Bundespatentgericht:
Beschluss vom 21. November 2005
Aktenzeichen: 30 W (pat) 286/03

(BPatG: Beschluss v. 21.11.2005, Az.: 30 W (pat) 286/03)

Tenor

Die Beschwerden der Widersprechenden werden zurückgewiesen.

Gründe

I.

Eingetragen am 4. November 1999 unter 399 50 330 für die Waren Humanarzneimittelist die Marke TADVac.

Widerspruch wurde erhoben u.a. aus der am 8. Juni 2000 unter 300 07 520 für Pharmazeutische Kombinations-Präparate, die Antibiotika enthalten und die aktive Substanz Pantoprazol für die Vorbeugung, Linderung und/oder Behandlung von Magen-Darm-Beschwerden.

eingetragenen Marke ZacPAC sowie aus der am 13. Januar 1999 unter 398 58 861 für Arzneimittel; Diagnostika für medizinische Zweckeeingetragenen Marke Zac PAC.

Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat in zwei Beschlüssen, einer davon ist im Erinnerungsverfahren ergangen, die Widersprüche wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen.

Bei identischen bzw. sehr ähnlichen Waren und normaler Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken halte die angegriffene Marke den erforderlichen Abstand ein.

Die auch betroffenen allg. Verkehrskreise würden pharmazeutische Erzeugnisse, die Antibiotika enthalten, in der Regel unter Beteiligung von Fachkreisen erwerben.

Beim Vergleich der Marken sei keine der Sprechsilben identisch, außer dem "V" handele es sich in allen Fällen um nicht verwandte klangstarke Konsonanten und Sprenglaute. Es komme nicht darauf an, dass die Endbuchstaben "-ac" identisch seien, da die Betonung auf dem Wortanfang liege.

Die Gemeinsamkeiten die beiden Vokale "A" in der ersten und zweiten Silbe sowie der Endlaut "c" - träten gegenüber den Unterschieden - bis auf den Endlaut völlig verschiedenes Konsonantengerüst, "T" gegenüber Zischlaut "Z"(ts), "D" gegenüber klangstarkem "c"(k), klangschwaches "V" gegenüber dem klangstarken "P" zurück.

Hinzu kämen die unterschiedlichen Begriffsgehalte der Bestandteile der jüngeren Marke, "Vac" weise auf Vakzine (Impfstoffe) hin, "TAD" werde vielfach als Firmenschlagwort erkannt werden. Schriftbildliche Verwechslungen seien wegen der optischen Abweichungen in den Bestandteilen "T - DV-" gegenüber "Z - cP-" nicht zu erwarten.

Hiergegen haben die Widersprechenden Beschwerden eingelegt. Sie haben im wesentlichen dazu ausgeführt, es stünden sich jeweils zweisilbige Marken gegenüber, die das gleiche Klangbild, einen identischen Sprechrhythmus und die übereinstimmende Buchstabenanzahl aufwiesen. Die klangprägende Vokalfolge "A-A" dominiere den Gesamteindruck, die Abweichungen im Konsonantenbereich seien nicht so gravierend, zumal sich am betonten Wortende der gleiche Schlusslaut befinde und die übrigen Abweichungen in der eher unbetonten Wortmitte liegen. Der Bedeutungsgehalt der Bestandteile der jüngeren Marke sei lediglich für das Fachpublikum eine Orientierungshilfe.

Sie beantragen, die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 23. August 2002 und vom 13. August 2003 aufzuheben und die Löschung der Marke 399 50 331 anzuordnen.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt (sinngemäß), die Beschwerden zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässigen Beschwerden haben in der Sache keinen Erfolg.

Hinsichtlich der Beschwerde aus der Widerspruchsmarke 398 58 861 handelt es sich bei dem Antrag zu 1. in der Beschwerdeschrift vom 4. September 2003 um ein offensichtliches Schreibversehen, das die Zulässigkeit der Beschwerde unberührt lässt, zumal es eines Antrages nicht bedurfte und erkennbar ist, welche Entscheidung in welchem Umfang angefochten wird (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl., § 66, Rdn. 66, 68).

Zwischen der angegriffenen Marke und den Widerspruchsmarken 398 58 861 und 300 07 520 besteht nicht die Gefahr von Verwechslungen im Sinne von § 9 Absatz 1 Nr. 2 MarkenG, so dass die Beschwerden der Widersprechenden zurückzuweisen waren.

