Landgericht Düsseldorf:
Urteil vom 19. April 2011
Aktenzeichen: 4a O 129/09

(LG Düsseldorf: Urteil v. 19.04.2011, Az.: 4a O 129/09)

Tenor

Die Beklagten werden verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR   ersatzweise Ordnungshaft   oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an den gesetzlichen Vertretern der Beklagten zu vollziehen ist, zu unterlassen, in der Bundesrepublik Deutschland

eine Rohrbiegemaschine

- mit einem Biegewerkzeug,

- mit einem Rohrvorschub, mittels dessen ein zu biegendes Rohr in Rohrlängsrichtung gegenüber dem Biegewerkzeug zustellbar ist und der einen Rohrhalter aufweist, welcher in Rohrlängsrichtung an einer an einem Maschinengrundkörper vorgesehenen Längsführungseinrichtung geführt und mittels eines Rohrvorschubantriebes mit einer maschinengrundkörperseitigen Antriebseinrichtung bewegbar ist, sowie

- mit einem Dornrückzug, mittels dessen ein an einer in Rohrlängsrichtung verlaufenden Dornstange biegewerkzeugseitig angebrachter Biegedorn in Rohrlängsrichtung zwischen einer Gebrauchs- und einer Rückzugsstellung hin und her bewegbar ist, wobei der Dornrückzug einen an einem Wagen vorgesehenen Dornstangenhalter aufweist, welcher in Rohrlängsrichtung an der maschinengrundkörperseitigen Längsführungseinrichtung geführt und mittels eines Dornstangenantriebes mit einer maschinengrundkörperseitigen Antriebseinrichtung bewegbar ist.

anzubieten, in Verkehr zu bringen, zu gebrauchen oder zu genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

sofern zur Bewegung des Dornstangenhalters in Rohrlängsrichtung der Wagen mit dem Dornstangenhalter mittels eines an dem Wagen vorgesehenen Motors in Rohrlängsrichtung antreibbar und an der maschinengrundkörperseitigen Antriebseinrichtung bewegbar ist, die gleichzeitig als maschinengrundkörperseitige Antriebseinrichtung für den Rohrhalter vorgesehen ist.

II. Die Beklagten werden verurteilt, der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer I. bezeichneten Handlungen seit dem 14.02.2004 begangen haben und zwar unter Angabe

1. der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer sowie der bezahlten Preise (betrifft nur die Beklagte zu 2)),

2. der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen und der jeweiligen Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer einschließlich der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,

3. der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen (und gegebenenfalls Typenbezeichnungen) (unter Vorlage schriftlicher Angebote) sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

4. der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

5. der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten (betrifft nur die Beklagte zu 1)) und des erzielten Gewinns;

wobei die Angaben zu Ziffer II. 5. nur für Handlungen seit dem 26.04.2008 zu machen sind,

wobei zu Ziffer II. 1. und II. 2. die entsprechenden Rechnungen oder Lieferscheine vorzulegen sind, wobei Daten, auf die sich die geschuldete Auskunft und Rechnungslegung nicht bezieht und hinsichtlich derer ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse der Beklagten besteht, abgedeckt oder geschwärzt sein können, und

wobei es den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist.

III. Die Beklagten werden verurteilt, die unter Ziffer I. bezeichneten und im Besitz Dritter befindlichen Erzeugnisse, die nach dem 26.03.2008 in Verkehr gebracht wurden, im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland aus den Vertriebswegen zurückzurufen, indem diejenigen Dritten, denen durch die Beklagten oder mit deren Zustimmung Besitz an den Erzeugnissen gemäß Ziffer I. eingeräumt wurde, unter Hinweis darauf, dass die Kammer mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des deutschen Teils des europäischen Patents EP A erkannt hat, ernsthaft aufgefordert werden, die Erzeugnisse an die Beklagten zurückzugeben, und den Dritten für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse gemäß Ziffer I. eine Rückzahlung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises sowie die Óbernahme der Kosten der Rückgabe zugesagt wird.

IV. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin für die unter Ziffer I. bezeichneten, in der Zeit vom 14.02.2004 bis zum 25.04.2008 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen.

V. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die unter Ziffer I. bezeichneten und seit dem 26.04.2008 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

VI. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 30 % und die Beklagten als Gesamtschuldner 70 %.

VII. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 500.000,00 EUR, für die Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Die jeweilige Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Gründe

Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen Verletzung des deutschen Teils des europäischen Patents EP AB1 (Klagepatent) auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung, Rückruf aus den Vertriebswegen, angemessene Entschädigung und Schadensersatz dem Grunde nach in Anspruch. Das Klagepatent wurde am 13.07.2002 von der B angemeldet. Die Patentanmeldung wurde am 14.01.2004 offengelegt. Am 29.06.2006 erfolgte die Umschreibung der Patentanmeldung auf die Klägerin. Der Hinweis auf die Erteilung des Klagepatents wurde am 26.03.2008 veröffentlicht. Als Inhaberin des Klagepatents ist im Patentregister die Klägerin eingetragen. Das Patent steht in Kraft. Die Beklagte zu 1) erhob mit Schriftsatz vom 02.02.2010 vor dem Bundespatentgericht Nichtigkeitsklage mit dem Antrag, das Klagepatent für nichtig zu erklären.

Das Klagepatent betrifft eine Rohrbiegemaschine mit Rohrvorschub und Dornrückzug. Der mit der Klage geltend gemachte Patentanspruch 2 lautet:

Rohrbiegemaschine

- mit einem Biegewerkzeug (3)

- mit einem Rohrvorschub (9), mittels dessen ein zu biegendes Rohr (6, 6a) in Rohrlängsrichtung (12) gegenüber dem Biegewerkzeug (3) zustellbar ist und der einen Rohrhalter (8) aufweist, welcher in Rohrlängsrichtung (12) an einer an einem Maschinengrundkörper (2) vorgesehenen Längsführungseinrichtung (16) geführt und mittels eines Rohrvorschubantriebes mit einer maschinengrundkörperseitigen Antriebseinrichtung (15) bewegbar ist, sowie

- mit einem Dornrückzug (19), mittels dessen ein an einer in Rohrlängsrichtung (12) verlaufenden Dornstange (20, 20a) biegewerkzeugseitig angebrachter Biegedorn (21) in Rohrlängsrichtung (12) zwischen einer Gebrauchs- und einer Rückzugsstellung hin und her bewegbar ist, wobei der Dornrückzug (19) einen an einem Wagen (23) vorgesehenen Dornstangenhalter (24) aufweist, welcher in Rohrlängsrichtung (12) an der maschinengrundkörperseitigen Längsführungseinrichtung (16) geführt und mittels eines Dornstangenantriebes mit einer maschinengrundkörperseitigen Antriebseinrichtung (15) bewegbar ist,

dadurch gekennzeichnet, dass zur Bewegung des Dornstangenhalters (24) in Rohrlängsrichtung (12) der Wagen (23) mit dem Dornstangenhalter (24) mittels eines an dem Wagen (23) vorgesehenen Motors (22) in Rohrlängsrichtung (23) antreibbar und an der maschinengrundkörperseitigen Antriebseinrichtung (15) bewegbar ist, die gleichzeitig als maschinengrundkörperseitige Antriebseinrichtung (15) für den Rohrhalter (8) vorgesehen ist.

Wegen der in Form von "insbesondere"-Anträgen geltend gemachten Unteransprüche 3 bis 9 wird auf die Klagepatentschrift Bezug genommen. Bevorzugte Ausführungsformen erfindungsgemäßer Rohrbiegemaschinen sind nachstehend abgebildet. Die Figuren stammen - leicht verkleinert - aus der Klagepatentschrift.

Die Klägerin ist eine Gesellschaft der B-Gruppe, zu der auch die B gehörte, die am 20.04.2004 in C umfirmierte. Persönlich haftende Gesellschafterin der C war die D, vormals B Rohrtechnik Verwaltungs-GmbH (vgl. Anlage K 11).

