Landgericht Düsseldorf:
Urteil vom 8. März 2004
Aktenzeichen: 4a O 104/01

(LG Düsseldorf: Urteil v. 08.03.2004, Az.: 4a O 104/01)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Die Klägerin hat eine Vollstreckungsgegenklage gegen zwei Kostenfestsetzungsbeschlüsse der Beklagten eingereicht. Sie argumentiert, dass sie gegen die Kostenfestsetzungsansprüche der Beklagten mit einem eigenen Kostenerstattungsanspruch aufgerechnet hat. Die Klägerin behauptet, dass die Beklagte ihre gesetzliche Auskunftspflicht nach § 146 Patentgesetz verletzt hat. Gemäß § 146 Abs. 1 PatG ist eine Person, die Gegenstände mit einer Bezeichnung versieht, die den Eindruck erwecken kann, dass die Gegenstände durch ein Patent geschützt sind, dazu verpflichtet, auf Verlangen Auskunft darüber zu geben, auf welches Patent sich die Verwendung bezieht. Die Klägerin forderte die Beklagte auf, Auskunft über das Patent zu geben, auf das sie sich berief. Die Beklagte gab jedoch unvollständige Auskunft, was dazu führte, dass die Klägerin eine einstweilige Verfügung gegen sie beantragte. Nachdem die Beklagte später ein deutsches Patent erwähnte, wurde der Antrag zurückgenommen und die Klägerin wurde zur Zahlung der Kosten des Verfahrens verurteilt. Die Klägerin fordert nun Schadensersatz für die Kosten, die ihr wegen der unvollständigen Auskunft der Beklagten entstanden sind. Die Klägerin hat wirksam gegen die Kostenfestsetzungsansprüche der Beklagten aufgerechnet und die Klage ist daher erfolgreich.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

LG Düsseldorf: Urteil v. 08.03.2004, Az: 4a O 104/01


Tenor

In dem Rechtsstreit

hat die 4a. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 31. Juli 2001 durch den Richter am Oberlandesgericht x, den Richter am Landgericht x und die Richterin am Landgericht x

für Recht erkannt:

Die Zwangsvollstreckung aus dem Teil-Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Düsseldorf vom 15. März 2001 (Az.: 4 O 70/00 Q) und die Zwangsvollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Düsseldorf vom 30. April 2001 (Az.: 4 O 70/00 Q) werden für unzulässig erklärt.

Die Kosten des Rechtsstreits werden den Beklagten als Gesamtschuldner auferlegt.

III.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 9.100,-- DM vor läufig vollstreckbar.

Die Sicherheit kann auch durch die unbedingte Bürgschaft einer in Deutschland ansässigen, als Zoll- und Steuerbürgin zugelassenen Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand

Die Parteien waren Parteien des vor dem Landgericht Düsseldorf geführten Verfahrens umgekehrten Rubrums 4 O 70/00, in welchem die Beklagten den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Klägerin begehrten. In dem vorgenannten Verfahren wurde der Klägerin zunächst zugunsten der Beklagten zu 1. durch Beschlussverfügung vom 16. März 2000 untersagt, Rasiermesser unter der Bezeichnung "FEATHER" anzubieten und in den Verkehr zubringen. Außerdem wurde der Klägerin aufgegeben, gegenüber der Beklagten zu 1. Auskunft zu erteilen. Durch im selben Verfahren ergangenes Anerkenntnisurteil und Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 18. Mai 2000 wurde der Klägerin die Benutzung der Bezeichnung "FEATHER" auch auf den Antrag der Beklagten zu 2. untersagt. Ferner wurde die Klägerin auf Antrag der Beklagten zu 2. verurteilt, es zu unterlassen, bestimmte Nachbildungen von Produkten der Beklagten anzubieten und zu vertreiben, und es wurde ihr auf Antrag beider Beklagten untersagt, Rasiermesser unter der Bezeichnung "AB" zu vertreiben. Des weiteren wurde die Klägerin auch zur Auskunftserteilung gegenüber der Beklagten zu 1. verurteilt. Die Kosten des Verfügungsverfahrens 4 O 70/00 wurden der Klägerin zu 75% und den Beklagten zu 25% auferlegt. Gegen dieses Urteil legte die Klägerin Berufung ein. Nachdem die Parteien im Berufungsverfahren (20 U 126/00) das Verfahren übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt hatten, legte das Oberlandesgericht Düsseldorf durch Beschluss vom 31. Oktober 2000 der Klägerin 3/4 und den Beklagten 1/4 der erstinstanzlichen Kosten und der Klägerin ferner die Kosten der Berufung auf.

