Bundespatentgericht:
Beschluss vom 19. Dezember 2000
Aktenzeichen: 24 W (pat) 19/00

(BPatG: Beschluss v. 19.12.2000, Az.: 24 W (pat) 19/00)

Tenor

Auf die Beschwerde der Markeninhaberin wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 29. Oktober 1999 aufgehoben.

Der Widerspruch aus der Marke 1 156 943 wird zurückgewiesen.

Gründe

I Gegen die Eintragung der Marke 395 17 635 ANTIKAL mit dem Warenverzeichnis

"Mittel zum Lösen und Entfernen von Kesselstein und anderen kalkhaltigen Belägen für Haushaltszwecke"

ist Widerspruch erhoben aufgrund der für die Waren

"Reinigungsmittel für Flächen und Sanitäreinrichtungen"

eingetragenen Marke 1 156 943 Sanikal.

Die Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet mit der Begründung, die zum Vergleich stehenden Marken unterlägen der Gefahr von Verwechslungen. Bei überwiegender Identität der beiderseitigen Waren und normaler Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke kämen sich die beiden Markenwörter klanglich verwechselbar nahe.

Die Markeninhaberin hat Beschwerde eingelegt.

Sie hält die beiden Markenwörter "ANTIKAL" und "Sanikal" nicht für verwechselbar ähnlich. "Sanikal" sei von Haus aus kennzeichnungsschwach. Dieses Wort setze sich aus beschreibenden Angaben zusammen, "Sani" weise auf "sanitäre Einrichtung" hin, und "kal" stehe für "Kalk". "ANTIKAL" hebe sich deutlich von "Sanikal" ab. Beide Wörter würden stärker von ihren ersten Teilen geprägt, deren Bedeutungen unterschiedlich seien. Die mit "ANTIKAL" und mit "Sanikal" verbundenen Begriffsanklänge schlössen damit die Gefahr einer Verwechslung der beiden Marken aus. Weiterhin beruft sich die Markeninhaberin darauf, daß zwischenzeitlich sowohl das Deutsche Patent- und Markenamt als auch das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt eine Verwechselbarkeit beider Markenwörter verneint hätten.

Die Markeninhaberin beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses den Widerspruch zurückzuweisen.

Die Widersprechende beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie hält die beiden Marken für so klangverwandt, daß Kollisionen unausbleiblich erschienen. Der Widerspruchsmarke komme eine normale Kennzeichnungskraft zu. Identisch seien die beiden Markenwörter in der Lautfolge "(-)AN(-)IKAL". Sie unterschieden sich nur durch jeweils einen Buchstaben. Gegenüber dem gemeinsamen zweiten Wortteil "KAL" als Hinweis darauf, daß die von den Marken erfaßten Waren gegen Kalk wirkten, träten die unterschiedlichen Begriffsanklänge im ersten Wortteil nicht entscheidungserheblich hervor.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II Die Beschwerde der Markeninhaberin ist begründet.

Der Widerspruch kann entgegen der Annahme der Markenstelle keinen Erfolg haben. Zwar sind die beiderseitigen Waren unbedenklich als ähnlich und, soweit sie im Haushalt Flächen und Sanitäreinrichtungen von Kalkablagerungen reinigen, sogar als gleich anzusehen. Auch kann der Widerspruchsmarke noch eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft zuerkannt werden, selbst wenn der an Drittmarken mit entsprechenden Bestandteilen gewöhnte Verkehr in "Sani" wegen des nach dem Warenverzeichnis vor allem maßgebenden Sanitärbereichs einen Hinweis auf "sanitär" bemerkt und in "kal" möglicherweise eine Verkürzung von "Kalk" vermuten sollte. Denn die Widerspruchsmarke ist relativ gut benutzt. Dies belegen die im Rahmen der zunächst bestrittenen Benutzung eidesstattlich versicherten Umsätze, welche die Widersprechende mit derart gekennzeichneten Produkten erzielt hat - in den Jahren 1995 (dem Anmeldungsjahr der angegriffenen Marke), bis 1997 - in Höhe von jährlich ca 1 500 000 DM. Diese Zahlen sind nicht unerheblich und können angesichts ihrer Kontinuität auch für die Gegenwart als nicht völlig unbeachtlich angesehen werden.

Die Markenwörter "ANTIKAL" und "Sanikal" sind aber doch so hinreichend verschieden, daß Verwechslungen ausgeschlossen werden können. Zu einer Verringerung der Verwechslungsgefahr führt dabei zunächst der Umstand, daß die beiden Wörter über deutlich unterschiedliche Begriffsanklänge in ihren allgemein stärker beachteten Wortanfängen verfügen (vgl Althammer/Ströbele, MarkenG, 6. Aufl, § 9 Rdn 88, 97).