Mit Schreiben vom 28.06.2006 beantragten die Patentanwälte der Klägerin, unter anderem die Patentanmeldung EP E- das ist die Anmeldung des Klagepatents - im europäischen Patentregister von der mittlerweile umfirmierten B auf die Klägerin umzuschreiben (Anlage K 13). Neben einem Handelsregisterauszug legten sie auch ein Schreiben der C vom 07.06.2006 vor, mit dem diese gegenüber dem Europäischen Patentamt bestätigte, dass die Patentanmeldung EP E auf die Klägerin übergegangen sei, und die Umschreibung der Patentanmeldung bewilligte (Anlage K 12). Mit Wirkung vom 29.06.2006 erfolgte daraufhin die Umschreibung des Patentregisters (Anlage K 14).

Am 30.09.2010 schlossen die D und die Klägerin einen undatierten Bestätigungsvertrag. Darin wurde festgehalten, dass schon die Anmeldung des Klagepatents, jedenfalls aber das Klagepatent ab seiner Erteilung, bereits der Klägerin übertragen und von den Vertragspartnern in der Vergangenheit auch so behandelt worden sei. Da eine schriftliche Vereinbarung - so der Bestätigungsvertrag weiter - bisher nicht auffindbar gewesen sei, vereinbarten die beiden Vertragsparteien für den Fall der Unwirksamkeit der Übertragung, die Übertragung des Klagepatents einschließlich aller Ansprüche aus dem Klagepatent gegen Dritte auf die Klägerin. Wegen der Einzelheiten der Bestätigungsvereinbarung wird auf die Anlage K 15a Bezug genommen (Anlage K 15a).

Die Beklagte zu 1) ist die herrschende Gesellschaft des F, zu dem auch die Beklagte zu 2) gehört. Der BLM-Konzern ist im Bereich Rohrbearbeitung tätig. Unter anderem stellt die Beklagte zu 1) her und vertreibt Rohrbiegemaschinen. Unter den Internetadressen www.blmgroup.com und www.blmgroup.de werden Rohrbiegemaschinen mit der Typenbezeichnung "E-Turn" (angegriffene Ausführungsform) angeboten. Inhaltlich ist die Beklagte zu 1) für die Internetauftritte verantwortlich. Inhaber der Domain www.blmgroup.de ist nach dem Vortrag der Beklagten in der mündlichen Verhandlung die Beklagte zu 2).

Am 08.07.2009 war die Beklagte zu 2) im Internetauftritt des F unter www.blmgroup.de/world_europe_sales.html in der Rubrik "Verkauf" als Niederlassung für den Postleitzahlenbereich 1, 6, 8 und 9 in der Bundesrepublik Deutschland aufgeführt (Anlage K 16). In der Rubrik "Über uns" unter der Internetadresse F... wird ausgeführt, dass sich die Klägerin mit dem technischen Kundendienst und dem Verkauf von Ersatzteilen auf dem deutschen Markt beschäftige (Anlage B 6). In dem seit Mai 2010 veränderten Internetauftritt der F wird die Beklagte zu 2) unter dem Stichwort "Service" aufgeführt (Anlage B 1).

Die nachstehenden Abbildungen zeigen - mit Ausnahme des letzten Bildes - Ansichten einer in die Bundesrepublik Deutschland gelieferten und dort aufgestellten angegriffenen Ausführungsform, die die Klägerin besichtigen konnte. Die Beschriftung der Bilder stammt von der Klägerin. Die Maschine wurde laut Typenschild im Jahr 2007 hergestellt. Seit April 2006 werden nur noch Rohrbiegemaschinen in Deutschland angeboten und vertrieben, bei denen die maschinengrundkörperseitige Antriebseinrichtung aus zwei Zahnstangen besteht, von denen die ein, die näher zum Biegewerkzeug liegt, schmaler ist als die andere, wie dies auf der letzten Abbildung erkennbar ist, die von den Beklagten stammt. Rohr- und Dornstangenhalter können über beide Zahnstangen verfahren werden.

Die Klägerin trägt vor, bereits die Anmeldung des Klagepatents sei ihr von der C übertragen worden. Ferner habe die einzige Kommanditistin der C, die B GmbH, am 25.11.2008 der Komplementärin, der D, ihren Kommanditanteil übertragen. Diese sei dadurch Rechtsnachfolgerin der C geworden und habe jedenfalls mit dem Bestätigungsvertrag das Klagepatent einschließlich sämtlicher Ansprüche aus dem Patent der Klägerin übertragen.

Weiterhin behauptet die Klägerin, die Beklagte zu 2) vertreibe in der Bundesrepublik Deutschland die von der Beklagten zu 1) hergestellten Rohrbiegemaschinen, darunter die angegriffene Ausführungsform.

Die Klägerin ist der Auffassung, die angegriffene Ausführungsform verwirkliche sämtliche Merkmale des Klagepatentanspruchs. Auch eine zweigeteilte Zahnstange mit unterschiedlichen Breiten stelle eine gemeinsame Antriebseinrichtung für den Wagen des Dornstangenhalters und für den Wagen des Rohrhalters im Sinne der Lehre des Klagepatentanspruchs dar. Beide Wagen könnten über beide Zahnstangen verfahren werden. Sie behauptet, dass sei auch bei bestimmungsgemäßem Gebrauch der beanstandeten Rohrbiegemaschine der Fall, zumal die Beklagten eine kurze und eine lange Dornhalterstange von 2500 mm und 4500 mm anböten.

Die Klägerin beantragt,

- wie erkannt -

und darüber hinaus

hilfsweise zum Antrag zu II.

wobei die Auskunft für die Zeit vom 14.02.2004 bis 19.04.2004 aufgrund der der B entstandenen Ansprüche, für die Zeit vom 20.04.2004 bis 28.06.2004 aufgrund der der C entstandenen Ansprüche und für die Zeit ab 29.06.2006 aufgrund der der Klägerin entstandenen Ansprüche geltend gemacht wird

weiter hilfsweise

wobei die Auskunft für die Zeit vom 14.02.2004 bis 19.04.2004 aufgrund der der Bentstandenen Ansprüche, für die Zeit vom 20.04.2004 bis 06.06.2006 aufgrund der derCentstandenen Ansprüche sowie für die Zeit ab 07.06.2006 aufgrund der der Klägerin entstandenen Ansprüche geltend gemacht wird,

weiter hilfsweise

wobei die Auskunft für die Zeit vom 14.02.2004 bis 19.04.2004 aufgrund der der B entstandenen Ansprüche, für die Zeit vom 20.04.2004 bis 25.04.2008 aufgrund der der C entstandenen Ansprüche sowie für die Zeit ab 26.04.2008 aufgrund der der Klägerin entstandenen Ansprüche geltend gemacht wird,

weiter hilfsweise

wobei die Auskunft für die Zeit vom 14.02.2004 bis 19.04.2004 aufgrund der der B entstandenen Ansprüche, für die Zeit vom 20.04.2004 bis 27.11.2008 aufgrund der der C entstandenen Ansprüche, für die Zeit vom 28.11.2008 bis 29.09.2010 aufgrund der der D entstandenen Ansprüche sowie ab 30.09.2010 aufgrund der der Klägerin entstandenen Ansprüche geltend gemacht wird;

hilfsweise zum Antrag zu IV.

festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin für die unter Ziffer I. bezeichneten, in der Zeit vom 14.02.2004 bis zum 19.04.2004 begangenen Handlungen eine zugunsten der B entstandene angemessene Entschädigung, für die unter Ziffer I. bezeichneten, in der Zeit vom 20.04.2004 bis zum 28.06.2006 begangenen Handlungen eine zugunsten der C entstandene angemessene Entschädigung und für die unter Ziffer I. bezeichneten, in der Zeit vom 29.06.2006 bis zum 25.04.2008 begangenen Handlungen eine zugunsten der Klägerin entstandene angemessene Entschädigung zu zahlen,

weiter hilfsweise

festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin für die unter Ziffer I. bezeichneten, in der Zeit vom 14.02.2004 bis zum 19.04.2004 begangenen Handlungen eine zugunsten der B entstandene angemessene Entschädigung, für die unter Ziffer I. bezeichneten, in der Zeit vom 20.04.2004 bis zum 06.06.2006 begangenen Handlungen eine zugunsten der C ent- standene angemessene Entschädigung sowie für die unter Ziffer I. bezeichneten, in der Zeit vom 07.06.2006 bis zum 25.04.2008 begangenen Handlungen eine zugunsten der Klägerin entstandene angemessene Entschädigung zu zahlen,

weiter hilfsweise

festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin für die unter Ziffer I. bezeichneten, in der Zeit vom 14.02.2004 bis zum 19.04.2004 begangenen Handlungen eine zugunsten der B entstandene angemessene Entschädigung und für die unter Ziffer I. bezeichneten, in der Zeit vom 20.04.2004 bis zum 25.04.2008 begangenen Handlungen eine zugunsten der C entstandene angemessene Entschädigung zu zahlen;

hilfsweise zum Antrag zu V.

festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der der C durch die unter Ziffer I. bezeichneten und im Zeitraum vom 26.04.2008 bis 27.11.2008 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird, der der D durch die unter Ziffer I. bezeichneten und im Zeitraum vom 28.11.2008 bis 29.09.2010 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird und der der Klägerin durch die unter Ziffer I. bezeichneten und seit dem 30.09.2010 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise den Rechtsstreit bis zum rechtskräftigen Abschluss der gegen das Klagepatent, den deutschen Teil des europäischen Patents EP AB2, erhobenen Nichtigkeitsklage auszusetzen,

hilfsweise den Beklagten nachzulassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung (Bankbürgschaft) abzuwenden.