Aufgrund des Beschlusses des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 31. Oktober 2000 erwirkten die Beklagten am 15. März 2001 beim Landgericht Düsseldorf einenTeil-Kostenfestsetzungsbeschluss (4 O 70/00 Q; Anlage K 1). Gemäß diesem Teil-Kostenfestsetzungsbeschluss, der sich nur über die Kosten des Berufungsverfahrens 20 U 126/00 verhält und der Klägerin am 23. März 2001 zugestellt wurde, hat die Klägerin 4.863,-- DM nebst 4% Zinsen seit dem 23. November 2000 an die Beklagten zu erstatten.

Die Beklagten erwirkten sodann aufgrund des Beschlusses des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 31. Oktober 2000 beim Landgericht Düsseldorf am 30, April 2001 einen weiteren Kostenfestsetzungsbeschluss (Anlage K 3). Gemäß diesem Kostenfestsetzungsbeschluss, der sich über die in dem Verfahren 4 O 70/00 in erster Instanz entstandenen Kosten verhält, sind von der Klägerin weitere 1.955,11 DM nebst 4% Zinsen ab dem 23. November 2000 an die Beklagten zu erstatten.

Bereits mit anwaltlichem Schreiben vom 31. Januar 2001 (Anlage K 2) erklärte die Klägerin die Aufrechnung gegen den dem Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 31. Oktober 2000 zugrundeliegenden prozessualen Kostenerstattungsanspruch der Beklagten mit einem eigenen materiellrechtlichen Kostenerstattungsanspruch bzw. Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zu 2. in Höhe von DM 9.650,- DM. Den zur Aufrechnung gestellten Zahlungsanspruch leitet sie aus folgendem Sachverhalt ab.

In dem Verfahren 4 O 70/00 überreichten die Beklagten ein Werbeblatt als Anlage, in welchem ein Rasiermesser der Beklagten mit dem Hinweis "patented/brevetatto/patentiert" beworben wurde (vgl. Anlage zur Anlage E 1). Daraufhin wandte sich die Klägerin mit anwaltlichem Schreiben vom 10. April 2000 an die Beklagten und forderte diese unter Berufung auf § 146 Patentgesetz dazu auf, Auskunft darüber zu erteilen, auf welches Patent sich die vorstehend wiedergegebene Bezeichnung bezieht. Mit anwaltlichem Schreiben vom 14. April 2000 antworteten die Beklagten auf dieses Schreiben wie folgt:

"1.

Es trifft zu, dass meine Mandanten das Produkt "Feather Styling Razor" mit dem Zusatz "Patented/Brevettato/Patentiert" bewerben.

2.

Es trifft zu, dass meine Mandanten über ein Geschmacksmuster hinsichtlich des Griffes des Rasiermessers verfügen. Dieser Umstand ist Ihnen aus der Antragsschrift auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 15. März 2000 bekannt. Gegenstand des Verfahrens vor dem LG Düsseldorf ist die verbotene Nachbildung des Rasiermessergriffes, die von Ihrer Mandantin vertrieben wird, sowie ein Markenverletzungstatbestand.

3.

Der Griff ist als Geschmacksmuster geschützt, da einem Patentschutz

nicht zugänglich.

Daraus zu folgern, hinsichtlich des Rasiermessers bestünde kein Patentschutz, ist rechtlich weder zwingend noch geboten. Vielmehr bezieht sich die Angabe "patentiert" auf die diesbezüglich schutzfähige Klinge des Rasiermessers.

Entsprechend verfügt die Herstellerin der Messer hinsichtlich der Klinge über die japanischen Patente Nr. 199 79 81 vom 22. Februar 1995 sowie Nr. 212 20 28 vom 13. März 1996.

Betrachten Sie diese Auskunft bitte als Auskunft i. S. v. § 146 Patentgesetz. Diese Auskunft versetzt Sie in, den Stand, Nachforschungen über das tatsächliche Vorliegen der Patente anzustellen, soweit gewünscht.

