Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen:
Urteil vom 23. Mai 2007
Aktenzeichen: 13 A 3657/04

(OVG Nordrhein-Westfalen: Urteil v. 23.05.2007, Az.: 13 A 3657/04)

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 20. Juli 2004 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Am 19. Juni 1978 zeigt die Rechtsvorgängerin der Klägerin beim Bundesgesundheitsamt das Fertigarzneimittel "Blutreinigungs Tee" an. Am 28. Dezember 1989 stellte sie Kurzantrag und gab als Bezeichnung des Arzneimittels "C. I. Blutreinigungs-Tee" an. Am 14. Juni 1990 zeigte sie u.a. die Änderung der Bezeichnung in "C. I. Blutreinigungstee O. " an. Schließlich stellte sie am 24. August 1993 Langantrag.

Am 15. Oktober 1996 wurde die Verschmelzung der Rechtsvorgängerin der Klägerin mit der Klägerin angezeigt. Am 28. Juni 2000 beantragte die Klägerin die Aufnahme des genannten Arzneimittel in die sog. "Traditionsliste". Mit Schreiben vom 7. November 2000 zeigte die Klägerin u.a. eine Änderung der Bezeichnung in "C. I. Blutreinigungstee O1. " an. Durch Bekanntmachung im Bundesanzeiger Nr. 243 vom 28. Dezember 2000 nahm die Beklagte die Wirkstoffe des Arzneimittels unter der laufenden Nr. 980 und unter dem Anwendungsgebiet "Traditionell angewendet zur Unterstützung der Ausscheidungsfunktion der Niere. Diese Angabe beruht ausschließlich auf Überlieferung und langjähriger Erfahrung." in die Traditionsliste auf.

Am 29. Januar 2001 beantragte die Klägerin unter Bezugnahme auf die Traditionsliste die Verlängerung der Zulassung nach § 109a Arzneimittelgesetz (AMG). Als Bezeichnung wurde "C. I. Blutreinigungstee O1. " angegeben. Als Anwendungsgebiete wurden aufgenommen: "Traditionell angewendet zur Unterstützung der Ausscheidungsfunktion der Niere. Diese Angabe beruht ausschließlich auf Überlieferung und langjähriger Erfahrung. Hinweis: Unter dem Begriff der Blutreinigung wird traditionell eine Stärkung der Ausscheidungsorgane verstanden. Eine Blutreinigung im wörtlichen medizinischen Sinn wird von diesem Tee nicht bewirkt." Der Beschriftungsentwurf für die äußere Umhüllung und den Teeumbeutel entsprach den Angaben zum Anwendungsgebiet.

Mit Schreiben vom 13. Juli 2001 teilte die Beklagte u.a. mit, dass die Arzneimittelbezeichnung "C. I. Blutreinigungstee O1. " irreführend im Sinne von § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG sei. Der Begriff der Blutreinigung sei geeignet bei dem Verbraucher die Vorstellung einer bestimmten therapeutischen Wirksamkeit bzw. Wirkung zu erwecken, den das Arzneimittel nicht habe. Es werde die Bezeichnung "C. I. Nierentee" vorgeschlagen.

Mit Bescheid vom 23. August 2001 erteilte die Beklagte die Zulassung unter der Bezeichnung: "C. I. Nierentee". In Auflage A. 3 (äußere Umhüllung, Packungsbeilage) heißt es: "Die Bezeichnung des Arzneimittels ist durchgängig in allen Textentwürfen gemäß dem Bescheid zu übernehmen....Die Forderung erfolgt gemäß dem Schreiben vom 13. Juli 2001, da die bisherige Bezeichnung für das vorliegende Arzneimittel irreführend i.S. des § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG ist." In Auflage A. 9 (äußere Umhüllung) heißt es: Die Angaben zum Anwendungsgebiet im Textentwurf für die Faltschachtel sind vollständig gemäß dem Bescheid zu übernehmen. Das Wort "Hinweis und die darauffolgenden Angaben" sind durchgängig zu streichen, da sie nicht inhaltlicher Bestandteil der Anwendungsgebiete sind."

Am 25. September 2001 hat die Klägerin Klage erhoben und zur Begründung im Wesentlichen vorgetragen, dass die gewählte Bezeichnung nicht irreführend sei. Zwar bewirke der Tee keine Blutreinigung im schulmedizinischen Sinne. Eine solche erwarte der Verbraucher vernünftigerweise aber auch nicht. Vielmehr werde der - eingeführte - naturheilkundliche Begriff der Blutreinigung verwendet. In diesem Sinne "blutreinigend" seien pflanzliche Arzneimittel, welche die Ausscheidungsorgane stärkten bzw. eine wassertreibende, entwässernde Wirkung hätten. Dass die von ihr im Tee verwendeten Wirkstoffe die Funktionsweise der Ausscheidungsorgane stärkten, sei belegbar. Zwar sei bei dem streitgegenständlichen Arzneimittel die Indikation auf die Unterstützung der Ausscheidungsfunktion der Niere fokussiert. Dies bedeute aber nicht, dass keine breitere Wirkung vorhanden sei. Im Übrigen werde eine Irreführung schon durch die Zusätze auf der Packungsbeilage und der äußeren Umhüllung vermieden.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung der Auflagen A. 3 und A. 9 im Bescheid vom 23. August 2001 zu verpflichten, das streitgegenständliche Arzneimittel gemäß dem gestellten Antrag zuzulassen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat die Beklagte geltend gemacht, dass die Bezeichnung "Blutreinigungstee" irreführend sei. Denn das Anwendungsgebiet des streitgegenständlichen Arzneimittels laute: "Zur Unterstützung der Ausscheidungsfunktion der Niere." Dieses Anwendungsgebiet sei abschließend, eine Blutreinigung als solche erfolge nicht. Auch soweit unter Blutreinigung traditionell - nach der Galenischen Humoralpathologie - eine Stärkung der Ausscheidungsorgane bzw. des gesamten Stoffwechsels verstanden werde, liege eine irreführende Bezeichnung vor. Unter die "Ausscheidungsorgane" fielen nämlich nicht nur die Niere, sondern auch Lunge, Darm und - in geringerem Umfang - die Haut. Somit suggeriere die Klägerin mit dem Begriff der Blutreinigung, dass die Wirkungen des Arzneimittels sich auf den gesamten Stoffwechsel bezögen und auch andere am Stoffwechsel beteiligte Organe - z.B. Leber und Magen-Darm-Trakt - einbezogen würden. Tatsächlich werde aber nur die Ausscheidungsfunktion der Niere unterstützt. Deshalb seien auch die Hinweise auf der äußeren Umhüllung - die eine allgemeine Entschlackung und eine Stärkung des Ausscheidungsorgane beträfen - irreführend. An dieser Irreführung ändere sich auch dadurch nichts, dass das zutreffende Anwendungsgebiet auf der äußeren Umhüllung angegeben werde.

