Bundespatentgericht:
Beschluss vom 17. März 2011
Aktenzeichen: 5 Ni 84/09

(BPatG: Beschluss v. 17.03.2011, Az.: 5 Ni 84/09)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in seinem Beschluss vom 17. März 2011 (Aktenzeichen 5 Ni 84/09) über die Erstattung von Kosten in einem Nichtigkeitsverfahren entschieden.

Die Klägerin zu 1) hatte Kostenfestsetzung beantragt, darunter auch Recherchekosten ihres niederländischen Anwalts in Höhe von 5.084,71 Euro. Das Gericht lehnte diesen Kostenansatz ab, da die Klägerin die Höhe der Kosten nicht ausreichend spezifiziert hatte. Die Klägerin legte daraufhin in ihrer Erinnerung gegen den Beschluss dar, dass die Recherchen notwendig waren um ihre rechtlichen Interessen wahrzunehmen und dass weitere Recherchen erforderlich waren. Sie machte nun insgesamt 8.450,20 Euro an Recherchekosten geltend.

Das Gericht wies die Erinnerung der Klägerin zu 1) zurück. Es stellte fest, dass die geltend gemachten Kosten nicht ausreichend substantiiert waren. Die Klägerin hatte keine konkreten Angaben zu der Notwendigkeit der Recherchen gemacht und die Rechnungen enthielten keine Belege für die Kosten.

Das Gericht führte weiter aus, dass Kosten für Recherchen nur dann notwendig sind, wenn sie durch das Verfahren ausgelöst wurden und im Zeitpunkt der Einleitung der Recherchen als erforderlich angesehen werden konnten. Die geltend gemachten Recherchekosten erfüllten diese Anforderungen nicht, da keine nachvollziehbaren Belege dafür vorlagen.

Das Gericht wies auch darauf hin, dass die Klägerin zu 1) keine ausreichenden Angaben zur Höhe der geltend gemachten Kosten gemacht hatte. Die Rechnungen enthielten keine genaue Aufschlüsselung der Kosten.

Das Gericht wies die Erinnerung daher zurück und legte die Kosten des Erinnerungsverfahrens der Klägerin zu 1) aufgrund ihres erfolglosen Begehrens auf. Der Wert des Erinnerungsverfahrens ergab sich aus dem von der Klägerin zu 1) geltend gemachten Betrag in Höhe von 8.450,20 Euro.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 17.03.2011, Az: 5 Ni 84/09


Tenor

1.

Die Erinnerung der Klägerin zu 1) vom 4. Juni 2010 wird zurückgewiesen.

2.

Die Kosten des Erinnerungsverfahrens trägt die Klägerin zu 1).

3.

Der Wert des Erinnerungsverfahrens beträgt 8.450,20 €.

Gründe

I.

Mit rechtskräftigem Urteil vom 30. Juli 2009 hat der Senat der gegen das Streitpatent gerichteten Nichtigkeitsklage der Klägerinnen im beantragten Umfang stattgegeben und der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.

Die Klägerin zu 1) hat Kostenfestsetzung beantragt, wobei u. a. Recherchekosten ihres niederländischen Korrespondenzanwalts in Höhe von 5.084,71 € geltend gemacht wurden.

Die Beklagte hat dem Kostenfestsetzungsantrag widersprochen und hinsichtlich der geltend gemachten Recherchekosten ausgeführt, dass diese nicht notwendig gewesen seien.

Mit Beschluss vom 6. Mai 2010 hat die Rechtspflegerin die zu erstattenden Kosten - u. a. ohne Berücksichtigung der in Höhe von 5.084,71 € geltend gemachten Recherchekosten der niederländischen Anwälte der Klägerin zu 1) - auf 6.061,80 € festgesetzt und den weitergehenden Antrag zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Recherchekosten könnten mangels ausreichender Glaubhaftmachung nicht anerkannt werden, da die in niederländischer Sprache vorgelegten Rechnungen hierzu nicht geeignet seien und die Klägerin zu 1) die Höhe der Kosten trotz gerichtlicher Aufforderung auch sonst nicht hinreichend spezifiziert habe.

