Landgericht Cottbus:
Urteil vom 23. Februar 2010
Aktenzeichen: 11 O 48/09

(LG Cottbus: Urteil v. 23.02.2010, Az.: 11 O 48/09)

Tenor

Der Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verhängenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen am Beklagten, im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen, für das Gerät €Aquapol€ zu werben

1. mit einer mauerentfeuchtenden Wirkung, insbesondere zu werben: 1.1. €Mauertrockenlegung innovativ mit umweltfreundlicher Technologie€, 1.2.€Trockenlegungs€garantie€, 1.3.€Funktions- und Trockenhaltungsgarantie bei Einhaltung der Betriebsanleitung mindestens 20 Jahre€, 1.4.€Mauertrockenlegungs- und Mauertrockenhaltungssystem€, 1.5.€Aquapol Gebäudetrockenlegungssystem.Der Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger 166,60 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.08.2009 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, auf die vom Kläger verauslagten Gerichtskosten Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz für die Zeit von dem Eingang der eingezahlten Gerichtskosten bis zum Eingang eines Kostenfestsetzungsantrages nach Maßgabe der auszuurteilenden Kostenquote zu zahlen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

Das Urteil ist für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 30.000,00 Euro vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger nimmt den Beklagten als Vertreiber eines sogenannten Aquapol-Gerätes auf Unterlassung in Anspruch.

Der Kläger ist ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder, insbesondere die Achtung darauf gehört, dass die Regeln des lauteren Wettbewerbs eingehalten werden.

Der Beklagte ist vertriebsbeauftragter Fachberater mit der Aquapol-Vertriebszentrale Deutschland Ost. Mit Schreiben vom 04.03.2009 gab der Beklagte ein Angebot zur Mauertrockenlegung und Mauertrockenhaltung ab. Auf dieses Angebot wird verwiesen (Bl. 61 € 78 d.A.).

Der Kläger mahnte mit Schreiben vom 26.03.2009 den Beklagten ab. Eine Unterlassungserklärung wurde nicht abgegeben (Bl. 79 € 92 d.A.). Nachdem der Beklagte mit Schreiben vom 01.04.2009 Stellung genommen hatte, wurde er erneut durch die Prozessbevollmächtigten des Klägers am 02.04.2009 erfolglos abgemahnt. Der Beklagte erwiderte hierauf mit Schreiben vom 08.04.2009.

Das Aquapol-Gerät zur angeblichen Trockenlegung von Mauerwerk ist vom Kläger geöffnet worden. Wegen der Einzelheiten des Aufbaus des Gerätes wird auf die Anlagen K 15 und K 16 verwiesen (Bl. 175 € 184 d.A.).

Der Kläger ist der Auffassung, er sei prozessführungsbefugt und aktiv legitimiert. Bezüglich der Einzelheiten wird auf den Vortrag des Klägers verwiesen.

Der Kläger ist der Auffassung, der Beklagte betreibe irreführende Werbung. Insoweit behauptet der Kläger, dass von dem Beklagten angebotene Aquapol-Gerät sei völlig wirkungslos und entfalte keinerlei Wirkung im Rahmen der Trockenlegung von Mauerwerk. Es handele sich um eine Aluminiumbüchse, in die drei Plastikstifte, zwei Plastikscheiben und ein Kupfernagel eingebaut worden seien. Mit einem solchen Gerät könne man keine Mauer trockenlegen, genau so wenig wie mit jeder beliebigen Art von Amulett. Zur Näheren Begründung verweist der Kläger auf die von ihm überreichten Anlagen.

Der Kläger ist weiter der Auffassung, er könne eine Abmahnpauschale in Höhe von 166,60 Euro verlangen. Darüber hinaus die Rechtsanwaltskosten, die durch die weitere Abmahnung angefallen seien.

Der Kläger hat zunächst den Antrag aus der Klage vom 16.04.2009, Bl. 2 € 11 d.A., angekündigt.

Der Beklagte hat im schriftlichen Vorverfahren teilweise anerkannt, so dass am 15.07.2009 durch Teil-Anerkenntnisurteil entschieden wurde. Auf dieses Urteil wird Bezug genommen (Bl. 281 f d.A.).

Der Kläger beantragt nunmehr,

den Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verhängenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen am Beklagten, im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen, für das Gerät €Aquapol€ zu werben

1.mit einer mauerentfeuchtenden Wirkung, insbesondere zu werben: 1.1. €Mauertrockenlegung innovativ mit umweltfreundlicher Technologie€, 1.2.€Trockenlegungs€garantie€, 1.3.€Funktions- und Trockenhaltungsgarantie bei Einhaltung der Betriebsanleitung mindestens 20 Jahre€, 1.4.€Mauertrockenlegungs- und Mauertrockenhaltungssystem€, 1.5.€Aquapol Gebäudetrockenlegungssystem.Der Kläger beantragt weiter,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 166,60 Euro nebst 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Klage zu zahlen.

Der Kläger beantragt weiter,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 1.379,80 Euro nebst 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Klage zu zahlen.