Mit dem angefochtenen Urteil, auf dessen Gründe Bezug genommen wird, hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen.

Zur Begründung ihrer vom Senat zugelassenen Berufung vertieft die Klägerin ihre Argumentation. Die Änderung einer Bezeichnung im Zulassungsverfahren sei unzulässig, wie sich aus § 25 Abs. 3 AMG ergebe. Diese - im Nachzulassungsverfahren nicht anwendbare - Vorschrift stelle eine abschließende Regelung für "Bezeichnungsfälle" dar. Für das Bezeichnungsrecht ausschließlich zuständig seien die Länderbehörden nach § 69 AMG. Dies ergebe sich auch aus § 29 Abs. 2 AMG, danach sei eine Bezeichnungsänderung nur anzeigepflichtig. Die Versagung der Bezeichnung im Rahmen des Zulassungsverfahren verstoße auch gegen Art. 26 der Richtlinie 2001/83/EG, die dort bezeichneten Zulassungsversagungsgründe seien abschließend.

Auch sei die von ihr gewählte Bezeichnung nicht irreführend. Tatsächlich wirke das streitgegenständliche Arzneimittel "blutreinigend" im Sinne der Galenischen Humoralpathologie. Dass das Anwendungsgebiet rechtlich auf die Unterstützung der Ausscheidungsfunktion der Niere beschränkt sei, sei unerheblich. Der Käufer eines Arzneimittels, wie es hier in Rede stehe, mache sich nämlich regelmäßig keine Gedanken darüber, ob ein Arzneimittel zulassungspflichtig sei und ob die Bezeichnung des Arzneimittels mit dem gewählten Anwendungsgebiet übereinstimme. Wenn der Verbraucher nicht wisse, ob ein Arzneimittel der Zulassungspflicht unterliege, so könne er auch hinsichtlich des Inhalts der Zulassung keine Erwartungen haben. Insbesondere erwarte er nicht, dass die Bezeichnung eines Arzneimittels im Einklang mit den zugelassenen Anwendungsgebieten stehe. Der Durchschnittsverbraucher erwarte auch nicht, dass der Tee eine (weitergehende) abführende Wirkung habe oder dass von einem "Blutreinigungstee" alle Ausscheidungsorgane beeinflusst würden. Dagegen spreche schon die Angabe "entschlackend und entwässernd" in der Packungsbeilage; den Begriff der "Entschlackung" könne der Verbraucher nicht zuordnen. Vor diesem Hintergrund sei es ausreichend, wenn - wie hier - ein Hauptorgan betroffen werde, das der Ausscheidung diene. Auch trete ein Ausschlackungseffekt allein durch die Unterstützung der Nierenfunktion ein. Schließlich gebe es zahlreiche Arzneimittel, die mit ihrer Verkehrsbezeichnung eine Funktion oder Krankheit beinhalteten, ohne dass erwartet und gefordert werde, dass sämtliche von dieser Funktion oder Krankheit betroffenen Organe oder Symptome durch das Arzneimittel beeinflusst würden.

Endlich sei die Versagung unverhältnismäßig. Die traditionellen Bezeichnungen stellten für freiverkäufliche Arzneimittel einen wesentlichen Besitzstand dar, ohne den sie faktisch nicht mehr verkehrsfähig seien; dies sei auch hier der Fall. Nach der Rechtsprechung der Zivilgerichte seien diese Belange im Rahmen der Frage der Irreführung zu berücksichtigen. Auch befänden sich vergleichbare Blutreinigungstees auf dem Markt.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des VG Köln vom 20. Juli 2004 zu ändern und

den Bescheid des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte vom 23. August 2001 aufzuheben, soweit darin der im Verwaltungsverfahren gestellte Zulassungsantrag abgelehnt worden ist, und die Beklagte zu verpflichten, das streitgegenständliche Arzneimittel gemäß dem im Verwaltungsverfahren gestellten Antrag zuzulassen,