Die Klägerin tritt dem Aussetzungsantrag entgegen.

Die Beklagten sind der Auffassung, es sei nicht vorgetragen, welche Rechte wann auf der Grundlage welcher Vereinbarung übertragen worden seien. Sie bestreitet nicht nur die gesellschaftsrechtlichen Vorgänge mit Nichtwissen, sondern auch die Abtretungen. Aufgrund nicht vorgelegter Unterlagen könne schon nicht geprüft werden, inwieweit die D tatsächlich Rechtsnachfolgerin der C geworden sei. Es sei auch nicht dargelegt, zu welchem Zeitpunkt das Klagepatent oder die Patentanmeldung wirksam übertragen worden sei. Entsprechend sei auch nicht ersichtlich, inwiefern die Klägerin Zahlung von Entschädigung oder Schadensersatz an sich selbst oder eine Rechtsvorgängerin verlangen könne.

Die Beklagten behaupten, bei der Beklagten zu 2) handele es sich um ein Serviceunternehmen der D das lediglich technischen Kundendienst und Ersatzteile für Rohrbiegemaschinen anbiete. Sie biete weder Maschinen an, noch bringe sie diese in den Verkehr oder führe sie zu diesen Zwecken ein. Der Internetauftritt (Anlage K 16) sei ihr nicht zurechenbar.

Weiterhin sind die Beklagten der Auffassung, der Vortrag zur Verletzung des Klagepatents sei unschlüssig, soweit der Verletzungsvorwurf auf das Angebot einer Rohrbiegemaschine des Typs "E-Turn" im Internet durch die Beklagte zu 1) (Anlage K 6) gestützt werde. Aus dem Ausdruck der Internetseite seien die relevanten technischen Details der Rohrbiegemaschine nicht erkennbar. Ebenso wenig werde das Klagepatent durch die besichtigte Rohrbiegemaschine, deren technische Details aus den als Anlage K 7 überreichten Abbildungen entnommen werden könnten, verletzt. Die erfindungsgemäße Lehre werde nicht verwirklicht, weil die angegriffene Ausführungsform nicht eine, sondern zwei maschinengrundkörperseitige Antriebseinrichtungen aufweise. Die Aufgabe, den verhältnismäßig hohen konstruktiven Aufwand zu vereinfachen, werde nicht gelöst. Die patentgemäße Lösung in der Form einer gemeinsamen maschinengrundkörperseitigen Antriebseinrichtung werde nicht verwirklicht. Die Beklagten haben in der mündlichen Verhandlung behauptet, bei bestimmungsgemäßem Gebrauch werde der Dornstangenhalterwagen nicht über die schmalere Zahnstange verfahren. Für den Rückzug des Biegedorns aus dem gebogenen Rohr sei anders als für den Rohrvorschub ein erheblicher Kraftaufwand erforderlich, wofür die schmalere Zahnstange nicht geeignet sei. Der Dornvorschub werde nur über wenige Zentimeter vor- und zurückbewegt. Daher folge der Dornstangenhalterwagen dem Rohrvorschub auch nicht über die gesamte Länge der Biegemaschine.

Weiterhin sind die Beklagten der Auffassung, dass ein Rückrufanspruch der Klägerin unverhältnismäßig und daher ausgeschlossen sei. Zu einem Umbau der angegriffenen Ausführungsform als milderes Mittel im Vergleich zu einem Rückruf der Maschinen behaupten die Beklagten, der Umbau könne durch geringe Montagearbeiten und Softwareänderungen im Umfang von acht Arbeitsstunden zu Kosten von insgesamt 5.000,00 EUR erfolgen, während die beanstandeten Maschinen ca. 200.000,00 EUR pro Stück kosteten.

Im Übrigen werde sich das Klagepatent im Hinblick auf die anhängige Nichtigkeitsklage als nicht rechtsbeständig erweisen. Die geschützte Lehre sei nicht neu, jedenfalls fehle die Erfindungshöhe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Ursprünglich hat die Klägerin über die jetzigen Anträge hinaus die Verurteilung der Beklagten zu 1) zur Unterlassung, Auskunftserteilung, Entschädigungs- und Schadensersatzzahlung auch hinsichtlich der Herstellung patentgemäßer Rohrbiegemaschinen beantragt. Zudem hat sie die Verurteilung zur Unterlassung, Auskunft, Rückruf und Entfernung aus den Vertriebswegen, Schadensersatz und Entschädigungszahlung aus dem Klagepatentanspruch 1 beantragt. Diese Anträge hat sie mit Schriftsatz vom 30.09.2010 und 28.03.2011 und in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen.

EntscheidungsgründeDie Klage ist zulässig, und begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagten zu 1) und 2) Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung, Rückruf, Zahlung einer angemessenen Entschädigung und von Schadensersatz dem Grunde nach aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ, Art. II § 1 Abs. 1 S. 1 IntPatÜG, §§ 139 Abs. 1 und 2, 140a Abs. 1 und 3, 140b Abs. 1 PatG, §§ 242, 259 BGB, hinsichtlich des Entschädigungsanspruchs teilweise in Verbindung mit § 398 BGB.

I.

Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche für die Zeit seit ihrer Eintragung im Patentregister am 29.06.2006 aus eigenem Recht zu. Für die Zeit vor ihrer Eintragung im Patentregister hat sie einen Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Entschädigung dem Grunde nach - nur dieser Anspruch ist von der Änderung des Patentregisters betroffen - aus übergegangenem Recht.

1.

Für die geltend gemachten Ansprüche aus Handlungen, die in der Zeit seit der Eintragung der Klägerin als Anmelderin oder später als Patentinhaberin im Patentregister begangen wurden, ergibt sich die Aktivlegitimation der Klägerin aus § 30 PatG beziehungsweise Art. II § 1 Abs. 1 S. 1 IntPatÜG. Danach ist die Klägerin als eingetragene Anmelderin beziehungsweise Inhaberin berechtigt, die Ansprüche aus dem Klagepatent und der zugrundeliegenden Patentanmeldung für die Zeit seit ihrer Eintragung im Patentregister vor Gericht geltend zu machen. Für die vom 14.02.2004 bis zum 28.06.2006 begangenen Handlungen kann die Klägerin hingegen grundsätzlich nur Entschädigungsansprüche aus übergegangenem Recht geltend machen.

Nach der jüngsten Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Düsseldorf richtet sich der Anspruch auf Schadensersatz strikt nach dem Rollenstand. Danach ist nicht nur ein Bestreiten der materiellen Rechtslage durch den Verletzungsbeklagten unerheblich; auch der eingetragene oder eingetragen gewesene Kläger selbst kann sich nicht darauf berufen, dass er bereits vor der Umschreibung materiellrechtlich Inhaber des Patents geworden sei und deshalb schon im Hinblick auf vor dem Umschreibungstag begangene Verletzungshandlungen die Verpflichtung zum Ersatz seines Schadens (und nicht des Schadens des Voreingetragenen) festzustellen sei. Die Bindung an den Rollenstand kann damit zwar Nachteile bei der Schadensberechnung mit sich bringen. Diese Nachteile den Kläger tragen zu lassen, ist jedoch nicht unbillig, weil es seine Sache gewesen wäre, beizeiten für eine Umschreibung zu sorgen, damit der formelle Rollenstand zügig mit der materiellen Rechtslage in Übereinstimmung kommt. Der Rechtsfolge des § 30 Abs. 3 Satz 2 PatG kann der noch nicht eingetragene Erwerber nicht dadurch entgehen, dass er als gewillkürter Prozessstandschafter des noch eingetragenen Altinhabers klagt. Es bedarf vielmehr einer Abtretung der Schadensersatzansprüche seitens des Altinhabers auf den Neuinhaber (OLG Düsseldorf Urteil vom 13.01.2011, Az. I- 2 U 56/09).