Mit ihrer gegen diesen Beschluss eingelegten Erinnerung verfolgt die Klägerin zu 1) die Erstattung von Recherchekosten weiter, nunmehr in Höhe von 8.450,20 €. Da die zur Vorbereitung der Nichtigkeitsklage von den seinerzeitigen Anwälten durchgeführte Recherche nicht ausreichend gewesen seien, habe die Prozessbevollmächtigte der Klägerin zu 1) eine weitere Recherche durchgeführt, deren Kosten in Höhe von 3.365,49 € jetzt ebenfalls geltend gemacht würden. Die Notwendigkeit der Recherchen ergebe sich aus den beigefügten Rechnungen.

Die Erinnerungsführerin und Nichtigkeitsklägerin zu 1) beantragt sinngemäß, den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 6. Mai 2010 abzuändern und ihrem Antrag bezüglich weiterer Kosten für Recherchen in Höhe von insgesamt 8.450,20 € stattzugeben sowie die verbrauchte Gerichtsgebühr in Höhe von 7.902,00 € ergänzend festzusetzen.

Die Nichtigkeitsbeklagte und Erinnerungsgegnerin beantragt, die Erinnerung zurückzuweisen.

Zur Begründung führt sie aus, die vorgelegten Rechnungen beträfen fast ausschließlich Korrespondenzkosten, sowie andere Tätigkeiten wie Reisezeit und Aktenstudium. Recherchekosten im eigentlichen Sinne seien dagegen überhaupt nicht aufgeführt. Auch mache die Erinnerungsführerin keinerlei konkrete Angaben zu der von ihr behaupteten Notwendigkeit der Recherche.

Die Rechtspflegerin hat der Erinnerung nicht abgeholfen. Im Umfang des mit der Erinnerung geltend gemachten Betrags in Höhe von 3.365,49 € für eine durch den Prozessbevollmächtigten durchgeführte Recherche sei die Erinnerung bereits unzulässig, da dieser ursprünglich nicht beantragt worden und dementsprechend im angefochtenen Beschluss darüber nicht entschieden worden sei. Hinsichtlich der weiteren Kosten für die durch den Verkehrsanwalt durchgeführte Recherche könnten diese deshalb nicht anerkannt werden, da es an den hierzu notwendigen Belegen gemäß § 103 Abs. 2 S. 2 ZPO fehle. So habe die Klägerin zu 1) auch in ihrer Erinnerungsbegründung die Notwendigkeit der geltend gemachten Kosten in kleinster Weise begründet.

II.

Die Erinnerung der Klägerin zu 1) ist zulässig, in der Sache aber nicht begründet.

1.

Soweit die Klägerin zu 1) mit ihrer Erinnerung erstmalig einen Betrag von 3.365,49 € für eine durch ihre Prozessbevollmächtigte durchgeführte Recherche geltend macht, ist die Zulässigkeit der Erinnerung entgegen der Ansicht der Rechtspflegerin gegeben, da Kostenansätze auch noch im Erinnerungsverfahren "nachgeschoben" werden können (vgl. Thomas/Putzo, ZPO, 31. Auflage, Rz. 32 zu § 104, Baumbach/Lauterbach, ZPO, 69. Auflage, Rz. 52 zu § 104).

2.

Wegen der zunächst ebenfalls nachträglich beantragten Gerichtskosten in Höhe von 7.902,00 € hat sich die Klägerin mit Schriftsatz vom 15. Juni 2010 mit einer Festsetzung separat und unabhängig vom Erinnerungsverfahren einverstanden erklärt, so dass über diesen Posten vorliegend nicht mehr zu entscheiden ist.

3.

Rechtsgrundlage für die Kostenentscheidung in Nichtigkeitsverfahren ist § 84 Abs. 2 S. 2 PatG, wonach die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Prozesskosten nach §§ 91 ff. ZPO entsprechend anzuwenden sind.

Nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO hat die unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Um die notwendigen Kosten zu bestimmen, ist in jedem Einzelfall zu ermitteln, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftig handelnde Partei die Kosten verursachende Maßnahme im Zeitpunkt ihrer Veranlassung als sachdienlich ansehen durfte, um ihre berechtigten Interessen zu verfolgen und die zur vollen Wahrnehmung ihrer Belange erforderlichen Schritte zu ergreifen (vgl. Herget in: Zöllner, ZPO, 28. Auflage 2010, § 91 Rdn. 12; Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO, 31. Auflage, § 91 Rdn. 9). Auch die Erstattung von außergerichtlichen Kosten, wie Nachforschungen nach patenthinderndem Material, kann somit nur beansprucht werden, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren, wobei die Verpflichtung zu kostensparendem Verhalten gilt. In diesem Sinne sind Kosten für durchgeführte Recherchen nur dann notwendig, wenn sie durch das Verfahren ausgelöst wurden, in dem sie geltend gemacht werden, und wenn sie im Zeitpunkt der Einleitung der Recherchen bei sorgfältiger Abwägung aller Umstände für erforderlich angesehen werden durften (vgl. Schulte, PatG, 8. Aufl., § 80, Rdn. 77 m. w. N.). Die Notwendigkeit von Recherchen ergibt sich insoweit nicht bereits aus der Vorlage von Rechnungen, vielmehr ist die Höhe der entstandenen Kosten anhand nachvollziehbarer Belege substantiiert darzulegen, etwa durch Angabe der für die Recherche mindestens aufgewendeten Stundenzahl sowie der benutzten Datenbanken. An solchen Angaben fehlt es hier jedoch völlig.

Die geltend gemachten Recherchekosten des Verkehrsanwalts in Höhe von 5.084,71 € sind auch weiterhin abzusetzen, obwohl diese im Erinnerungsverfahren durch Anlagen ("Enclosure") zu den jeweiligen Rechnungen näher erläutert wurden. Die danach in Rechnung gestellten Leistungen beziehen sich aber offensichtlich nicht auf Recherchedienste, sondern betreffen anwaltliche Tätigkeiten generell wie "Correspondance", "Meeting with client and opposite party" "Reading of international correspondence", "Reading of enclosures which were attached to correspondence". Auch wenn in der Rechnung vom 14. August 2007 der Posten "Studying file and patents" als Rechercheleistung zu interpretieren sein könnte, bleibt mangels substantiiertem Vortrag letztlich völlig offen, wie der geltend gemachte Gesamtbetrag von 5.084,71 € zustande kommt.

Die nachträglich geltend gemachten Recherchekosten der Prozessbevollmächtigten der Klägerin zu 1) in Höhe von 3.365,49 € sind schon deshalb nicht plausibel, weil sich dieser Betrag weder aus den der Erinnerung beigefügten zwei Rechnungen noch aus sonstigen Umständen ergibt. Die Rechnung der Prozessbevollmächtigten vom 12. Februar 2007 betrifft offensichtlich die Vergütung üblicher anwaltlicher Tätigkeiten, darin eingeschlossen auch eine Recherche nach dem Stand der Technik. Die darauf entfallenden konkreten Kosten sind jedoch nicht gesondert ausgewiesen, so dass es auch insoweit an einem substantiierten Vortrag fehlt. Die Rechnung vom 9. Februar 2007 des Eidgenössischen Instituts für Geistiges Eigentum über 2.770,49 € betrifft zwar eine Recherchetätigkeit, die jedoch ausdrücklich im Zusammenhang mit einer Patentverletzung steht, so dass nicht ersichtlich ist, ob diese Kosten tatsächlich im Nichtigkeitsverfahren entstanden sind und nicht dem parallelen Verletzungsverfahren zuzuordnen sind.

Schon mangels hinreichend substantiierter Angaben und wegen der fehlenden Glaubhaftmachung können daher die geltend gemachten Kosten nicht auf ihre Notwendigkeit geprüft werden. Die Erinnerung der Klägerin zu 1) war daher zurückzuweisen.

4. Die Kosten des Erinnerungsverfahrens waren der Erinnerungsführerin und Klägerin zu 1) aufzuerlegen, da ihr Begehren erfolglos war (§ 84 Abs. 2 S. 2 i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO). Der Wert des Erinnerungsverfahrens ergibt sich aus dem von der Klägerin zu 1) geltend gemachten Betrag.

Gutermuth Martens Küest Pü






BPatG:
Beschluss v. 17.03.2011
Az: 5 Ni 84/09


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