Bundespatentgericht:
Beschluss vom 25. August 2010
Aktenzeichen: 35 W (pat) 453/08

(BPatG: Beschluss v. 25.08.2010, Az.: 35 W (pat) 453/08)

Tenor

1.

Die Beschwerde der Antragsgegnerin wird zurückgewiesen.

2.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

I Der Antragsgegner und Beschwerdeführerin ist Inhaberin des Gebrauchsmusters 201 08 775, das am 10. Oktober 2002 unter der Bezeichnung "Wasserdichte Kabelzugentlastung" in das Register eingetragen worden ist.

Im patentamtlichen Löschungsverfahren wurde folgender Stand der Technik berücksichtigt:

D1a DE 199 00 201 C2 D1b DE 100 11 341 C2 D1c DE4101175A1 D1d DE8400007U1 D1e DE 195 40 686 C1 D1f EP0921904A1 D2 EP0528233B1 D3 EP1017137A2 D4 GB2013420A D5 US5405172A D6 DE9011069U1 D7 DE29707711U1 D8 DE2127015A D9a Schreiben des Herrn Herbert Bohusch, Hummel Elektrotechnik GmbH an die Gebrauchsmusterinhaberin vom 30. November 2007 D9b Anlagen zu D9a mit undatierten Katalogauszügen B1 DIN EN 60309-1 (VDE 0623-1), November 2007 B2 DIN EN 50262 (VDE 0619), Mai 2005 B3 Jacob GmbH Elektrotechnische Fabrik, 71394 Kernen:

Metrische Kabelverschraubungen, 1/2004 B4 Hummel Elektrotechnik GmbH, 79183 Waldkirch:

Advanced Fitting Technology 2007 Aufgrund mündlicher Verhandlung am 1. April 2008 hat die Gebrauchsmusterabteilung I des Deutschen Patentund Markenamtes die Löschung des Streitpatentmusters beschlossen, mit der Begründung, die Gegenstände des Schutzanspruchs 1 sowohl nach Hauptantrag als auch nach den Hilfsanträgen I und II ergäben sich in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik und beruhten daher nicht auf einem erfinderischen Schritt. Die Verfahrenskosten wurden der Antragsgegnerin auferlegt.

Der Schutzanspruch 1 gemäß Hauptantrag, eingegangen am 19. Juli 2010, lautet unter Einfügung einer Merkmalsgliederung der Beschwerdeführerin vom 17. Oktober 2008:

"Zugentlastungsvorrichtung für elektrische Steckvorrichtung, mit folgenden Merkmalen: b) ein Käfig (11), b1) mit einer Ringwand (13) und b2) einer Anzahl mit Klauen versehenen Lamellen (14), b 21) die sich generell schräg zur Achse der Ringwand (13)

erstrecken und b 22) einen Durchlass eines Kabels (2, 3) umgrenzen, d) ein ringförmiges Druckstück (12) zur Anlage an den Lamellen (14) um die Klauen der Lamellen auf das Kabel zu pressen und dieses festzuklemmen; a) ein Gehäuseteil (1) der elektrischen Steckvorrichtung, durch das sich das Kabel (2, 3) erstreckt, b 12) die Ringwand des Käfigs (11) ist abgedichtet mit dem Gehäuseteil (1) verbunden oder bildet einen Abschnitt dieses Gehäuseteils (1);

b 24) die Lamellen (14) sind durch schlitzförmige Lücken (16) voneinander getrennt, in radialen Ebenen des Kabels (2, 3) angeordnet undb 25) an der Ringwand (13) angelenkt, b 26) um im Betrieb der Vorrichtung auf dem Mantel eines Kegelstumpfes zu liegen;

b 231) die Lamellen (14) weisen auf ihrer Innenseite jeweils eine Kralle (17) auf, die dazu bestimmt ist, in den Mantel des jeweilig eingeführten Kabels (2, 3) einzudringen, wenn dieses festgeklemmt wird, um die Funktion der Zugentlastung zu erfüllen; Der Schutzanspruch 1 gemäß Hilfsantrag I, eingegangen am 19. Juli 2010 lautet unter Einfügung der Merkmalsgliederung der Beschwerdeführerin:

c3), c) die Lamellen sind untereinander über einen Dichtungsmantel (20) verbunden, derc 4) zur Abdichtung des Kabels (2, 3) an seiner engsten Stelleeine veränderbar große Kabeldurchführöffnung (21) bildet;

c 2) axial bis zur Überdeckung mit der Ringwand (13) reichtundc 1) aus elastischem Dichtungsmaterial besteht."

