Bundespatentgericht:
Beschluss vom 17. Juli 2000
Aktenzeichen: 30 W (pat) 295/99

(BPatG: Beschluss v. 17.07.2000, Az.: 30 W (pat) 295/99)

Tenor

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I Für die Waren "Computer" eingetragen ist die Marke 398 26 687 GALLERY.

Widerspruch eingelegt hat die Inhaberin der ebenfalls ua für "Computer" geschützten Marke 396 16 875 Loewe Galerie.

Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluß des Prüfers den Widerspruch zurückgewiesen und die Gefahr von Verwechslungen zwischen beiden Marken verneint. Die Widerspruchsmarke werde nicht durch den Bestandteil "Galerie" geprägt, sondern als Gesamtbezeichnung im Sinne einer durch "Loewe" gekennzeichneten "Galerie" aufgefaßt. "Loewe" lasse sich auch nicht mit dem Firmennamen "Loewe Opta" gleichsetzen.

Zur Begründung der dagegen eingelegten Beschwerde trägt die Widersprechende vor, da die Bezeichnung "GALLERY" eingetragen sei, sei auch dem Bestandteil "Galerie" innerhalb der Widerspruchsmarke eine selbständig kennzeichnende Stellung zuzuerkennen. Ihr gegenüber trete die Firmenkurzbezeichnung "Loewe" innerhalb der Widerspruchsmarke in den Hintergrund. "Loewe" sei mit dem Firmennamen "Loewe O..." gleichzusetzen. Es werde seit 1972 als Firmen- kurzbezeichnung verwendet und habe 1998 einen Bekannheitsgrad von ... % ge habt. "Galerie" werde daher innerhalb der Widerspruchsmarke als die eigentliche Kennzeichnung angesehen.

Die Widersprechende beantragt ersichtlich, den angefochtenen Beschluß aufzuheben.

Die Markeninhaberin hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

II Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden ist nicht begründet. Die Markenstelle hat zutreffend die Gefahr von Verwechslungen zwischen den Vergleichsmarken verneint, § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG.

Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr erfolgt unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, wobei von einer Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen ist (s zB BGH MarkenR 2000, 258/261 -IMMUNINE/IMUKIN).

Es stehen sich ua identische Waren gegenüber, weshalb grundsätzlich bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr ein strenger Maßstab anzulegen ist. Der danach erforderliche deutliche Abstand zur älteren Widerspruchsmarke wird von der jüngeren Marke jedoch gewahrt.

In ihrer Gesamtheit werden die Marken wegen der deutlich unterschiedlichen Länge - das am besonders beachteten Beginn der Widerspruchsmarke zusätzlich vorhandene Wort "Loewe" findet bei der jüngeren Marke keine Entsprechung - nicht miteinander verwechselt werden, so daß die Gefahr von Verwechslungen, wie die Widersprechende nicht verkennt, allenfalls dann in Betracht käme, wenn der jüngeren Marke allein der Bestandteil "Galerie" der Widerspruchsmarke gegenüberzustellen wäre. Davon kann jedoch nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen nicht ausgegangen werden.

Grundsätzlich wird einer Marke durch ihre Eintragung Schutz nur in der eingetragenen Form gewährt, da im Eintragungsverfahren nur die Schutzfähigkeit der angemeldeten Marke in ihrer Gesamtheit geprüft wird (s zB Althammer/Ströbele, MarkenG, 5. Aufl, § 9 Rdn 136). Daraus folgt jedoch nicht, daß bei der Prüfung der Gefahr von Verwechslungen zwischen einer jüngeren Marke und einer älteren Widerspruchsmarke ausnahmslos von der jeweiligen Marke in ihrer Gesamtheit auszugehen ist. Maßgebend ist vielmehr jeweils der Gesamteindruck der betreffenden Marke, der in Ausnahmefällen vorrangig auch durch einen von mehreren Bestandteilen bestimmt werden kann. Kollisionsbegründend ist ein solcher Bestandteil nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dann, wenn er den Gesamteindruck der Marke dergestalt prägt, daß neben ihm ein weiterer oder mehrere andere Bestandteile in den Hintergrund treten.

