Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 3. Juli 2006
Aktenzeichen: AnwZ (B) 34/05

(BGH: Beschluss v. 03.07.2006, Az.: AnwZ (B) 34/05)

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des 1. Senats des Anwaltsgerichtshofs des Landes Nordrhein-Westfalen vom 19. November 2004 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wurde 1991 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen und ist bei dem Amtsgericht und Landgericht K. zugelassen. Mit Verfügung vom 14. April 2004 widerrief die Antragsgegnerin die Zulassung nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO wegen Vermögensverfalls. Darüber hinaus widerrief sie mit Bescheiden vom 7. Juni 2004 und 17. Juni 2004 die Zulassung des Antragstellers auch nach § 14 Abs. 2 Nr. 6 i.V.m. § 35 Abs. 1 Nr. 5 BRAO wegen Kanzleiaufgabe.

Der Anwaltsgerichtshof hat dem hiergegen gerichteten Antrag auf gerichtliche Entscheidung stattgegeben, soweit er sich gegen die Widerrufsverfügungen nach § 14 Abs. 2 Nr. 6 BRAO richtete. In Bezug auf den Widerruf wegen Vermögensverfalls hat er den Antrag zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Antragsteller mit der sofortigen Beschwerde.

II.

Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 42 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 4 BRAO), hat in der Sache aber keinen Erfolg. Die Zulassung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft ist mit Recht widerrufen worden.

1. Soweit der Antragsteller rügt, dass der Anwaltsgerichtshof am 19. November 2004 in seiner Abwesenheit verhandelt hat, vermag dies seinem Rechtsmittel schon deshalb nicht zum Erfolg zu verhelfen, weil der Anwaltsgerichtshof zu Recht davon ausgegangen ist, dass das Schreiben des Antragstellers vom 17.November 2004 keine ausreichende Entschuldigung für sein Nichterscheinen enthielt. Der Antragsteller hat hierzu in seinem Beschwerdeschriftsatz vom 4. April 2005 selbst ausgeführt, dass ihm eine Anreise zu der Verhandlung vom 19. November 2004 noch möglich gewesen wäre. Im Übrigen entscheidet der beschließende Senat als Beschwerdegericht in dem für Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Verfahren (§ 42 Abs. 5, 6 BRAO). Er ermittelt als Tatsacheninstanz den Sachverhalt in eigener Verantwortung, auf Verfahrensfehler der Vorinstanz kommt es daher grundsätzlich nicht an. Durch die Anhörung des Antragstellers im Beschwerdeverfahren würde eine etwaige Verletzung des rechtlichen Gehörs im Verfahren vor dem Anwaltsgerichtshof geheilt (vgl. Henssler in: Henssler/Prütting, BRAO 2. Aufl. § 42 Rn. 20; Senatsbeschlüsse vom 13. Oktober 2003 - AnwZ(B) 36/02, vom 17. Mai 2004 - AnwZ(B) 48/03 und vom 25. April 2005 - AnwZ(B) 81/03).

2. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Diese Voraussetzungen für den Widerruf waren bei Erlass der angegriffenen Verfügung erfüllt.

a) Ein Vermögensverfall liegt vor, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, und außerstande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen. Dies wird nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO vermutet, wenn der Rechtsanwalt in das vom Vollstreckungsgericht zu führende Schuldnerverzeichnis (§ 915 ZPO) eingetragen ist. Der Antragsteller war zum Zeitpunkt des Erlasses der Widerrufsverfügung mit insgesamt sechs Haftbefehlen in dem Schuldnerverzeichnis des Amtsgerichts K. eingetragen. Die dadurch begründete Vermutung für einen Vermögensverfall hat er nicht widerlegt. Der Antragsteller ist den Aufforderungen der Antragsgegnerin, zu seinen Vermögensverhältnissen Stellung zu nehmen, nicht nachgekommen. Dies geht zu seinen Lasten.

b) Anhaltspunkte dafür, dass ungeachtet des Vermögensverfalls die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet waren, lagen bei Erlass der Widerrufsverfügung nicht vor. Der Vermögensverfall führt regelmäßig zu einer derartigen Gefährdung, insbesondere im Hinblick auf den Umgang des Rechtsanwalts mit Mandantengeldern.

2. Ein nachträglicher Wegfall des Widerrufsgrundes, der im gerichtlichen Verfahren zu berücksichtigen wäre (BGHZ 75, 356; 84, 149), liegt nicht vor. Der Antragsteller ist nach einer Mitteilung des Amtsgerichts K. vom 10. Januar 2006 im Schuldnerverzeichnis weiterhin mit vier Haftbefehlsanordnungen eingetragen, von denen zwei nach Erlass der Widerrufsverfügung ergangen sind. Am 28. Oktober 2004 hat er in dem Verfahren 283 M /04 die eidesstattliche Versicherung abgegeben. Er hat es - trotz eines erneuten Hinweises - auch im Beschwerdeverfahren an einer vollständigen und substantiierten Darlegung seiner Verbindlichkeiten und Einkommensverhältnisse fehlen lassen.

3. Ein Fall, in dem die Interessen der Rechtsuchenden ungeachtet des Vermögensverfalls ausnahmsweise nicht gefährdet wären, ist nicht gegeben. Vielmehr zeigt die Verurteilung des Antragstellers durch das Amtsgericht K. vom 11. November 2004 (Az. 525 Ds /04) wegen Untreue in acht Fällen - jeweils Nichtauskehrung von Mandantengeldern -, dass eine solche Gefährdung sich in der Vergangenheit bereits konkret realisiert hat. Der Umstand, dass der Antragsteller beabsichtigt, als Rechtsanwalt nur in eigenen Sachen tätig zu werden, vermag bereits mangels einer Kontrollmöglichkeit eine andere Beurteilung nicht zu rechtfertigen.

Hirsch Otten Ernemann Frellesen Frey Wosgien Quaas Vorinstanz:

AGH Hamm, Entscheidung vom 19. November 2004 - 1 ZU 47/04 -






BGH:
Beschluss v. 03.07.2006
Az: AnwZ (B) 34/05


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