Ich bitte davon abzusehen, Übersendung der Patentunterlagen in Kopie zu erbitten, da ein solcher Anspruch erstens nicht besteht, der Unterzeichner zweitens auch erhebliche Zweifel daran hat, ob vorliegend tatsächlich ein Wettbewerbsverhältnis hinsichtlich der Rasiermesser gegeben ist.

Wir dürfen darauf hinweisen, dass das Konkurrenzverhältnis bislang dadurch gegeben ist, dass Sie unter Verletzung der Marke und des Geschmacksmusters meiner Mandanten Kopien von deren Produkten vertreiben. Ich glaube kaum, dass sich damit in ausreichender Weise die Aktivlegitimation gemäß § 13 Abs. 2 A/r. 1 UWG begründen lässt.

Aus vorstehenden Gründen wird die von Ihnen gewünschte Unterlassungserklärung nicht abgegeben werden."

Die Klägerin beantragte daraufhin am 26. April 2000 (Anlage E 1) beim Landgericht Düsseldorf den Erlass einer einstweiligen Verfügung wegen unzulässiger Patentberühmung gegen die Beklagte zu 2., woraufhin dieser im Verfahren 4 O 126/00 durch Beschlussverfügung vom 27. April 2000 untersagt wurde, das Produkt "Feather Styling Razor" in Deutschland als "patented/brevetatto/patentiert" und/oder als patentiert zu bewerben. Gegen diese Beschlussverfügung legte die Beklagte zu 2. mit Schriftsatz vom 15. Mai 2000 Widerspruch ein, den sie damit begründete, dass die Beklagte zu 1. Inhaberin des deutschen Patents 42 25 197 sei, welches sich über die Klinge des von ihr vertriebenen Produkts verhalte. Außerdem machte sie geltend, dass die Klägerin keine "wettbewerbsrelevante Handlung" nachgewiesen habe. Im Hinblick auf das von der Beklagten zu 2. angeführte deutsche Patent nahm die Klägerin ihren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gerichteten Antrag im Verfahren 4 O 126/00 zurück, wobei sie beantragte, die Kosten des Verfahrens gleichwohl der Beklagten zu 1. aufzuerlegen. Diesen Kostenantrag begründete sie damit, dass die Beklagte zu 1. durch ihr Verhalten Anlass zur Einleitung des gerichtlichen Verfahrens gegeben habe und ihr - der Klägerin - gegen die Beklagte zu 1. ein materiell rechtlicher Kostenerstattungsanspruch zustehe. Mit Beschluss vom 7. August 2000 legte das Landgericht Düsseldorf die Kosten des Verfahrens 4 O 126/00 der Klägerin auf, wobei es dahinstehen ließ, ob der Klägerin gegen die Beklagte zu 1. ein materiellrechtlicher Anspruch auf Erstattung der Verfahrenskosten zusteht.

Mit ihrer vorliegenden Klage begehrt die Klägerin, die Zwangsvollstreckung aus den beiden zugunsten der Beklagten ergangenen Kostenfestsetzungsbeschlüsse für unzulässig zu erklären.

Die Klägerin macht geltend, dass sie gegen den beiden Kostenfestsetzungsbeschlüssen zugrundeliegenden prozessualen Kostenerstattungsanspruch mit einem eigenen materiellrechtlichen Kostenerstattungsanspruch in Höhe von 9.650,- DM wirksam aufgerechnet habe. Der ihr zustehende Kostenerstattungsanspruch ergebe sich daraus, dass die Beklagte zu 2. im Vorfeld des Verfahrens 4 O 126/00 mit ihrem anwaltlichen Schreiben vom 14. April 2000 eine nicht ordnungsgemäße Auskunft im Rahmen ihrer diesbezüglichen gesetzlichen Verpflichtung erteilt habe, weil die Beklagte zu 2. erstmals in ihrer Widerspruchsbegründung ein deutsches Patent genannt habe, auf das sie ihren Schutzrechtshinweis in der beanstandeten Werbung habe stützen können. Im Hinblick auf das nunmehr angeführte Patent, habe sie ihren Antrag auf Erlass einer Verfügung zurücknehmen müssen, wodurch ihr Kosten in Höhe von insgesamt 9.650,-- DM entstanden seien.

