Landgericht Köln:
Urteil vom 25. Februar 2010
Aktenzeichen: 81 O 126/09

(LG Köln: Urteil v. 25.02.2010, Az.: 81 O 126/09)

Tenor

1. Die Beklagten werden verurteilt, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monate zu unterlassen,

a) auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland für ein behördlich nicht erlaubtes Glücksspiel zu werben und/oder werben zu lassen,

und/oder

b) die Teilnahme an öffentlichen Glücksspielen zu bewerben und/oder bewerben zu lassen, ohne unmittelbar auf dem Werbeträger auf das Verbot der Teilnahme Minderjähriger und/oder auf die von dem jeweiligen Glücksspiel ausgehenden Suchtgefahren und/oder Hilfsmöglichkeiten hinzuweisen;

insgesamt wie nachstehend wiedergegeben:

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, hinsichtlich der Untersagung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 20.000,00 € und hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der Beklagten zu 1 und deren, zum Teil ehemaligen, Vorständen, den Beklagten zu 2 bis 5, die Untersagung von Werbung.

Die Klägerin ist die staatliche Lotteriegesellschaft des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen. Sie organisiert mit behördlicher Erlaubnis Glücksspiele, u.a. die Lotterie "Lotto 6 aus 49".

Die Beklagte zu 1 war bis Ende 2008 als gewerblicher Spielevermittler tätig. Sie vermittelte über das Internet bundesweit Aufträge von Spielern zur Vermittlung der Spielteilnahme an den von den Gesellschaften des Deutschen Lotto- und Totoblocks (DLTB) veranstalteten Glücksspielen "6 aus 49", Glücksspirale, Spiel 77 und Super 6 an verschiedene Landeslotteriegesellschaften. Die Spielverträge kamen zwischen den Landeslotteriegesellschaften und den vermittelten Spielern zustande. Unwidersprochen firmiert die Beklagte zu 1 als U SE, nachdem sie zuvor als U AG firmierte.

Die Beklagte zu 1 hat im November 2008 sämtliche Kundendaten an die U Services Ltd übertragen. Die U Services Ltd. ist in Großbritannien tätig. Sie vermittelt keine Spieler mehr an die Landeslotteriegesellschaften. Stattdessen vermittelt sie Spieler an die britische Gesellschaft M. Diese bietet Wetten auf den Ausgang der Veranstaltungen des DTLB an. Weder die U Services Ltd. noch die M. verfügen über eine deutsche behördliche Veranstalter- oder Vermittlererlaubnis. Das Angebot der U Services Ltd. richtet sich nicht an sich in Deutschland aufhaltende Spieler.

Die Beklagte zu 1 stellte die im Tenor wiedergegebene Seite auf ihrer Internetpräsenz U.de ein.

Die Beklagten zu 2-5 waren zum Zeitpunkt der Einstellung der beanstandeten Seite sämtliche Vorstände der Beklagten zu 1.

Die Klägerin ist der Meinung, es handele sich bei der beanstandeten Seite um unlautere, gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. §§ 287 Abs. 2, 284 Abs. 2 StGB, § 5 Abs. 4 und 2 Satz 3 des Glücksspielstaatsvertrages (GlüStV) sowie gegen § 5 UWG verstoßende Werbung. Die U Services Ltd. vermittele eine "schwarze Lotterie", zumindest handele es sich um öffentliches Glücksspiel. Auch die U Services Ltd sei als Vermittlerin im Sinne von §§ 284, 287 StGB Veranstalterin. Die Beklagte zu 1 bewerbe diese Glücksspiele durch die beanstandete Seite. Die Beklagten zu 2-5 seien als Vorstände verantwortlich, auch soweit sie zwischenzeitlich ausgeschieden seien.

Der Klägerin beantragt,

wie erkannt.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise,

das Verfahren bis zur Entscheidung in der Rechtssache EuGH C-316/07 auszusetzen.