hilfsweise,

die Bezeichnung des Arzneimittels und die Auflagen A.3 und A.9 im Bescheid des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte vom 23. August 2001 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung ihres Antrags tritt sie den Ausführungen der Klägerin unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens entgegen und führt ferner u.a. aus, dass ihre Entscheidung auf der zutreffenden Ermächtigungsgrundlage - nämlich § 105 Abs. 4f Satz 1 Hs. 1 AMG i.V.m. § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 AMG i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG - beruhe. Es besage nichts, dass kein Fall des § 25 Abs. 3 AMG vorliege. Denn § 25 Abs. 3 AMG erfasse nur die Verwechselungsgefahr in einem Sonderfall; dass durch diese Vorschrift eine Anwendung von § 105 Abs. 4f Satz 1 Hs. 1 AMG i.V.m. § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 AMG i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG gesperrt werde, sei nicht ersichtlich. Es bestehe auch kein Wertungswiderspruch zu § 29 Abs. 2 AMG. Denn nach § 29 Abs. 2 AMG erfolge eine Änderung des Zulassungsbescheides, deshalb seien die Vorschriften des § 25 AMG anzuwenden. Im Übrigen könne es nicht sein, dass sie verpflichtet sei, sehenden Auges einen rechtwidrigen Zulassungsbescheid zu erteilen. Auch sei die Versagung mit Art. 26 der Richtlinie 2001/83/EG vereinbar. Zum einen sei hier die Zulassung nicht versagt, sondern sie sei erteilt worden. Auch fänden sich in der genannten Richtlinie - nämlich in Art. 1 Nr. 20 - Bezeichnungsregelungen. Endlich liege hier der Versagungsgrund nach Art. 26 Abs. 1 Buchstabe b) - unzureichende Begründung der therapeutischen Wirksamkeit - vor. Denn über das genehmigte Anwendungsgebiet hinaus - dem die Bezeichnung entspreche - habe ein Wirksamkeits- bzw. Traditionsnachweis für das streitgegenständliche Arzneimittel nicht erbracht werden können.

Weiter habe das Verwaltungsgericht in Bezug auf eine der Irreführung zu Recht darauf abgestellt, für welche Anwendungsgebiete das Arzneimittel zugelassen sei. Das Zulassungsverfahren beziehe sich auf die Zulassung für bestimmte Anwendungsgebiete. Dieser Rahmen würde verlassen, wenn man das Anwendungsgebiet erweiternde Wirkungen mit einbezöge. Insbesondere sei unerheblich, dass der im Rahmen des Anwendungsgebiets zu erbringende Wirksamkeitsbeleg hier "nur" nach § 109a AMG erbracht werde. Es sei Sache des Gesetzgebers zu entscheiden, wann er einen Wirksamkeitsbeleg akzeptiere. Im Übrigen prägten zugelassene Anwendungsgebiete auch die Verbrauchererwartung im Sinne des allgemeinen Wettbewerbsrechts. In der Sache sei die verwendete Bezeichnung schon deswegen irreführend, da eine Blutreinigung im klassischen Sinne nicht erfolge. Das Verwaltungsgericht habe zu Recht aber auch ausgeführt, dass das streitgegenständliche Arzneimittel nicht "blutreinigend" im Sinne der Galenischen Humoralpathologie wirke. Eine "Blutreinigung" in diesem Sinne werde traditionell nur über mehrere Organe bewirkt, das Arzneimittel der Klägerin wirke aber nur auf eines, die Niere. Auch sei nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht zunächst einmal nur auf die Bezeichnung - nicht aber auf die von der Klägerin in Umhüllung und Packungsbeilage enthaltenen Hinweise - abgestellt habe. Die Richtigkeit dieses Ansatzes ergebe sich schon aus § 8 Abs. 2 Nr. 2 AMG und aus dem Schutzzweck der Vorschrift. Gerade bei frei verkäuflichen Arzneimitteln sei es Sache des pharmazeutischen Unternehmers eindeutige Angaben zu machen. Im Übrigen werde in der Regel allein die Bezeichnung ausschlaggebend für den Kaufentschluss sein.

Ein "Besitzstand" der Klägerin sei hier nicht schützenswert. Denn dieser Besitzstand stehe eben unter dem Vorbehalt der positiven Entscheidung über die Verlängerung im Nachzulassungsverfahren. Auch intendiere § 109a AMG keinen Schutz eines Vertriebs unter der bisherigen Bezeichnung. Dass andere vergleichbare "Blutreinigungstees" auf dem Markt seien, sei unerheblich.

Wegen des übrigen Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klage ist (jedenfalls) unbegründet.

I. Der mit dem Hauptantrag gestellte Verpflichtungsantrag ist zulässig. Mit ihm begehrt die Klägerin eine Nachzulassung des streitgegenständlichen Arzneimittels nach § 105 Abs. 4f AMG wie von ihr unter dem 29. Januar 2001 beantragt, also mit der Bezeichnung "C. I. Blutreinigungstee". Die Bezeichnung eines Arzneimittels ist einer der wesentlichen Bestandteile der Zulassung.

BVerwG, Urteil vom 13. April 1989 - 3 C 11.86 -, BVerwGE 82, 7.

Die Klage ist aber unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung der Zulassung oder auf Neubescheidung für das streitgegenständliche Arzneimittel unter der von ihr begehrten Bezeichnung. Die Ablehnung im Bescheid vom 23. August 2001 ist rechtmäßig (vgl. § 113 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -). Dem Nachzulassungsbegehren nach § 109a AMG steht der sich aus § 105 Abs. 4f Satz 1 Hs. 1 i.V.m. § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 1 Alt. i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 AMG ergebende Versagungsgrund entgegen.

