Bundespatentgericht:
Beschluss vom 20. Februar 2002
Aktenzeichen: 7 W (pat) 70/00

(BPatG: Beschluss v. 20.02.2002, Az.: 7 W (pat) 70/00)

Tenor

Die Sache wird an das Deutsche Patent- und Markenamt zur Entscheidung über die Gegenvorstellung zurückverwiesen.

Gründe

I.

Die Anmeldung

"Steuerung für Parallel-Hybrid-Antrieb in Kraftfahrzeugen"

ist am 2. November 1998 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangen. Bezüglich der Veröffentlichung bat der Anmelder darum, die in seinem Text unterstrichenen Textteile fett zu drucken, die unterstrichelten kursiv. Das Patentamt teilte dem Anmelder mit Bescheid vom 24. Februar 1999 daraufhin mit, daß laut Auskunft der Offenlegungsstelle Unterstreichungen im Text nicht erlaubt seien. Der Anmelder erwiderte daraufhin in seinem Schreiben vom 3. April 2000, er sehe den Sinn des Verbotes von Unterstreichungen nicht ein, heutige Texterkennungsprogramme hätten keine Schwierigkeiten mit der Erkennung von Unterstreichungen. Er bezog sich auf ein älteres Schreiben des Patentamts, wonach kursiv zu druckende Teile einfach und fett zu druckende doppelt unterstrichen werden sollten.

Mit Beschluß vom 7. Juni 2000 wies das Patentamt die Anmeldung zurück, da die Mängel trotz Aufforderung nicht beseitigt worden seien. Der Beschluß wurde am 9. Juni 2000 mit Einschreiben versandt. Der Anmelder wandte sich mit Schreiben vom 15. Juni 2000, eingegangen am 20. Juni 2000 gegen diesen Beschluß mit der Begründung, daß er die (anderweitig) angemahnten Mängel beseitigt hätte. Für ein Beschwerdeverfahren habe er zu wenig Geld und zu wenig Vertrauen in das Bundespatentgericht. Mit Schreiben vom 12. Juli 2000, eingegangen am 13. Juli 2000, wandte sich der Anmelder erneut mit einer "Dienstaufsichtsbeschwerde" an das Patentamt gegen Herrn Regierungsamtsrat S... und sei- nen Zurückweisungsbeschluß. Er habe die im Bescheid vom 24. Februar 1999 angemahnten Mängel in seinem Schreiben vom 24. März 2000 beseitigt. Bezüglich der Textmarkierungen habe er sich nur für eine Verbesserung der Wiedergabe von Patentschriften eingesetzt, da dies einen großen Wert für die Übermittlung von Informationen für den Leser mit sich bringe. Es sei krass unverhältnismäßig, wenn er deshalb der Rechte an seiner Erfindung beraubt werden sollte. Für ein normales Beschwerdeverfahren habe er zu wenig Geld, er könne nicht 350,00 DM aus der Portokasse bezahlen.

Das Patentamt teilte dem Anmelder mit Bescheid vom 18. August 2000 mit, daß seine Eingabe als Beschwerde gemäß § 73 PatG angenommen werde. Zugleich wies es den Anmelder darauf hin, daß die Beschwerdefrist am 12. Juli 2000 abgelaufen, aber ein Wiedereinsetzungsantrag in die versäumte Frist möglich sei. Außerdem wies es den Anmelder unter Zusendung von Merkblättern noch auf die Möglichkeit der Verfahrenskostenhilfe hin. Der Anmelder hat sich dazu nicht mehr geäußert. Das Patentamt half der Beschwerde nicht ab und legte sie dem Bundespatentgericht zur Entscheidung vor.

II.

Die Sache war an das Patentamt zurückzuverweisen, da eine förmliche Beschwerde iSv § 73 PatG gegen den Zurückweisungsbeschluß vom 7. Juni 2000 nicht vorliegt. Weder das Schreiben des Anmelders vom 15. Juni, noch das Schreiben vom 12. Juli 2000 können als eine förmliche Beschwerde ausgelegt werden. Zwar ergibt die Auslegung nach § 133 BGB, daß der Anmelder in beiden Schreiben zu erkennen gibt, daß er mit dem beanstandeten Beschluß nicht einverstanden sei und eine sachliche Überprüfung wünsche. Er bringt jedoch in beiden Schreiben unmißverständlich zum Ausdruck, daß er aus Kostengründen (und mangels Vertrauen zum Bundespatentgericht) keine formelle Beschwerde erheben will. Insbesondere die Überschrift "Dienstaufsichtsbeschwerde" im Schreiben vom 12. Juli deutet darauf hin, daß der Anmelder die Entscheidung innerhalb des Patentamts im Rahmen eines formlosen Rechtsbehelfs überprüft wissen will. Eine Auslegung kann nämlich nicht gegen den ausdrücklich erklärten Wortlaut erfolgen. Es mag deshalb zutreffen, daß die Bezeichnung "Dienstaufsichtsbeschwerde hier nicht zutreffend ist. Die richtige Bezeichnung für eine sachliche Überprüfung im Rahmen einer formlosen Beschwerde ist die "Gegenvorstellung". "Für eine förmliche Beschwerde hätte der Anmelder auch Wiedereinsetzung und Verfahrenskostenhilfe fristgerecht beantragen müssen, was nicht geschehen ist.". Die Auslegung ergibt somit, daß der Anmelder eine formlose Gegenvorstellung erhoben hat. Damit hat er gemäß Artikel 17 GG Anspruch auf eine Verbescheidung seiner Beschwerde. Da diese Verbescheidung bisher noch nicht endgültig erfolgt ist, war die Sache zu diesem Zweck an das Patentamt zurückzuverweisen. Gegenstand der Überprüfung wäre dabei, ob gemäß Patentanmeldeverordnung § 8 Abs. 2 für eine elektronische Texterfassung Hervorhebungen (trotz § 8 Abs 11 Satz 4) möglich sind.

Dr. Schnegg Eberhard Köhn Frühaufbr/prö






BPatG:
Beschluss v. 20.02.2002
Az: 7 W (pat) 70/00


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