Bundespatentgericht:
Beschluss vom 19. September 2005
Aktenzeichen: 30 W (pat) 319/03

(BPatG: Beschluss v. 19.09.2005, Az.: 30 W (pat) 319/03)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Zur Eintragung in das Markenregister angemeldet ist die Wortmarke Gesund trainieren Gesund bleibenunter anderem für die Dienstleistungen:

Sportliche Aktivitäten; ärztliche Versorgung; Gesundheitspflege; Schönheitspflege; Dienstleistungen eines Krankenhauses; Dienstleistungen eines Pflege- und Altenheims; Dienstleistungen auf dem Gebiet der Tiermedizin.

Die Markenstelle für Klasse 44 hat die Anmeldung in zwei Beschlüssen - einen davon im Erinnerungsverfahren ergangen - teilweise im Umfang der oben genannten Dienstleistungen wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Es handele sich lediglich um einen Slogan, der hinsichtlich der in Rede stehenden Dienstleistungen die unmittelbar beschreibende Aussage enthalte, dass man durch gesundes Trainieren gesund bleibe und dass diese Dienstleistungen eine Anleitung zu einem gesunden Training beinhalten und somit deren Inanspruchnahme eine fortdauernden Gesundheit garantiere. Die angemeldete Marke weise keinen phantasievollen Überschuss auf, zudem erfreuten sich beide Ausdrücke großer Beliebtheit. Die Wortfolge sei sprachüblich gebildet, die vermittelte Sachaussage sei klar erkennbar und von ihrem Inhalt her schlicht. Training werde als präventive Maßnahme auch bei den Dienstleistungen eines Krankenhauses angeboten.

Die Anmelderin hat Beschwerde eingelegt, die angemeldete Wortfolge sei kurz und prägnant, die Kombination beider Bestandteile sei ungewöhnlich und originell. Insbesondere die doppelte Verwendung des Adjektivs "gesund" rege zum Nachdenken an.

Sie beantragt (sinngemäß), die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 44 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 25. Februar 2003 und 2. Oktober 2003 aufzuheben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die nach § 165 Absatz 4 MarkenG statthafte und form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Anmelderin ist in der Sache ohne Erfolg.

Die angemeldete Wortfolge "Gesund trainieren Gesund bleiben" ist für die beanspruchten Dienstleistungen nach den Vorschriften des Markengesetzes von der Eintragung ausgeschlossen, da sie eine beschreibende Angabe im Sinne von § 8 Absatz 2 Nr 2 MarkenG ist.

Nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sind solche Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr ua zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der Waren und Dienstleistungen dienen können.

Auch Wortneubildungen kann der Eintragungsversagungsgrund des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG entgegenstehen, wenn sie sprachüblich gebildet sind und ihr beschreibender Aussagegehalt so deutlich und unmissverständlich ist, dass sie ihre Funktion als Sachbegriffe erfüllen können. Dies ist dann der Fall, wenn sich den angesprochenen Abnehmern eine konkret beschreibende Angabe ohne die Notwendigkeit besonderer Denkprozesse unmittelbar erschließt (vgl Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl, § 8 Rdn 380). Dabei nimmt der Verkehr Kennzeichen von Waren und Dienstleistungen regelmäßig in der Form auf, wie sie ihm entgegentreten und ist erfahrungsgemäß wenig geneigt, sie begrifflich zu analysieren, um beschreibende Bedeutungen herauslesen zu können, so dass die angemeldete Wortfolge in ihrer Gesamtheit der Beurteilung zugrunde zu legen und keine zergliedernde Analyse vorzunehmen ist (vgl BGH GRUR 2001, 162-164 RATIONAL SOFTWARE CORPORATION).