Die Beklagten meinen, das geltende Glücksspielrecht, insbesondere das staatliche Glücksspielmonopol, sei mit den Vorgaben des Verfassungs- und Gemeinschaftsrechts nicht vereinbar. Die M. betreibe ein in Großbritannien zugelassenes und veranstaltetes Angebot. Auch die Vermittlungstätigkeit der U Services Ltd. sei in Großbritannien lizenziert. Das Angebot betreffe auch nur Spieler, die sich nicht in Deutschland aufhalten. Ein Unterlassungsanspruch unter Bezugnahme auf §§ 284, 287 StGB und § 5 GlüStV bestehe nicht, da es sich bei der beanstandeten Seite nicht um Werbung im Sinne dieser Vorschriften handele. Es handele sich um eine Kundeninformation, die über die veränderte tatsächliche und rechtliche Lage Auskunft geben soll. Aus diesem Grunde liege auch kein Verstoß gegen die Hinweispflichten des § 5 Abs. 2 GlüStV vor. Von Lotterien gehe im Übrigen keine Suchtgefahr aus. Durch ihr Ausscheiden aus dem Unternehmen der Beklagten zu 1 seien die Beklagten zu 2, 4 und 5 nicht mehr passivlegitimiert. Für den Fall, dass entgegen der von den Beklagten vertretenen Auffassung die beanstandete Seite als Werbung angesehen werden sollte, haben die Beklagten die Aussetzung des Verfahrens bis zur Entscheidung der Rechtssache EuGH C-316/07 angeregt, in der es um die Vereinbarkeit von §§ 4 Abs. 4, 5 Abs. 4 GlüStV mit europäischem Gemeinschaftsrecht geht.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist begründet.

1.

Dies gilt zunächst für den Klageantrag zu 1a).

Für die Entscheidung kann dahin stehen, ob ein Verstoß gegen §§ 5 Abs. 4 des Glückspielstaatsvertrags (GlüStV) anzunehmen ist, insbesondere auch, ob diese Vorschrift des GlüStV mit höherrangigem Recht vereinbar sind. Auf die Entscheidung des EuGH in der verbundenen Sache C-316/07 kommt es daher nicht an.

Mit Recht stellt die Klägerin darauf ab, dass es sich bei der beanstandeten Webseite um eine irreführende geschäftliche Handlung gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG handelt, die entsprechend dem Klageantrag zu 1a) gemäß 8 Abs. 1 UWG untersagt werden kann.

Eine geschäftliche Handlung ist in der Webseite zu sehen. Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG ist eine geschäftliche Handlung "jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen objektiv zusammenhängt…".

In diesem weit zu verstehenden Sinne ist auch eine Kundeninformation, die über eine Änderung der Zugriffsmöglichkeit von Kunden auf Spielkonten informiert, wie bei der beanstandeten Seite, eine geschäftliche Handlung.

Die beanstandete Seite ist irreführend gemäß § 5 Abs. 1 UWG. Dies ist gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG dann der Fall, wenn die geschäftliche Handlung unwahre Angaben enthält oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über wesentliche Merkmale der Dienstleistung wie deren Art und Ausführung. In diesem Sinne ist die beanstandete Seite täuschungsgeeignet. Wie von der Klägerin zutreffend dargestellt, erwartet der angesprochene Kunde der Beklagten zu 1 aufgrund der ihm erteilten Information keine Veränderung des Angebots der Dienstleistung der gewerblichen Spielevermittlung. Dem entgegen findet aber nunmehr keine Vermittlung mehr an die Gesellschaften des Deutschen Lotto- und Totoblocks (DTLB) mehr statt. Statt dessen werden nunmehr die Kunden an die britische Gesellschaft M. vermittelt, die Wetten auf den Ausgang der Veranstaltungen des DLTB abschließt und nicht direkt an die Gesellschaften des DLTB vermittelt. Unstreitig verfügt diese Gesellschaft in Deutschland nicht über eine behördliche Genehmigung zur Veranstaltung von Glückspielen.

Hierin liegt eine zur Täuschung geeignete Information. Aufgrund der Mitteilung, nunmehr die neue Internetadresse zu verwenden, auf das Spielekonto zuzugreifen oder die Gewinnzahlen einzusehen, wird nicht erkennbar, dass sich die Art der Spielevermittlung im dargestellten Sinne verändert hat. Damit liegt aber eine erhebliche Änderung der Art der Dienstleistung - Glücksspielvermittlung - vor.