Die vorstehenden Grundsätze gelten auch für Ansprüche auf Rückruf und Entfernung aus den Vertriebswegen, Auskunft und Rechnungslegung und Zahlung einer angemessenen Entschädigung. Auch wenn sich der letztgenannte Anspruch nach Art. II § 1 Abs. 1 IntPatÜG richtet, sind die vom OLG Düsseldorf aufgestellten Grundsätze ohne Einschränkung übertragbar. Denn nach dieser Regelung hat der (formale) Anmelder einer veröffentlichten europäischen Patentanmeldung, mit der für die Bundesrepublik Deutschland Schutz begehrt wird, Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Entschädigung.

Die vorstehenden Erwägungen sind zudem nicht nur auf genuin deutsche Patente, sondern auch auf europäische Patente übertragbar. Für die Zeit nach der Patenterteilung ergibt sich dies aus Art. 2 Abs. 2 EPÜ, wonach das europäische Patent in jedem Vertragsstaat, für den es erteilt worden ist, dieselbe Wirkung hat und denselben Vorschriften unterliegt, wie ein in diesem Staat erteiltes nationales Patent, soweit das EPÜ nichts anderes bestimmt. Auf deutsche Teile europäischer Patente ist deswegen auch § 30 Abs. 3 Satz 2 PatG anwendbar, der bestimmt, dass, solange eine Änderung im Register nicht eingetragen ist, der frühere Anmelder, Patentinhaber, Vertreter oder Zustellungsbevollmächtigte nach Maßgabe des Patentgesetztes berechtigt und verpflichtet bleibt. Gleiches ergibt sich für die Zeit vor der Patentanmeldung aus Art. 74 EPÜ. Nach dieser Regelung unterliegt eine Patentanmeldung als Gegenstand des Vermögens in jedem benannten Vertragsstaat und mit Wirkung für diesen Staat dem Recht, das in diesem Staat für Patentanmeldungen gilt. Da "Vermögensfragen" betroffen sind, wenn es um die Zuordnung einer Patentanmeldung zu einem bestimmten Vermögensträger geht, gilt insofern das nationale Recht der Bundesrepublik Deutschland und damit die vorstehenden Grundsätze auch für eine europäische Patentanmeldung (vgl. zu diesem Abschnitt OLG Düsseldorf Urteil vom 27.01.2011, Az. I- 2 U 18/09).

2.

Der Anspruch auf Entschädigung für die Zeit vom 14.02.2004 bis zum 28.06.2006 wurde der Klägerin wirksam von der Rechtsnachfolgerin der im damaligen Zeitraum eingetragenen Anmelderin abgetreten. Ausweislich des Antrags der klägerischen Patentanwälte auf Umschreibung des Patentregisters (Anlage K 13) einschließlich der beigefügten Bestätigung der C (Anlage K 12) war bis zur Umschreibung des Patentregisters auf die Klägerin als Anmelderin des Klagepatents die Beingetragen. Diese firmierte ausweislich des von der Klägerin vorgelegten Handelsregisterauszugs (Anlage K 11) bereits seit dem 20.04.2004 als C in das Vermögen C vormals B ist ihre Komplementärin, die D. Das diesbezügliche Vorbringen der Kläger haben die Beklagten nicht in erheblicher Weise bestritten.

Die Klägerin hat zunächst vorgetragen, die B International Beteiligungs-GmbH als einzige Kommanditistin der C habe der D als deren einziger Komplementärin am 25.11.2008 ihren Kommanditanteil übertragen. Dadurch sei die D Rechtsnachfolgerin der C geworden. Bis dahin durften sich die Beklagten darauf beschränken, die gesellschaftsrechtlichen Vorgänge allgemein mit Nichtwissen zu bestreiten. Die Klägerin hat daraufhin jedoch ihren Sachvortrag durch die Vorlage von Handelsregisterauszügen und des Kommanditanteilskauf- und -übertragungsvertrages vom 25.11.2008 (in Kopie) weiter substantiiert. Aus dem Handelsregisterauszug der BbeziehungsweiseC(Anlage K 23.1) ergibt sich, dass zuletzt die B International Beteiligungs-GmbH einzige Kommanditistin war. Aus dem weiteren Handelsregisterauszug der C(Anlage K 23.3) ist ersichtlich, dass die einzige Kommanditistin aus der Gesellschaft ausschied und die Firma erloschen ist. Bereits daraus ergibt sich, dass die einzig verbliebene Komplementärin, die D Rechtsnachfolgern der C wurde. Wenn nämlich - wie im vorliegenden Fall - von zwei Gesellschaftern einer Personenhandelsgesellschaft einer aus der Gesellschaft ausscheidet, geht das Gesellschaftsvermögen auf den Verbliebenen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge oder der Anwachsung über (Baumbach/Hopt, HGB 34. Aufl.: § 131 Rn 35 m.w.N.). Dass der Kommanditanteil einem Dritten übertragen wurde oder eine anderweitige Übertragung des Gesellschaftsvermögens kraft Vereinbarung erfolgte, haben auch die Beklagten nicht vorgetragen. Vielmehr hat die Klägerin eine Kopie eines Kommanditanteilskauf- und -übertragungsvertrages vorgelegt (Anlage K 23), mit dem die die einzige Kommanditistin der C, die B International Beteiligungs-GmbH, der D ihren Kommanditanteil übertrug. Nach diesem Vortrag der Klägerin hätte es den Beklagten oblegen, ihr Bestreiten weiter zu substantiieren und zu erklären, welche konkreten Tatsachen von ihnen bestritten werden. Die Beklagten haben selbst die Auffassung geäußert, aufgrund nicht vorgelegter Unterlagen könne schon nicht geprüft werden, inwieweit die D tatsächlich Rechtsnachfolgerin der C geworden sei. Nachdem die Klägerin ihren Sachvortrag substantiiert und Unterlagen jedenfalls in Kopie vorgelegt hatte, wäre es daher Aufgabe der Klägerin gewesen, ihr Bestreiten hinsichtlich der "gesellschaftsrechtlichen Vorgänge" zu konkretisieren. Erst dann wäre gegebenenfalls Anlass gegeben für eine Beweisaufnahme und eine Vorlage des Kommanditanteilskauf- und -übertragungsvertrages im Original.

Die D trat der Klägerin den ursprünglich in das Gesellschaftsvermögen der B fallenden Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Entschädigung aus Art. II § 1 Abs. 1 IntPatÜG mit dem Bestätigungsvertrag vom 30.09.2010 ab. Da es für die Person, in der ursprünglich die Ansprüche auf Entschädigung beziehungsweise wegen Patentverletzung entstehen, allein auf den Rollenstand ankommt, sind von der Klägerin vorgetragene frühere Übertragungsakte, die sich auf die Patentanmeldung oder das Klagepatent beziehen, ohne Bedeutung. Gleiches gilt für die von den Beklagten in der mündlichen Verhandlung vermutete Übertragung von Schutzrechten auf das Unternehmen G im Rahmen einer Übertragung eines Betriebsteils im Januar 2003. Erst mit dem Bestätigungsvertrag vom 30.09.2010 übertrug die Rechtsnachfolgerin der ursprünglichen Anspruchsinhaber, die D, der Klägerin den Entschädigungsanspruch. Unter Ziffer II. 4. des Vertrages erklärten die Vertragspartner, dass die D der Klägerin alle ihr aus der Patentanmeldung und/oder dem Klagepatent zustehenden Ansprüche gegen Dritte, auch sofern sie die Vergangenheit betreffen, überträgt.

II.

Das Klagepatent betrifft eine Rohrbiegemaschine mit Rohrvorschub und Dornrückzug.

