Landgericht Frankfurt am Main:
Urteil vom 7. Mai 2014
Aktenzeichen: 3-8 O 18/14

(LG Frankfurt am Main: Urteil v. 07.05.2014, Az.: 3-8 O 18/14)

Tenor

Die einstweilige Verfügung vom 4.2.2014 wird bestätigt.

Die Antragsgegnerin hat die weiteren Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Antragsteller ist gem. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG umfassend klagebefugt.

Die Antragsgegnerin betreibt unter der Adresse €€.de€ eine Internetplattform, über die sie Schiffskreuzfahrten verschiedener Veranstalter vermittelt. Auf ihrer Startseite (Bl. 40 d. A.) warb die Antragsgegnerin mit den Aussagen

€Über 23.400 Kreuzfahrten auf mehr als 400Schiffen€

und

€Kreuzfahrten online buchen bei €Mehr als 23.400 Kreuzfahrten auf über 400 Schiffen.€

Auf der linken Hälfte der Startseite befand sich ein Suchformular, mit dessen Hilfe Kreuzfahrten je nach gewünschter Reisedauer, gewünschtem Fahrgebiet und Schiff ausgewählt werden konnte. Dabei wurde zwischen Hochsee- und Flusskreuzfahrten unterschieden. Insoweit wird auf die Anlage AST 3 in Bl. 41 d. A.verwiesen.

Eine Addition der unter €Schnellsuche€ aufgeführten Kreuzfahrtschiffe in den Rubriken €Hochsee€ und €Fluss€ ergab Anfang 2014 eine Anzahl von 386verschiedenen Kreuzfahrtschiffen. Insoweit wird auf die Anlage AST3 in Bl. 41 € 63 d. A. verwiesen.

Die Kammer hat am 4.2.2014 eine einstweilige Verfügung erlassen,wegen deren Inhalts auf Bl. 70/71 d. A. verwiesen wird.

Der Antragsteller macht einen Unterlassungsanspruch aus §§ 3, 5UWG geltend, weil die Werbeaussage der Antragsgegnerin

€Über 23400 Kreuzfahrten auf mehr als 400Schiffen€

unwahr und mithin irreführend sei, da das Angebot der Antragsgegnerin lediglich Kreuzfahrten auf 386 verschiedenen Schiffen umfasst habe.

Als Schiffe im Sinne der Werbeaussage könnten nach dem Verständnis des angesprochenen Verkehrs nur solche gelten, für die die Antragsgegnerin auch aktiv Kreuzfahrten zur Buchung anbiete.Deshalb sei es unerheblich, dass die Antragsgegnerin unter dem Link €Schiffe€ weitere in der Schnellsuche nicht enthaltene Schiffe aufführe. Denn hinsichtlich dieser Schiffe bestehe keine Möglichkeit, eine Kreuzfahrt zu buchen, sondern höchstens die Möglichkeit, über die eingeblendete Buchungsanfrage (Bl. 85 d. A.),Kreuzfahrten und €daten der betreffenden Schiffe durch die Antragsgegnerin recherchieren zu lassen.

Der Antragsteller beantragt,

die einstweilige Verfügung vom 4.2.2014 zu bestätigen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die einstweilige Verfügung aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin trägt vor, dass in der Schnellsuche nicht alle Routen mit allen Schiffen angelegt seien, sondern nur die wirtschaftlich relevanten Routen, die voraussichtlich in nennenswertem Umfang gebucht werden können, weil die Schnellsuche manuell angelegt werde und dies sehr zeitaufwendig sei. Außerdem würden ausgebuchte und abgefahrene Routen oder Schiffe, die überholt werden müssen, automatisch aus dem Angebot in der Schnellsuche herausfallen. Dies führe dazu, dass die Zahl der Schiffe, die über die Schnellsuche buchbar seien, gewissen Schwankungen unterliege. Die Zahl der Schiffe, die über Schnellsuche gebucht werden könnten, schwanke regelmäßig zwischen 370 und 400 Schiffen.