"Zugentlastungsvorrichtung für elektrische Steckvorrichtung, mitfolgenden Merkmalen:

b) ein Käfig (11), b 1) mit einer Ringwand (13) undb2) einer Anzahl mit Klauen versehenen Lamellen (14), b 21) die sich generell schräg zur Achse der Ringwand (13) erstrecken undb 22) einen Durchlass eines Kabels (2, 3) umgrenzen, d) ein ringförmiges Druckstück (12) zur Anlage an den Lamellen (14) um die Klauen der Lamellen auf das Kabelzu pressen und dieses festzuklemmen;

a) ein Gehäuseteil (1) der elektrischen Steckvorrichtung, durch das sich das Kabel (2, 3) erstreckt, b 12) die Ringwand des Käfigs (11) ist abgedichtet mit dem Gehäuseteil (1) verbunden oder bildet einen Abschnitt dieses Gehäuseteils (1);

b 24) die Lamellen (14) sind, durch schlitzförmige Lücken (16) voneinander getrennt, in radialen Ebenen des Kabels (2, 3) angeordnet undb 25) an der Ringwand (13) angelenkt, b 26) um im Betrieb der Vorrichtung auf dem Mantel eines Kegelstumpfes zu liegen;

b 231) die Lamellen (14) weisen auf ihrer Innenseite jeweils eine Kralle (17) auf, die dazu bestimmt ist, in den Mantel desjeweilig eingeführten Kabels (2, 3) einzudringen, wenndieses festgeklemmt wird, um die Funktion der Zugentlastung zu erfüllen;

c) ein Dichtungsmantel (20), c 1) besteht aus elastischem Dichtungsmaterial, c 2) reicht axial bis zur Überdeckung mit der Ringwand (13)

und, c 3) verbindet die Lamellen (14) untereinander undc 31) überdeckt die schlitzförmigen Lücken (16), die ausreichend weit sind, c 4I) damit der Dichtungsmantel (20) an seiner engsten Stelleeine veränderbar große Kabeldurchführöffnung (21) für Kabel mit relativ großem Durchmesser (2) und mit relativkleinem Durchmesser (3) bildet, c 41) um jeweils einen bestimmten Bereich von Kabeldurchmesser für jeweilige Größenklassen der elektrischen Steckvorrichtung abzudecken;

d 1) gleichzeitig mit dem Eingriff der Krallen wird der Dichtungsmantel (20), d 2) an seiner engsten Stelle abdichtend auf das Kabel gepresst."

Der Schutzanspruch 1 gemäß Hilfsantrag II, eingegangen am 19. Juli 2010 lautet unter Einfügung der Merkmalsgliederung der Beschwerdeführerin:

"Zugentlastungsvorrichtung für elektrische Steckvorrichtung, mit folgenden Merkmalen:

b) ein Käfig (11), b 1) mit einer Ringwand (13) undb2) einer Anzahl mit Klauen versehenen Lamellen (14), b 21) die sich generell schräg zur Achse der Ringwand (13) erstrecken undb 22) einen Durchlass eines Kabels (2, 3) umgrenzen, d) ein ringförmiges Druckstück (12) zur Anlage an den Lamellen (14) um die Klauen der Lamellen auf das Kabel zu pressen und dieses festzuklemmen;

a) ein Gehäuseteil (1) der elektrischen Steckvorrichtung, durch das sich das Kabel (2, 3) erstreckt, b 12II) die Ringwand (13) des Käfigs (11) bildet einen Abschnitt des Gehäuseteils (1) durch das sich das Kabel (2, 3) erstreckt;

b 121) und ist einstückig mit den Lamellen (14) über verdünnte Wandbereiche, welche Scharniere (15) bilden, verbunden;