Nach der Klagepatentschrift sind Rohrbiegemaschinen im Stand der Technik beispielsweise aus der US-H bekannt. Das zu biegende Rohr werde bei solchen Maschinen mittels eines Rohrvorschubs dem Biegewerkzeug zugestellt. Dafür weise der Rohrvorschub einen Rohrhalter auf, der in Rohrlängsrichtung an einer am Maschinengrundkörper angeordneten Längsführungseinrichtung geführt sei. Der Rohrvorschub selbst sei mittels eines Antriebs entlang einer am Maschinengrundkörper zugeordneten Antriebseinrichtung bewegbar. Mit dem Dornvorschub sei ein Biegedorn in Rohrlängsrichtung zwischen einer Gebrauchs- und einer Rückzugsstellung hin und her bewegbar. Der Biegedorn sei biegewerkzeugseitig an einer in Rohrlängsrichtung verlaufenden Rohrstange befestigt, die von einem Rohrstangenhalter gehalten werde. Letzterer sei in Rohrlängsrichtung an der maschinengrundkörperseitigen Längsführung geführt und mittels eines Dornstangenantriebes mit einer dem Maschinengrundkörper zugeordneten Antriebseinrichtung bewegbar.

Eine weitere Rohrbiegemaschine wird laut Klagepatentschrift in der DE I offenbart. Um das zu biegende Rohr nach und nach dem Biegewerkzeug zuzuführen, diene ein Rohrvorschub mit einem in Rohrlängsrichtung verfahrbaren Vorschubwagen. Dieser werde durch einen am Maschinenrahmen motorisch bewegten Zahnriemen in Rohrlängsrichtung angetrieben. Zur Führung dieser Längsbewegung dienten Führungsrollen am Rohrvorschubwagen, die ihrerseits mit einer Längsführung des Maschinenrahmens zusammenwirkten. Ebenso sehe diese Rohrbiegemaschine einen Biegedorn vor, der dafür sorge, dass der Rohrquerschnitt bei der Bearbeitung nicht in unerwünschter Weise verformt werde. Kurz vor Beendigung des Biegevorgangs werde der Biegedorn aus seiner Gebrauchs- in eine Rückzugsstellung geführt. Der Dorn sei dafür biegewerkzeugseitig am Ende einer in Rohrlängsrichtung verlaufenden Dornstange gehalten, die wiederum den Vorschubwagen durchsetze und ihrerseits an einer Aufnahmevorrichtung gehalten sei, die mittels einer an dem Maschinenrahmen angebrachten Kolben-Zylinder-Anordnung in Rohrlängsrichtung verschiebbar sei.

An dieser Rohrbiegemaschine wird in der Klagepatentschrift als nachteilig angesehen, dass es zur Ausführung der Bewegungen von Vorschubwagen und Biegedorn eines verhältnismäßig großen konstruktiven Aufwandes bedürfe. Die Bewegung der Aufnahmevorrichtung für die Dornstange in Rohrlängsrichtung sei dem Betrag nach eng begrenzt.

Vor diesem Hintergrund liegt dem Klagepatent die Aufgabe (das technische Problem) zugrunde, den Stand der Technik in dieser Hinsicht zu verbessern. Dies soll durch den Klagepatentanspruch 2 geschehen, dessen Merkmale sich wie folgt gliedern lassen:

1. Rohrbiegemaschine

2. mit einem Biegewerkzeug (3);

3. mit einem Rohrvorschub (9),

3.1 mittels dessen ein zu biegendes Rohr (6, 6a) in Rohrlängsrichtung (12) gegenüber dem Biegewerkzeug (3) zustellbar ist und

3.2 der einen Rohrhalter (8) aufweist,

3.2.1 welcher in Rohrlängsrichtung (12) an einer an einem Maschinengrundkörper (2) vorgesehenen Längsführungseinrichtung (16) geführt ist und

3.2.2 welcher mittels eines Rohrvorschubantriebes mit einer maschinengrundkörperseitigen Antriebseinrichtung (15) bewegbar ist;

4. mit einem Dornrückzug (19),

4.1 mittels dessen ein an einer in Rohrlängsrichtung (12) verlaufenden Dornstange (20, 20a) biegewerkzeugseitig angebrachter Biegedorn (21) in Rohrlängsrichtung (12) zwischen einer Gebrauchs- und einer Rückzugsstellung hin und her bewegbar ist,

4.2 der einen an einem Wagen (23) vorgesehenen Dornstangenhalter (24) aufweist,

4.2.1 welcher in Rohrlängsrichtung (12) an der maschinengrundkörperseitigen Längsführungseinrichtung (16) geführt ist und

4.2.2 welcher mittels eines Dornstangenantriebes mit einer maschinengrundkörperseitigen Antriebseinrichtung (15) bewegbar ist,

4.3 wobei zur Bewegung des Dornstangenhalters (24) in Rohrlängsrichtung (12) der Wagen (23) mit dem Dornstangenhalter (24)

4.3.1 mittels eines an dem Wagen (23) vorgesehenen Motors (22) in Rohrlängsrichtung (23) antreibbar und

4.3.2 an der maschinengrundkörperseitigen Antriebseinrichtung (15) bewegbar ist;

4.4 die maschinengrundkörperseitigen Antriebseinrichtung (15) für den Dornstangenhalter (24) ist gleichzeitig als maschinengrundkörperseitige Antriebseinrichtung (15) für den Rohrhalter (8) vorgesehen.

Nach der Klagepatentschrift hat die Nutzung der maschinengrundkörperseitigen Antriebseinrichtung sowohl für den Dornstangenhalter als auch für den Rohrhalter den Vorteil, dass der konstruktive Aufwand zur Bewegung von Dornstangenhalter und Rohrhalter gering ist. Vorteilhaft sei es auch, dass für Dornstangenhalter und Rohrhalter Antriebssysteme gleicher Bauweise verwendet werden könnten. Weiterhin lasse sich der Dornstangenhalter nunmehr über eine große Strecke bewegen. Eine flexible Abstimmung des Dornrückzugs auch auf sich in weiten Grenzen ändernde Längen zu bearbeitender Rohre sei möglich. Auch bei großen Rohrlängenänderungen könne der Dornstangenhalter einer erfindungsgemäßen Rohrbiegemaschine dem in unterschiedliche Anfangspositionen bewegten Rohrhalter folgen.

III.

Im Stand der Technik nach der DE I diente für die Bewegung des Rohrvorschubs ein am Maschinenrahmen motorisch bewegter Zahnriemen und für die Bewegung des Biegedorns eine am Maschinenrahmen angebrachte Kolben-Zylinder-Anordnung. Davon unterscheidet sich die Lehre des Klagepatentanspruchs dadurch, dass der Rohrhalter mittels eines Rohrvorschubantriebes mit einer maschinengrundkörperseitigen Antriebseinrichtung (Merkmal 3.2.2) und der Dornhalter mittels eines am Wagen vorgesehenen Motors an der maschinengrundkörperseitigen Antriebseinrichtung bewegbar ist (Merkmalsgruppe 4.3). Das Problem, das im Stand der Technik mit dem konstruktiven Aufwand für die Bewegung von Rohrhalter und Dornhalter verbunden war, löst das Klagepatent dadurch, dass die maschinengrundkörperseitige Antriebseinrichtung für den Dornstangenhalter gleichzeitig als maschinengrundkörperseitige Antriebseinrichtung für den Rohrhalter vorgesehen ist (Merkmal 4.4).

Entgegen der Auffassung der Beklagten verlangt der Klagepatentanspruch nicht, dass eine erfindungsgemäße Rohrbiegemaschine nur eine - im Sinne einer einzigen - Antriebseinrichtung aufweisen darf. Die Wortwahl "eine" maschinengrundkörperseitige Antriebseinrichtung im Klagepatentanspruch (Merkmale 3.2.2 und 4.2.2) ist nicht als Zahlwort, sondern als unbestimmter Artikel zu verstehen. Dies ergibt sich bereits aus dem Unteranspruch 5 des Klagepatents, nach dem die gemeinsame maschinengrundkörperseitige Antriebseinrichtung wenigstens eine Zahnstange aufweist. Im Umkehrschluss folgt daraus, dass auch mehrere Zahnstangen "eine" gemeinsame Antriebseinrichtung bilden können. Daraus folgt zugleich, dass die von Rohrhalter und Dornhalter gemeinsam genutzte Antriebseinrichtung entgegen der Auffassung der Beklagten nicht einmal einstückig ausgebildet sein muss, da nach dem Unteranspruch 5 "die gemeinsame maschinengrundkörperseitige Antriebseinrichtung" mehrere Zahnstangen aufweisen darf.

