Bildbestandteilen der Verkehr i. d. R. dem Wort als einfachster und kürzester Bezeichnungsform die größere Bedeutung beimisst (vgl. u. a. BGH GRUR 1996, 198, 200 "Springende Raubkatze"; a. a. O (Nr. 20) "coccodrillo"), kann sich dieser Grundsatz nur auf die klangliche, nicht auch auf die (schrift)bildliche Verwechslungsgefahr auswirken. Denn nach der Rechsprechung des Bundesgerichtshofs ist nicht davon auszugehen, dass sich der Verkehr bei der rein visuellen Wahrnehmung einer Wort-Bildmarke ausschließlich an dem Wortbestandteil orientiert, ohne den Bildbestandteil in sein Erinnerungsbild aufzunehmen, soweit es sich bei dem Bildbestandteil nicht nur um eine nichtssagende oder geläufige und nicht ins Gewicht fallende graphische Gestaltung (Verzierung) handelt (vgl. BGH GRUR 1999, 241, 244 "Lions"; GRUR 2002, 1067, 1069 "DKV/OKV"; a. a. O. (Nr. 30) "Malteserkreuz"). Angesichts der Individualität und Eigenprägung sowie der größenmäßig beherrschenden Stellung des Bildelements in der angegriffenen Marke kann eine im Schriftbild prägende Bedeutung des Wortbestandteils "PsyDoc" in keinem Fall angenommen werden.

Im Hinblick auf eine mögliche phonetische Verwechslungsgefahr ist zu berücksichtigen, dass gerade in Bezug auf die in Rede stehenden Waren "Psychopharmaka" die Wortkombination "PsyDoc" wegen ihrer erkennbaren Anlehnung an "Psychologie/Psychologischer/Psychiatrie Doktor/Arzt" deutlich beschreibende Anklänge enthält, und ihr deshalb nur eine entsprechend verminderte Kennzeichnungskraft zukommt. Insoweit bestehen bereits Zweifel an einer im - phonetischen - Gesamteindruck der angegriffenen Marke überwiegend prägenden Funktion des Wortbestandteils "PsyDoc" gegenüber dem dominanten, zweifellos kennzeichnungskräftigen Bildelement (vgl. hierzu auch Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rdn. 276). Keinesfalls kann jedoch eine prägende Bedeutung allein des Wortelements "Doc" angenommen werden. Wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat, steht dem bereits entgegen, dass es sich bei dem Wortbestandteil "PsyDoc", trotz der Binnengroßschreibung des "D", erkennbar um eine einheitliche zusammengehörige (Gesamt-)Begriffsbildung und nicht um zwei separate Markenwörter handelt. Dies ergibt sich nicht nur aus der Zusammenschreibung, sondern auch aus dem Charakter des Eingangselements "Psy" als Vorsilbe (z. B. in "Psy|chologe, Psy|chiatrie, psy|chisch") sowie dem Sinnanklang an einen "Psychologie/Psychologischen/Psychiatrie Doc/Doktor/Arzt". Auch wenn die Vorsilbe "Psy" in eine beschreibende Richtung weist, würde ihr Weglassen zu einer Veränderung der Bedeutung der einheitlichen Begriffskombination "PsyDoc" führen, weshalb der Gesamteindruck dieses Wortbestandteils und somit der der angegriffenen Marke insgesamt von dem Wortelement "Psy" mitbestimmt und nicht allein von dem Wortelement "Doc" geprägt wird (vgl. BGH GRUR GRUR 1999, 586, 587 "White Lion"; GRUR 2004, 589, 599 "Kleiner Feigling"). Im Übrigen vermittelt in der angegriffenen Marke nicht nur das Wortelement "Psy" beschreibende Anklänge, wobei die korrekte Abkürzung für "Psychologie, psychologisch, Psychiatrie etc." "P(p)sych." und nicht "P(p)sy." lautet (vgl. DUDEN, Das Wörterbuch der Abkürzungen, 2005, S. 323), sondern ebenfalls das Wortelement "Doc" als der, wie oben dargelegt, auch in Deutschland geläufigen Kurzform des englischen Wortes "doctor" für "Doktor" oder "Arzt".