So lehnt sich "ANTIKAL" eng an den Begriff "Antikalk" an, der angesichts einer Fülle von "Anti"-Begriffen wie zB "antiautoritär, Antipathie" unschwer erkennbar ist als beschreibende Anmutung in Richtung eines allgemeinen Funktionshinweises. "ANTIKAL" deutet damit an, daß das fragliche Produkt Kalk beseitigt bzw verhindert.

"Sanikal" dagegen mit seiner ohne weiteres erfaßbaren Assoziation auf "sanitär" spielt auf den konkreten Einsatzbereich eines Reinigungsmittels an, wobei - hier anders als bei "ANTIKAL" - "kal" gedanklich schon deshalb eher in den Hintergrund tritt, weil diese Silbe in Verbindung mit "Sani" keine ohne weiteres erkennbare Sachaussage enthält, insbesondere nicht zwangsläufig als Anlehnung an "Kalk" aufzufassen ist.

Hiervon ausgehend können die beiden Markenwörter "ANTIKAL" und "Sanikal" hinreichend deutlich auseinandergehalten werden, so daß Verwechslungen nicht zu befürchten sind. Zwar weist die Widersprechende zutreffend darauf hin, daß die beiden Wörter in sechs von sieben Lauten, nämlich "(-)AN(-)IKAL", identisch sind. Entgegen der Auffassung der Widersprechenden erschöpft sich aber die Verschiedenheit der beiden Wörter nicht in den Lauten "T" bzw "S". Besonders bedeutsam ist insoweit auch, daß in dem jeweiligen Wortgefüge "T" und "S" verschiedene Stellen einnehmen. In klanglicher Hinsicht handelt es sich bei dem "T" in "ANTIKAL" um einen ausgesprochen markanten Binnenkonsonanten, dem in "Sanikal" kein vergleichbarer Laut gegenübersteht. Zudem führt der Sprenglautcharakter von "T" dazu, daß der Eingangslaut "A" kurz artikuliert wird, während das entsprechende "a" in "Sanikal" einen gedehnt gesprochenen Vokal abgibt. Schließlich handelt es sich bei dem "S" am betonten Beginn von "Sanikal", um einen relativ starken Konsonanten, welcher keine Entsprechung in "ANTIKAL" hat. In schriftbildlicher Hinsicht sind die Buchstabenkonturen von "T" und "S" deutlich verschieden. Ihre unterschiedliche Stellung bewirkt ferner eine auffallend unterschiedliche Gesamtgestalt der beiden Wörter.

Eine durch gedankliche Verbindung hervorgerufene Verwechslungsgefahr erachtet der Senat ebenfalls für nicht gegeben. Die beiden Marken gemeinsame Schlußsilbe "KAL/ka" läßt schon wegen ihrer Stellung am Wortende weniger den Gedanken an einen Stammbestandteil von Serienmarken aufkommen (vgl Althammer/Ströbele, aaO, § 9 Rdn 222). Vor allem aber spricht gegen einen solchen Serienmarkencharakter, daß jedenfalls bei der Marke "ANTIKAL" sich die Silbe "KAL" als kennzeichnungsschwacher Hinweis auf die glatt beschreibende Bestimmungsangabe "Kalk" aufdrängt und mit der Wortteil "ANTI" zu einem erkennbar geschlossenen Gesamtbegriff verbindet. Beide Umstände stellen wesentliche Argumente gegen die Annahme einer Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt der gedanklichen Verbindung dar (vgl Althammer/Ströbele, aaO, § 9 Rdn 217, 222).

Dementsprechend ist auch durch eine zwischenzeitlich ergangene Entscheidung der Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 1. Februar 2000 - Aktenzeichen 397 47 889.5/3 sowie einen Beschluß der Widerspruchsabteilung des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt vom 2. November 1999 - 1334/1999 die Verwechslungsgefahr zwischen den Markenwörtern "ANTIKAL" und "Sanikal" verneint worden.

Der Beschwerde ist somit stattzugeben.

Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage besteht kein Anlaß, aus Gründen der Billigkeit gemäß § 71 Abs 1 MarkenG einer der Verfahrensbeteiligten die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.

Dr. Ströbele Werner Dr. Schmitt Mr/Bb






BPatG:
Beschluss v. 19.12.2000
Az: 24 W (pat) 19/00


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