Bundespatentgericht:
Beschluss vom 29. November 2005
Aktenzeichen: 24 W (pat) 213/03

(BPatG: Beschluss v. 29.11.2005, Az.: 24 W (pat) 213/03)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 10. April 2003 aufgehoben.

Gründe

I.

Die Wortmarke DOMAINBOX ist zunächst für verschiedene Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 38 und 42 zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden.

Mit Beschluss vom 10. April 2003 hat die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts, besetzt mit einem Regierungsangestellten im höheren Dienst, die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß §§ 37 Abs 1, 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG zurückgewiesen.

Die Zurückweisung wird im Wesentlichen damit begründet, die angemeldete Marke setze sich aus den Bestandteilen "DOMAIN" und "BOX" zusammen. Auch wenn dieses Gesamtwort derzeit noch nicht als beschreibende Angabe nachgewiesen werden könne, sei es doch sprachüblich und allgemeinverständlich gebildet, so dass es ohne weiteres als Bezeichnung für eine virtuelle Box zur Verwaltung der Kennungen für die Zuordnung von Internetadressen aufgefasst werde. Damit bezeichne die angemeldete Wortverbindung den Gegenstand bzw die Eigenschaften der Waren und Dienstleistungen der Anmeldung, erschöpfe sich in einem sachbezogenen Hinweis ohne betriebskennzeichnenden Charakter und falle unter das Eintragungshindernis des § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, die im Beschwerdeverfahren das Warenverzeichnis auf

"Klasse 9:

Bildfunkgeräte, Bildtelephone, CDROM-, DVD- und Diskettenlaufwerke, Fernsehapparate; vorstehende Waren soweit in Klasse 9 enthalten"

beschränkt hat.

Sie beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben.

Bei der angemeldeten Marke handele es sich auch für die ursprünglich beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht um eine beschreibende Angabe, sondern um eine Wortneuschöpfung, die allenfalls undeutliche begriffliche Vorstellungen erwecke, da es Domains, die in Briefkästen oder einzelnen Fächern abgelegt würden, nicht gebe. Die relativ wenigen Beispiele der Verwendung des Begriffs "DOMAINBOX" im Internet seien meist markenmäßig und gingen auf eine nur geringe Anzahl gewerblicher Anwender zurück. Interpretiere man das Wort als Bezeichnung für ein Feld auf einem Computerbildschirm, in dem eine Domain einzutragen sei, komme man nicht zu einer sachbezogenen Bedeutung, weil Eingabefelder nicht Gegenstand der Anmeldung seien. Jedenfalls aber stelle die angemeldete Marke für die nach Einschränkung des Warenverzeichnisses verbliebenen Waren keine Sachangabe oder Werbeaussage dar.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten sowie die Rechercheergebnisse des Senats zum Begriff "DOMAINBOX", die der Anmelderin übersandt worden sind, Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache auch Erfolg. Nach Auffassung des Senats stehen der Eintragung der angemeldeten Marke für die noch verfahrensgegenständlichen Waren die Schutzhindernisse des § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG nicht entgegen.

1. Nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sind von der Eintragung solche Marken ausgeschlossen, die nur aus Angaben bestehen, die im Verkehr ua zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können (vgl BGH GRUR 2000, 882, 883 "Bücher für eine bessere Welt"; EuGH Mitt 2004, 28, 29 - Nr 29 ff - "Doublemint"). Solche Zeichen oder Angaben müssen im Allgemeininteresse allen Unternehmen zur freien Verfügung belassen werden (vgl EuGH GRUR 2004, 674, 676 - Nr 54, 55 - "Postkantoor"; EuGH GRUR 2004, 680, 681 - Nr 34 ff - "BIOMILD"). Es ist daher zu prüfen, ob die angemeldete Marke gegenwärtig eine Beschreibung der Merkmale der betreffenden Waren darstellt oder ob dies vernünftigerweise für die Zukunft zu erwarten ist (EuGH GRUR 2004, 674, 676 - Nr 53, 56 - "Postkantoor"). Auch Begriffsneubildungen kann der Eintragungsversagungsgrund des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG entgegenstehen, wenn sie sprachüblich gebildet sind und ihr beschreibender Aussagegehalt so deutlich und unmissverständlich ist, dass sie ihre Funktion als Sachbegriffe ohne weiteres erfüllen können. Ein Wortzeichen muss nach der Vorschrift des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen werden, wenn es in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen bezeichnet (vgl EuGH aaO 678 - Nr 97 - "Postkantoor"). Anders als die Anmelderin meint, kommt es auch nicht darauf an, ob der entsprechende Begriff für das breite Publikum verständlich ist, ob er von einer großen oder geringen Anzahl von Unternehmen zur freien Verwendung benötigt wird und ob die Merkmale der Waren, die beschrieben werden können, wirtschaftlich wesentlich oder nebensächlich sind (vgl EuGH aaO 676, 677, 679 - Nr 77, 58, 102 - "Postkantoor").