Eine durch intensive Benutzung erhöhte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke "doc", die sich ggf. - stärkend - auf die Kennzeichnungskraft des übereinstimmend in der angegriffenen Marke enthaltenen Wortbestandteils "Doc" auswirken und die Annahme einer prägenden Bedeutung rechtfertigen könnte (vgl. BGH GRUR 2003, 880, 881 "City Plus"; GRUR a. a. O., 514 "MEY/Ella May", GRUR a. a. O., 61 "cocodrillo"), ist - wie bereits erwähnt - von der Widersprechenden in dem Verfahren nicht dargetan worden.

Ferner betrifft der vorliegende Sachverhalt keine der in dem Urteil "THOMSON LIFE" des Europäischen Gerichtshofs genannten, u. U. ebenfalls eine Verwechslungsgefahr begründenden Fallgestaltungen, bei denen eine ältere Marke in einer jüngerer zusammengesetzten Marke benutzt wird, in der sie zwar nicht den dominierenden Bestandteil bildet, gleichwohl aber eine selbständig kennzeichnende Stellung behält (vgl. EuGH a. a. O. (Nr. 30, 31) "THOMSON LIFE"; s. auch BGH a. a. O. (Nr. 18) "Malteserkreuz"). In der jüngeren Marke ist der mit der Widerspruchsmarke übereinstimmende Bestandteil "Doc" nicht, wie in den vom Europäischen Gerichtshof und vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fällen, mit einem Unternehmenskennzeichen oder einer bekannten Marke des Inhabers der jüngeren Marke aneinandergereiht. Vielmehr ist das Wortelement "Doc" mit der Vorsilbe "Psy" zu einer gesamtbegrifflichen Einheit verschmolzen, in der es nur einen Teil dieser einheitlichen Kennzeichnung bildet, nicht aber die Stellung einer selbstständigen Kennzeichnung einnimmt.

Zu Recht hat die Markenstelle schließlich die Gefahr verneint, dass die beiden Marken unter dem Gesichtspunkt der Serienzeichenbildung gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden könnten. Die von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entwickelte Rechtsfigur der sog. mittelbaren Verwechslungsgefahr, die unter dem Begriff des gedanklichen Inverbindungbringens der jüngeren mit der älteren Marke Eingang in die Markenrechtsrichtlinie und das Markengesetz gefunden hat, beruht auf der dem Verkehr bekannten Übung mancher Unternehmen, sich eines Stammzeichens für alle Waren zu bedienen und dieses - dabei als solches erkennbar bleibende - Stammzeichen für einzelne Warenarten zu deren Kennzeichnung abzuwandeln. Dabei reicht das Vorhandensein eines übereinstimmenden Elements in beiden Marken noch nicht zur Annahme einer mittelbaren Verwechslungsgefahr aus. Vielmehr ist zusätzlich erforderlich, dass diesem Bestandteil ein Hinweischarakter auf den Inhaber der älteren Marke zukommt.

Hiervon kann vor allem ausgegangen werden, wenn ein Markeninhaber im Verkehr bereits mit dem fraglichen Wortstamm als Bestandteil mehrerer eigener entsprechend gebildeter Serienmarken aufgetreten ist (vgl. u. a. BGH GRUR 1999, 587, 589 "Cefallone"; GRUR 2002, 542, 544 "BIG"). Insoweit müssen aber auch im Widerspruchsverfahren die tatsächlichen Voraussetzungen einer entsprechenden Verwendung derartiger Serienmarken im Verkehr "liquide" sein (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 9 Rdn. 322), so dass der bloße Hinweis der Widersprechenden auf verschiedene im Register eingetragene Marken mit dem Bestandteil "doc" grundsätzlich nicht genügt. I. Ü. hat eine Recherche des Senats im Markenregister des DPMA ergeben, dass im Bereich der hier relevanten Warenklasse 5 auch zahlreiche Marken Dritter eingetragen sind, die ebenfalls den Wortbestandteil "D(d)oc" enthalten.