Nach § 105 Abs. 4f Satz 1 Hs. 1 AMG kann eine Zulassung nach § 105 Abs. 1 AMG nur dann verlängert werden, wenn kein Versagungsgrund nach § 25 Abs. 2 AMG vorliegt. Nach § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 1. Alt. AMG ist eine Zulassung dann zu versagen, wenn das Inverkehrbringen des Arzneimittels gegen gesetzliche Vorschriften verstoßen würde. Nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 AMG ist es verboten, Arzneimittel herzustellen oder in den Verkehr zu bringen, die mit irreführender Bezeichnung versehen sind.

Aus § 105 Abs. 4f Satz 1 Hs. 1 AMG i.V.m. § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 1 Alt. i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 AMG ergibt sich, dass eine Zulassung hinsichtlich der Bezeichnung dann zu versagen ist, wenn das Arzneimittel unter einer irreführenden Bezeichnung zugelassen werden soll. Die Bezeichnung eines Arzneimittels ist zwingender Teil der Zulassung. Wenn aber die Beklagte ein Arzneimittel nur unter einer bestimmten Bezeichnung zulassen darf, so muss sie auch überprüfen können, ob die Bezeichnung rechtmäßig ist. Das geschieht im Rahmen des Erstzulassungsverfahrens nach § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 1 Alt. i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 AMG bzw. im Rahmen des Nachzulassungsverfahrens nach § 105 Abs. 4f Satz 1 AMG i.V.m. § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 1 Alt. i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 AMG. Auch im Verfahren der Änderungsanzeige findet eine Überprüfung statt. Nach § 29 Abs. 2 AMG ist nämlich bei einer Änderung der Bezeichnung des Arzneimittel der Zulassungsbescheid zu ändern. Der geänderte Zulassungsbescheid kann aber nur dann eine legale Zulassung aussprechen, wenn die Beklagte wie im Rahmen der Erst- bzw. Nachzulassung die Vereinbarkeit der Änderung mit § 25 AMG - und eben auch mit § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 1 Alt. i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 AMG - geprüft und bejaht hat.

Siehe Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht, Kommentar, Loseblatt, Stand Juni 2006, § 29 Anm. 12; Rehmann, AMG, 2. Aufl. 2003, § 29 Rdnr. 6.

Dem steht nicht entgegen, dass § 25 Abs. 3 AMG im Nachzulassungsverfahren nicht anwendbar ist. Es ist nämlich nicht ersichtlich, dass durch § 25 Abs. 3 AMG auch die Bezeichnungsregelungen der § 105 Abs. 4f Satz 1 Hs. 1 i.V.m. § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 1 Alt. i.V.m. § 8 AMG verdrängt werden sollen. § 25 Abs. 3 AMG regelt nur den - hier nicht vorliegenden - Fall, in dem verschiedene Arzneimittel unter gleicher Bezeichnung in den Verkehr gebracht werden sollen. Es spricht nichts dafür, dass mit dieser Sonderregelung zugleich eine abschließende Regelung der Bezeichnungskontrolle für Arzneimittel im (Nach- ) Zulassungsverfahren beabsichtigt ist. Zudem kann § 25 Abs. 3 AMG als Konkretisierung von § 8 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 AMG verstanden werden.

Vgl. Kloesel/Cyran, a.a.O., § 25 Anm. 64.

Gemeinschaftsrecht steht einer Anwendung von § 105 Abs. 4f Satz 1 Hs. 1 AMG i.V.m. § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 1 Alt. i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 AMG nicht entgegen. Denn auch das Gemeinschaftsrecht lässt die Versagung einer Zulassung wegen einer irreführenden Bezeichnung bzw. wegen eines irreführenden Namens zu. Zwar greift insoweit Art. 26 der Richtlinie 2001/83/EG nicht. Jedoch ist die Zulassung nach Art. 61 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG auch zu versagen, wenn die Etikettierung oder Packungsbeilage mit den Vorschriften der Art. 54 ff. der Richtlinie 2001/83/EG und den Angaben in der Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels nicht übereinstimmt. Die Vorschriften über die Etikettierung und die Packungsbeilage beziehen sich aber zum einen auch auf den Namen bzw. die Bezeichnung eines Arzneimittels (Art. 54 Buchstabe a), Art. 55 Abs. 2, Art. 59 Abs. 1 Buchstabe a der Richtlinie 2001/83/EG). Zum anderen gehen die Art. 54 ff. auch davon aus, dass Etikettierung und Packungsbeilage - und damit auch der Name bzw. die Bezeichnung - nicht irreführend sein dürfen. Zwar finden sich in Art. 54 ff. der Richtlinie 2001/83/EG keine ausdrücklichen Regelungen, die irreführende Etikettierungen und Beilagen - bzw. Arzneimittelnamen - verbieten, und die Art. 86 ff. betreffen nicht Packungsbeilage und Etikettierung (Art. 86 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG). Dies findet indes seinen Grund nur darin, dass nach Art. 62 der Richtlinie 2001/83/EG Angaben die - wie in gewisser Weise auch die Bezeichnung "Blutreinigung" - Werbecharakter haben können, in Umhüllung oder Packungsbeilage generell unzulässig sind. Das Gemeinschaftsrecht geht daher erkennbar davon aus, dass Etikettierung und Beilagen - bzw. Arzneimittelnamen - "neutral" und damit eben auch nicht irreführend sein dürfen. Auf gleicher Linie liegt auch Art. 63 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG. Dort wird eine eindeutige und für den Verwender verständliche Packungsbeilage verlangt. Eine irreführende Bezeichnung des Arzneimittels beeinträchtigt aber auch die Eindeutigkeit und Verständlichkeit der Packungsbeilage. Das Gesagte wird durch Erwägungsgrund 40 der Richtlinie 2001/83/EG bestätigt. Danach müssen die Bestimmungen über die Unterrichtung der Patienten ein hohes Verbraucherschutzniveau gewährleisten, so dass Arzneimittel auf der Grundlage vollständiger und verständlicher Informationen ordnungsgemäß angewandt werden können. Vor diesem Hintergrund lässt das Gemeinschaftsrecht eine irrführende Bezeichnung eines Arzneimittels nicht zu.

