Bundespatentgericht:
Beschluss vom 15. April 2009
Aktenzeichen: 1 Ni 23/04

(BPatG: Beschluss v. 15.04.2009, Az.: 1 Ni 23/04)

Tenor

I. Die Erinnerung der Klägerin gegen den Beschluss der Rechtspflegerin vom 8. Oktober 2008 wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Erinnerungsverfahrens.

III. Der Wert des Gegenstands des Erinnerungsverfahrens beträgt 12.390,--€.

Gründe

I.

Durch Urteil vom 22. April 2008 hat der Bundesgerichtshof das europäische Patent ... (Streitpatent) unter Abänderung des Urteils des Bundespatentgerichts vom 31. Januar 2006 teilweise für nichtig erklärt und von den Kosten des Rechtsstreits der Klägerin 30/100 sowie der Beklagten 70/100 auferlegt. Der Streitwert für das Nichtigkeitsverfahren ist in beiden Rechtszügen auf 500.000,--€ festgesetzt worden.

Beide Parteien haben Kostenfestsetzung beantragt. Dabei hat die Beklagte für vor dem Bundespatentgericht einbezahlte Gerichtskosten 9.450,--€ beansprucht. Die Klägerin hat für die Anfertigung von Mustern, die den Stand der Technik nach den Entgegenhaltungen in Form von Papiermustern veranschaulichen sollen, einen Betrag von 2.940,--€ in Ansatz gebracht.

Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 8. Oktober 2008 hat die Rechtspflegerin die von der Klägerin an die Beklagte zu erstattenden Kosten auf 3.020,59 € festgesetzt. Sie hat darin die von der Beklagten verauslagten Gerichtskosten in Höhe von 9.450,--€ berücksichtigt. Die Kosten für die Fertigung von Mustern durch die Klägerin hat sie als nicht erstattungsfähig zurückgewiesen.

Gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss richtet sich die Erinnerung der Klägerin, mit der sie die nicht angesetzten Kosten zur Herstellung von Demonstrationshilfen und die Berücksichtigung der Gerichtskosten auf Seiten der Beklagten angreift. Die Klägerin ist der Auffassung, die von ihr hergestellten Faltzuschnitte der in den wichtigen Druckschriften dargestellten Kartonträger seien zur Veranschaulichung ihres Sachvortrags erforderlich gewesen. Hinsichtlich der Gerichtskosten sei unklar, ob diese von der Beklagten bezahlt worden seien und ob eine derartige Zahlung mit Rechtsgrund erfolgt sei.

Die Beklagte hält die Erinnerung für sachlich unbegründet.

Die Rechtspflegerin hat der Erinnerung nicht abgeholfen.

II.

Die zulässige Erinnerung ist unbegründet (§ 84 Abs. 2 PatG, § 104 Abs. 3 ZPO i. V. m. § 23 Abs. 2 RPflG).

1. Die Rechtspflegerin hat die beantragten Kosten für Demonstrationshilfen zutreffend nicht angesetzt.

Nach § 84 Abs. 2 Satz 2 PatG sind für die Kostenentscheidung im Nichtigkeitsverfahren die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Prozesskosten (§§ 91 ff. ZPO) entsprechend anzuwenden, soweit nicht die Billigkeit eine andere Entscheidung erfordert. Aus § 91 Abs. ZPO ergibt sich eine Verpflichtung zur Tragung derjenigen Kosten des Gegners, die zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren.

An diesem Erfordernis fehlt es vorliegend. Die im Auftrag der Klägerin angefertigten Papiermuster, die ausweislich der Sitzungsprotokolle in beiden Rechtszügen nicht Gegenstand einer gerichtlichen Beweisaufnahme waren, dienten nur zur Erläuterung und Veranschaulichung des klägerischen Vortrags (vgl. hierzu BPatG BlPMZ 1986, 39 f.; Schulte, PatG, 8. Auflage, § 80 Rdnr. 88; Busse/ Keukenschrijver, PatG, 6. Auflage, § 80 Rdnr. 83). Dies folgt hier schon daraus, dass in dem gegenständlichen Patentnichtigkeitsverfahren das Streitpatent am druckschriftlich belegten Stand der Technik zu messen war. Maßgebend war daher allein der Inhalt dieser Schriften, der sich dem auch mit technischen Richtern besetzten Senat des Bundespatentgerichts und dem durch einen gerichtlichen Sachverständigen unterstützen Senat des Bundesgerichtshofs aus sich heraus und ohne eine weitergehende Demonstration heraus erschließen konnte (vgl. OLG Düsseldorf GRUR 1979, 191).

In Anbetracht dieses Umstands konnte die Klägerin auch die Einnahme eines förmlichen Augenscheins durch die jeweiligen Senate nicht erwarten und die dadurch entstehenden Kosten zur entsprechenden Rechtsverfolgung nicht für erforderlich halten (vgl. OLG Düsseldorf, I -27 W 3/00, Beschluss vom 4. Mai 2004, Rdnr. 6, veröffentlicht in juris). Ausweislich des Terminprotokolls vor dem Bundespatentgericht ist es zwar zur Einführung einiger Muster zumindest im I. Rechtszug gekommen. Dies spricht aber lediglich dafür, dass eine Erläuterung des Parteivortrags anhand dieser Muster aus Sicht der Klägerin nützlich erschien. Davon zu trennen ist die für eine Kostenerstattung maßgebliche Frage, ob die Herstellung und Einführung derartiger Muster für die Rechtsverfolgung auch (zwingend) notwendig waren (BPatG a. a. O.). Dabei ist besonders zu beachten, dass jede Partei die Kosten ihrer Prozessführung, die sie im Falle ihres Obsiegens vom Gegner erstattet verlangen will, so niedrig zu halten hat, wie sich dies mit der vollen Wahrung ihrer berechtigten prozessualen Belange vereinbaren lässt (BGH NJW 2007, 2257 f., Zöller-Herget, ZPO, 27. Aufl, § 91 Rdnr. 12 m. w. N). Die Klägerin muss sich daher ausgerichtet am Maßstab einer wirtschaftlich denkenden Partei angesichts des Prozessstoffs im patentrechtlichen Nichtigkeitsverfahren und dem auf Richterseite vorhandenen technischen Sachverstand in kostenrechtlicher Hinsicht auf den schriftsätzlichen und mündlichen Vortrag des Sachverhalts und ihrer Argumente verweisen lassen.

2. Gerichtskosten der Beklagten sind von der Rechtspflegerin zu Recht angesetzt worden.

Die Beklagte ist durch die Kostengrundentscheidung im Urteil des Bundespatentgerichts vom 31. Januar 2006 zur Tragung der Kosten verurteilt worden und damit nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 PatKostG Kostenschuldnerin. Sie hat unter dem 24. August 2006 gegenüber der Bundeskasse Weiden diese Verbindlichkeit auch beglichen. Damit sind die von der Beklagten entrichteten Gerichtskosten I. Instanz zutreffend im Kostenfestsetzungsverfahren berücksichtigt worden.

Auf die von der Klägerin angedeutete Frage, wie bei einer unterbliebenen Begleichung dieser Kostenschuld und einer möglichen nachfolgenden Heranziehung der Klägerin als Antragsschulderin nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 PatKostG zu verfahren wäre, kommt es daher nicht an.

3. Die Entscheidung konnte ohne mündliche Verhandlung ergehen (§ 128 Abs. 4 ZPO).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 97 Absatz 1 ZPO.

Lutz Schramm Baumgart Ko






BPatG:
Beschluss v. 15.04.2009
Az: 1 Ni 23/04


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