In diesem Zusammenhang ist außerdem anzumerken, dass die - derzeitige - Widersprechende, die A... AG in B..., nicht Inhaberin der angeführten "doc"-Marken (Nr. 396 35 362 "doc cellfree", Nr. 395 23 517 "docsport energy"; Nr. 395 13 747 "doc sport Fit Aminos" (gelöscht), Nr. 395 13 749 "doc sport Helix", Nr. 395 13 744 "docsport relax S" (gelöscht), Nr. 395 13 750 "doc Helix"; Nr. 394 00 161 "docSport"; Nr. 395 23 780 "Physiodoc"; Nr. 398 42 468 "docSPORT megadoc" und Nr. 398 50 725 "Megadoc") ist, diese Marken vielmehr - soweit sie nicht gelöscht wurden - bei der Rechtsvorgängerin und vormaligen Widersprechenden, der C... GmbH in D..., verblieben sind. Nachdem die Widersprechende nicht dargelegt hat, ob und inwieweit rechtliche oder wirtschaftliche Verbindungen zu der Rechtsvorgängerin und Inhaberin der in Rede stehenden "doc"-Marken existieren, erscheint bereits die Zurechnung der betreffenden Marken zu der - jetzigen - Widersprechenden fraglich.

Aber selbst wenn man entsprechende rechtliche oder wirtschaftliche Verbindungen zwischen der Widersprechenden und der Inhaberin der "doc"-Marken unterstellt sowie außerdem eine Verwendung der Marken im Verkehr annimmt, wie sie sich jedenfalls für einen Teil der Marken dem zu den Akten eingereichten Ausdruck einer Internet-Seite www.docsport.de/produits.htm (mit Datum 13. 07. 00) entnehmen lässt, besteht nach Auffassung des Senats nicht die Gefahr, dass die angesprochenen Verkehrskreise die angegriffene Marke irrtümlich als eine - weitere - Marke einer ihnen bekannten "doc"-Serie dem Unternehmen der Widersprechenden oder einem wirtschaftlich damit verbundenen Unternehmen zurechnen werden. Worauf die Markenstelle zutreffend hingewiesen hat, entspricht die angegriffene Marke nämlich nicht dem aus den Verwendungsformen im Verkehr erkennbaren vorherrschenden Markenbildungskonzept, bei dem der Bestandteil "doc" jeweils das vorangestellte Eingangswort bildet, dem optisch abgesetzt ein - meist beschreibender - Zusatz (z. B. SPORT, dynamic, energy, relax) nachfolgt. Die einzige Ausnahme, das Zeichen "Megadoc", in dem "doc" den hinteren Wortteil bildet, vermag den Eindruck eines solchermaßen einheitlich gebildeten Zeichenserie nicht zu überlagern, zumal "Megadoc" - soweit aus den in das Verfahren eingeführten Unterlagen ersichtlich - lediglich als Unterkennzeichen zu der Marke "docSport" entsprechend der eingetragenen Marke Nr. 398 42 468 "docSPORT megadoc" eingesetzt wird. Das typische Merkmal der von der Widersprechenden geltend gemachten "doc"-Zeichenserie liegt mithin gerade in der Voranstellung des Bestandteils "doc", wodurch dessen beschreibender Begriffsgehalt i. S. v. "Doc(k)tor" zurückgedrängt wird. Durch die Hintanstellung des Bestandteils "Doc" in der angegriffenen Marke nach dem die Bedeutung als Kurzwort für "Doc(k)tor" zudem sinnverstärkend ergänzenden Wortelement "Psy" steht für den Verkehr demgegenüber der oben dargelegte beschreibende Charakter des Gesamtbegriffs "PsyDoc" im Vordergrund und liegt der Gedanke an eine weitere Marke der fraglichen "doc"-Zeichenserie fern. Der Hinweischarakter des Bestandteils "D(d)oc" auf das Unternehmen der Widersprechende bzw. die Inhaberin der genannten "doc"-Marken wird nicht zuletzt auch dadurch in gewisser Weise abgeschwächt, dass auf dem inländischen Markt zumindest noch eine in der Presse häufig erwähnte niederländische Versandapotheke unter der ebenfalls den Bestandteil "Doc" enthaltenden Bezeichnung "Doc Morris" Pharmazeutika vertreibt (vgl. Wikipedia - Die freie Enzyklopädie http://de.wikipedia.org/wiki/DocMorris zu "DocMorris").

Es bestand kein Anlass, einer der Beteiligten die Kosten des Beschwerdeverfahrens aus Billigkeitsgründen aufzuerlegen (§ 71 Abs. 1 MarkenG).






BPatG:
Beschluss v. 12.03.2007
Az: 24 W (pat) 88/03


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