Bundespatentgericht:
Beschluss vom 20. Oktober 2005
Aktenzeichen: 9 W (pat) 66/02

(BPatG: Beschluss v. 20.10.2005, Az.: 9 W (pat) 66/02)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in seinem Beschluss vom 20. Oktober 2005 (Aktenzeichen 9 W (pat) 66/02) entschieden, dass der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse B41F des Deutschen Patent- und Markenamts vom 7. Oktober 2002 aufgehoben wird und das Patent mit bestimmten Unterlagen erteilt wird. Dabei geht es um Patentansprüche, die beim Patent- und Markenamt eingegangen sind. Die Beschreibung der Bogenrotationsdruckmaschine mit Probebogenauslage wurde vom Gericht angepasst, damit sie korrekter ist. Die Bezeichnung des Patents lautet "Bogenrotationsdruckmaschine mit Probebogenauslage". Der Anmeldetag ist der 15. Dezember 1992. Die Beschwerdegebühr wird nicht zurückerstattet.

Im Beschluss des Gerichts wird erklärt, dass die Patentanmeldung für eine Bogenrotationsdruckmaschine mit Probebogenauslage beim Deutsche Patent- und Markenamt eingegangen ist. Die Prüfungsstelle hat die Patentanmeldung jedoch zurückgewiesen, da sie der Meinung war, dass die Bezeichnung des Anspruchsgegenstandes missverständlich sei. Die Prüfungsstelle argumentiert, dass die Weiterbildung sich auf die Probebogenauslage bezieht, aber nicht auf die Bogenrotationsdruckmaschine als Ganzes. Die Fachwelt würde dadurch von den tatsächlichen Merkmalen abgelenkt. Die Anmelderin hat gegen diese Entscheidung Beschwerde eingelegt und argumentiert, dass die Zurückweisung unbegründet sei und die Beschwerdegebühr erstattet werden sollte.

Das Gericht hat entschieden, dass die Patentansprüche gültig sind, da sie in den ursprünglichen Unterlagen offenbart werden. Die Bezeichnung "Bogenrotationsdruckmaschine mit Probebogenauslage" ist laut Gericht zutreffend und sinnvoll, da die Auslage und die Druckmaschine zusammenarbeiten. Eine Rückerstattung der Beschwerdegebühr ist jedoch nicht gerechtfertigt, da die Anmelderin über die Konsequenzen ihres abweichenden Standpunkts informiert war. Das Patentbegehren nach den gültigen Patentansprüchen ist ebenfalls patentfähig. Somit wird der Beschluss der Prüfungsstelle aufgehoben und das Patent wird mit den genannten Unterlagen erteilt.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 20.10.2005, Az: 9 W (pat) 66/02


Tenor

1. Der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse B41F des Deutschen Patent- und Markenamts vom 7. Oktober 2002 wird aufgehoben und das Patent mit folgenden Unterlagen erteilt:

Patentanspruch 1, eingegangen beim Deutschen Patent- und Markenamt am 6. Oktober 2000, Patentansprüche 2, 3, 5, eingegangen beim Deutschen Patent- und Markenamt am 24. Dezember 1993,

(mit redaktioneller Anpassung der Rückbeziehung in Patentanspruch 3 -->"1 und 2" geändert in "1 oder 2"), Patentansprüche 4, 6, 7, eingegangen beim Deutschen Patent- und Markenamt am 5. März 2001, Beschreibung Seiten 1, 2, eingegangen beim Deutschen Patent- und Markenamt am 6. Oktober 2000,

(mit redaktioneller Korrektur offensichtlicher Unrichtigkeiten auf Seite 2 -->"registrierter" geändert in "registrierte" (Zeile 4)), Beschreibung Seiten 3-6 und Zeichnungen Figuren 1, 2, eingegangen beim Deutschen Patent- und Markenamt am 15. Dezember 1992,

(mit redaktioneller Korrektur offensichtlicher Unrichtigkeiten auf Seite 3 -->"die Greifer tragen, die die" geändert in "die Greifer tragen, die einen" (Zeile 26)).

Die Bezeichnung lautet:

"Bogenrotationsdruckmaschine mit Probebogenauslage".

Anmeldetag ist der 15. Dezember 1992.

