Bundespatentgericht:
Beschluss vom 16. Januar 2002
Aktenzeichen: 7 W (pat) 32/01

(BPatG: Beschluss v. 16.01.2002, Az.: 7 W (pat) 32/01)

Tenor

Die Beschwerde wird als unzulässig verworfen.

Gründe

I.

Der in der Schweiz wohnhafte Anmelder reichte am 10. Juli 1998 beim Patentamt die Patentanmeldung mit der Bezeichnung "Schiffskompressor" ein. Als Anmeldervertreter benannte er einen Dr. Horst Bresch in Karlsruhe.

Dieser teilte dem Patentamt mit Schreiben vom 13. November 1998 jedoch mit, daß er dafür nicht zur Verfügung stehe.

Mit Bescheid vom 10. November 1998, der durch Aufgabe zur Post am 1. Dezember 1998 zugestellt wurde, forderte das Patentamt den Anmelder erneut förmlich zur Bestellung eines Inlandsvertreters gemäß § 25 PatG auf. Mit Bescheid vom 21. Januar 1999 wies das Patentamt den Anmelder darauf hin, daß sein Verwandter die Anmeldung verweigert habe und er deshalb gebeten werde, entsprechend dem Bescheid vom 10. November 1998 einen Vertreter zu bestellen. Mit am 5. Mai 1999 eingegangenen Schreiben vom 1. Mai 1999 bat der Anmelder das Verfahren "einstweilen zu sistieren".

Die Prüfungsstelle 11.22 wies mit Beschluß vom 27. April 1999, der am 28. April 1999 zur Postabfertigungsstelle ging und durch Aufgabe zur Post gemäß § 127 Abs 1 Nr 2 PatG zugestellt wurde, die Anmeldung aus den Gründen des Bescheides vom 10. November 1998 zurück.

Am 29. August 2000 ging beim Patentamt die Fotokopie eines Schreibens vom 26. August 2000 ein, das der Anmelder an seinen Anwalt gerichtet hatte. Im Betreff ist angegeben "Anmelder-Nr. 9593241" und darin ist ausgeführt, daß er mit der Anmeldung den Antrag auf Verfahrenskostenhilfe gestellt habe, das Patentamt es aber unterlassen habe, die VKH zu prüfen. Aufgrund dieses Versäumnisses des DPMA könne ihm deshalb keine Fristverwirkung abgeleitet werden und er bitte, "das entsprechende Rechtsmittel zu ergreifen". Am unteren Rand des Schreibens ist angegeben "Kopie an: Deutsches Patentamt 80297 München".

Mit Schreiben vom 19. Oktober 2000 teilte das Patentamt dem Anmelder mit, daß das Schreiben vom 26. August 2000, von dem eine Kopie vorliege, in Verbindung mit der Eingabe vom 1. Mai 1999 die Mittellosigkeit betreffend, als Beschwerde gegen die Vorgehensweise des Deutschen Patent- und Markenamts ausgelegt und dem Bundespatentgericht zur Entscheidung vorgelegt werde.

Auf den gerichtlichen Hinweis im Bescheid vom 23. Juli 2001, daß das Schreiben vom 26. August 2000, selbst wenn es als Beschwerde anzusehen wäre, verspätet sei und daher anheimgestellt werde, die Beschwerde zurückzunehmen, haben die Verfahrensbevollmächtigten des Anmelders, die sich erstmals mit Schreiben vom 27. August 2001 im Beschwerdeverfahren gemeldet haben, mit Schriftsatz vom 21. September 2001 mitgeteilt, daß die Beschwerde nicht zurückgenommen werde. Eine weitere Stellungnahme in der Sache ist nicht erfolgt.

II.

Die Beschwerde ist unzulässig, da sie nicht gemäß § 73 Abs 2 Satz 1 PatG innerhalb eines Monats nach Zustellung des angefochtenen Beschlusses eingelegt worden ist.