b 24) die Lamellen (14) sind, durch schlitzförmige Lücken (16) voneinander getrennt, in radialen Ebenen des Kabels (2, 3) angeordnet undb 25 II) infolge der Scharniere (15) an der Ringwand (13) angelenkt, b 26) um im Betrieb der Vorrichtung auf dem Mantel eines Kegelstumpfes zu liegen, b 27) dessen großer Durchmesser von der Ringwand (13) und dessen kleiner Durchmesser von der Stellung des Druckstücks (12) abhängt, b 231) die Lamellen (14) weisen auf ihrer Innenseite jeweils eine Kralle (17) auf, die dazu bestimmt ist, in den Mantel des jeweilig eingeführten Kabels (2, 3) einzudringen, wenn dieses festgeklemmt wird, um die Funktion der Zugentlastung zu erfüllen;

c) ein Dichtungsmantel (20), c 1) besteht aus elastischem Dichtungsmaterial, c 2) reicht axial bis zur Überdeckung mit der Ringwand (13)

undc 3) verbindet die Lamellen (14) untereinander undc 31) überdeckt die schlitzförmigen Lücken (16), die ausreichend weit sind, c 4I) damit der Dichtungsmantel (20) an seiner engsten Stelleeine veränderbar große Kabeldurchführöffnung (21)

für Kabel mit relativ großem Durchmesser (2) und mit relativ kleinem Durchmesser (3) bildet, c 41) um jeweils einen bestimmten Bereich von Kabeldurchmesser für jeweilige Größenklassen der elektrischen Steckvorrichtung abzudecken;

d 1) gleichzeitig mit dem Eingriff der Krallen wird der Dichtungsmantel (20), d 2) an seiner engsten Stelle abdichtend auf das Kabel gepresst."

Als Aufgabe ist in der Streitmusterschrift angegeben, eine Zugentlastungsvorrichtung zu schaffen, die gleichzeitig eine wasserdichte Abdichtung für die elektrische Steckvorrichtung bildet.

Die Beschwerde der Gebrauchsmusterinhaberin vom 5. August 2008 richtet sich gegen den Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung I des Deutschen Patentund Markenamtes vom 1. April 2008. Sie vertritt insbesondere die Auffassung, dass Steckvorrichtungen einerseits und Kabelverschraubungen andererseits zueinander wesensfremd seien, dass ein Fachmann für eines der beiden Gebiete das andere nicht kenne und daher nicht beachte. Während bei Steckvorrichtungen eine hohe Zugfestigkeit im Vordergrund stehe, habe dies bei Kabelverschraubungen lediglich eine nachrangige Bedeutung. Zum Beleg dieser Behauptung bietet die Gebrauchsmusterinhaberin Beweis durch Zeugenbefragung an. Im Übrigen würden sowohl in der Normung als auch in der IPC diese beiden Sachverhalte unabhängig voneinander betrachtet und es gebe auch keine Hersteller, die sich mit beiden Produktgruppen befassten.

Selbst wenn man diesem Sachverhalt keine Beachtung schenken wollte, verbliebe gegenüber dem nachgewiesen Stand der Technik, wie er insbesondere in der EP 0 528 233 A1 offenbart sei, der Unterschied, dass bei der Erfindung die Lamellen auf ihrer Innenseite jeweils eine Kralle aufwiesen, die, wie in der den Figuren 2 und 3 gezeigt, durch das weichere Dichtungsmaterial hindurch, in das relativ harte Mantelmaterial des jeweils eingeführten Kabels eindrängen, wenn dieses festgeklemmt wird. Bei den Kabelverschraubungen gemäß EP 0 528 233 A1 würde dagegen das weiche Dichtungsmaterial gegen den Kabelmantel gepresst. Damit ließen sich die bei einer Steckvorrichtung geforderten Werte für die Zugentlastung überhaupt nicht erzielen.