2. Die Beschwerdegebühr wird nicht zurückgezahlt.

Gründe

I.

Die Patentanmeldung ist beim Deutschen Patent- und Markenamt am 15. Dezember 1992 mit der Bezeichnung

"Bogenrotationsmaschine mit Probebogenauslage"

eingegangen. Die Prüfungsstelle für Klasse B41F des Deutschen Patent- und Markenamtes hat die Patentanmeldung mit Beschluss vom 7. Oktober 2002 zurückgewiesen. Sie ist der Auffassung, durch die im Oberbegriff des Patentanspruchs 1 angegebene Gattungsbezeichnung "Bogenrotationsdruckmaschine" für den Anspruchsgegenstand werde die Tragweite des Anspruchsgegenstandes missverständlich. Die Weiterbildung betreffe vom Fachgebiet und von der technischen Ausrichtung her gesehen vielmehr eine Probebogenauslage, sie verändere dagegen nicht die Bogendruckmaschine als solche. Auch bei dem dem Oberbegriff des Patentanspruchs 1 zugrundegelegten Stand der Technik nach der DE 39 38 138 A1, der ebenfalls das Gebiet der Probebogenauslage betreffe, sei eine entsprechende Gattungsbezeichnung verwendet ("Vorrichtung zur Auswahl, Kennzeichnung und Markierung von Prüfbogen ..."). Die Fachwelt werde durch den stattdessen auf eine Bogenrotationsdruckmaschine gerichteten Patentanspruch 1 begrifflich/fachlich von den tatsächlich umgesetzten Lösungsmerkmalen abgelenkt.

Gegen diesen Beschluss wendet sich die Patentanmelderin mit ihrer Beschwerde. Die Prüfungsstelle habe ihren Zurückweisungsbeschluss auf PatG § 48 gegründet, jedoch liege keiner der dort in Bezug genommenen Gründe für eine Zurückweisung vor. Der Beschluss nenne somit nicht die Gründe, die die Grundlage für die ergangene Zurückweisung gebildet hätten. Es liege demnach ein Begründungsmangel vor. Dies rechtfertige die Rückzahlung der Beschwerdegebühr.

Die Patentanmelderin beantragt sinngemäß,

- den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Patent mit den im Beschlusstenor angegebenen Unterlagen zu erteilen,

- die Beschwerdegebühr zurückzuzahlen.

Der geltende Patentanspruch 1 lautet:

" Bogenrotationsdruckmaschine mit einem Ausleger, welcher wenigstens einen Hauptstapel, den Bogen transportierende Fördermittel sowie gesteuerte Auslöseorgane zur Freigabe des Bogens aufweist, mit einer Vorrichtung zur Probebogenentnahme und mit einem Rechner, der Einstelldaten der Druckmaschine und Messdaten des Fortdrucks registriert, dabei zugehörige Daten zum Probebogen speichert und in Verbindung mit einem markierten Probebogen ausgibt, dadurch gekennzeichnet, dass im Ausleger (5) ein Kodierwerk (10) für eine auf die zugehörigen Speicherdaten bezogene Kodierung der gesondert auf einem Hilfsstapel (9) abgelegten Probebogen angeordnet ist."

Dem Patentanspruch 1 schließen sich die Unteransprüche 2 bis 7 an.

Im Prüfungsverfahren wurden zum Stand der Technik folgende Entgegenhaltungen in Betracht gezogen:

- DE 39 38 138 A1

- US 3 051 841 A

- DE 30 15 103 A1

- DE-PS 1 112 536 II.

Die Beschwerde ist zulässig. Sie hat im Rahmen der Beschlussformel Erfolg.

1. Die geltenden Patentansprüche 1 bis 7 sind zulässig.

a) Das Patentbegehren ist in den ursprünglichen Unterlagen offenbart.

Die Ausgestaltung nach dem geltenden Anspruch 1 ergibt sich aus den ursprünglichen Ansprüchen 1, 2 und 4 in Verbindung mit Angaben aus der Beschreibung (Seite 2, Zeilen 18-27; Seite 3, Zeile 30 bis Seite 4, Zeile 4 und Seite 4, Zeilen 12-18).

Die geltenden Patentansprüche 2, 3 und 5 stimmen mit den ursprünglichen Patentansprüchen 2, 3 und 6 überein.

