Bundespatentgericht:
Beschluss vom 24. März 2009
Aktenzeichen: 6 W (pat) 315/09

(BPatG: Beschluss v. 24.03.2009, Az.: 6 W (pat) 315/09)

Tenor

Das Patent 10 2004 041 709 wird mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechterhalten:

- Patentansprüche 1 bis 7 und - Beschreibung S. 1, 1a, 2, 2a und 5, jeweils eingereicht am 2. Mai 2006,

- Beschreibung S. 3, 4, 6 und 7 und - 2 Blatt Zeichnungen mit Fig. 1 bis 3, jeweils vom Anmeldetag.

Gründe

I.

Gegen das am 27. Oktober 2005 veröffentlichte Patent 10 2004 041 709 mit der Bezeichnung "Fahrzeug mit automatisch öffnender Klappe" ist am 27. Januar 2006 Einspruch erhoben worden. Der Einspruch ist mit Gründen versehen und auf die Behauptung gestützt, der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 sei nicht neu.

In der Einspruchsbegründung verweist die Einsprechende auf folgende Druckschriften:

(E1) WO 03/097 971 A1 (E2) DE 198 29 731 A1. Die Einsprechende beantragt, das angegriffene Patent zu widerrufen. Die Patentinhaberin hat mit Schriftsatz vom 27. April 2006 neue Ansprüche 1 bis 7 sowie eine angepasste Beschreibung eingereicht und beantragt, das Patent mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrecht zu erhalten:

- Patentansprüche 1 bis 7 und - Beschreibung S. 1, 1a, 2, 2a und 5, jeweils eingereicht am 2. Mai 2006,

- Beschreibung S. 3, 4, 6 und 7 und - 2 Blatt Zeichnungen mit Fig. 1 bis 3, jeweils vom Anmeldetag.

Sie ist der Auffassung, dass der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 sowohl neu sei als auch auf erfinderischer Tätigkeit beruhe.

Der geltende Anspruch 1 lautet:

"Fahrzeug, insbesondere Kraftfahrzeug, umfassend -eine aufgrund eines Öffnungsbefehls automatisch öffnende Klappe (2), wobei der Öffnungsbefehl ohne manuelle Betätigung eines Ent-/Verriegelungsmechanismusses (2a, 2b) erfolgt,

-einen Näherungssensor (4),

-und ein einerseits mit einem Ent-/Verriegelungsmechanismus (2a, 2b) für die automatisch öffnende Klappe (2) und andererseits mit dem Näherungssensor (4) wirkverbundenes Steuergerät (6), wobei das Steuergerät (6) derart ausgebildet ist, dass es das Vorhandensein eines gültigen Zugangsberechtigungsmittels (8) innerhalb eines Umgebungsbereiches (U) erkennt und bei Erkennen eines gültigen Zugangsberechtigungsmittels (8) in Abhängigkeit vom Vorliegen eines Entriegelungssignals (a) des Näherungssensors (4) den Ent/Verriegelungsmechanismus (2a, 2b) zur Freigabe der automatisch öffnenden Klappe (2) aktiviert, gekennzeichnet dadurch, dass -der Näherungssensor (4) derart am Fahrzeug angeordnet ist, dass seine Wirkungsrichtung zur Erfassung von Gegenständen nach unten in Richtung Fahrbahn gerichtet ist, derart, dass ein Benutzer den Näherungssensor (4) durch Schwenken des Fußes im Bereich zwischen dem Fahrzeugaufbau und der Fahrbahnoberfläche schalten kann."

Wegen der auf den Anspruch 1 rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 7 sowie wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Im Prüfungsverfahren vor dem Deutschen Patentund Markenamt sind zusätzlich noch folgende Druckschriften berücksichtigt worden:

DE 195 33 804 A1 DE 100 56 569 A1.

II.

1.

Das Bundespatentgericht ist für die Entscheidung über den vorliegenden Einspruch nach § 147 Abs. 3 PatG in der bis zum 30. Juni 2006 geltenden Fassung zuständig geworden und auch nach der ab 1. Juli 2006 in Kraft getretenen Fassung des § 147 Abs. 3 PatG gemäß dem Grundsatz der perpetuatio fori zuständig geblieben (vgl. hierzu BGH GRUR 2007, 859, 861 f. -Informationsübermittlungsverfahren I; BGH GRUR 2007, 862 f. -Informationsübermittlungsverfahren II; BGH GRUR 2009, 184 f. -Ventilsteuerung).

2.

Der fristund formgerecht erhobene Einspruch ist ausreichend substantiiert und auch im Übrigen zulässig.

Dies ist seitens der Patentinhaberin nicht bestritten worden.