Die beschwerdeführende Gebrauchsmusterinhaberin beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und den Löschungsantrag im Umfang des Hauptantrags, eingereicht mit Schriftsatz vom 19. Juli 2010, hilfsweise im Umfang der Hilfsanträge I und II vom 17. Oktober 2008 zurückzuweisen. Die Beschwerdegegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie räumt ein, dass in den Normen für Kabelverschraubungen einerseits und für Steckvorrichtungen andererseits jeweils unterschiedliche Mindestwerte für die zu erbringende Zugfestigkeit angegeben seien, dies würde den Fachmann jedoch keinesfalls daran hindern, die in der Norm geforderten Werte für die Zugfestigkeit von Kabelverschraubungen überzuerfüllen. Daraus ergebe sich dann eben ein Wettbewerbsvorteil. Im Übrigen macht die Beschwerdegegnerin geltend, dass die von der Gebrauchsmusterhinhaberin behaupteten Vorteile nicht als Maßstab für das Vorliegen eines erfinderischen Schritts herangezogen werden dürften. Hierzu sei ausschließlich der Wortlaut der jeweiligen Schutzansprüche gemäß der verschiedenen Anträge zu betrachten und, wie ein verständig lesender Fachmann diesen verstehe. Vorteilhafte Maßnahmen, die dem Fachmann bei Kabelverschraubungen auffielen, würde er selbstverständlich auch bei Steckvorrichtungen einsetzen. Demnach könne das Streitgebrauchsmuster gegenüber der EP 0 528 233 A1 keinen Bestand haben, da diese die angebliche Erfindung wenn nicht neuheitsschädlich vorwegnähme, dann doch nahe legte.

Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren jeweiligen Schriftsätze verwiesen.

II Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig, aber nicht begründet.

1.

Ob die Schutzansprüche gegenüber den ursprünglich eingereichten Unterlagen in unzulässiger Weise erweitert wurden, kann dahin gestellt bleiben, da das Schutzrecht ohnehin keinen Bestand hat.

2.

Nach Überzeugung des Senats ist hier der Fachmann als FH-Ingenieur oder Techniker der Fachrichtung Maschinenbau anzunehmen, der auf dem Gebiet der wasserdichten Kabelzugentlastungsvorrichtungen tätig ist und die hierfür geltenden Normen und Schutzvorschriften kennt.

3.

Der Gegenstand des Schutzanspruchs 1 nach Hauptantrag beruht im Sinne von § 1 Abs. 1 GebrMG nicht auf einem erfinderischen Schritt.

Aus der EP 0 528 233 A1 ist in weitgehender Übereinstimmung (lediglich die Begriffe "Klauen" sowie "Kralle" sind durch "Kante", und "Steckvorrichtung" durch "Vorrichtung" ausgetauscht) mit dem Wortlaut des Schutzanspruchs 1 gemäß Hauptantrag, eine Zugentlastungsvorrichtung für eine elektrische Vorrichtung mit folgenden Merkmalen bekannt:

b) ein Käfig 5, b1) mit einer Ringwand undb23) einer Anzahl mit Kanten versehenen Lamellen 9, b 21) die sich generell schräg zur Achse der Ringwand erstrecken undb 22) einen Durchlass 13 eines Kabels 4 umgrenzen;

d) ein ringförmiges Druckstück 3 zur Anlage an den Lamellen 9 um die Kanten der Lamellen 9 auf das Kabel 4 pressen und dieses festklemmen (z. B. Fig. 24, 26, 28)

a) ein Gehäuseteil 2 der elektrischen Vorrichtung, durch dassich das Kabel 4 erstreckt, b 12) die Ringwand des Käfigs 5 bildet einen Abschnitt dieses Gehäuseteils 2;

b 24) die Lamellen 9 sind durch schlitzförmige Lücken 8 voneinander getrennt, in radialen Ebenen des Kabels 4 angeordnet undb 25) an der Ringwand angelenkt, b 26) um im Betrieb der Vorrichtung auf dem Mantel eines Kegelstumpfes zu liegen (siehe Figuren 24, 26, 28);

b 231) die Lamellen 9 weisen auf ihrer Innenseite jeweils eine Kante auf, die dazu bestimmt ist, in den Mantel des jeweilig eingeführten Kabels 4 einzudringen, wenn dieses festgeklemmt wird, um die Funktion der Zugentlastung zu erfüllen;

c3), c) die Lamellen 9 sind untereinander über einen Dichtungsmantel 10 verbunden, derc 4) zur Abdichtung des Kabels 4 an seiner engsten Stelle eineveränderbar große Kabeldurchführöffnung 13 bildet

(Spalte 1, Zeilen 30 bis 31);

c 2) axial bis zur Überdeckung mit der Ringwand reicht (vgl.