Hinzu tritt der von den Beklagten hervorgehobene Umstand, dass sich das Angebot der U Service Ltd. gemäß der Internetseite www.U.com nicht an Kunden richtet, die sich innerhalb Deutschlands aufhalten. Auch hier liegt eine erhebliche Abweichung von den früher angebotenen Dienstleistungen, die sich aus der beanstandeten Webseite nicht erkennen lassen. Darin liegt eine weitere über die Art der Dienstleistung täuschungsgeeignete geschäftliche Handlung.

Der Antrag zu 1a) ist nicht deshalb abzuweisen, weil er die Untersagung "auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland für ein behördlich nicht erlaubtes Glücksspiel zu werben und/oder werben zu lassen" beinhaltet.

"Auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland" kann die Klägerin den Unterlassungsanspruch geltend machen. Die Argumentation der Beklagten bezieht sich auf die unterschiedliche Umsetzung des Glückspielstaatsvertrags in den Bundesländern. Diese Argumentation betrifft nicht die Untersagung gemäß § 5 UWG.

"Für ein behördlich nicht erlaubtes Glückspiel" betrifft den hier vorliegenden Fall, da durch die Bezugnahme auf die Bundesrepublik Deutschland ein inländisch behördlich genehmigtes Glückspiel gemeint ist. Ob, wie die Beklagten ausgeführt haben, eine Genehmigung im Gebiet von Großbritannien vorliegt, ist daher nicht maßgeblich.

"Zu werben und/oder werben zu lassen" ist tatbestandlich ebenfalls gegeben. Die Parteien sind über den Begriff der Werbung uneins. Im hier maßgeblichen Anwendungsbereich des § 5 UWG kann Werbung in Anlehnung an Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 2006/114/EG als "jede Äußerung bei der Ausübung des Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs, mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Verpflichtungen zu fördern" verstanden werden (so Hefermehl/Köhler, UWG, § 2, 15). In diesem Sinne ist auch eine rein sachlich gestaltete Kundeninformation, wie dies die Beklagten für die beanstandete Seite in Anspruch nehmen, als Werbung anzusehen, wenn sie - wie es hier der Fall ist - dem Erhalt des Kundenstamms dient.

2.

Die Klage hat auch im Umfang des Antrags zu 1b) Erfolg.

Die beanstandete Webseite verstößt gegen die Hinweispflichten gemäß § 5 Abs. 2 Satz 3 GlüStV und stellt eine damit gemäß §§ 3, 4 Nr. 11 UWG unlautere geschäftliche Handlung dar.

Die Werberegeln gemäß § 5 Abs. 2 GlüStV stellen eine Marktverhaltensregelung gemäß § 4 Nr. 11 UWG dar (OLG München WRP 2008, 972 f.; Hefermehl/Köhler, UWG, § 4, 11.137b).

§ 3 UWG und dem folgend § 4 Nr. 11 UWG knüpfen an den Begriff der geschäftlichen Handlung an, der mit der Einrichtung der beanstandeten Webseite, wie schon dargelegt, tatbestandlich erfüllt ist.

Auch die Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 Satz 3 UWG, der Hinweispflichten für Minderjährigenschutz und gegen Suchtgefahren fordert, sind erfüllt.

§ 5 Abs. 2 GlüStV regelt:

Werbung für öffentliches Glücksspiel darf nicht in Widerspruch zu den Zielen des § 1 stehen, insbesondere nicht gezielt zur Teilnahme am Glücksspiel auffordern, anreizen oder ermuntern. Sie darf sich nicht an Minderjährige oder vergleichbar gefährdete Zielgruppen richten. Die Werbung darf nicht irreführend sein und muss deutliche Hinweise auf das Verbot der Teilnahme Minderjähriger, die von dem jeweiligen Glücksspiel ausgehende Suchtgefahr und Hilfsmöglichkeiten enthalten.