Die Frage der Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der zueinander in Wechselbeziehung stehenden Faktoren der Ähnlichkeit der Marken, der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke zu beurteilen, wobei insbesondere ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Marken durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren ausgeglichen werden kann und umgekehrt (BGH in st. Rspr., vgl. GRUR 2005, 513 - MEY/Ella May; WRP 2004, 1281 - Mustang; WRP 2004, 907 - Kleiner Feigling; WRP 2004, 1043 - NEURO-VIBOLEX/NEURO-FIBRAFLEX).

Nach diesen Grundsätzen ist hier die Gefahr von Verwechslungen zu verneinen.

Bei seiner Entscheidung hat der Senat mangels anderer Anhaltspunkte eine normale Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken zugrunde gelegt.

Ausgehend von der Registerlage können die Vergleichsmarken wegen des weitreichenden Warenoberbegriffs der angegriffenen Marke zur Kennzeichnung identischer und sehr ähnlicher Waren verwendet werden. Zu berücksichtigen ist hierbei, dass bei den vorliegenden pharmazeutischen Erzeugnissen bzw. Arzneimitteln eine Rezeptpflicht in den Warenverzeichnissen nicht festgeschrieben ist, so dass allgemeine Verkehrskreise uneingeschränkt zu berücksichtigen sind. Dabei ist aber davon auszugehen, dass grundsätzlich nicht auf einen sich nur flüchtig mit der Ware befassenden, sondern auf einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher abzustellen ist, dessen Aufmerksamkeit je nach Art der Ware unterschiedlich hoch sein kann (vgl. BGH GRUR 2000, 506 ATTACHÉ/TISSERAND) und der insbesondere allem, was mit der Gesundheit zusammenhängt, eine gesteigerte Aufmerksamkeit beizumessen pflegt (vgl. BGH GRUR 1995, 50 - Indorektal/Indohexal).

Der unter diesen Umständen gebotene deutliche Abstand wird von der angegriffenen Marke eingehalten.

Die Ähnlichkeit von Wortzeichen ist anhand ihres klanglichen und schriftbildlichen Eindrucks sowie ihres Sinngehalts zu ermitteln. Für die Annahme einer Verwechslungsgefahr reicht in aller Regel bereits die hinreichende Übereinstimmung in einer Hinsicht aus. Dabei kommt es auf den jeweiligen Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Zeichen an. Dies entspricht dem Erfahrungssatz, dass der Verkehr Marken regelmäßig in der Form aufnimmt, in der sie ihm entgegentreten und sie nicht einer analysierenden, zergliedernden, möglichen Bestandteilen und deren Bedeutung nachgehenden Betrachtung unterzieht. Dabei bleibt auch ein beschreibender Bestandteil bei der Feststellung des Gesamteindrucks nicht außer Betracht, sondern ist mit zu berücksichtigen. Zudem ist bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr grundsätzlich mehr auf die gegebenen Übereinstimmungen der zu vergleichenden Zeichen als auf die Unterschiede abzustellen (vgl. BGH a.a.O. NEURO-VIBOLEX/NEURO-FIBRAFLEX).

Bei Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich, dass die sich gegenüberstehenden Marken in ihrem klanglichen Gesamteindruck ausreichende Unterschiede aufweisen.

So stimmen die Vergleichsmarken zwar bei gleicher Silbenzahl sowie gleichem Sprech- und Betonungsrhythmus auch in der Vokalfolge "aa" sowie in der Schlusssilbe "-ac" überein. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass diese Übereinstimmungen gegenüber den markanten Abweichungen im Konsonantengerüst der Anfangssilbe sowie des Anfangskonsonaten der zweiten Silbe - auf die ausführliche Begründung der Markenstelle wird insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen - bei der Beurteilung des jeweiligen Gesamteindrucks und der Markenähnlichkeit zurücktreten.

So tritt insbesondere der markante Anfangsbuchstabe "Z" in den Widerspruchsmarken auffällig hervor. Unterstützt wird dieser Eindruck noch durch den beschreibenden Anklang des zweiten Bestandteils "PAC" der Widerspruchsmarken, der sich erkennbar an den Begriff "Pack(ung)" anlehnt. Auch wenn derartige beschreibende und kennzeichnungsschwache Zeichenelemente bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr nach dem Gesamteindruck angemessen mit zu berücksichtigen sind, so bewirken sie doch eine Verlagerung der Aufmerksamkeit auf die vorderen Markenteile "Zac".