Die Beklagten können sich für ihre Auffassung nicht mit Erfolg auf die Beschreibung des Klagepatents berufen, in der es heißt: "vorgesehen ist eine gemeinsame maschinengrundkörperseitige Antriebseinrichtung für Dornstangenhalter und Rohrhalter" (Sp. 2 Z. 11-15 der Klagepatentschrift, Anlage K 1; Hervorhebung seitens der Kammer). Die Wortwahl "eine gemeinsame" macht nur deutlich, dass die Antriebseinrichtung sowohl vom Dornstangenhalter, als auch vom Rohrhalter genutzt wird. In der Klagepatentschrift wird dafür auch der Begriff "Doppelnutzung" verwendet (vgl. Sp. 2 Z. 15 der Klagepatentschrift, Anlage K 1). Bestimmte Anforderungen an die räumlich körperliche Gestaltung der Antriebseinrichtung, insbesondere die Einstückigkeit der Antriebseinrichtung, sind damit nicht verbunden und finden sich auch nicht im Klagepatentanspruch. Das Problem, den konstruktiven Aufwand zur Bewegung von Dornstangenhalter und Rohrhalter zu verringern, wird bereits durch die Doppelnutzung der Antriebseinrichtung gelöst (Sp. 2 Z. 15-18 der Klagepatentschrift, Anlage K 1), weil nicht wie im Stand der Technik für den Dornstangenhalter eine von der Antriebseinrichtung für den Rohrhalter gesonderte Antriebseinrichtung erforderlich ist. Infolgedessen können für Dornstangenhalter und Rohrhalter, wie in der Klagepatentschrift beschrieben, Antriebssysteme gleicher Bauweise verwendet werden (Sp. 2 Z. 18-22 der Klagepatentschrift, Anlage K 1). Dafür ist es nicht erforderlich, eine einzige oder einstückige Antriebseinrichtung vorzusehen, solange die Antriebseinrichtung sowohl vom Dornstangenhalter, als auch vom Rohrhalter genutzt wird.

Es mag zwar sein, dass eine mehrteilige Antriebseinrichtung mit einem höheren konstruktiven Aufwand verbunden ist als eine einstückige Lösung. Es handelt sich dabei aber allenfalls um eine Schlechtausführung. Die Lehre des Klagepatentanspruchs wird bereits dann verwirklicht, wenn eine wie auch immer räumlichkörperlich gestaltete maschinengrundkörperseitige Antriebseinrichtung sowohl vom Dornstangenhalter als auch vom Rohrhalter genutzt wird. Unter der Nutzung versteht das Klagepatent insofern, dass die beiden Halter mittels eines Antriebes an der Antriebseinrichtung bewegbar sind. Der Begriff "gleichzeitig" verlangt lediglich, dass die Antriebseinrichtung vom Rohrhalter und vom Dornstangenhalter gemeinsam genutzt wird.

IV.

Die angegriffene Ausführungsform macht von der Lehre des Klagepatentanspruchs wortsinngemäß Gebrauch. Die Parteien streiten insofern allein über die Verwirklichung der Merkmale 4.3.2 und 4.4. Sie gehen zu Recht davon aus, dass die angegriffene Ausführungsform alle übrigen Merkmale des Klagepatentanspruchs aufweist. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Wagen mit dem Dornstangenhalter aber auch an der maschinengrundkörperseitigen Antriebseinrichtung bewegbar, die gleichzeitig als maschinengrundkörperseitige Antriebseinrichtung für den Rohrhalter vorgesehen ist.

Die maschinengrundkörperseitige Antriebseinrichtung für den Rohrhalter der angegriffenen Ausführungsform wird durch zwei Zahnstangen gebildet, die seitlich am Rahmen der beanstandeten Rohrbiegemaschine befestigt sind. Dabei ist die zum Biegewerkzeug hin orientierte Zahnstange etwas schmaler als die zum anderen Ende der Rohrbiegemaschine orientierte Zahnstange. Trotz der Unterschiede in der Breite ist der Rohrhalter mittels eines Rohrvorschubantriebes mit beiden Zahnstangen bewegbar (Merkmal 3.2.2).

Unstreitig ist auch der Dornstangenhalter mittels eines an dem Wagen angeflanschten Elektromotors in Rohrlängsrichtung antreibbar (Merkmal 4.3.1), indem ein von diesem Motor angetriebenes Ritzel in die am Maschinengrundkörper angebrachten Zahnstangen eingreift. Damit ist der Dornstangenhalter an der maschinengrundkörperseitigen Antriebseinrichtung in der Form der beiden Zahnstangen bewegbar (Merkmal 4.3.2). Da der Dornstangenhalter über beide Zahnstangen verfahren werden kann, dienen die Zahnstangen als maschinengrundkörperseitige Antriebseinrichtung sowohl für den Dornstangenhalter, als auch für den Rohrhalter (Merkmal 4.4).

Soweit die Beklagten bestreiten, dass der Rohrstangenhalterwagen bei bestimmungsgemäßem Gebrauch an der schmaleren Zahnstange bewegbar sei, ist dies unerheblich. Denn es ist unstreitig, dass der Rohrstangenhalterwagen grundsätzlich - wenn auch nicht unbedingt bestimmungsgemäß - an der schmaleren Zahnstange bewegbar ist. Eine Patentverletzung liegt aber bereits dann vor, wenn die Merkmale des Patentanspruchs verwirklicht sind und die angegriffene Ausführungsform objektiv geeignet ist, die patentgemäßen Eigenschaften und Wirkungen zu erreichen. Einer Patentverletzung steht nicht entgegen, dass eine Vorrichtung normalerweise anders bedient wird und die Abnehmer deshalb von der patentverletzenden Lehre regelmäßig keinen Gebrauch machen. Die Patentverletzung entfällt in einem solchen Fall selbst dann nicht, wenn der Hersteller ausdrücklich eine andere Verwendung seiner Vorrichtung empfiehlt, solange die Nutzung der patentgemäßen Lehre möglich bleibt, (BGH GRUR 2006, 399 - Rangierkatze).

V.

Die Beklagte zu 1) hat die mit dem Klagepatent geschützte Erfindung im Sinne von § 9 S. 1 und 2 Nr. 1 PatG - mit Ausnahme des Herstellens - benutzt. Gleiches gilt für die Beklagte zu 2).

1.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Beklagte zu 1) die angegriffene Ausführungsform in der Bundesrepublik Deutschland anbietet und in Verkehr bringt. Dies ergibt sich auch aus dem von der Beklagten zu 1) inhaltlich zu verantwortenden Internetauftritt unter www.blmgroup.com und www.blmgroup.de, mit dem die angegriffene Ausführungsform weiterhin angeboten wird (Anlage K 6). Die Beklagte zu 1) kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass in Deutschland seit April 2006 eine geänderte Ausführungsform angeboten und vertrieben werde. Denn bei dieser geänderten Ausführungsform handelt es sich um die streitgegenständliche angegriffene Ausführungsform, wie sie beispielsweise aus dem Baujahr 2007 von den Beklagten besichtigt werden konnte.

2.

Die Beklagte zu 2) hat die angegriffene Ausführungsform ebenfalls angeboten. Grundsätzlich trifft den (bloßen) Inhaber einer Domain zwar keine Haftung für Rechtsverletzungen, die durch den von einem Dritten zu verantwortenden Inhalt der Website begangen werden (BGH GRUR 2009, 1093, 1095 - Focus Online). Im vorliegenden Fall gehören die für den Inhalt der Website verantwortliche Beklagte zu 1) und die als Domaininhaberin fungierende Beklagte zu 2) jedoch demselben Konzern an. Die Beklagte zu 2) hält die Domain zugunsten der Beklagten zu 1), die dort auch im Interesse der Beklagten zu 2) die B, die zu dieser Gruppe gehörigen Gesellschaften und die Geschäftstätigkeit der Gruppe beschreibt. Aufgrund des gewollten Zusammenwirkens der beiden Beklagten haftet die Beklagte zu 2) gemeinschaftlich mit der Beklagten zu 1) - sei es als Mittäter oder Gehilfe - auch für die von dieser auf der Website begangenen Patentverletzungen, die der Beklagten zu 2) damit zurechenbar sind.