Figuren 21, 22) undc 1) aus elastischem Dichtungsmaterial besteht (Spalte 30, Zeile 24 bis 40).

Die Ausführungen der Gebrauchsmusterinhaberin, der Fachmann würde die Angabe in Merkmal b 231) so verstehen, dass die Kralle den Dichtungsmantel durchsticht und in das Material des Kabelmantels einsticht, vermochten den Senat nicht zu überzeugen. Schon gegen ein Durchstechen des Dichtungsmantels hat der Fachmann in Zusammenschau mit der zugleich aufgestellten Forderung gemäß Merkmal c4) wonach das Kabel an der engsten Stelle der Durchführung abgedichtet wird, erheblich Vorurteile, so dass er diese Lesart keineswegs in Betracht ziehen würde. Der Fachmann versteht die Angabe, dass die Kralle in den Mantel des Kabels eindringt so, dass dadurch der Mantel nicht beschädigt wird. Denn nach den geltenden VDE-Bestimmungen, darf nämlich die äußere Umhüllung der Leitungen an den Einführungsstellen und durch die Zugentlastungsvorrichtungen nicht beschädigt werden, wenn doch, muss das Kabel ausgetauscht werden.

Folglich versteht der Fachmann die betreffende Angabe in Merkmal b 231) nicht anders, als dass die Kralle, wie auch in der EP 0 528 233 A1 dargestellt, in die Kontur des Mantels eindringt und dabei dessen Material zerstörungsfrei verdrängt.

Sollte die Beschwerdeführerin entgegen den VDE-Bestimmungen eine Beschädigung des Mantels in Kauf nehmen, hat dies jedenfalls keinen hinreichend deutlichen Niederschlag im Wortlaut des Schutzanspruchs 1 gefunden.

Ausgehend von der EP 0 528 233 A1 ist vom Fachmann zu erwarten, dass die daraus bekannte wasserdichte Zugentlastungsvorrichtung die gewünschten Werte für die beherrschbaren Zugkräfte nicht erbringt, Maßnahmen ergreift, um den Reibschluss zwischen den Lamellen und dem Kabelmantel zu erhöhen, ohne zugleich den benötigten Bauraum zu vergrößern. Rein beispielhaft sei hierzu auf die GB 2 013 420 A genannt, in deren in Figur 6 sogenannte "gripping pieces 7" dargestellt sind. Die Enden dieser Lamellen als Klauen bzw. Krallen zu bezeichnen, ist dabei eine reine Frage der Nomenklatur, nicht aber eines erfinderischen Schritts.

Um das Kabel 15 festzuklemmen, müssen die Klauen 7 dabei, wie in Merkmalen d) und b 231) angegeben, auf das Kabel 15 gepresst werden und in seinen Mantel -gemäß dem vorstehenden Verständnis -eindringen.

Selbst wenn man der Sichtweise der Beschwerdeführerin folgen wollte, dass Steckvorrichtungen einerseits und Kabelverschraubungen andererseits zueinander wesensfremd seien, wäre nach Überzeugung des Senats vom Fachmann zu erwarten, dass er sich über die Entwicklung auf dem jeweils anderen Gebiet auf dem Laufenden hält, da die gleichen Einzelteile und Materialien zum Einsatz kommen und auch die Fertigungsverfahren die gleichen sind.

Die EP 0 528 233 A1 betrifft zwar anders als das Streitgebrauchsmuster keine Steckvorrichtung, sondern eine Kabelverschraubung; in der Übertragung der für Kabelverschraubungen bekannten Maßnahmen auf eine Steckvorrichtung ist jedenfalls kein erfinderischer Schritt zu sehen.

Es war auch auf die von der Beschwerdeführerin beantragte Beweiserhebung zu diesem Aspekt durch Zeugeneinvernahme abzusehen, da sie zu keinem anderen Ausgang des Verfahrens hätte führen können.

4. Der Gegenstand des Schutzanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag I beruht nicht auf einem erfinderischen Schritt.