Außerdem sei die Gesamtzahl der über die Schnellsuche buchbaren Schiffe stets niedriger als die Gesamtzahl der über die Antragsgegnerin buchbaren Schiffe.

Zu der Gesamtzahl aller über die Antragsgegnerin buchbaren Schiffe gelangt man über den Link €Schiffe€ auf der Startseite. Auf diesem Weg könne der Nutzer eine Vielzahl von Schiffen abrufen und buchen, und zwar auch zu solchen Schiffen, die nicht über die Schnellsuche, sondern nur über den Link €Schiffe€ gebucht werden können. Über den Link €Schiffe€ könnten jederzeit mehr als 400 Schiffe gebucht werden. Die Antragsgegnerin verweist insoweit auf die Seite 6 des Schriftsatzes vom 12.3.2014 eingeblendete Buchungsanfrage (Bl. 85 d. A.).

Auf Seite 6 und 7 des Schriftsatzes vom 12.3.2014 (Bl. 85/86 d.A.) führt die Antragsgegnerin Reedereien mit 23 Schiffen auf und trägt hierzu vor, dass die beispielhaft aufgeführten Schiffe nicht in der Schnellsuche, sondern nur über den Link €Schiffe€ gebucht werden könnten (Eidesstattliche Versicherung des Geschäftsführers der Antragsgegnerin A vom 12.3.2014 in Bl. 89/90 d. A.).

Die Überschrift €Schnellsuche€ mache für den Nutzer der Internetseite erkennbar, dass an anderer Stelle der Internetseite noch eine weitere, ausführlichere Suchfunktion vorhanden sei. Diese andere Stelle sei auf der Internetseite über den Link €Schiffe€, über den der Nutzer detailliert weitere, nicht in der Schnellsuche vorhandene Schiffe buchen könne.

Eine Buchung der Schiffe sei für jedes der in der Rubrik €Schiffe€ aufgeführten Schiffe ebenso möglich wie für die Schiffe, die in der Rubrik €Schnellsuche€ zu finden seien. In der Rubrik €Schiffe€ erfolge lediglich der Zwischenschritt der Buchungsanfrage deswegen, weil es sich um weniger nachgefragte Schiffe handele, die nicht in das automatische Programm aufgenommen werden.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen Ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Gründe

Der Antrag ist begründet.

Dem Antragsteller steht ein Unterlassungsanspruch nach § 3, 5 UWG wegen irreführender Werbung zu, weil entgegen der Werbeaussage auf der Startseite der Antragsgegnerin

€Über 23400 Kreuzfahrten auf mehr als 400 Schiffen€

nur Kreuzfahrten auf 386 Schiffen gebucht werden konnten.

Eine geschäftliche Handlung € die hier die beanstandete Werbung auf der Internetseite der Antragsgegnerin - ist irreführend, wenn sie unrichtige oder in sonstiger Weise zu Fehlvorstellung führende und wettbewerblich relevante Angaben enthält.

Ob Angaben unrichtig oder in sonstiger Weise eine Fehlvorstellung hervorrufen, bestimmt sich maßgeblich danach, wie der angesprochene Verkehr die beanstandete Werbung aufgrund ihres Gesamteindrucks versteht.

Die Werbung auf der Internetseite der Antragsgegnerin richtete sich an Internetnutzer, die sich für Kreuzfahrten interessierten. Bei diesen Personen handelt es sich um Verbraucher im Sinne von § 2 Abs. 2 UWG in Verbindung mit § 13 BGB. Für die Beurteilung der Werbung ist demgemäß das Verständnis eines durchschnittlich informierten und verständigen Verbrauchers (aus diesem Adressatenkreis) abzustellen, der der Werbung die der Situation angemessene Aufmerksamkeit entgegenbringt.

