Bundespatentgericht:
Beschluss vom 25. März 2009
Aktenzeichen: 29 W (pat) 43/07

(BPatG: Beschluss v. 25.03.2009, Az.: 29 W (pat) 43/07)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Beim Deutschen Patentund Markenamt ist am 19. Februar 2004 das Wortzeichen CFT 20 für nachfolgende Waren angemeldet worden:

Klasse 09: Auf Datenträgern gespeicherte Computerprogramme für die Durchführung und Auswertung psychologischer Tests;

Klasse 16: Druckereierzeugnisse, nämlich Anleitungen zur Durchführung und Auswertung psychologischer Tests, insbesondere in Form von Büchern, Broschüren, Loseblattsammlungen und Bildmappen; Formulare zur Verwendung bei der Durchführung und Auswertung psychologischer Tests; graphische Vorlagen zur Verwendung bei der Durchführung und Auswertung psychologischer Tests (soweit in Klasse 16 enthalten).

Mit Beschlüssen vom 22. Juli 2005 und 26. Januar 2007 hat die Markenstelle für Klasse 16 die Anmeldung gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG wegen Fehlens der Unterscheidungskraft und Bestehens eines Freihaltungsbedürfnisses zurückgewiesen. Sie hat ihre Entscheidung damit begründet, dass "CFT" die Abkürzung der Wortfolgen "culturefair test" (kulturunabhängiger Test) oder "culturefair intelligence test" (kulturunabhängiger Intelligenztest) sei. Hierbei handele es sich um Testverfahren zur Bestimmung der Grundintelligenz. Die Zahl "20" weise als festgelegte Skalenangabe auf die Altersgruppe hin, für die der Test geeignet sei. Es gebe bereits andere Zusammensetzungen der Abkürzung "CFT" mit einer Zahl. Der Begriff "Test" bezeichne eine Prüfung, die unter Zuhilfenahme beispielsweise von Fragekatalogen oder Auswertungsbögen durchgeführt werde. Das angemeldete Zeichen füge sich in die Reihe der üblichen Bezeichnungen für Intelligenzund Wissenstests ein und werde bereits von Dritten in beschreibender Weise verwendet. Demzufolge werde es lediglich dahingehend verstanden, dass die beanspruchten Waren bei der Durchführung und Auswertung bestimmter Testverfahren zur Feststellung der Grundintelligenz eingesetzt werden könnten. Auch die Anmelderin selbst benenne mit dem Kürzel "CFT" ausschließlich eine bestimmte Art eines Intelligenztests. Selbst wenn es sich hierbei um einen Werktitel handele, so reiche dies angesichts seines beschreibenden Sinngehalts nicht aus, um ihn als Marke schützen zu können. Zudem sei das Kürzel als Gattungsbezeichnung anzusehen.

Gegen den Beschluss vom 26. Januar 2007 hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, dass seitens der Markenstelle keine beschreibenden, sondern nur markenmäßigen Verwendungen des angemeldeten Zeichens belegt worden seien. Auf Grund der Besonderheiten auf dem Fachgebiet der psychologischen Tests komme ein beschreibender Gebrauch auch in Zukunft nicht in Betracht. Zudem handele es sich bei "CFT" nicht um eine ursprünglich aus dem Englischen stammende übliche Abkürzung für eine Form eines Grundintelligenztests. Vielmehr würden mit dem angemeldeten Zeichen ausschließlich bestimmte Testprodukte zur Durchführung einzelner Grundintelligenztests der Beschwerdeführerin benannt. Im Bereich der psychologischen Tests seien Kurzbezeichnungen üblich, die mit bestimmten Anbietern in Verbindung gebracht würden.

Demzufolge seien sie teilweise bereits als Marken eingetragen worden. Zudem sage die Kombination "CFT 20" nichts über den Inhalt der Tests aus. Da das Testprodukt "CFT 20" nur von der Beschwerdeführerin angeboten werde, bestehe kein Freihaltungsbedürfnis an diesem Kürzel.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.