Die Merkmale nach den Patentansprüchen 4 und 7 finden sich im ursprünglichen Patentanspruch 5, die Ausgestaltung nach dem Patentanspruch 6 ergibt sich aus der ursprünglichen Beschreibung (Seite 5, Zeilen 10-14).

b) Der Patentanspruch 1 vermittelt dem Fachmann eine eindeutige Definition des unter Schutz gestellten Gegenstandes.

Im Folgenden legt der Senat als Durchschnittsfachmann einen Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Maschinenbau zugrunde, der bei einem Druckmaschinenhersteller/-ausrüster mit der Auslegung von Steuerungen für die Koordinierung der Maschinenkomponenten befasst ist und in diesem Gebiet über einige Jahre Berufserfahrung verfügt.

Die Prüfungsstelle hat in ihrem Beschluss die Auffassung vertreten, dass beim Gegenstand vorliegender Anmeldung die Weiterbildung sich nur auf die Vorrichtung zur Probebogenauslage richte, die Druckmaschine als solche jedoch unverändert bliebe. Deshalb müsse Gegenstand des Hauptanspruchs die Vorrichtung zur Probebogenauslage sein und nicht die Bogendruckmaschine.

Grundsätzlich ist der Prüfungsstelle darin zuzustimmen, dass eine möglichst präzise Bezeichnung des Anspruchsgegenstandes einer allgemeiner gefassten und daher weniger präzisen Bezeichnung vorzuziehen ist. Denn es ist Aufgabe des Patentanspruchs, eine eindeutige Angabe über das als patentfähig unter Schutz Gestellte zu machen. Ein Dritter muss exakt erkennen können, was Gegenstand des Patents ist und was er gegebenenfalls zu unterlassen hat (vgl Schulte PatG 7. Auflage § 34 Rdn 78-80). Zur Erfüllung dieser Aufgabe müssen die Patentansprüche klar und knapp formuliert sowie deutlich gefasst sein (vgl Schulte PatG 7. Auflage § 34 Rdn 118, 119).

Im vorliegenden Fall kann die Bezeichnung "Bogenrotationsdruckmaschine" jedoch deshalb nicht von der tatsächlichen Weiterbildung wegführen, weil hier Probebogenauslage und Druckmaschine funktional zusammenwirken und somit die Druckmaschine in die Weiterbildung einbezogen ist. So soll gemäß Aufgabenstellung die Probebogenauslage und Dokumentation automatisch durchgeführt werden. Wesentlich dafür ist die korrekte Zuordnung von Einstelldaten der Druckmaschine sowie Messdaten des Fortdrucks zum jeweiligen Bogen, der als Probebogen ausgelegt und kodiert werden soll. Dazu müssen die Auslösemittel zur Freigabe des Bogens sowie das Kodierwerk der Probebogenauslage mit dem Maschinenlauf koordiniert sein. Die Probebogenauslage ist demnach hier eine abhängig von der Druckmaschine gesteuerte Komponente. Als Gegenstand vorliegender Weiterbildung sieht der Fachmann somit nicht nur die Komponente "Probebogenauslage" für sich, sondern vielmehr die funktionale Einheit von Probebogenauslage und Druckmaschine bzw. weiteren Komponenten derselben, insbesondere der Steuerung und den Druckwerken. Da zudem die Bezeichnung "Druckmaschine" nicht nur für den druckerzeugenden Maschinenteil verwendet wird, sondern nach dem üblichen fachlichen Sprachgebrauch auch die gesamte maschinelle Anlage einschließlich peripherer Komponenten wie Anleger und Ausleger meinen kann, ist für den hier in Rede stehenden Anspruchsgegenstand die Gattungsbezeichnung "Bogenrotationsdruckmaschine ... mit einer Vorrichtung zur Probebogenentnahme" zutreffend und sogar sinnvoll. Diese Bezeichnung trifft den tatsächlich weitergebildeten Gegenstand. Die Tragweite des Anmeldungsgegenstandes kann demnach nicht missverstanden werden.

2. Eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr kann nicht erfolgen.

Nach § 80 Abs 3 PatG kann das Patentgericht anordnen, dass die Beschwerdegebühr zurückgezahlt wird. Voraussetzung ist, dass dies der Billigkeit entspricht. Hierbei sind alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen (Busse/Keukenschrijver PatG 6. Aufl § 80 Rdn 95). Demgemäss ist im vorliegenden Fall eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr nicht veranlasst. Insbesondere sind ein Verfahrensfehler oder sonstige Umstände, die eine Anordnung der Rückzahlung rechtfertigen könnten, im vorliegenden Fall nicht ersichtlich.

Von der Auffassung der Prüfungsstelle bezüglich einer korrekten Bezeichnung des Anmeldungsgegenstandes in den Patentansprüchen war die Anmelderin mit den Prüfungsbescheiden vom 8. September 2000 (Anlage) und 24. Januar 2001 in Kenntnis gesetzt worden. Dabei war für den Fall der abweichenden Bezeichnung durch die Anmelderin die Zurückweisung der Anmeldung angekündigt worden (Prüfungsbescheid vom 24. Januar 2001, Blatt 2, 5.Absatz). Die Anmelderin hat in ihren Erwiderungen vom 4. Oktober 2000 und 2. März 2001 der Auffassung der Prüfungsstelle widersprochen und bei Nicht-Einverständnis der Prüfungsstelle ausdrücklich "um möglichst rasche Ausfertigung eines beschwerdefähigen Beschlusses" gebeten (Erwiderung vom 2. März 2001). Die Anmelderin war sich somit über die möglichen Konsequenzen wegen ihrer von der Auffassung der Prüfungsstelle abweichenden Ansicht durchaus im Klaren.

Die Patentanmelderin vertritt die Auffassung, dass der angefochtene Beschluss nicht die tatsächlichen Gründe nennt, auf die sich die Zurückweisung stützt.

Die Voraussetzungen, unter denen eine Patentanmeldung zurückzuweisen ist, sind in § 48 PatG angegeben. In Verbindung mit § 45 PatG ergibt sich, dass bei Nicht-Erfüllung der Anforderungen ua des § 34 PatG die Zurückweisung erfolgen muss. Die Prüfungsstelle hat in ihrem Beschluss deutlich gemacht, dass durch die ihrer Ansicht nach unzutreffende Gattungsbezeichnung "die Fachwelt begrifflich/fachlich von den tatsächlich in Angriff genommenen Lösungsmerkmalen definitiv abgelenkt" sei. Die Prüfungsstelle war somit der Meinung, dass aus den Patentansprüchen nicht der Gegenstand erkennbar war, der als patentfähig unter Schutz gestellt werden sollte. Diese Forderung des PatG § 34 (3) 3 war somit nach Auffassung der Prüfungsstelle nicht erfüllt. Dieses ergibt sich ohne weiteres aus den Ausführungen der Prüfungsstelle in dem angefochtenen Beschluss. Sonstige Verfahrensfehler im Prüfungsverfahren oder besondere Umstände, die eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr rechtfertigen würden, sind von der Anmelderin nicht vorgetragen worden. Mithin liegt ein Grund für die Rückzahlung der Beschwerdegebühr nicht vor.

3. Das Patentbegehren nach den geltenden Patentansprüchen ist patentfähig.

Die Prüfung des Gegenstandes des Patentanspruchs 1 auf seine Patentfähigkeit im Hinblick auf den in Betracht gezogenen Stand der Technik durch den Senat hat keine einer Patenterteilung entgegenstehenden Gründe ergeben. Mit mangelnder Patentfähigkeit war der angefochtene Zurückweisungsbeschluss auch nicht begründet, vielmehr hatte die Prüfungsstelle die Patentfähigkeit gegenüber dem in Betracht gezogenen Stand der Technik bereits grundsätzlich anerkannt (Prüfungsbescheid vom 24. Januar 2001, Seite 1; Anlage dazu).

Mit dem Patentanspruch 1 haben auch die rückbezogenen Unteransprüche Bestand, die vorteilhafte Weiterbildungen der Bogenrotationsdruckmaschine nach Patentanspruch 1 betreffen und zumindest keine Selbstverständlichkeiten darstellen.

Petzold Dr. Fuchs-Wissemann Bülskämper Reinhardt Bb






BPatG:
Beschluss v. 20.10.2005
Az: 9 W (pat) 66/02


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