Die Klägerin beantragt,

zu erkennen wie geschehen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten machen geltend, dass der von der Klägerin geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch bereits Gegenstand des Verfahrens 4 O 126/00 gewesen sei. Ein Kostenerstattungsanspruch stehe der Klägerin nicht zu. Die Klägerin habe seinerzeit allein durch die im Verfahren 4 O 126/00 überreichte Anlage von der sodann beanstandeten Werbung Kenntnis erlangt. Diese Schrift sei zu keinem Zeitpunkt Gegenstand einer Werbemaßnahme auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland gewesen. Es habe deshalb keine Handlung im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs vorgelegen, weshalb es an den tatbestandlichen Voraussetzungen für den seinerzeit von der Klägerin geltend gemachten wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch gefehlt habe. Bei gehöriger Prüfung habe die Klägerin deshalb keinen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung stellen dürfen. Da sie die damals streitgegenständliche Werbebroschüre lediglich im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens vorgelegt hätten, habe auch kein Auskunftsanspruch bestanden. Die Klägerin habe deshalb die Kosten des von ihr voreilig angestrengten Verfügungsverfahrens selbst zu tragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze der Parteien und der von ihnen überreichten Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die Klage, eine Vollstreckungsgegenklage gemäß §767 Zivilprozessordnung (ZPO), ist zulässig. Die Klägerin wendet sich mit ihrer Klage gegen zwei Kostenfestsetzungsbeschlüsse mit der Begründung, die titulierten Kostenerstattungsansprüche sei durch Aufrechnung erloschen. Eine solche Vollstreckungsgegenklage ist nach §§ 794 Nr. 2, 795 ZPO zulässig, wobei ohne Bedeutung ist, ob die Aufrechnung vor oder nach Erlass des Kostenfestsetzungsbeschlusses erklärt worden bzw. ob die geltend gemachte Aufrechnungslage vorher oder nachher entstanden ist (vgl. BGH, NJW 1994, 3292,3293).

Die Klage ist auch begründet. Denn die zugunsten der Beklagten titulierten Kostenerstattungsansprüche gemäß den Kostenfestsetzungsbeschlüssen des Landgerichts Düsseldorf vom 15. März 2001 und vom 30. April 2001 sind durch die Aufrechnungserklärung der Klägerin erloschen (§§ 387, 389i; BGB). Die Klägerin hat nämlich gegenüber den Kostenerstattungsansprüchen der Beklagten mit einem eigenen materiellrechtlichen Kostenerstattungsanspruch in Höhe von 9.650,-- DM wirksam aufgerechnet..

l.

Der Klägerin steht der bereits mit ihrem Schreiben vom 31. Januar 2001 (Anlage K 2) zur Aufrechnung gestellte Zahlungsanspruch in Höhe von 9.650,-- DM gegen die Beklagte zu 2. unter dem Gesichtspunkt der positiven Forderungsverletzung zu.

Denn die Beklagte zu 2. hat ihre gegenüber der Klägerin bestehende gesetzliche Auskunftsverpflichtung nach § 146 Patentgesetz (PatG) schuldhaft verletzt..