Dabei dürfen an die Beurteilung der Schutzfähigkeit von spruchartigen oder werbeanpreisenden Wortfolgen keine unterschiedlichen Anforderungen gegenüber anderen Wortmarken gestellt werden (vgl BGH GRUR 2002, 1070 - Bar jeder Vernunft), insbesondere ist kein zusätzlicher Phantasieüberschuss zu fordern (vgl EUGH GRUR 2004, 1027 - Das Prinzip der Bequemlichkeit), sondern es kommt allein darauf an, ob die Wortfolge einen ausschließlich produkt- oder dienstleistungsbezogenen Inhalt vermittelt.

Auf die Frage der Mehrdeutigkeit der angemeldeten Wortfolge kommt es bei § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG grundsätzlich nicht an. Es ist zudem nicht erforderlich, dass die Zeichen oder Angaben, aus denen die Marke besteht, zum Zeitpunkt der Anmeldung bereits tatsächlich zu beschreibenden Zwecken für Waren oder Dienstleistungen wie die in der Anmeldung aufgeführten oder für Merkmale dieser Waren oder Dienstleistungen verwendet werden. Es genügt, wie sich schon aus dem Wortlaut des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG ergibt, dass die Zeichen oder Angaben zu diesem Zweck "dienen können". Ein Wortzeichen ist demnach von der Eintragung ausgeschlossen, wenn es zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet. Dabei spielt es keine Rolle, ob es Synonyme oder gebräuchlichere Zeichen oder Angaben zur Bezeichnung dieser Merkmale gibt, da es nicht erforderlich ist, dass diese Zeichen oder Angaben die ausschließliche Bezeichnungsweise der fraglichen Merkmale sind (vgl EuGH GRUR Int 2004, 410, 412 - BIOMILD; EuGH GRUR Int 2004, 500, 507 - Postkantoor).

Die angemeldete Marke setzt sich aus den Bestandteilen "Gesund trainieren" und "Gesund bleiben" zusammen, die in der Art einer werbemäßigen Aussage zu einer anzupreisenden Leistung und der damit zu erzielenden Wirkung schlagwortartig aneinandergereiht sind. Da es sich um einen allgemein verständlich gebildeten Spruch aus ganz gebräuchlichen Wörtern der deutschen Sprache handelt, erschließt sich der Begriffsgehalt in seiner Gesamtheit bereits auf den ersten Blick. Allgemeine werbemäßige Aussagen, die die Wunschvorstellungen des einzelnen ansprechen wie "Gesund bleiben, Jung bleiben, Schön bleiben" sind in der Werbung im Gesundheits-, Sport- und Kosmetikbereich weit verbreitet. Wie aus einer Internetrecherche ersichtlich werden die Begriffe "Gesund bleiben" und "Trainieren" vielfach im Zusammenhang verwendet, aber auch der Begriff "Gesund trainieren" ist belegbar (vgl http://Google.de zu den jeweiligen Begriffen). Die ergänzende Verbindung des Begriffs "Trainieren" mit dem Adjektiv "Gesund" weist nur zusätzlich darauf hin, dass für die Erhaltung der Gesundheit nicht nur Training erforderlich ist, sondern dass dies auch ein gesundes Training - nämlich bspweise ein ausgewogenes, der jeweiligen körperlichen Verfassung angepasstes Training sein soll. Aus dieser bloßen Aneinanderreihung von allgemein bekannten Aussagen spricht weder Prägnanz noch Originalität.

Die angemeldete Wortfolge "Gesund trainieren Gesund bleiben" ist keine ungewöhnliche neue Schöpfung, sondern eine sprachübliche und naheliegende Aneinanderreihung der für sich beschreibenden Bestandteile. Die Einzelbestandteile werden dabei entsprechend ihrem Sinngehalt verwendet und bilden in der Gesamtheit keinen neuen, über die bloße Kombination hinausgehenden Begriff.

Die angemeldete Wortfolge wird zudem bereits von einem Unternehmen der Orthopädie-Technik als Werbeslogan für ein spezielles medizinisches Gerätetraining im obengenannten Sinn verwendet (vgl die der Anmelderin vorab übermittelten Anlage http://ortema.de/sportema2.html). Dabei werden ua die gelenkschonende Trainingsform, die computergestützte Eingangsanalyse der aktuellen Leistungsfähigkeit vor Erstellung des individuellen Trainingsplanes sowie die individuelle Trainingsbetreuung durch Physiotherapeuten und Sportwissenschaftler in Kooperation mit Ärzten herausgestellt.