Wie ausgeführt ist es nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 AMG verboten Arzneimittel herzustellen oder in den Verkehr zu bringen, die mit irreführender Bezeichnung versehen sind. Ein irreführende Bezeichnung im Sinne dieser Vorschrift liegt u.a. dann vor, wenn die Bezeichnung Verbrauchererwartungen weckt, die unzutreffend sind. Da es um Arzneimittel geht, ist ein strenger Maßstab hinsichtlich der Wahrheit, Eindeutigkeit und Klarheit anzulegen (sog. Strengeprinzip).

Siehe z.B. BGH, Urteile vom 5. April 1990 - I ZR 19/88 -, NJW 1991, S. 752 und 14. Januar 1993 - I ZR 301/90 -, juris; Bornkamm, in: Baumbach/ Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 23. Aufl. 2004, § 5 UWG Rdnr. 4.176; Doepner, Heilmittelwerbegesetz, 2. Aufl. 2000, § 3 Rdnr. 22.

Es kann offen bleiben, ob "Verbrauchererwartungen" in diesem Sinne die normativ zu konkretisierenden "berechtigten Verbraucherwartungen" sind oder ob generell auf die real existierenden (empirischen) Verbrauchererwartungen abzustellen ist. Selbst wenn letzteres der Fall wäre, verlässt sich der Verbraucher in diesem Rahmen darauf, dass Arzneimittel so zugelassen, hergestellt und zusammengesetzt sind, wie es den gesetzlichen oder sonstig vorgegebenen Standards entspricht oder wie es die damit befassten verantwortlichen Kreise und Stellen als richtig befunden haben (sog. verweisende Verkehrsvorstellung).

Vgl. BGH, Urteile vom 13. Dezember 1984 - I ZR 71/83 -, MDR 1985, S. 736 und 8. März 1990 - I ZR 239/87 -, MDR 1991, S. 30; Bornkamm, a.a.O., § 5 UWG Rdnr. 4.5; Doepner, a.a.O., § 3 Rdnr. 20.

Bei Arzneimitteln verlässt sich der Verbraucher insbesondere darauf, dass die jeweils durch die Bezeichnung in Anspruch genommene Indikation von der behördlichen Zulassung gedeckt ist und insoweit eine Prüfung hinsichtlich Wirksamkeit und Unbedenklichkeit gemäß den Bestimmungen des Arzneimittelgesetzes stattgefunden hat.

Vgl. OLG Köln, Urteil vom 22. Januar 1997 - 6 U 62/96 -, PharmaR 1997, S. 187; Kloesel/Cyran, a.a.O., § 8 Anm. 13; Doepner, a.a.O., § 3 Rdnr. 20.

Das wird normativ durch § 2 Abs. 1 AMG bestätigt. Diese Vorschrift erfasst auch die sog. Präsentationsarzneimittel. Danach bedarf ein Stoff oder eine Zubereitung schon dann einer arzneimittelrechtlichen Zulassung, wenn er bzw. sie als Arzneimittel "präsentiert" wird. Wenn dem so ist, kann der Verbraucher berechtigterweise auch erwarten, dass die mit der Bezeichnung präsentierte bzw. in Anspruch genommene Indikation auch von der behördlichen Zulassung, die auch die Bezeichnung des Arzneimittels umfasst, gedeckt ist.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 1994 - 3 C 2.93 -, BVerwGE 97, 132; OVG NRW, Urteile vom 17. März 2006 - 13 A 1977/02, 13 A 2095/02, 13 A 2098/02 - , juris (Leitsätze in A & R 2006, S. 240).

Das Gesagte gilt auch für die Arzneimittel nach § 109a AMG. Denn auch diese sind - eben weil sie ein arzneimittelrechtliches Zulassungsverfahren durchlaufen haben und dies auch in der äußeren Umhüllung und Packungsbeilage deutlich wird - für den Verbraucher als Arzneimittel erkennbar. Das zeigt gerade der streitgegenständliche Tee: Auf seiner äußeren Umhüllung ist deutlich sichtbar der Begriff "Arzneitee" angebracht. Im Übrigen hilft der Klägerin ihr Vortrag - nach dem Arzneimittel nach § 109a AMG vom Verbraucher wie Lebensmittel behandelt würden - nicht weiter: Wenn dem so wäre, müsste nach der lebensmittelrechtlichen Rechtsprechung auf die berechtigten Verbraucherwartungen und damit

ebenfalls auf den Inhalt des behördlichen Zulassungsverfahrens Bezug genommen werden.

Vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1985 - 3 C 65.84 -, ZLR 1986, S. 333; BayVGH, Beschluss vom 23. Juli 1998 - 25 B 95/01001 -, ZLR 1998, S. 660; Doepner, a.a.O., § 3 Rdnr. 20.

Die Maßgeblichkeit des Inhalts der Zulassung für die Beantwortung der Frage, ob eine Irreführung vorliegt, wird dadurch bestätigt, dass es vorliegend um ein Nach- zulassungsverfahren für ein sog. Traditionsarzneimittel nach §§ 109a, 105 AMG geht. Diese Zulassung bezieht sich sowohl auf die Bezeichnung des Arzneimittels (vgl. § 22 Abs. 1 Nr. 2 AMG) als auch auf bestimmte Anwendungsgebiete (vgl. § 22 Abs. 1 Nr. 6 AMG). Es liegt auf der Hand, dass bei der Entscheidung über eine Zulassung im Rahmen der Prüfung der Bezeichnung des Arzneimittels schon verfahrensmäßig nur die von der Zulassung abgedeckten Anwendungsgebiete zugrunde gelegt werden können.