Gemäß § 146 Abs. 1 PatG ist derjenige, der Gegenstände oder ihre Verpackung mit einer Bezeichnung versieht, die geeignet ist, den Eindruck zu erwecken, dass die Gegenstände durch ein Patent oder eine Patentanmeldung nach dem Patentgesetz geschützt seien, oder der in öffentlichen Anzeigen, auf Aushängeschildern, auf Empfehlungskarten oder in ähnlichen Kundgebungen eine Bezeichnung solcher Art verwendet, verpflichtet, gegenüber jedem, der ein berechtigtes Interesse an der Kenntnis der Rechtslage hat, auf Verlangen Auskunft darüber zu geben, auf welches Patent oder auf welche Patentanmeldung sich die Verwendung bezieht. Dieser Auskunftsanspruch ist ein vorbereitender Anspruch für folgende wettbewerbsrechtliche Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche; er dient dazu, die Grundlage für eine Klage aus UWG zu schaffen (vgl. BGH, GRUR 1954, 391, 392 - Prahlmühle; Busse/Keukenschrijver, PatG, 5. Aufl., § 146 Rdnr. 5; Benkard/Ullmann, PatG/GebrMG, 9. Aufl., § 146 Rdnr. 1). Den Interessenten soll hiermit ein Mittel an die Hand gegeben werden, vor der Bekämpfung einer Patentberühmung die Schutzrechtslage überprüfen zu können (Benkard/Ullmann, a.a.O., § 146 Rdnr. 1). Dadurch soll die ohnehin riskante Prozessführung gegen den Patentberühmer erleichtert werden (Benkard/Ullmann, PatG/GebrMG, 9. Aufl., § 146 Rdnr. 1). § 146 PatG gewährt deshalb Dritten, gegenüber dem, der sich auf Patentschutz beruft, einen zivilrechtlichen Anspruch auf Auskunft. Die Bestimmung begründet hierbei ein gesetzliches Schuldverhältnis zwischen dem, der sich des Patentschutzes berühmt und jedem, der ein berechtigtes Interesse an der Auskunft hat (vgl. Busse/Keukenschrijver, a.a.O., § 146 Rdnr. 8). Der nach § 146 PatG Auskunftsverpflichtete hat die Schutzrechte, auf die die Patentberühmung gestützt wird, zu nennen. Erteilt der Auskunftsverpflichtete unvollständig Auskunft, kann die Auskunft zwar im späteren Wettbewerbsprozess ergänzt werden. Die unvollständige bzw. verspätete Auskunftserteilung belastet den Schutzrechtsinhaber allerdings grundsätzlich mit einem Kostenrisiko (vgl. BGH, GRUR 1954, 391, 392 - Prahlmühle; Busse/Keukenschrijver, a.a.O., § 146 Rdnr. 17; Benkard/Ullmann, a.a.O., § 146 Rdnr. 6 u. 7). Das bedeutet aber nicht, jedenfalls nicht zwingend, dass dem Auskunftsverpflichteten, der zunächst unvollständig Auskunft erteilt, in dem Wettbewerbsprozess die Kosten aufzuerlegen sind. Insbesondere ist eine solche Kostenauferlegung in dem Wettbewerbsprozess, wie die 4. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf in dem im Verfahren 4 O 126/00 der Parteien ergangenem Beschluss vom 7. August 2000, auf den Bezug genommen wird, im Einzelnen ausgeführt hat, nicht nach § 269 Abs. 2 S. 3 ZPO möglich und es kann insoweit auch § 93 ZPO keine "reziproke" Anwendung finden. Vielmehr kommt in einem solchen Fall ein materiellrechtlicher Schadensersatzanspruch unter dem Gesichtspunkt der positiven Forderungsverletzung in Betracht, der in einem gesonderten Rechtsstreit geltend zu machen ist. Dieser materiellrechtliche Schadensersatzanspruch besteht dann, wenn zwischen den Parteien ein gesetzliches Schuldverhältnis aus § 146 PatG bestanden hat, der Auskunftsverpflichtete dagegen schuldhaft durch die Erteilung einer falschen oder unvollständigen Auskunft verstoßen hat und dem Gläubiger des Auskunftsanspruchs (Berechtigten) dadurch ein Schaden entstanden ist. Dies ist hier der Fall.

Zwar muss im Hinblick auf das Vorbringen der Beklagten davon ausgegangen werden, dass das von den Beklagten im Verfahren 4 O 70/00 überreichte Werbeblatt, in welchem das von der Beklagten zu 2. in Deutschland vertriebene Produkt "Feather Styling Razor" mit dem Hinweis "patented/brevetatto/patentiert" beworben wurde, zu keinem Zeitpunkt Gegenstand einer Werbemaßnahme in Deutschland gewesen sei und sie die Werbebroschüre lediglich im Rahmen des vorgenannten gerichtlichen Verfahrens der Parteien überreicht habe. Die Beklagte zu 2. wäre damit an sich nicht nach § 146 PatG auskunftspflichtig gewesen, weil diese Vorschrift einen öffentlichen Hinweis verlangt und insbesondere nicht die Bekanntgabe des Patentschutzes an Einzelne erfasst (vgl. Benkard/Ullmann, a.a.O., § 146 Rdnr. 2 u. 3). Im Streitfall ist allerdings zu beachten, dass die Beklagte zu 2. mit ihrem Antwortschreiben vom 14. April 2000 ausdrücklich eingeräumt hat, dass sie das Produkt "Feather Styling Razor" mit dem Zusatz "Patented/Brevettato/Patentiert" bewirbt, und in ihrem anwaltlichen Antwortschreiben ferner ausdrücklich und unmißverständlich erklärt hat, dass die von ihr erteilte Auskunft als Auskunft im Sinne von § 146 PatG zu betrachten ist. Hieran muss sie sich im vorliegenden Rechtsstreit festhalten lassen. Was ihre Auskunftsverpflichtung anbelangt, kann sie sich jedenfalls nach Treu und Glauben (§ 242) nicht darauf berufen, mangels Verwendung der Bezeichnung "Patented/Brevettato/Patentiert" in öffentlichen Kundgebungen im Inland nicht zur Auskunftserteilung nach § 146 PatG verpflichtet gewesen zu sein. Denn sie hat auf das Auskunftsverlangen der Klägerin ausdrücklich zugestanden, ihr Produkt mit dieser Bezeichnung zu bewerben, was aus Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers nur so verstanden werden konnte, dass sie das Produkt in Deutschland so bewirbt, zumal sie die von ihr erteilte Auskunft auch ausdrücklich als "Auskunft i.S.v. § 146 PatG" bezeichnet hat.