1. Der Beschluß der Prüfungsstelle 11.22 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 27. April 1999, mit dem die Anmeldung gemäß § 42 Abs 3 PatG wegen nicht erfolgter Bestellung des gemäß § 25 PatG erforderlichen Inlandsvertreters zurückgewiesen worden ist, ist wirksam zugestellt worden. Die Zustellung erfolgte durch Aufgabe zur Post am 28. April 1999 gemäß § 127 Abs 1 Nr 2 PatG iVm §§ 175, 213 ZPO. Anhaltspunkte dafür, daß die Zustellung nicht ordnungsgemäß erfolgt ist, sind weder ersichtlich noch geltend gemacht. Der Empfänger, der Anmelder, hatte, wie § 127 Abs 1 Nr 2 PatG voraussetzt, seinen Aufenthalt im Ausland. Die Zustellungsart setzt zudem grundsätzlich eine Obliegenheitsverletzung voraus, zB Unterlassen der notwendigen Bestellung eines Inlandsvertreters (vgl Schulte, PatG, 6. Aufl, § 127 Rdn 93; BGH BlPMZ 1993, 227 - Zustellungswesen), was vorliegend gegeben war, denn die Bescheide des Patentamts und der Zurückweisungsbeschluß gründen sich gerade auf die unterlassene Bestellung des Inlandsvertreters. Ebenso ist der erforderliche Aktenvermerk gemäß § 213 ZPO über die Adresse und den Zeitpunkt der Aufgabe ordnungsgemäß in der Akte erfolgt und unterschrieben.

2. Innerhalb der Beschwerdefrist, die am 1. Juni 1999 abgelaufen ist, ist keine Beschwerde eingelegt worden. Insbesondere kann entgegen der im Bescheid des Patentamts vom 19. Oktober 2000 geäußerten Auffassung in dem Schreiben des Anmelders vom 1. Mai 1999, eingegangen am 5. Mai 1999, keine Beschwerdeerklärung gesehen werden. In diesem Schreiben wird gebeten, das Verfahren zu "sistieren". Daß nicht wörtlich das Wort "Beschwerde" gebraucht wird, ist zwar, wenn der sonstige Inhalt der Erklärung den Willen zur Anfechtung des Beschlusses erkennen läßt, unschädlich (vgl Schulte, aaO, § 73 Rdn 64), doch kann die Bitte, das Verfahren zu sistieren, nicht als Anfechtung des Beschlusses vom 27. April 1999 ausgelegt werden, "sistieren" bedeutet allenfalls 'anhalten'.

3. Bei der dem Patentamt am 29. August 2000 übermittelten Kopie eines Schreibens des Anmelders an seinen Anwalt kann zwar zugunsten des Anmelders angenommen werden, daß darin der Wille zu erkennen ist, daß er eine vom Patentamt getroffene Entscheidung anfechten will. Diese Erklärung ist jedoch weder form- noch fristgerecht eingelegt worden. Insoweit ist schon fraglich, ob die anzufechtende Entscheidung durch die im Schreiben gemachten Angaben überhaupt identifizierbar ist, da weder das Aktenzeichen des Patentamts noch ein Beschlußdatum genannt sind. Ferner fehlt es an der Schriftform, denn hierfür ist die eigenhändige Unterschrift erforderlich, eine Kopie wie hier ist nicht ausreichend (vgl Schulte, aaO, § 73 Rdn 57; vor § 34 Rdn 259 mwN). Jedenfalls ist die Beschwerdeerklärung aber verspätet, da sie nach Ablauf der Beschwerdefrist eingegangen ist. Auf die weitere Frage, ob es nicht auch an der gemäß § 73 Abs 3 PatG erforderlichen Beschwerdegebühr fehlt, da eine solche nicht entrichtet wurde und zweifelhaft ist, ob in dem Schreiben (auch) ein Antrag auf Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren gesehen werden kann, braucht unter diesen Umständen nicht mehr eingegangen zu werden.

4. Gründe für eine Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Einlegung der Beschwerde sind weder ersichtlich noch geltend gemacht worden. Eine Wiedereinsetzung ist auch schon deshalb ausgeschlossen, weil die Jahresfrist des § 123 Abs 2 Satz 4 PatG verstrichen ist.

Die Beschwerde war daher als unzulässig zu verwerfen.

Die Entscheidung über die Verwerfung der Beschwerde konnte ohne mündliche Verhandlung ergehen, § 79 Abs 2 Satz 2 PatG.

Dr. Schnegg Eberhard Köhn Dr. Pösentrup Fa






BPatG:
Beschluss v. 16.01.2002
Az: 7 W (pat) 32/01


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