Zwar kann die Anwendung des Irreführungsverbots nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 AMG auch einen wertvollen Besitzstand an einer Individualkennzeichnung ganz oder teilweise vernichten. Indes rechtfertigt ein solcher Besitzstand des Werbenden gerade im Arzneimittelbereich nicht die Weiterführung einer irreführenden Werbung. Nur in Ausnahmefällen, wenn einerseits auf Seiten des Werbenden ein besonders wertvoller Besitzstand vorliegt und andererseits die Belange der Allgemeinheit und der Verbraucherschaft nicht ernstlich in Mitleidenschaft gezogen werden, kann eine geringfügige Restirreführungsgefahr toleriert werden.

Vgl. BGH, Urteile vom 27. Februar 1980 - I ZR 8/78 -, MDR 1980, S. 733, vom 14. April 1983 - I ZR 173/80 -, NJW 1983, S. 2633 und vom 5. April 1990 - I ZR 19/88 -, NJW 1991, S. 752; Doepner, a.a.O. § 3 Rdnr. 40.

Nach diesen Maßstäben ist die von der Klägerin gewählte Bezeichnung "Blutreinigungstee" irreführend. Denn die Bezeichnung weckt die Verbrauchererwartung, dass das Arzneimittel zur "Blutreinigung" zugelassen ist. Dies ist indes - gleichwie man den Begriff der "Blutreinigung" fasst - nicht der Fall:

Geht man davon aus, dass mit dem Begriff der Blutreinigung die Verbraucherwartung geweckt wird, dass das Arzneimittel zur "Blutreinigung" nach heutigen Maßstäben im wörtliche Sinne (z.B. durch Dialyse) zugelassen ist, versteht sich dies von selbst. Denn tatsächlich ist das Arzneimittel nur mit der Anwendung "Traditionell angewendet zur Unterstützung der Ausscheidungsfunktion der Niere" zugelassen und es könnte im Übrigen auch nicht für den Anwendungsbereich einer "echten" Blutreinigung zugelassen werden, da es eine solche nicht bewirkt.

Geht man davon aus, dass mit dem Begriff der Blutreinigung die Verbraucherwartung geweckt wird, dass das Arzneimittel zur "Blutreinigung" nach traditionellvolkstümlichen Vorstellungen - d.h. im Sinne der Galenischen Humoralpathologie - zugelassen ist, liegt ebenfalls eine Irreführung vor (weshalb dahingestellt bleiben kann, ob es diese "volkstümlichen Vorstellungen" heute allgemein noch gibt oder ob sie nur noch in der phytotherapeutischen Fachliteratur "weiterleben"). Jedenfalls setzt eine "Blutreinigung" in dem zuletzt genannten Sinne voraus, dass - etwa im Rahmen einer Kur - zugleich auf mehrere Ausscheidungsorgane eingewirkt wird. Dies ergibt sich im Einzelnen aus den Gutachten Schilcher vom 24. April 2003, Kabelitz vom 2. Oktober 2001, Steffen und Rommelspacher vom 18. April 1988, Müller-Limmroth vom 15. Mai 1984 (m.w.O.) und wird bestätigt durch Stellungnahmen aus der Literatur.

Vgl. Schilcher/Schilcher, Sachkundenachweis für frei verkäufliche Arzneimittel in Fragen und Antworten, 4. Aufl. 2002, S. 130; Wörterbuch Naturheilkunde,1996, Stichwort Blutreinigung; Weiss, Lehrbuch der Phytotherapie, 5. Aufl. 1982, S. 304. Vgl. auch das Gutachten Schilcher vom 24. September 2004, dass von einer "Art" von Blutreinigung spricht.

Für die Anwendung zugelassen ist das Arzneimittel indes nur für ein Ausscheidungsorgan, nämlich für die Unterstützung der Ausscheidungsfunktion der Niere. Insoweit kann dahinstehen, in welchen Fällen es noch hinnehmbar ist, dass die Bezeichnung eines Arzneimittels über das konkrete Anwendungsgebiet - geringfügig - hinausgeht. Jedenfalls gilt auch insoweit das Strengeprinzip. Das führt hier dazu, dass jedenfalls die Beeinflussung nur eines Ausscheidungsorgans nicht mit der Einwirkung auf mehrere Ausscheidungsorgane gleichgesetzt werden kann. Im Übrigen ist das von der Klägerin bemühte Beispiel des "Erkältungstees" von der Beklagten ebenfalls als irreführend gekennzeichnet worden; dies ist Gegenstand des Berufungsverfahrens 13 A 4925/04.

Vgl. zur irreführenden Werbung durch Globalindikationen BGH, Urteil vom 26. Juni 1997 - I ZR 53/95 -, NJW 1998, S. 815; Doepner, a.a.O., § 3 Rdnr. 56, 76 m.w.O. .