Wie auch im Waren- und Dienstleistungsverzeichnis der angemeldeten Marke zum Ausdruck gebracht, das Dienstleistungen aus dem Sportbereich, der ärztlichen Versorgung, der Gesundheits- und Schönheitspflege, der Krankenhaus- und Pflege-/Altenheimversorgung sowie der Tiermedizin benennt, ergibt "Gesund trainieren Gesund bleiben" in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen die werbemäßige beschreibende Aussage, dass es sich nach ihrer Beschaffenheit und Bestimmung um Dienstleistungen handelt, die von ihrem Inhalt oder ihrer Ausrichtung her dazu dienen, durch gesundheitsbewusste und schonende Trainingsmaßnahmen die Gesundheit zu erhalten.

Dabei hat der Begriff "Gesund trainieren" entgegen der Ansicht der Anmelderin auch in der angemeldeten Kombination und auch in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen keinen unbestimmten und unklaren Sinngehalt, sondern hat einen feststehenden Bedeutungsgehalt, der in diesem Dienstleistungsbereich zur Bezeichnung von Leistungen und den damit zu erzielenden Leistungserfolgen allgemein verstanden wird. So ist "Gesund trainieren" in Verbindung mit dem Begriff "Gesund bleiben" im Sinne von "gut, gesundheitsbewußt, gesundheitsfördernd trainieren" zu verstehen, also für alle og Dienstleistungsbereiche im Sinne einer vernünftigen, wohldosierten, ausgewogenen und individuell abgestimmten Übungsmaßnahme zur Gesunderhaltung des Körpers.

Dabei ist es ohne Bedeutung, dass aus dem Begriff "Gesund trainieren" nicht entnommen werden kann, welche Art der Trainingsmaßnahme zur Gesunderhaltung angeboten werden soll. Die Möglichkeit, dass sich dem Verbraucher aufgrund einer verallgemeinernden Aussage die hiermit zu vermittelnden Inhalte nicht ohne weiteres sofort erschließen, steht einer Beurteilung als freihaltebedürftiger Sachbegriff nicht entgegen (vgl BGH MarkenR 2000, 330 - Bücher für eine bessere Welt). Es handelt sich zwar um eine eher allgemein gehaltene Angabe, - aber um eine hinsichtlich ihrer Verwendung -, zB im Gegensatz zu anspruchsvollen, die Leistungsfähigkeit und körperliche Kondition stark fordernden Übungsmaßnahmen - bedeutsame Sachinformation, die den Mitbewerbern zur Beschreibung ihrer Dienstleistungen zur Verfügung stehen muss (vgl EuGH aaO - Postkantoor; Ströbele/Hacker aaO § 8 Rdn 295).

Dabei kann auch ein weiterer zusätzlicher Begriffsgehalt der angemeldeten Bezeichnung eine Schutzfähigkeit nicht begründen, da ein Wortzeichen von der Eintragung ausgeschlossen ist, wenn es zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der in Frage stehenden Waren bezeichnet (vgl EuGH MarkenR, 2003, 450 - DOUBLEMINT).

Wegen des in bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen im Vordergrund stehenden Begriffsgehalts sowohl der Einzelelemente als auch der daraus gebildeten Kombination, die über den Sinngehalt der Einzelelemente nicht hinaus geht, handelt es sich um eine deutlich und unmissverständlich beschreibende Angabe ohne jede begriffliche Ungenauigkeit, die zu einer konkreten beschreibenden Bezeichnung dienen kann.

Dr. Buchetmann Schwarz-Angele Hartlieb Hu






BPatG:
Beschluss v. 19.09.2005
Az: 30 W (pat) 319/03


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/786828fd3876/BPatG_Beschluss_vom_19-September-2005_Az_30-W-pat-319-03




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share