Der Kläger beantragt weiter,

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, auf die vom Kläger verauslagten Gerichtskosten Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz für die Zeit von dem Eingang der eingezahlten Gerichtskosten bis zum Eingang eines Kostenfestsetzungsantrages nach Maßgabe der auszuurteilenden Kostenquote zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte bestreitet zunächst die Prozessführungsbefugnis und Aktivlegitimation des Klägers. Insoweit wird auf den weiteren Vortrag des Beklagten Bezug genommen.

Der Beklagte behauptet, dass von ihm angebotene Aquapol-Gerät sei bei Beachtung sämtlicher Umgebungsfaktoren und Einhaltung sämtlicher begleitender Maßnahmen geeignet, ein durch aufsteigende Feuchte befallenes Mauerwerk gemäß der Maßmethoden einschlägiger Normen trockenzulegen. Die € GmbH habe insbesondere im öffentlichen Bereich eine Vielzahl zufriedener Kunden. Bezüglich der Einzelheiten wird verwiesen auf den Schriftsatz des Beklagten vom 11.01.2010. Eine Irreführung des Verbrauchers läge nicht vor. Zur Wirksamkeit des Aquapol-Gerätes beruft sich der Beklagte weiter auf die von ihm mit Schriftsatz vom 10.07.2009 vorgelegten Anlagen.

Abmahnkosten könne der Kläger nicht verlangen, da der Unterlassungsanspruch schon nicht begründet sei. Insoweit bestreite der Beklagte auch den Vortrag des Klägers zur Höhe der Abmahnkostenpauschale. Der Schadensersatzanspruch des Klägers stelle keine Entgeltforderung dar. Insoweit kämen von vorn herein nur Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz in Betracht.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird ergänzend auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Gründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

Der Kläger ist prozessführungsbefugt.

Für die Wirtschafts- und Verbraucherverbände im Sinne des § 8 Abs. 3 Nr. 2 und 3 UWG gilt die Theorie der Doppelnatur. Die in diesen Vorschriften aufgestellten Begründetheitsvoraussetzungen werden zugleich als Prozessvoraussetzungen, nämlich der Prozessführungsbefugnis, qualifiziert. Dies hat wegen der grundsätzlich vorrangig zu prüfenden Frage der Zulässigkeit der Klage mehrere prozessuale Folgen. Die Voraussetzungen sind von Amts wegen in jeder Lage des Verfahrens zu prüfen. Die Tatsachen, aus denen sich die Klagebefugnis ergibt, müssen spätestens im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz vorliegen. Für die Feststellung der Voraussetzungen gelten die Grundsätze des Freibeweises (vgl. BGH GRUR 2005, 689; BGH GRUR 2007, 610; BGH GRUR 2001, 846). Bei Fehlen einer dieser Voraussetzungen ist die Klage als unzulässig und nicht als unbegründet abzuweisen (vgl. BGH GRUR 1996, 217).

Hier hat die Feststellung der Voraussetzungen im Wege des Freibeweises ergeben, dass der Kläger prozessführungsbefugt ist. Im Rahmen des Freibeweises ist das Gericht nicht an die Grundsätze des Strengbeweises gebunden, insbesondere nicht an den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme. Das Gericht geht danach aufgrund der vom Kläger vorgelegten Anlagen von seiner Prozessführungsbefugnis aus. Diese Anlagen sind die Anlage K 1, wonach der Kläger als Wettbewerbsverband nach der Unterlassungsklageverordnung anerkannt ist. Ferner die Satzung des Deutschen Holz- und Bautenschutzverbandes e.V. Anlage K 2 mit Liste der ausführenden Unternehmen Anlage K 3. Weiter wird insbesondere zugrunde gelegt das Protokoll der mündlichen Verhandlung der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts € vom 04.08.2009 Anlage K 21 mit der Aussage des Zeugen €. Unter Auswertung dieser Anlagen im Wege des Freibeweises geht das Gericht von der Prozessführungsbefugnis des Klägers aus. Ein weiterer Umstand ist hierbei zu berücksichtigen.

Der Beklagte hat den ursprünglichen Klageantrag überwiegend anerkannt. Der anerkannte Klageantrag bezog sich auch auf das Aquapol-Gerät im Bezug auf die Gebäudetrockenlegung. Dies folgt schon aus dem Antrag I 1.6. Dort heißt es, im Gerät wird diese Bodenenergie durch eine Polarisationseinheit rechtsdrehend stabil umgewandelt (Polarisierungseffekt) und in den Wirkraum abgegeben. Das gesendete Wirkfeld ist nun zum Boden gerichtet. Der Wirkraum ist wesentlich für die Gebäudetrockenlegung sowie für positive biologische Effekte.