Die weiteren Voraussetzungen für eine Auskunftsverpflichtung der Beklagten zu 2. nach § 146 PatG sind erfüllt gewesen. Denn die Klägerin hat ein Auskunftsverlangen an die Beklagte zu 2. gerichtet und die Klägerin hat als Vertreiberin von Rasiermessern auch ein berechtigtes Interesse an der Kenntnis der Rechtslage gehabt, weil sie Gefahr gelaufen ist, in den von der Beklagten zu 2. behaupteten Patentschutz einzugreifen.

Die Beklagte hat ihre als gegeben anzusehende Auskunftsverpflichtung auch schuldhaft, zumindest fahrlässig im Sinne von § 276 BGB, verletzt. In ihrem Antwortschreiben vom 14. April 2000 hat sie lediglich zwei japanische Patente angeführt. Das deutsche Patent 42 25 197 der Beklagten zu 1., auf das sie den Patenthinweis in ihrer Werbung stützen konnte, hat die Beklagte zu 2. hingegen nicht mitgeteilt; dies hat sie vielmehr erstmals in ihrer Begründung des Widerspruchs gegen die von der Klägerin gegen sie erwirkte Beschlussverfügung vom 27. April 2000 genannt.

Der Umstand, dass die Beklagte zu 2. das vorgenannte deutsche Patent in ihrem Antwortschreiben vom 14. April 2000 nicht angeführt hat, hat dazu geführt, dass die Klägerin den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen sie beantragt hat. Denn da die Beklagte zu 2. sich gemäß ihren Ausführungen nur auf japanische Patente berufen hat und sie ferner ausdrücklich eingeräumt hat, das von ihr vertriebene Produkt "Feather Styling Razor" mit dem Zusatz "Patented/Brevettato/Patentiert" zu bewerben, musste und durfte die Klägerin im Hinblick auf die Beantwortung ihres Auskunftsverlangen vom Vorliegen einer unzulässigen, gegen § 3 UWG verstoßenden Patentberühmung ausgehen. Dementsprechend hat auch die 4. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf im Verfahren 4 O 126/00 entsprechend dem Antrag der Klägerin vom 26. April 2000 zunächst eine entsprechende Beschlussverfügung gegen die Beklagte zu 2. erlassen.

Im Hinblick auf das in der Widerspruchsbegründung erstmals genannte deutsche Patent, welches die Werbung der Beklagten zu 2. gerechtfertigt hat, ist die Klägerin gezwungen gewesen, ihren Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung im Verfahren 4 O 126/00 zurückzunehmen, woraufhin die 4. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf ihr mit Beschluss vom 7. August 200 die Kosten des Verfahrens auferlegt hat.

Durch die unvollständige Auskunft der Beklagten zu 2. sind der Klägerin folgende - unstreitigen - Kosten entstanden: Entstandene Gebühren Gegenstandswert: 250.000,--DM

10/10 Prozessgebühr nebst Auslagen Verfahrensbevollmächtigte Antragstellerin (= Klägerin) 2.165,00 DM 10/10 Prozessgebühr nebst Auslagen Mitwirkung Patentanwalt (Antragstellerin) 2.165,00 DM 10/10 Prozeßgebühr nebst Auslagen Verfahrensbevollmächtigte Antragsgegnerin (= Beklagte zu 1.) 2.165,00 DM Gerichtsgebühren 1.955,00 DM Übersetzungskosten 1.200,00 DM Gesamtbetrag: 9.650,00 DM

Hätte die Beklagte zu 2. von Anfang an zutreffend und vollständig Auskunft erteilt, wären der Klägerin diese Kosten nicht entstanden. Die Beklagte zu 2. hat der Klägerin deshalb den hierin liegenden Schaden zu ersetzen.