Im Schutzanspruch 1 gemäß Hilfsantrag I sind über den Hauptantrag hinaus folgende Merkmale und Wirkungen genannt:

... ein Dichtungsmantel ...

c 31) überdeckt die schlitzförmigen Lücken (16), die ausreichend weit sind, c 4I) damit der Dichtungsmantel (20) an seiner engsten Stelleeine veränderbar große Kabeldurchführöffnung (21) für Kabel mit relativ großem Durchmesser (2) und mit relativkleinem Durchmesser (3) bildet, c 41) um jeweils einen bestimmten Bereich von Kabeldurchmesser für jeweilige Größenklassen der elektrischen Steckvorrichtung abzudecken;

d 1) gleichzeitig mit dem Eingriff der Krallen wird der Dichtungsmantel (20), d 2) an seiner engsten Stelle abdichtend auf das Kabel gepresst.

Die Angaben in den Merkmalen c 4I) und c 41) versteht der Fachmann so, dass die Vorrichtung für Kabel unterschiedlicher Durchmesser geeignet sein soll.

Die zusätzlichen Merkmale sind ebenfalls durch die EP 0 528 233 A1 vorweggenommen. Denn daraus ist bekannt

... ein Dichtungsmantel 10 ....

c 31) überdeckt die schlitzförmigen Lücken 8, die ausreichendweit sind, c 4l) damit der Dichtungsmantel 10 an seiner engsten Stelleeine veränderbar große Kabeldurchfuhröffnung für Kabelmit relativ großem Durchmesser und mit relativ kleinem Durchmesser bildet, c 41) um jeweils einen bestimmten Bereich von Kabeldurchmesser für jeweilige Größenklassen der elektrischen Steckvorrichtung abzudecken;

d 1) gleichzeitig mit dem Eingriff der Krallen wird der Dichtungsmantel 10 d 2) an seiner engsten Stelle abdichten auf das Kabel gepresst.

5. Genauso sind die im Schutzanspruch 1 gemäß Hilfsantrag II zusätzlich genannten Merkmaleb 12II) die Ringwand (13) des Käfigs (11) bildet einen Abschnitt des Gehäuseteils (1) durch das sich das Kabel (2, 3) erstreckt;

b 121) und ist einstückig mit den Lamellen (14) über verdünnte Wandbereiche, welche Scharniere (15) bilden, verbunden.

b 24) die Lamellen (14) sind, durch schlitzförmige Lücken (16) voneinander getrennt, in radialen Ebenen des Kabels (2, 3) angeordnetb 25 II) und infolge der Scharniere (15) an der Ringwand (13) angelenkt, b 26) um im Betrieb der Vorrichtung auf dem Mantel eines Kegelstumpfes zu liegen, b 27) dessen großer Durchmesser von der Ringwand (13) und dessen kleiner Durchmesser von der Stellung des Druckstücks (12) abhängt.

durch die EP 0 528 233 A1 bekannt, denn die zeigt Folgendes:

B 12II) die Ringwand des Käfigs 5 bildet einen Abschnitt des Gehäuseteils 2 durch das sich das Kabel erstreckt;

b 121) und ist einstückig mit den Lamellen 9 über verdünnte Wandbereiche 12, welche Scharniere bilden, verbunden;

b 24) die Lamellen 9 sind, durch schlitzförmige Lücken 8 voneinander getrennt, in radialen Ebenen des Kabels 4 angeordnetb 25II) und infolge der Scharniere 12 an der Ringwand angelenkt, b 26) um im Betrieb der Vorrichtung auf dem Mantel eines Kegelstumpfes zu liegen, b 25) dessen großer Durchmesser von der Ringwand und dessen kleiner Durchmesser von der Stellung des Druckstücks 3 abhängt.

Somit beruht auch der Gegenstand des Schutzanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag II nicht auf einem erfinderischen Schritt.

6.

Die sich an den jeweiligen Schutzanspruch 1 nach Hauptantrag und an die jeweiligen Schutzansprüche 1 nach den Hilfsanträgen I und II anschließenden Unteransprüche haben nach Wegfall des sie tragenden Schutzanspruchs keinen Bestand.

7.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 18 Abs. 2 Satz 2 GebrMG i. V. m. § 84 Abs. 2 Satz 1 und 2 PatG, § 97 Abs. 1 ZPO.

Müllner Groß J. Müller Pr






BPatG:
Beschluss v. 25.08.2010
Az: 35 W (pat) 453/08


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