1. Der Eintragung des angemeldeten Zeichens steht das Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen.

Unterscheidungskraft im Sinne dieser Bestimmung ist die einer Marke innewohnende Eignung, die Waren oder Dienstleistungen, für welche die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren oder Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428, 431, Rdnr. 48 -Henkel; GRUR 2004, 1027, 1029, Rdnr. 33 und 42 -DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT). Bei Wortmarken ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs von fehlender Unterscheidungskraft auszugehen, wenn der Marke ein für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Sinngehalt zugeordnet werden kann oder wenn es sich um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom Verkehr, etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung, stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (vgl. BGH GRUR 2006, 850, 854, Rdnr. 19 -FUSSBALL WM 2006).

a) Die Buchstabenkombination "CFT" wird unabhängig von Großoder Kleinschreibung als Abkürzung für die unterschiedlichsten Wortfolgen verwendet. So ist sie u. a. als Bezeichnung -eines Wärmemessverfahrens ("Controlled Flux Technique"), -eines speziellen Transistors ("Charge Flow Transistor"), -eines Übertragungsverfahrens ("Cross File Transfer"), -einer Feldtheorie ("Conformal Field Theory"), -für Kubikfuß ("Cubic foot")

und darüber hinaus als Name -einer christlichen Vereinigung ("Christians for truth"), -der Messe "Camping Freizeit Touristik", -eines Finanzunternehmens ("Compagnie financière Tradition")

sowie als internationaler Airport-Code für Clifton nachweisbar (vgl. "CFT Homepage" unter "http://klimt.iwr.uniheidelberg.de/PublicFG/ProjectB/CFT/index.html"; "www.abkuerzungen.de" unter "http://www.abkuerzungen.de/result.php€searchterm=CFT&language=de&style=stand ard&x=..."; "Wikipedia" unter "http://de.wikipedia.org/wiki/CFT"; "Wie CFT entstand" unter "http://www.cftonline.de/index.php€id=36"; "Messe Freiburg: CFT" unter "http://www.messe.freiburg.de/servlet/PB/menu/1172578/index.html").

b) Im hier maßgeblichen Bereich der Psychologie dient "CFT" außerdem als Kürzel für die Wortfolgen "Culture Fair Intelligence Tests" bzw. "Culture Fair Test" (vgl. Lexikon der Psychologie, Erster Band, A bis E, 2000, Seite 261; "CFT 1 -Psychologie-Lexikon" unter "http.//www.psychology48.com/deu/d/cft-1/cft-1.htm"; "CFT 2 -Psychologie-Lexikon" unter "http.//www.psychology48.com/deu/d/cft-2/cft-2.htm"; Häcker/-Stapf, Dorsch Psychologisches Wörterbuch, 13. Auflage 1998, Seite 146). Im Deutschen werden ausgehend von der Grundbedeutung "Kulturgerechte Intelligenztests" darunter Grundintelligenztests verstanden, mit deren Hilfe die Fähigkeit, komplexe Beziehungen in neuartigen Situationen wahrnehmen und erfassen zu können (sog. fluide Intelligenz), ermittelt werden soll (vgl. Pons-Großwörterbuch, Englisch -Deutsch, 1. Auflage 2002, Seiten 197, 302/303, 460 und 940/941). Sie ist weitgehend unabhängig von kulturellen Einflüssen und sprachlichen Fertigkeiten, so dass die Tests häufig bei Menschen mit eingeschränkten Kenntnissen der jeweiligen Sprache und Kultur zur Anwendung kommen (vgl. "CFT 1" unter "http://entwicklungsdiagnostik.de/cft_1.html"; "Fachgruppe Diagnostik" unter "www.diagnostik.sdbb.ch").

Es gibt abhängig von Adressatenkreis und Inhalt mehrere Arten von "Culture Fair Intelligence Tests". So sind die Intelligenztests CFT 1 bis 3, CFT 20 und CFT 20-R mit WS/ZF-R auf unterschiedliche Altersgruppen abgestimmt oder mit zusätzlichen Fragen zum Wortschatz und zu Zahlenfolgen versehen. Die Beschwerdeführerin bezeichnet sie auch als Grundintelligenztests Skala 1 bis 3, Skala 2 (CFT 20) mit Wortschatztest (WS) und Zahlenfolgentest (ZF) oder Skala 2 -Revision (CFT 20-R) mit Wortschatztest und Zahlenfolgentest (vgl. "TESTZEN-TRALE" unter "http://www.testzentrale.de/€mod=tests&so=2&li=c", "http://www.testzentrale.de/€mod=detail&id=149", "http://www.testzentrale.de/€mod=detail&id=147" und "http://www.testzentrale.de/€id=1233&mod=detail").