Wie bereits die Markenstelle festgestellt hat, ist das angemeldete zusammengesetzte Substantiv aus den Wortteilen "DOMAIN" und "BOX" gebildet. Der erste Wortteil "DOMAIN" wird in der Bedeutung von "eindeutig definierter, adressierbarer Bereich des Internets, der häufig das Herkunftsland der Adresse enthält", verwendet (Wahrig, Wörterbuch der deutschen Sprache, online-Ausgabe). Der zweite Wortteil "BOX" bezeichnet nicht nur - wovon die Markenstelle insoweit zu Recht ausgegangen ist - die Bezeichnung für einen freien Speicherplatz oder eine Speichermöglichkeit, sondern im Englischen auch die Bezeichnung für ein Eingabefeld bzw einen "Eingabekasten" auf einer Internetseite (etwa bei einer Suchmaschine, einem Bestellformular, einem Browser zum Anwählen einer Internetadresse usw) oder für ein Ausgabefeld. Im Internet wird der zusammengesetzte Ausdruck "DOMAINBOX" vorwiegend als Bezeichnung für Felder verwendet, in denen Domains, also Internetadressen, angezeigt werden oder in die man Domains eingeben kann (Internet-Recherche des Senats mit der Suchmaschine Google vom 28. September 2005, Suchbegriff "a domain box"). In Verbindung mit den meisten ursprünglich angemeldeten Waren und Dienstleistungen handelt es sich darum um einen Hinweis auf Inhalt, Gegenstand oder Eigenschaften, nämlich, dass diese dazu geeignet oder bestimmt sind, eine DOMAINBOX herzustellen, eine solche enthalten bzw anzeigen oder mit deren Hilfe funktionieren bzw erbracht werden.

Für die noch verfahrensgegenständlichen Waren ist eine beschreibende Bedeutung jedoch nicht erkennbar, nachdem das Warenverzeichnis nunmehr nur noch Hardwareteile enthält, die zu Eingabefeldern oder der Verwaltung und/oder Speicherung von Domains keinen näheren Bezug aufweisen. Insoweit ist die angemeldete Wortzusammensetzung zur Beschreibung nicht geeignet und fällt nicht unter den Eintragungsversagungsgrund des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG.

2. Auch der Eintragungsversagungsgrund des § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG liegt nicht vor.

Unterscheidungskraft im Sinn der genannten Bestimmung ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, die Waren oder Dienstleistungen, für welche die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren oder Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl ua EuGH GRUR 2002, 804, 806 - Nr 35 - "Philips"; GRUR 2003, 514, 517 - Nr 40 - "Linde ua"; GRUR 2004, 428, 431 - Nr 48 - "Henkel"; GRUR 2004, 1027, 1029 - Nr 33, 42 - "DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT"). Keine Unterscheidungskraft besitzen nach der Rechtsprechung vor allem solche Marken, denen die angesprochenen Verkehrskreise für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden sachbezogenen Begriffsinhalt zuordnen (EuGH aaO - Nr 86 - "Postkantoor").

Weil der Senat aber - wie oben näher begründet - nicht feststellen konnte, dass das Wort "DOMAINBOX" für die Waren, die noch Gegenstand der Entscheidung sind, als Sachangabe in Betracht kommt, liegen diese Voraussetzungen insoweit nicht vor.

Ströbele Kirschneck Guth Ju






BPatG:
Beschluss v. 29.11.2005
Az: 24 W (pat) 213/03


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