Geht man schließlich davon aus, dass mit dem Begriff der Blutreinigung die Verbraucherwartung geweckt wird, dass das Arzneimittel zur "Blutreinigung" im Sinne einer allgemein entwässernden und entschlackenden Wirkung zugelassen ist, liegt ebenfalls eine Irreführung vor. Denn das Arzneimittel ist jedenfalls hinsichtlich einer entschlackenden Wirkung - damit ist offensichtlich die Entfernung von abgelagerten Schlacken oder Verschlackungen im Körper gemeint - nicht zugelassen. Dass der Verbraucher den Begriff der "Entschlackung" in dem eben genannten Sinne nicht zuordnen könnte, ist nicht ersichtlich, zumal die Klägerin mit der Verwendung dieses Begriffs auf der Frontseite der äußeren Umhüllung ersichtlich eine Verbrauchererwartung ansprechen will.

Daran ändert die Behauptung der Klägerin, dass "Entwässerung" und "Entschlackung" ineinander falle, da mit der Unterstützung des Ausscheidungsorgans der Niere gleichsam automatisch "entschlackt" werde, nichts. Eine solche "entschlackende" Wirkung bedürfte der gesonderten Zulassung, da es insoweit um eine gesonderte Wirkung geht (vgl. § 22 Abs. 1 Nr. 5 AMG). Auch geht eine "Entschlackung" inhaltlich weiter als die bloße Funktion der Ausscheidung durch die Niere. Es wird nämlich zumindest suggeriert, dass über die bloße Ausscheidung hinaus auch "Schlacken" oder "Verschlackungen" abgebaut würden. Im Übrigen bestehen erhebliche Zweifel daran, ob eine Zulassung für eine "entschlackende Wirkung" überhaupt erteilt werden könnte.

Vgl. zur Wettbewerbswidrigkeit der Werbung mit "entschlackender" Wirkung OLG Karlsruhe, Urteil vom 13. Juli 2006 - 4 U 12/04 -; LG München, Urteil vom 5. April 2000 - 1 HK O 1360/00 - .

Schließlich ist vor dem Hintergrund des Strengeprinzips festzuhalten: Zugelassen ist das streitgegenständliche Arzneimittel nur mit der Anwendung "Traditionell angewendet zur Unterstützung der Ausscheidungsfunktion der Niere". Der Begriff der "Blutreinigung" suggeriert aber darüber hinausgehend - selbst wenn man ihn nicht klar fixieren wollte - etwas anderes oder ein unklares "Mehr" in dem Sinne, dass der Tee "irgendwie positiv" auf das "Blut" wirke. Eine Irreführung liegt aber auch dann vor, wenn mit unklaren "Globalindikationen" geworben wird, die mit dem zugelassenen Anwendungsgebiet nicht übereinstimmen. Vielmehr gebietet das Strengeprinzip bei Arzneimitteln ein Bezeichnung, die mit dem durch die Zulassung festgelegten Anwendungsgebiet in deutlichem Zusammenhang steht.

Vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 1997 - I ZR 53/95 -, NJW 1998, S. 815; Doepner, a.a.O., § 3 Rdnr. 56, 76 m.w.O. .

Eine andere Beurteilung ist nicht etwa deshalb geboten, weil die Klägerin auf der äußeren Umhüllung, den Behältnissen und der Packungsbeilage das korrekte Anwendungsgebiet des Arzneimitteltees angibt. Nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 AMG ist allein maßgeblich, dass die Bezeichnung als solche irreführend ist; die Angabe des Anwendungsgebiets kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Bezeichnung objektiv irreführend ist. Auch wird der Verbraucher im Regelfall seine Kaufentscheidung von der (irreführenden) Bezeichnung - wenn diese einen Schluss auf die Anwendungsgebiete zulässt - und nicht etwa von den konkret angegebenen Anwendungsgebieten abhängig machen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn - wie hier - die irreführende Bezeichnung (bzw. die irreführenden Zusätze) sich auf der Frontseite der äußeren Umhüllung befinden, während die Angabe der Anwendungsgebiete an anderer Stelle erfolgt.

Vgl. zu alldem Bornkamm, a.a.O., § 5 UWG Rdnr. 2.91 ff.

Endlich führt hier auch die Berücksichtigung der Individualinteressen der Klägerin nicht zu einem anderen Ergebnis. Zum einen liegt hier nicht nur eine geringfügige sondern eine ganz erhebliche Irreführungsgefahr vor, zumal mit dem Begriff der "Blutreinigung" möglicherweise auch eine Blutreinigung im wörtlichen Sinne suggeriert wird. Zum anderen liegt hier ein besonders wertvoller Besitzstand nicht vor, da die Klägerin im Rahmen des Zulassungsverfahrens jederzeit mit dem Verlust des Besitzstandes rechnen musste. Dass sich auch andere Arzneimittel unter der Bezeichnung "Blutreinigungstee" auf dem Markt befinden, ist rechtlich ohne Belang, zumal die Zulassungssituation dieser Tees im Vergleich zum streitgegenständlichen Tee jedenfalls zum Teil eine andere ist (Standardzulassungen, Apothekentees).

II. Der hilfsweise gestellte Anfechtungsantrag ist jedenfalls unbegründet. Der Bescheid vom 23. August 2001 ist rechtmäßig bzw. verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Die von Beklagten gewählte Bezeichnungsregelung ist rechtmäßig. Ermächtigungsgrundlage für die von ihr getroffene Bezeichnung ("C. I. Nierentee") ist § 105 Abs. 4f Satz 1 Hs. 1 i.V.m. § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 1 Alt. i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 AMG i.V.m. dem Verhältnismäßigkeitsprinzip. Denn ohne eine Bezeichnung hätte das streitgegenständliche Arzneimittel gar nicht zugelassen werden können. Das bedeutet, dass die von der Beklagten getroffene Bezeichnung als milderes Mittel zulässig ist.

Vgl. Wagner, A & R 2005, S. 61 (62). Vgl. allgemein § 36 Abs. 1 2. Alt. Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG -.