Der CFT 20 ist eine Weiterentwicklung des CFT 2, mit der die Grundintelligenz von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen durch sprachfreie und anschauliche Aufgaben ermittelt wird. Er besteht aus zwei gleichartig aufgebauten Teilen mit den Untertests Reihenfortsetzen, Klassifikationen, Matrizen und topologische Schlussfolgerungen. Damit soll die Fähigkeit, figurale Beziehungen und formallogische Denkprobleme mit unterschiedlichem Komplexitätsgrad zu erkennen und innerhalb einer bestimmten Zeit zu verarbeiten, erfasst werden (vgl. Lexikon der Psychologie, a. a. O.).

c) Unter Zugrundelegung dieser Bedeutung wird das angemeldete Zeichen nicht als Hinweis auf ein Unternehmen, sondern lediglich auf eine bestimmte Art eines Intelligenztests angesehen.

Auf dem Gebiet der wissenschaftlichen Intelligenztests ist es üblich, Abkürzungen zu verwenden, die sich aus den Anfangsbuchstaben der die Wortfolge bildenden Begriffe zusammensetzen. Die Kürzel werden wiederum teilweise mit Zahlenangaben verbunden, die den Test näher erläutern. So kann mit ihnen das Jahr der Entwicklung des Tests oder die Zielgruppe in verkürzter Form zum Ausdruck gebracht werden. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang beispielsweise die Kombinationen "I-S-T 70" für "Intelligenz-Struktur-Test (Amthauer) 1970", "LPS (83)" für "Leistungsprüfsystem (2. erweiterte und verbesserte Auflage 1983)" oder "BBT 4-6" für "Bildungs-Beratungs-Test (konvergentes Denken) für 4. -6. Klassen" (vgl. "Pädagogische Hochschule Ludwigsburg" unter "http://www.phludwigsburg.de/1485.html"; "Intelligenztests" unter "http://www.fkreha.unidortmund.de/Psychologie/dienst/de/content/testothek/listen/intelligenztests.pdf"). Vorliegend kommt dem Zeichenbestandteil "20" lediglich die Funktion einer Versionsnummer zu, die deutlich macht, dass es sich um eine weitere Variante des Intelligenztests CFT handelt. Darüber hinaus kann die Zahl "20" auch als Hinweis auf den Adressatenkreis, nämlich Erwachsene von 20 bis 60 Jahren, verstanden werden (vgl. "TESTZENTRALE" unter "http://www.testzentrale.de/€id=1233&mod=detail"). Das angemeldete Zeichen weicht somit von seinem Aufbau her nicht von anderen Intelligenztestbezeichnungen ab, so dass ihm nicht bereits auf Grund der Art seiner Bildung die notwendige Unterscheidungskraft zukommt. Darüber hinaus vermittelt es im Hinblick auf die angemeldeten Waren einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Sinngehalt. Sowohl die Waren der Klasse 9 als auch der Klasse 16 dienen der Durchführung und Auswertung psychologischer Tests. Demzufolge können sie im Rahmen von "Culture Fair Intelligence Tests" im Allgemeinen und im Rahmen eines CFT 20 im Besonderen eingesetzt werden. Das angemeldete Zeichen weist somit auf den Zweck der Computerprogramme, Anleitungen, Formulare und graphischen Vorlagen hin. Diese beschreibende Bedeutung wird ein Großteil der maßgeblichen inländischen Verkehrskreise erkennen (vgl. hierzu EuGH GRUR 2004, 682, 683, Rdnr. 25 -Bostongurka). Den mit Intelligenztests vertrauten Personen wie beispielsweise denjenigen, die Intelligenztests erstellen oder durchführen, ist ausweislich oben genannter Belege "CFT 20" als Abkürzung eines Fachbegriffs bekannt. Auch den Befragten selbst erschließt sich der Sinngehalt des angemeldeten Zeichens, sobald ihnen der Zweck des Intelligenztests erläutert wird.