Ein solcher Durchschnittsverbraucher erwartet aufgrund der Werbeaussage der Antragsgegnerin, dass er über die Internetseite der Antragsgegnerin Kreuzfahrten auf mehr als 400 Schiffen direkt buchen kann, das heißt, dass die Antragsgegnerin konkrete Angebote für Kreuzfahrten auf mehr als 400 Schiffen auf ihrer Internetseite vorhält. Hierfür spricht insbesondere die blickfangmäßige Aussage auf der Startseite

€Kreuzfahrten online buchen bei €€.

Unter der Aussage €Kreuzfahrten online buchen€€ versteht ein Verbraucher, dass er auf der aufgerufenen Internetseite Kreuzfahrten zu konkreten Terminen, Preisen und Fahrgebieten buchen kann, das heißt entweder bestimmte Angebote online annehmen oder bestimmte Angebote, die die Antragsgegnerin auf ihrer Internetseite vorhält und die noch bestätigt werden müssen, abgeben kann. Hierfür sprechen insbesondere die Rubriken €Reisedauer€, €Fahrgebiet€ und €Schiff€ unter der Überschrift Schnellsuche.

Deshalb geht die Erwartungshaltung der Verbraucher nicht dahin, dass sie lediglich mit der Möglichkeit rechnen, eine Buchungsanfrage für mehr als 400 Schiffe über die Internetseite der Antragsgegnerin an diese zu richten.

Die Erwartungshaltung der Verbraucher, konkrete Angebote zu bestimmten Terminen, Preisen, Schiffe und Fahrgebieten abgeben oder annehmen zu können, wird auch dadurch bestätigt, dass der Verbraucher bei Ausfüllen der Rubriken unter der Überschrift €Schnellsuche€ auf konkrete, von der Antragsgegnerin vorgehaltene Angebote zu bestimmten Schiffen, Fahrgebieten, Reisezeiten und Reispreisen stößt.

Diese Erwartungshaltung der Verbraucher ist unrichtig und damit irreführend, weil die Antragsgegnerin nur konkrete Angebote zu Kreuzfahrten auf 386 Schiffen vorgehalten hat. Diese Angebote waren sowohl über die Rubriken unter der Überschrift €Schnellsuche€ als auch über den Link €Schiffe€ auf der Internetseite auffindbar. Soweit über den Link €Schiffe€ weitere Schiffe, die in der Rubrik €Schiff€ unter der Überschrift €Schnellsuche€ nicht vorhanden waren, aufgeführt waren, sind diese nicht zu den 386 Schiffen, für die die Antragsgegnerin konkrete Angebote vorgehalten hatte, hinzu zu addieren. Vielmehr bleiben diese Schiffe, soweit es um die Anzahl der Schiffe in der angegriffenen Werbeaussage

€Über 23400 Kreuzfahrten auf mehr als 400 Schiffen€

geht, außen vor. Denn insoweit hat die Antragsgegnerin keine konkreten Angebote für diese Schiffe vorgehalten, sondern nur eine Buchungsanfrage für diese Schiffe ermöglicht. Unter einer Buchungsanfrage versteht der Verbraucher nicht eine Möglichkeit, Kreuzfahren online zu buchen. Letzteres ist nur gegeben, wenn ihm konkrete Fahrgebiete, Reisezeiten und Preise für bestimmte Schiffe mitgeteilt werden, um sich für eine konkrete Kreuzfahrt auf einem bestimmten Schiff zu entscheiden. Eine Buchungsanfrage eröffnet jedoch eine solche konkrete Möglichkeit, einen Vertrag über eine bestimmte Kreuzfahrt auf einem bestimmten Schiff zu einem bestimmten Preis direkt abzuschließen, gerade nicht. Vielmehr unterscheidet die Antragsgegnerin auf ihrer Internetseite zwischen Angeboten für Schiffe (Kreuzfahrten online buchen) und Buchungsanfragen für Schiffe. Nur erstere gehören zu den

€€ mehr als 400 Schiffen€.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.






LG Frankfurt am Main:
Urteil v. 07.05.2014
Az: 3-8 O 18/14


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/7a931261cb19/LG-Frankfurt-am-Main_Urteil_vom_7-Mai-2014_Az_3-8-O-18-14




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