Selbst wenn man eine Mittäterschaft oder Teilnahme der Beklagten zu 2) verneinen wollte, ergibt sich eine Haftung für die Inhalte auf der Website www.blmgroup.de jedenfalls aus der Verletzung von Prüfungspflichten durch die Beklagte zu 2). Der Umfang der Haftung des Domaininhabers bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung der Inhalte der zur Verfügung gestellten Domain zuzumuten ist (BGH GRUR 2009, 1093, 1094 - Focus Online). Dem bloßen Domaininhaber mag zwar ein Prüfung der Inhalte einer Website nur dann zumutbar sein, wenn er konkrete Anhaltspunkte für (drohende) Rechtsverletzungen hat (BGH GRUR 2009, 1093, 1095 - Focus Online). Davon unterscheidet sich der vorliegende Fall jedoch dadurch, dass die beiden Beklagten über die BLM-Gruppe gesellschaftsrechtlich verbunden sind und die Beklagte zu 1) auf der Website den gemeinsamen Internetauftritt der BLM-Gruppe und der ihr angehörigen Unternehmen betreibt. Wenn aber der Domaininhaber einem Dritten die Domain zur Nutzung überlässt und es - wie im vorliegenden Fall - ihm bekannt und von ihm gewollt ist, dass der Dritte unter der Domain auch seinen - des Domaininhabers - Internetauftritt gestaltet, treffen den Domaininhaber gesteigerte Prüfungspflichten. Auch ohne konkrete Anhaltspunkte muss dieser jedenfalls prüfen, ob er im Rahmen des auch ihn betreffenden Internetauftritts mit rechtsverletzenden Inhalten in Verbindung gebracht werden kann. Das ist hier der Fall, weil die angegriffene Ausführungsform unter der Domain www.blmgroup.de angeboten wird und die Beklagte zu 2) unter der Rubrik "Verkauf" als Vertriebsgesellschaft für den Postleitzahlenbereich 1, 6, 8 und 9 in der Bundesrepublik Deutschland jedenfalls bis April 2010 genannt war. Die Änderung des Internetauftritts ändert nichts an der Haftung der Beklagten zu 1) für die bereits begangene Patentverletzung. Auch die für einen Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr wird dadurch nicht ausgeräumt.

VI.

Aufgrund der wortsinngemäßen Benutzung der patentgemäßen Erfindung durch die Beklagten ergeben sich die nachstehenden Rechtsfolgen.

Die Beklagten sind der Klägerin gemäß Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 139 Abs. 1 PatG zur Unterlassung verpflichtet, da die Benutzung des Erfindungsgegenstands ohne Berechtigung erfolgte.

Die Klägerin hat gegen die Beklagten - teilweise aus übergegangenem Recht (s.o.) - dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Entschädigung gemäß Art. II § 1 Abs. 1 IntPatÜG, da diese den Gegenstand der Patentanmeldung genutzt haben, obwohl sie wissen mussten, dass die Erfindung Gegenstand der dem Klagepatent zugrunde liegenden Patentanmeldung war. Einer Differenzierung im Urteilstenor wie in den Hilfsanträgen nach den Zeitpunkten, zu denen die Patentanmeldung vermeintlich übertragen wurde, bedarf es nicht, weil die angemessene Entschädigung unabhängig von der Person des Gläubigers des Entschädigungsanspruchs bemessen wird und lediglich an den jeweiligen Inhaber des Anspruchs zu zahlen ist. Dies ist nach der Abtretung des Entschädigungsanspruchs im Bestätigungsvertrag die Klägerin.

Weiterhin hat die Klägerin gegen die Beklagten dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 139 Abs. 1 und 2 PatG, weil die Beklagten die Patentverletzung schuldhaft begingen. Als Fachunternehmen hätten sie die Patentverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 BGB. Es ist auch nicht unwahrscheinlich, dass der Klägerin als Inhaberin des Klagepatents durch die Patentverletzung ein Schaden entstanden ist. Da es insofern allein auf den Rollenstand ankommt (s.o.), ist es unbeachtlich, ob das Klagepatent der Klägerin materiellrechtlich bereits vor seiner Erteilung oder zu einem anderen Zeitpunkt danach übertragen wurde. Denn die Klägerin war seit der Erteilung des Klagepatents im Patentregister eingetragen. Das für die Zulässigkeit des Feststellungsantrags gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich daraus, dass die Klägerin derzeit nicht in der Lage ist, den konkreten Schaden zu beziffern und ohne eine rechtskräftige Feststellung der Schadensersatzpflicht die Verjährung von Schadensersatzansprüchen droht.

Der Klägerin steht gegen die Beklagten auch ein Anspruch auf Rechnungslegung und Auskunft aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 140b Abs. 1 PatG, §§ 242, 259 BGB zu. Der Anspruch auf Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der angegriffenen Ausführungsform ergibt sich aufgrund der unberechtigten Benutzung des Erfindungsgegenstands unmittelbar aus § 140b Abs. 1 PatG, der Umfang der Auskunftspflicht aus § 140b Abs. 3 PatG. Die weitergehende Auskunftspflicht und die Verpflichtung zur Rechnungslegung folgen aus §§ 242, 259 BGB, damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch zu beziffern. Die Klägerin ist auf die tenorierten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt, und die Beklagten werden durch die von ihnen verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet.

Schließlich hat die Klägerin gegen die Beklagten einen Anspruch auf Rückruf der angegriffenen Rohrbiegemaschinen des Typs E-Turn gemäß Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. § 140a Abs. 3 PatG, da die Beklagten mit der angegriffenen Ausführungsform dieses Typs die klagepatentgemäße Erfindung im Sinne von § 9 S. 2 Nr. 1 PatG benutzt, ohne dazu berechtigt zu sein. Es macht insofern keinen Unterschied, ob die Beklagte zu 1) ihren Sitz in der Bundesrepublik Deutschland oder im Ausland hat. Allerdings sind lediglich solche Maschinen zurückzurufen, die nach der Erteilung des Klagepatents am 26.03.2008 in Verkehr gebracht wurden, da der Vertrieb im Zeitraum davor rechtmäßig erfolgte und keine Patentbenutzung im Sinne von § 9 PatG darstellte.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Verurteilung zum Rückruf nicht gemäß § 140a Abs. 4 PatG wegen Unverhältnismäßigkeit ausgeschlossen. Die Beklagten machen geltend, es bestehe die Möglichkeit, die ausgelieferten Rohrbiegemaschinen bei den Kunden derart abzuändern, dass sie vom Gegenstand des Klagepatents keinen Gebrauch mehr machten. Dazu müssten die Maschinen lediglich so umgebaut werden, dass eine Lücke zwischen den beiden Zahnstangenteilen entstehe, und gegebenenfalls ein Anschlag angebracht und die Software geändert werden. Dann könnte der Rohrhalter nur an der einen Zahnstange und der Dornstangenhalter nur an der anderen Zahnstange fahren. Diese Arbeiten lägen mit 5.000,00 EUR weit unterhalb des Kaufpreises für die Maschinen von ungefähr 200.000,00 EUR. Dieser Vortrag vermag eine Unverhältnismäßigkeit des Rückrufanspruchs nicht zu begründen. Die Klägerin hat darauf hingewiesen, dass bei einem bloßen Umbau die Gefahr bestehe, dass die Rohrbiegemaschine nachträglich wieder in den ursprünglichen patentverletzenden Zustand versetzt und wieder in Verkehr gebracht werde. Dieses Risiko ist mit Blick auf die von den Beklagten dargestellten Umbaumaßnahmen, die bis auf die Softwareänderung lediglich den Charakter einfacher Montagearbeiten haben, durchaus gegeben. Was die Softwareänderungen angeht, haben die für die Unverhältnismäßigkeit darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten nicht dargelegt, welche Änderungen im Einzelnen erforderlich sind. Abgesehen davon erschließt sich auch nicht, warum die Kunden der Beklagten zu 1) mit solchen Umbaumaßnahmen an der von ihnen jeweils erworbenen Rohrbiegemaschine einverstanden sein sollten. Immerhin beträgt der Kaufpreis nach der Behauptung der Beklagten ungefähr 200.000,00 EUR für eine Maschine, die anders als beim Erwerb erwartet nur eingeschränkt nutzbar ist, weil der Dornstangenhalter und der Rohrhalter nicht mehr über die gesamte Länge der Maschine verfahren werden können. Neben den Kosten für die Umbaumaßnahmen ist insofern zusätzlich ein erheblicher Abschlag auf den ursprünglichen Kaufpreis zu erwarten. Damit relativiert sich aber bereits die Differenz zwischen dem ursprünglichen Kaufpreis und den mit den Umbaumaßnahmen verbundenen Kosten. Vor diesem Hintergrund kann von einer Unverhältnismäßigkeit des Rückrufs nicht ausgegangen werden. Dabei ist letztlich auch zu berücksichtigen, dass im Falle der Unverhältnismäßigkeit der Rückrufanspruch ausgeschlossen ist. Für eine Verurteilung zu einer anderen Maßnahme bietet das Gesetz keinen Raum, kann daher auch nicht ohne weiteres erzwungen werden, geschweige denn von der Klägerin überprüft werden.