Dies entspricht dem geltenden Erfahrungssatz, dass Wortanfänge ohnehin mehr als nachfolgende Wortteile beachtet werden (vgl. BGH a.a.O. - Indorektal/Indohexal), so dass die hier vorhandenen Unterschiede um so eher wahrgenommen werden.

Die Unterschiede insbesondere in den vorderen Markenteilen sind trotz des gemeinsamen Vokals "a" damit hinreichend deutlich wahrnehmbar und führen zu einem nicht verwechselbaren klanglichen Gesamteindruck der Marken.

In schriftbildlicher Hinsicht halten die Vergleichsmarken in allen üblichen Wiedergabeformen ebenfalls einen noch ausreichenden Abstand ein. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Marken im Schriftbild erfahrungsgemäß mit etwas größerer Sorgfalt wahrgenommen werden als im eher flüchtigen Klangbild, das häufig bei mündlicher Benennung entsteht. Zudem steht beim schriftlichen Markenvergleich der Fachverkehr, der aufgrund seiner beruflichen Praxis und Erfahrung im Umgang mit Arzneimittelmarken über ein erhöhtes Unterscheidungsvermögen verfügt, im Vordergrund. Unter diesen Voraussetzungen reichen auch bei einer schriftlichen Wiedergabe die Abweichungen in der Konsonantenfolge "T-D-V-" gegenüber "Z-c-P-" aus, um eine Unterscheidbarkeit der Marken zu gewährleisten.

Zur Unterscheidbarkeit der Marken trägt schließlich auch der deutlich hervortretende Begriffsgehalt in den Bestandteilen der Widerspruchsmarken bei, die jeweils einen einheitlichen Gesamtbegriff bilden.

Daher kommt es vorliegend auch nicht darauf an, ob der Verkehr den ersten Bestandteil der angegriffenen Marke "TAD" als Firmenbestandteil erkennt und gegenüber dem nachfolgenden Bestandteil "Vac" vernachlässigt, zumal es sich - wie von der Markenstelle bereits ausgeführt - wegen des darin enthaltenen Sinnanklangs an Impfstoffe (vaccina) um einen kennzeichnungsschwachen Bestandteil handelt.

So hat der Bestandteil "Zac-" für sich allein schon einen prägnanten lautmalerischen Ausdruck, so dass dieser Bestandteil schon deswegen gut in der Erinnerung behalten wird. Er lehnt sich aber auch deutlich erkennbar an den Begriff "zack" an, der ausdrückt, dass ein Vorgang, eine Handlung ohne die geringste Verzögerung einsetzt und in Sekundenschnelle abläuft, beendet ist (vgl. Duden-Deutsches Universalwörterbuch- CD-ROM). Trotz Weglassen des Buchstaben "k" in beiden Bestandteilen wird der der Begriff "Zack Pack" deutlich erkennbar und ist als einheitlicher Gesamtbegriff im Sinne einer "schnell zu handhabenden Packung, eines schnell wirksamen Pakets" zu verstehen. Unterstützt wird dieser Eindruck noch durch das Warenverzeichnis der Widerspruchsmarke "ZacPAC", die Pharmazeutische Kombinations-Präparate nennt. Wird dieses Zeichen für ein Kombinationspräparat verwendet, das durch die Abstimmung der Einzelpräparate eine unkomplizierte und schnelle Behandlung ermöglicht, so tritt der Bedeutungsanklang auch deutlich hervor. Auch bei der Widerspruchsmarke 39858861 wird der sprechende Charakter ohne weiteres ersichtlich, wenn sie Diagnosemittel bezeichnet, die eine schnelle Diagnose erlauben und die als Packung angeboten werden.

Die Abweichung im Schriftbild der beiden ansonsten identischen Widerspruchsmarken durch die Getrenntschreibung bei der Widerspruchsmarke "Zac PAC" ändert an dieser Beurteilung nichts, lässt vielmehr den Bestandteil "Zac" noch deutlicher erkennen.

Anhaltspunkte dafür, dass aus sonstigen Gründen die Gefahr von Verwechslungen bestehen könnte, sind nicht dargelegt und auch nicht ersichtlich.

Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bietet der Streitfall keinen Anlass (§ 71 Abs. 1 MarkenG).

Dr. Buchetmann Winter Hartlieb Hu






BPatG:
Beschluss v. 21.11.2005
Az: 30 W (pat) 286/03


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