Es ist darauf hinzuweisen, dass die Wirksamkeit dieser Regelung nicht Gegenstand des vor dem EuGH anhängigen Verfahrens ist, eine Aussetzung also nicht in Betracht kommt.

Die Regelung in § 5 Abs. 2 GlüStV begegnet auch keinen durchgreifenden Bedenken im Hinblick auf seine Vereinbarkeit mit der Dienstleistungsfreiheit. Einschränkungen durch nationales Recht zum Schutze wichtiger Allgemeingüter sind nämlich zulässig. Solche wichtigen Allgemeingüter sind sowohl der Minderjährigenschutz als auch die von Glücksspiel ausgehenden Suchtgefahren. Diese Ziele sind in § 1 Nr. 1 und 3 GlüStV besonders hervorgehoben.

Die beanstandete Webseite verweist auf die Vermittlung öffentlichen Glücksspiels. Zur Begriffsbestimmung des öffentlichen Glücksspiels regelt § 3 GlüStV:

(1) Ein Glücksspiel liegt vor, wenn im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. Die Entscheidung über den Gewinn hängt in jedem Fall vom Zufall ab, wenn dafür der ungewisse Eintritt oder Ausgang zukünftiger Ereignisse maßgeblich ist. Auch Wetten gegen Entgelt auf den Eintritt oder Ausgang eines zukünftigen Ereignisses sind Glücksspiele.

(2) Ein öffentliches Glücksspiel liegt vor, wenn für einen größeren, nicht geschlossenen Personenkreis eine Teilnahmemöglichkeit besteht oder es sich um gewohnheitsmäßig veranstaltete Glücksspiele in Vereinen oder sonstigen geschlossenen Gesellschaften handelt.

Die von der Fa. M Ltd angebotene Dienstleistung betrifft nach dieser Begriffsbestimmung öffentliches Glücksspiel. Es handelt sich bei den Wetten um den Angeboten des DLTB angeglichene Spielemöglichkeiten.

Die beanstandete Seite stellt auch Werbung im Sinne von § 5 Abs. 2 GlüStV dar. Die Beklagten verstehen den Begriff der Werbung enger als den Begriff der Werbung im Rahmen des UWG, wie er bereits dargelegt wurde. Dieses einschränkende Verständnis wird nicht geteilt. Nach den in § 1 GlüStV genannten Schutzzielen liegt es vielmehr nahe, wie auch die Klägerin meint, einen weiteren Begriff der Werbung zugrunde zu legen. Dann bestünden keine Bedenken gegen die Annahme einer Werbung.

Das Argument der Beklagten zu 1, ihr müsse eine sachliche Kundeninformation möglich sein, nachdem sie ihren Geschäftsbetrieb eingestellt und ihre Kunden an die U Service Ltd übertragen habe, überzeugt letztlich nicht. Zwar ist die beanstandete Webseite äußerlich als Kundeninformation gestaltet. Es geht bei der Webseite aber nicht allein um eine Information, sondern auch darum, die Kunden über den geschalteten Link auf die Seite U.com zu vermitteln. Angesprochen sind auch nicht etwa nur frühere Kunden, sondern jeder, der sich diese Seite betrachtet. Damit ist die Seite zwar auch, aber nicht nur als Kundeninformation gestaltet. Auch Neukunden werden auf das Angebot U.com aufmerksam gemacht. Dass es in erster Linie darum ging, die Kunden an die Seite U.com zu binden, folgt auch aus der inhaltlich - wie schon dargelegt - irreführenden Information über das dort vorzufindende Angebot.

Folge dieser Betrachtung ist die Notwendigkeit der in § 5 Abs. 2 Satz 3 GlüStV geregelten Hinweispflicht.

Für den Minderjährigenschutz wird dies von den Beklagten, die sich nur gegen den Tatbestand des § 5 Abs. 2 GlüStV wenden, auch nicht in Zweifel gezogen.