VI.

Für eine Aussetzung der Verhandlung besteht kein Anlass.

1.

Die technische Lehre des Klagepatentanspruchs 2 wird nicht durch die Entgegenhaltung US 4,959,984 (Anlage B 3.NK 2, in deutscher Übersetzung als Anlage B 3a) neuheitsschädlich vorweggenommen, weil jedenfalls das Merkmal 4.4 in der Entgegenhaltung nicht offenbart wird. Die Entgegenhaltung hat eine Rohrbiegemaschine zum Gegenstand, die unter anderem eine Aufnahmeschlitteneinheit (50) und einen Dornstangenschlitten (72) aufweist. Die Aufnahmeschlitteneinheit (50) wird ähnlich dem patentgemäßen Rohrvorschub durch einen Schlitten (51) mit einer Aufnahme (52) zur Aufnahme des axialen Hinterendes des zu biegenden Rohres gebildet. Die Bewegung des Aufnahmeschlittens (51) in Rohrlängsrichtung wird durch Zahnradgetriebe (56, 58) erreicht, die auf dem Schlitten (51) angebracht sind und mit am Maschinengrundkörper befestigten Zahnstangen (60, 62) im Eingriff stehen. Der Dornstangenschlitten (72) umfasst die Dornstange (70), die sich vom Dornstangenschlitten (72) durch die Aufnahme (52) und in das zu biegende Rohr (14) erstreckt. Im Betrieb der Maschine wird, nachdem die Aufnahmeschlitteneinheit (50) mit dem Rohr (14) positioniert ist, unter anderem die Dornstange (70) vom Dornstangenschlitten (72) zur Biegeposition ausgefahren. Nach dem Biegevorgang wird der Dornschlitten (44) in die Rohrzuführposition zurückgefahren. Nachdem das zu biegende Rohr aus der Spanneinrichtung des Biegewerkzeugs gelöst wurde, kann sich der Dornrückzugzylinder (73) zurückziehen und der Aufnahmeschlitten (51) kann das zu biegende Rohr für den nächsten Biegevorgang positionieren (S. 15 f der Anlage B 3a).

Nach diesen Ausführungen in der Entgegenhaltung B 3.NK 2 und auch mit Blick auf die Figur 2 ist bereits fraglich, ob der Dornstangenschlitten (72) unabhängig vom Dornrückzugzylinder (73) bewegbar ist oder die Bewegung nicht durch den Dornrückzugzylinder (73) erzeugt wird. Für eine Bewegung des Dornstangenhalters (72) allein durch den Dornrückzugszylinder (73) spricht der Umstand, dass genau dieser Antrieb im Stand der Technik bekannt war (vgl. Sp. 1 Z. 54-58 der Klagepatentschrift, Anlage K1; Entgegenhaltung FR 2 737 674 A1, Anlage NK 5 zur B 3) und nicht einzusehen ist, warum der Dornstangenschlitten neben einem Dornrückzugzylinder einen weiteren Antrieb benötigen sollte. Aber selbst wenn man von einem vom Dornrückzugszylinder (73) unabhängigem Antrieb ausginge, wird in der Entgegenhaltung B 3.NK 2 nicht beschrieben, dass die Aufnahmeschlitteneinheit (50) und der Dornstangenschlitten (72) für ihre Bewegung eine gemeinsame maschinengrundkörperseitige Antriebseinrichtung - hier die Zahnstangen (60, 62) - benutzen (Merkmal 4.4). Die Entgegenhaltung B 3.NK 2 verhält sich schlicht nicht dazu, wie der Dornstangenschlitten bewegt wird. Ebenso wenig lässt sich der Figur 2 der Entgegenhaltung B 3.NK 2 entnehmen, ob der Dornstangenschlitten an den Zahnstangen (60, 62) angetrieben wird. Soweit die Beklagte zu 1) im Nichtigkeitsverfahren die Auffassung vertritt, der Klagepatentanspruch 2 sei dahingehend auszulegen, dass eine Bewegung des Dornstangenhalters (oder -schlittens) entlang der Antriebseinrichtung genüge, kann dem nicht gefolgt werden, weil dann für den Dornstangenhalter eine gesonderte Antriebseinrichtung erforderlich wäre. Dies will das Klagepatent aber gerade dadurch vermeiden, dass eine Doppelnutzung der einen Antriebseinrichtung sowohl durch den Dornstangenhalter, als auch durch den Rohrhalter erfolgt. Die maschinengrundkörperseitige Antriebseinrichtung muss daher auch tatsächlich dem Antrieb der beiden Halter dienen.

2.

Die erfindungsgemäße Lehre ergibt sich auch nicht durch eine Kombination der Entgegenhaltung B 3.NK 2 mit der Entgegenhaltung FR J(Anlage NK 5 zur B 3) in naheliegender Weise. Denn auch die Entgegenhaltung NK 5, die nicht einmal in deutscher Übersetzung vorgelegt worden ist, offenbart nicht das Merkmal 4.4. Zwar weist die in der Entgegenhaltung NK 5 offenbarte Rohrbiegemaschine zwei an derselben Antriebseinrichtung (Zahnstange) verschiebliche Vorrichtungen, nämlich den Rohrhalter (10) und eine Schubeinrichtung (17). Bei der Schubeinrichtung (17) handelt es sich aber nicht um den Dornstangenhalter. Die in der Entgegenhaltung NK 5 offenbarte Rohrbiegemaschine weist vielmehr eine Dornstange (29) mit einem Dorn (28) auf, deren hinteres Ende mit einem Kolben verbunden ist, den ein Zylinder (30) in Längsrichtung der Dornstange (29) beweglich führt. Damit dient die Antriebseinrichtung für den Rohrhalter (10) nicht gleichzeitig als Antriebseinrichtung für die Dornstange (29) im Sinne der Lehre des Klagepatentanspruchs 2. Abgesehen davon ist auch nicht dargelegt, aus welchem Anlass der maßgebliche Durchschnittsfachmann nunmehr den Antriebsmechanismus für die Schubeinrichtung (17) auf den Dornstangenhalter übertragen sollte. Es ist vielmehr naheliegend, in der Entgegenhaltung B 3.NK 2 auch den Zylinder-Kolben-Antrieb für den Rohrstangenhalter zu verwenden, wie es in der Beschreibung der Entgegenhaltung B 3.NK 2 angedeutet ist.

VII.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 und 2 ZPO. Dem von den Beklagten hilfsweise geltend gemachten Vollstreckungsschutzantrag war nicht stattzugeben, da sie die Voraussetzungen des § 712 Abs. 1 ZPO weder dargelegt, noch gemäß § 714 Abs. 2 ZPO glaubhaft gemacht hat.

Streitwert: 500.000,00 EUR

Dr. Crummenerl

Dr. Voß

Thomas






LG Düsseldorf:
Urteil v. 19.04.2011
Az: 4a O 129/09


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/7a562ce3d825/LG-Duesseldorf_Urteil_vom_19-April-2011_Az_4a-O-129-09




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