Mit dem ihr somit zustehenden Schadensersatzanspruch hat die Klägerin wirksam gegen die den beiden Kostenfestsetzungsbeschlüssen des Landgerichts Düsseldorf vom 15. März 2001 und vom 29. März 2001 zugrundeliegenden prozessualen Kostenerstattungsansprüche der Beklagten aufgerechnet.

Der Wirksamkeit der Aufrechnung steht nicht entgegen, dass gegen eine Forderung aufgerechnet worden ist, die der Beklagten zu 2. und der Beklagten zu 1. gegen die Klägerin zusteht. Die Beklagten sind als Kostengläubiger aus einem Kostenfestsetzungsbeschluss Gesamtgläubiger im Sinne von § 428 BGB. Erwirken nämlich - wie hier - Streitgenossen, die in einem Rechtsstreit obsiegen und dabei denselben Anwalt hatten, gemeinsam ohne Angabe eines Beteiligungsverhältnisses einen Kostenfestsetzungsbeschluss über einen einheitlichen Betrag, so sind sie hinsichtlich des Kostenerstattungsanspruches Gesamtgläubiger (vgl. BGH, Rpfleger 1985, 321; Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 428 Rdnr. 1). Die Aufrechnung gegen eine Gesamtforderung mit einer Forderung gegen einen Gesamtgläubiger ist zulässig (vgl. BGHZ 55, 20, 33; Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 387 Rdnr. 6). Die von der Klägerin mit ihrem anwaltlichem Schreiben vom 31. Januar 2001 (Anlage K 2) erklärte Aufrechnung hat deshalb auch gegenüber der Beklagten zu 1. in voller Höhe Tilgungswirkung.

II.

Die Klägerin ist mit der Geltendmachung des Aufrechnungseinwandes nicht gemäß § 767 Abs. 2 ZPO, wonach gegen einen durch rechtskräftiges Urteil festgestellten Anspruch mit der Vollstreckungsgegenklage nur Einwendungen geltend gemacht werden können, die nach Schluss der mündlichen Verhandlung des Vorprozesses entstanden sind, ausgeschlossen.

Wie das Landgericht Düsseldorf in seinem im Verfahren 4 O 126/00 ergangenem Beschluss vom 7. August 2000 ausgeführt hat, konnte die Klägerin in diesem Verfahren aus Rechtsgründen nicht damit gehört werden, dass ihr ein materiellrechtlicher Erstattungsanspruch gegen die Beklagte zu 2. zusteht, weshalb das Landgericht Düsseldorf es auch ausdrücklich dahinstehen ließ, ob der Klägerin gegen die Beklagte zu 1. ein solch materiellrechtlicher Anspruch auf Erstattung der Verfahrenskosten zusteht.

Die Präklusion des § 767 Abs. 2 ZPO greift im Übrigen nicht - auch nicht analog - ein, wenn sich die Vollstreckungsgegenklage gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss richtet, weil im Kostenfestsetzungsverfahren (von der hier nicht vorliegenden Festsetzung nach § 19 BRAGO abgesehen) keine Gelegenheit besteht, solche Einwendungen wie den Aufrechnungseinwand geltend zu machen (BGHZ 3, 381 = NJW 1952, 144; NJW 1994, 3292, 3293 Rpfleger 1995, 375; Musielak, ZPO, 2. Aufl., § 767 Rdnr. 31; Thomas-Putzo, ZPO, § 767 Rdnr. 25; Zöller/Herget, ZPO, 20. Aufl., § 767 Rdnr. 20).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709 Satz 1, 108 Abs. 1 ZPO. Bei der Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist zu beachten gewesen, dass das stattgebende (Gestaltungs-)Urteil nach § 767 ZPO nicht nur hinsichtlich der Kosten, sondern - wie geschehen - auch hinsichtlich des Ausspruchs in der Hauptsache vorläufig vollstreckbar zu erklären ist (vgl. Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, 5. Aufl., Seite 746 Rdnr. 1371; Rosenberg, Zwangsvollstreckungsrecht, 11. Auflage, Seite 644).

Der Streitwert beträgt 6.818,11 DM.






LG Düsseldorf:
Urteil v. 08.03.2004
Az: 4a O 104/01


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