4. Die geltenden Ansprüche sind zulässig.

Der geltende Anspruch 1 ergibt sich aus den erteilten Ansprüchen 1 und 6 sowie aus Abs. [0016] der Patentschrift bzw. den ursprünglichen Ansprüchen 1 und 6 sowie S. 5, Abs. 2 den Anmeldungsunterlagen. Die geltenden Ansprüche 2 bis 7 entsprechen den erteilten bzw. ursprünglichen Ansprüchen 2 bis 5, 7 und 8.

Die Zulässigkeit der geltenden Ansprüche ist im Übrigen seitens der Einsprechenden nicht bestritten worden.

4. Der Gegenstand des angefochtenen Patents stellt eine patentfähige Erfindung im Sinne der §§ 1 bis 5 PatG dar.

a. Der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 ist neu.

Die Neuheit des geltenden Anspruchs 1 wurde seitens der Einsprechenden nicht mehr bestritten, sie ist im Übrigen auch gegeben, da die nunmehr im kennzeichnenden Teil enthaltenen Merkmale im nachgewiesenen Stand der Technik nicht verwirklicht sind, wie die nachfolgenden Ausführungen zeigen.

b. Das zweifelsfrei gewerblich anwendbare Fahrzeug gemäß dem geltenden Anspruch 1 beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Der geltende Anspruch 1 geht aus vom einem Fahrzeug, wie es in der (E1) WO 03/097 971 A1 erläutert ist.

Bei diesem Fahrzeug sind die Näherungssensoren 28 in den Türen verbaut (vgl. Fig. 3 und Abs. [0019]).

Ein Hinweis, die Wirkungsrichtung der Näherungssensoren nach unten in Richtung Fahrbahn zu richten, ist dieser Druckschrift genauso wenig zu entnehmen, wie ein Hinweis darauf, dass ein Benutzer den Näherungssensor durch Schwenken des Fußes im Bereich zwischen dem Fahrzeugaufbau und der Fahrbahnoberfläche schalten kann.

Somit kann von dieser Druckschrift auch kein entsprechender Hinweis ausgehen.

Einen derartigen Hinweis erhält der Fachmann auch nicht bei Kenntnis des übrigen Standes der Technik.

Die (E2) DE 198 29 731 A1 offenbart ein Fahrzeug mit einer Heckklappe, an der im Bereich der Stoßstange ein oder mehrere Sensoren 8 angeordnet sind, die Objekte in Öffnungsrichtung der Heckklappe erfassen bzw. als Einparkhilfe dienen sollen (vgl. Sp. 3, Z. 61 bis Sp. 4, Z. 11).

Die DE 195 33 804 A1 offenbart ein Fahrzeug mit einer Tür, an der ein Sensor 6 angeordnet ist, der einen Öffnungswinkel der Tür in Öffnungsrichtung begrenzt, wenn die Tür sich einem Hindernis nähert (vgl. Anspruch 1).

Die DE 100 56 569 A1 offenbart ein Fahrzeug mit wenigstens einer schwenkbaren Tür und mit einer Einrichtung zum Verhindern einer Kollision der Tür mit einem dem Fahrzeug benachbarten Gegenstand während des Öffnens der Tür, wobei ein Sensor mit nachgeschalteter Auswertelogik während einer dem Öffnen der Tür unmittelbar vorausgehenden Fahrzeugbewegung den Gegenstand in seiner Lage und in seiner Lageänderung relativ zum Fahrzeug erfasst, und dann, wenn die Gefahr der Kollision zwischen Gegenstand und Fahrzeugtür besteht, eine diese Gefahr verringernde Maßnahme auslösbar ist (vgl. Anspruch 1).

Keiner dieser Druckschriften ist jedoch ein Hinweis auf die im kennzeichnenden Teil des geltenden Anspruchs 1 enthaltenen Merkmale zu entnehmen.

Somit kann der nachgewiesene Stand der Technik weder einzeln noch in einer Zusammenschau Anregungen zu der erfindungsgemäßen Ausgestaltung geben, da dort die Wirkungsrichtung der Näherungssensoren weder nach unten in Richtung Fahrbahn gerichtet ist, noch ein Benutzer den Näherungssensor durch Schwenken des Fußes im Bereich zwischen dem Fahrzeugaufbau und der Fahrbahnoberfläche zur Schaltung bringen kann.

Der geltende Anspruch 1 ist somit gewährbar.

c. Zusammen mit dem Anspruch 1 sind auch die auf ihn rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 7 gewährbar, da sie nicht platt selbstverständliche Ausgestaltungen des erfindungsgemäßen Fahrzeuges betreffen.

5. Angesichts der Tatsache, dass die Einsprechende ihren Antrag auf mündliche Verhandlung zurückgenommen und um Entscheidung nach Aktenlage gebeten hat (vgl. Eingabe vom 27. Februar 2009) und dass dem Antrag der Patentinhaberin vollumfänglich entsprochen worden ist, konnte der Senat von einer mündlichen Verhandlung absehen.

Lischke Guth Schneider Ganzenmüller Cl






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Az: 6 W (pat) 315/09


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