Setzt sich eine Marke - wie die Widerspruchsmarke - aus einer Herstellerangabe und einem weiteren Bestandteil zusammen, so ist im Einzelfall zu prüfen, ob die Herstellerangabe etwa deshalb in den Hintergrund tritt, weil die angesprochenen Verkehrskreise sich vorrangig anhand einer in der Marke neben der Herstellerangabe enthaltenen anderen Bezeichnung orientieren (s zB BGH BlPMZ 1996, 412 ff - Blendax Pep). Zwar wird einerseits festgestellt, daß eine bloße Herstellerangabe im allgemeinen weitgehend in den Hintergrund tritt, weil der Verkehr die Waren meist nicht nach dem Namen des Herstellers unterscheidet, sondern seine Aufmerksamkeit auf die sonstigen Merkmale zeichenmäßiger Kennzeichnung richtet (s BGH aaO S 413 rechts Mitte mRsprNw), andererseits wird hervorgehoben, daß von einem diesbezüglichen Regelsatz nicht ausgegangen werden dürfe (aaO S 413 rechts unten; BGH BlPMZ 1996, 414/5 - JUWEL). Als maßgebliche Kriterien für die Beurteilung dieser Frage kommt es nach der genannten Rechtsprechung neben der von der Widersprechenden angeführten Bekanntheit des Firmennamens der Widersprechenden auch auf die Kennzeichnungskraft des neben diesem in der Widerspruchsmarke enthaltenen Bestandteils sowie die Bezeichnungsgewohnheiten auf dem maßgeblichen Warensektor an. Soweit die Widersprechende für die Kurzform "Loewe" ihres Fimennamens einen "hohen Bekanntheitsgrad" in Anspruch nimmt, ist zum einen nicht ersichtlich, daß sich der vorgelegte Gfk-Auszug auch auf den vorliegend maßgeblichen Warenbereich, nämlich Computer, erstreckt. Diese, wie auch die weitere Frage, ob eine (gestützte) Bekanntheit von ... % die Annahme eines "hohen" Bekanntheitsgrades recht fertigt, kann jedoch auf sich beruhen, da selbst bei Unterstellung der Bekannheit der Firmenkurzbezeichnung "Loewe" nicht davon auszugehen ist, daß der weitere Bestandteil "Galerie" den Gesamteindruck der Widerspruchsmarke prägt. Die angesprochenen allgemeinen Verkehrskreise sind daran gewöhnt, daß das Wort "Galerie" (oder ihm entsprechende fremdsprachige Bezeichnungen wie zB "Galeria" oder "Gallery") auf unterschiedlichen Warengebieten als Bezeichnung für eine Verkaufsstätte oder auch eine Einkaufspassage verwendet wird (s zB die in der Entscheidung des BPatG 27 W (pat) 41/95 vom 17.12.1996 angeführten Beispiele - veröffentlicht in CD-ROM PAVIS-PROMA Kliems, Knoll). Aus diesem Grund ist das Wort "Galerie" (bzw Gallery oder Galeria) in verschiedenen Entscheidungen des Bundespatentgerichts - wenn auch jeweils für andere Warengebiete als das vorliegende - als schutzunfähig angesehen worden. Es mag auf sich beruhen, ob an dieser Beurteilung angesichts der Entscheidung des Bundesgerichtshofs im Falle "HOUSE OF BLUES" (s BlPMZ 1999, 365 ff) festgehalten werden kann, nach der das Bedürfnis dafür, eine Bezeichnung für bestimmte Herstellungs- und Verkaufsstätten freizuhalten, es nicht rechtfertigt, die Eintragung dieser Bezeichnung auch für dort hergestellte oder verkaufte Waren zu versagen.

Aus der Schutzfähigkeit des Bestandteils "Galerie" der Widerspruchsmarke folgt jedoch nicht dessen Eignung, den Gesamteindruck der Widerspruchsmarke im Sinne der genannten Rechtsprechung zu prägen. Denn als Hinweis auf eine Verkaufsstätte ist diese Bezeichnung zur Kennzeichnung einzelner der vertriebenen Waren wenig geeignet. Ihr kommt insoweit nur eine geringe Unterscheidungskraft zu. Sie wird daher von den angesprochenen Verkehrsteilnehmern innerhalb der Widerspruchsmarke nicht als die eigentliche Warenkennzeichnung angesehen werden. Sie hat insoweit innerhalb der Widerspruchsmarke gegenüber der Unternehmensbezeichnung "Loewe" keine nennenswerte Vorrangstellung inne und kann damit nicht als den Gesamteindruck der Widerspruchsmarke prägend angesehen werden. Dabei ist ferner zu berücksichtigen, daß im Computerbereich der Unternehmensbezeichnung innerhalb einer aus mehreren Bestandteilen zusammengesetzten Marke auch im Hinblick auf die erforderliche Kompatibilität von Hard- und Software eine gegenüber vielen anderen Warengebieten vergleichsweise stärkere Bedeutung zuzumessen ist.

Bei dieser Sachlage ist die Beschwerde der Widersprechenden zurückzuweisen. Zu einer Kostenentscheidung besteht keine Veranlassung, MarkenG § 71.

Dr. Buchetmann Sommer Winter Mr/Hu






BPatG:
Beschluss v. 17.07.2000
Az: 30 W (pat) 295/99


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