d) Die Ausführungen der Beschwerdeführerin zur ausschließlich markenmäßigen Verwendung der Buchstabenfolge "CFT 20" führen ebenfalls nicht zur Bejahung der notwendigen Unterscheidungskraft. Aus den oben genannten Fundstellen geht hervor, dass sie im Verkehr als Bezeichnung einer bestimmten Art eines Intelligenztests und nicht als Herkunftshinweis eingesetzt wird. Selbst wenn die zugrunde liegende Wortfolge "Culture Fair Intelligence Tests" nicht angegeben ist und damit nicht ausgeschlossen werden kann, dass das angemeldete Zeichen auf einzelne Verkehrsteilnehmer wie eine Marke wirkt, so kommt diesem Umstand keine Schutz begründende Wirkung zu. Anders als in den Fällen, in denen einer Buchstabenfolge als solcher ohne erläuternde Zusätze kein beschreibender Bedeutungsgehalt entnommen werden kann (vgl. hierzu beispielsweise BPatG MarkenR 2007, 519, Rdnr. 70 -TRM Tenant Relocation Management), handelt es sich bei "CFT 20" um eine feststehende, lexikalisch nachweisbare und häufig verwendete Abkürzung, die die maßgeblichen Verkehrskreise auch ohne weitere Erläuterung mit "Culture Fair Intelligence Tests, Version 20" bzw. "Culture Fair Intelligence Tests, für Personen über 20 Jahren" gleichsetzen werden.

e) Auch seine Mehrdeutigkeit lässt dem angemeldeten Zeichen nicht die notwendige Unterscheidungskraft zukommen. In Verbindung mit den beschwerdegegenständlichen Waren steht die Interpretation als Bezeichnung einer bestimmten Art eines Intelligenztests im Vordergrund. Zudem reicht es für die Verneinung der Unterscheidungskraft aus, wenn die angesprochenen Verkehrskreise der Marke von mehreren in Betracht kommenden Bedeutungen eine Aussage mit eindeutig beschreibendem Sinngehalt entnehmen können (vgl. BGH GRUR 2005, 257, 258 -Bürogebäude).

f) Die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Voreintragungen führen zu keinem anderen Ergebnis. Die Marken DE 302 22 304 ("HA-WIE"), DE 302 22 303 ("HAWIK"), DE 302 22 305 ("HAWIVA") und DE 396 54 650 ("IST") enthalten zwar in ihren Verzeichnissen die gleichen Waren und lassen sich ebenfalls als Bezeichnungen bestimmter Formen von Intelligenztests lexikalisch nachweisen (vgl. "Psychology48.com" unter "http://www.psychologie48.com/deu/d/hawier/hawier.htm", "http://www.psychologie48.com/deu/d/hawikr/hawikr.htm", "http://www.psychologie48.com/deu/d/hawiva/hawiva.htm" und "http://www.psychologie48.com/deu/d/ist/ist.htm"). Allerdings sind sie mit der Kombination "CFT 20" nicht vergleichbar. Zudem ist die Anzahl der Voreintragungen zu gering, um von einer uneinheitlichen Amtspraxis und damit von einer Verletzung der Begründungspflicht der Markenstelle ausgehen zu können (vgl. BPatG 29 W (pat) 13/06, Beschl. v. 1.4.2009 -SCHWABENPOST).

2. Inwieweit das angemeldete Zeichen darüber hinaus auch als freihaltungsbedürftige unmittelbar beschreibende Angabe anzusehen ist und damit dem Schutzhindernis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG unterliegt, kann angesichts obiger Ausführungen dahingestellt bleiben.

Die Beschwerde war demzufolge zurückzuweisen.

Vorsitzende Richterin Grabrucker ist wegen Urlaubs gehindert zu unterschreiben. Fink Dr. Kortbein Fink Hu






BPatG:
Beschluss v. 25.03.2009
Az: 29 W (pat) 43/07


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