Die Bezeichnungsregelung ist arzneimittelrechtlich formell rechtmäßig. Insoweit kann dahinstehen, ob die Beklagte gehalten war das Beanstandungsverfahren nach § 105 Abs. 5 AMG durchzuführen. Denn auch wenn dieses Verfahren durchgeführt worden wäre, stünde die Klägerin nicht anders, als sie heute steht (vgl. § 46 VwVfG): Hätte sie die von der Beklagten gewählte Bezeichnung akzeptiert, so hieße der Tee "C. I. Nierentee", hätte sie die Bezeichnung nicht akzeptiert, wäre die Zulassung so erteilt worden, wie sie jetzt konkret - mit der Bezeichnungsregelung C. I. Nierentee" - erteilt wurde.

Die Bezeichnungsregelung ist auch materiell rechtmäßig, insbesondere ist sie mit § 105 Abs. 4f Satz 1 Hs. 1 i.V.m. § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 1 Alt. i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 AMG vereinbar. Dass durch die Bezeichnung "Nierentee" irreführend eine Wirkung bei entzündlichen Erkrankungen der Niere versprochen würde, ist nicht ersichtlich. Die Bezeichnung ist insoweit offen und kann - da sie als solche nicht irreführend ist - auch durch die Angabe des Anwendungsgebiets konkretisiert werden.

Vgl. Bornkamm, a.a.O., § 5 UWG Rdnr. 2.91 ff.

Im Übrigen wird der Verbraucher bei frei verkäuflichen Arzneimitteln nach § 109a AMG regelmäßig nicht erwarten, dass sie zur Behandlung von Erkrankungen bestimmt sind (vgl. § 109a Abs. 1, 109 Abs. 3, 44 Abs. 1 AMG).

Schließlich ist die Bezeichnungsregelung verhältnismäßig. Eine Zulassung unter der Auflage, eine andere Bezeichnung als "C. I. Blutreinigungstee" zu wählen, hätte schon deshalb kein milderes Mittel dargestellt, da die Zulassung ohne eine Bezeichnung nicht hätte erteilt werden dürfen. Im Übrigen kann die Klägerin die Bezeichnung des streitgegenständlichen Arzneimittels im gesetzlichen Rahmen ohne weiteres ändern (§ 29 Abs. 2 AMG). Die hierbei entstehenden Kosten (vgl. § 33 Abs. 1 AMG i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 3 der Kostenverordnung für die Zulassung von Arzneimitteln durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte und das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit) fallen nicht ins Gewicht.

Endlich könnte die Klägerin eine Aufhebung der Bezeichnungsregelung nicht isoliert beanspruchen. Ein einheitlicher Verwaltungsakt kann nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO nur dann teilweise aufgehoben werden, wenn der aufzuhebende Teil nicht mit den übrigen Teilen des angefochtenen Verwaltungsaktes in einem untrennbaren inneren Zusammenhang steht. Eine solcher untrennbarer innerer Zusammenhang ist dann gegeben, wenn der nach einer Teilaufhebung verbleibende Teil des Verwaltungsakts ohne Änderung seines Inhalts rechtmäßiger- und sinnvollerweise nicht selbstständig bestehen kann oder so nicht erlassen worden wäre.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 2. Mai 2005 - 6 B 6.05 -; BVerwG, Urteile vom 21. Februar 1992 - 7 C 11.91 - , BVerwGE 90, 42, vom 22. November 2000 - 11 C 2.00 -, BVerwGE 112, 221 und vom 20. August 1992 - 4 C 13.91 -, DVBl 1993, S. 152.

Hier liegt ein solcher untrennbarer sinnvoller Zusammenhang vor. Die Bezeichnung ist Teil der Zulassung, ohne eine Bezeichnung kann ein Arzneimittel nicht zugelassen werden.

Auch die Auflage A. 3 ist rechtmäßig. Sie findet ihre Grundlage in § 105 Abs. 5a Satz 2 i.V.m. § 28 Abs. 2 Nr. 1 und 2 AMG i.V.m. §§ 10, 11 AMG. Durch die Auflage wird sichergestellt, dass die Bezeichnung sich auch in den äußeren Umhüllungen und Behältnissen sowie in der Packungsbeilage wiederfindet. Soweit zur Begründung der Auflage darauf abgestellt wurde, dass sich in den äußeren Umhüllungen und Behältnissen sowie in der Packungsbeilage eine irreführende Bezeichnung befunden habe, diente dies ersichtlich allein der Erläuterung.

Schließlich ist die Auflage A. 9 ebenfalls rechtmäßig. Satz 1 der Auflage A. 9 findet seine Grundlage in § 105 Abs. 5a Satz 1 i.V.m. § 109 Abs. 3 AMG. Satz 2 der Auflage A. 9 findet seine Grundlage in § 105 Abs. 5a Satz 2 i.V.m. § 28 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 10 Abs. 1 Satz 4 AMG. Der von der Klägerin gewünschte "Hinweis" ist schon deswegen nicht mehr für die gesundheitliche Aufklärung wichtig, da er sich auf die Bezeichnung "Blutreinigungstee" bezieht, diese Bezeichnung aber von der Beklagten zu Recht beanstandet worden ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit auf § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO in Verbindung mit den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 der Zivilprozessordnung.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil ein Zulassungsgrund gemäß § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegt.






OVG Nordrhein-Westfalen:
Urteil v. 23.05.2007
Az: 13 A 3657/04


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/761df88a6787/OVG-Nordrhein-Westfalen_Urteil_vom_23-Mai-2007_Az_13-A-3657-04




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