Nichts anderes gilt, soweit die Beklagten die Suchtgefahr von Lotterieprodukten, und damit auch dem vermittelten Glücksspiel, in Zweifel ziehen. Diese Erwägungen berühren die Regelung in § 5 Abs. 2 Satz 3 GlüStV nicht. Vielmehr hat der Gesetzgeber ein Ermessen in der Bewertung und Einschätzung von Gefährdungslagen. Dies betrifft auch die Suchtgefahr beim Glücksspiel. Zwar argumentieren die Beklagten mit dem fehlenden Suchtpotenzial von Lotteriespielen. Ungeachtet der Richtigkeit dieser Argumentation ist aber nicht ersichtlich, dass der gesetzgeberische Ermessensspielraum überschritten ist, mit der Folge, dass Bedenken gegen die Wirksamkeit von § 5 Abs. 2 Satz 3 GlüStV bestehen würden. Es bleibt daher bei der Rechtsfolge der Hinweispflicht, der hier nicht nachgekommen wurde.

Die Haftung der Beklagten zu 2-5 als Vorstände der Beklagten zu 1 ist im Grundsatz aus den Erwägungen der Klägerin zu bejahen. Die Argumentation unter Bezugnahme auf die Entscheidung des OLG Köln vom 24.08.2007 - 6 U 92/07 -, wonach eine widerlegliche Vermutung besteht, der Geschäftsführer oder Vorstand sei bei zentralen Produkt- und Marketingentscheidung vorher über die Wettbewerbshandlung informiert gewesen, überzeugt und ist auch hier anwendbar. Die "Weitervermittlung" von Kunden und Interessenten war bei der Beklagten zu 1 nach Einstellung des Geschäftsbetriebs die letztlich verbleibende Tätigkeit. Dass die Beklagten zu 2-5 als Vorstände der Beklagten zu 1 von der beanstandeten Webseite vorab keine Kenntnis gehabt haben sollen, liegt fern. Die Vermutung ist auch nicht widerlegt worden.

Die Wiederholungsgefahr für den Unterlassungsanspruch ist durch das Ausscheiden der Beklagten zu 2, 4 und 5 aus dem Geschäftsbetrieb der Beklagten zu 1 nicht entfallen. Die Anforderungen für ein Entfallen der Wiederholungsgefahr werden restriktiv gehandhabt, worauf die Klägerin zutreffend hinweist (vgl. auch im Folgenden Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, § 8, 1.40 m.w.N.). So besteht die Wiederholungsgefahr fort, solange nicht auch jede Wahrscheinlichkeit für eine Aufnahme des unzulässigen Verhaltens durch den Verletzer beseitigt ist und sie entfällt nicht schon dann, wenn ein Wiedereintreten völlig gleichgearteter Umstände nicht zu erwarten ist. Gemessen an diesem Maßstab genügt das Ausscheiden als Vorstand aus dem Geschäftsbetrieb der Beklagten zu 1 nicht und zwar auch dann nicht, wenn man berücksichtigt, dass die Beklagte zu 1 ihr aktives Geschäft eingestellt hat. Die Beklagte zu 1 vertritt nämlich nachdrücklich, so auch in der beanstandeten Webseite, die Meinung, der Glücksspielstaatsvertrag, der sie zur Aufgabe der Betätigung zwang, sei rechtswidrig. Daraus ist zu schließen, dass die Beklagte zu 1 unter geänderten rechtlichen Rahmenbedingungen wieder geschäftlich aktiv würde. Es ist dann aber auch möglich, dass die ausgeschiedenen Beklagten zu 2, 4 und 5 wieder in das Unternehmen eintreten. Dass dies mit Sicherheit nicht zu erwarten ist, haben die Beklagten jedenfalls nicht dargelegt.

Dementsprechend besteht auch zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1 die Wiederholungsgefahr fort, auch wenn die Beklagte zu 1 ihren aktiven Geschäftsbetrieb eingestellt hat. Daher ist auch ein Wettbewerbsverhältnis zwischen diesen Parteien anzunehmen.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO.

Der Streitwert wird auf 220.000,00 € festgesetzt, nämlich 100.000,00 € für die Beklagte zu 1 und je 30.000,00 € für die Beklagten zu 2-5.






LG Köln:
Urteil v. 25.02.2010
Az: 81 O 126/09


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