Das Anerkenntnis des Beklagten kann sich nicht beziehen auf die unverzichtbaren Prozessvoraussetzungen, wie beispielsweise die Prozessführungsbefugnis. Diese ist vom Gericht von Amts wegen zu prüfen. Aus dem Anerkenntnis des Beklagten konnte das Gericht zumindest indiziell entnehmen, dass auch der Beklagte von der Prozessführungsbefugnis des Klägers ausgeht. Insgesamt ist daher im Wege des Freibeweises von der Prozessführungsbefugnis des Klägers auszugehen wie bereits bei Erlass des Teilanerkenntnisurteils.

Die weitere Unterlassungsklage ist begründet.

Der Unterlassungsanspruch des Klägers folgt aus § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. § 5 Abs. 1 UWG.

Die von dem Beklagten mit der Anlage K 4 vom 04.03.2009 vorgenommene Werbung ist irreführend im Sinne von § 5 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 UWG und deshalb unlauter im Sinne von § 3 UWG. Der Beklagte hat daher die Werbung zu unterlassen, soweit er verurteilt worden ist.

Der Tatbestand der Irreführung nach § 5 Abs. 1 UWG ist erfüllt, wenn eine Werbeangabe geeignet ist, bei den angesprochenen Verkehrskreisen, an die sich die Werbung richtet, konkrete Fehlvorstellungen hervorzurufen und diese zu falschen Entscheidungen zu beeinflussen (vgl. Köhler/Bornkamm, UWG, 28. Aufl., § 5 Rn. 2.65). Dabei ist stets auf den Empfängerhorizont des beworbenen Verkehrskreises abzustellen. Irreführend ist eine Werbaussage in jedem Fall dann, wenn ein objektiv falscher Tatbestand behauptet wird. Aber selbst objektiv zutreffende Angaben können irreführend sein, wenn ein beachtlicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise damit unrichtige Vorstellungen verbindet (vgl. BGH GRUR 1998, 1043). Es kommt mithin maßgeblich darauf an, wie die angesprochenen Verbraucher- bzw. Kundenkreise die beanstandeten Werbebotschaften des Beklagten verstehen und ob die von der Werbung erweckten Vorstellungen, soweit sie einen nachprüfbaren Inhalt haben, mit den wirklichen Verhältnissen übereinstimmen.

Mit dem Angebot zur Mauertrockenlegung und Mauertrockenhaltung vom 04.03.2009, Anlage K 4, wendet sich der Beklagte in erster Linie an interessierte Bauherren, die eine grundlegende Mauerwerkssanierung ihrer Gebäude wegen bestehender Feuchte beabsichtigten und sich zu diesem Zweck über verschiedene Verfahrensweisen zur Trockenlegung feuchten Mauerwerks erkundigen. Adressat der Werbung ist danach ein eher allgemeines Publikum. Bei diesem Publikum handelt es sich nicht primär um versierte Baufachleute, sondern um im Bauwesen nicht all zu bewanderte Laien, die mit der technischen Wirkungsweise des angebotenen Gerätes in keiner Weise vertraut sind.

Die insoweit angesprochenen Verbraucherkreise entnehmen den Werbeaussagen des Beklagten, dass die angepriesenen Entfeuchtungssysteme ohne größeren Arbeits- und Kostenaufwand und ohne Substanzeingriffe in die Gebäudesubstanz zu der erwünschten nachhaltigen Trockenlegung des feuchten Mauerwerks führen. Der interessierte Kunde setzt dabei voraus, dass die von dem Beklagten angebotene Methode in der Praxis nach bestimmten Standards erprobt ist, tatsächlich € wie dargestellt € funktioniert und die ihr zugeschriebene Wirkung entfaltet und damit den allgemein anerkannten Regeln der Bautechnik entspricht. Denn dies ist der Mindeststandard, zu dem sich ein Bauunternehmen bei Abschluss eines Werkvertrages zumindest stillschweigend verpflichtet. Der Verbraucher geht davon aus, dass die Werbebehauptung dem Stand gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse des Baufaches entspricht, zumal sich der Beklagte hier eines bekannten physikalischen Wirkungsprinzips berühmt, nämlich der Elektroosmose, das einer wissenschaftlichen Nachprüfung aber ohne Weiteres zugänglich ist. Lässt das beworbene Trockenlegungssystem hingegen eine fundierte, technisch bzw. physikalisch nachvollziehbare Grundlage vermissen, wird der Interessierte Kunde in den durch die Gewerbeaussagen hervorgerufenen Erwartungen in das Produkt getäuscht.

Bei der Feststellung einer irreführenden Werbung nach § 5 Abs. 1 UWG trifft zwar grundsätzlich den Unterlassungskläger die Darlegungs- und Beweislast für die Unrichtigkeit der Werbebehauptung, hier mithin die fehlende Zwecktauglichkeit des angepriesenen Produktes, das es sich insoweit um eine anspruchsbegründende Voraussetzung des Irreführungstatbestandes handelt (vgl. BGH NJW-RR 2001, 1391). Auch im Wettbewerbsprozess gilt der allgemeine prozessrechtliche Grundsatz, dass die Partei die ein Recht für sich in Anspruch nimmt, die rechtsbegründenden Tatsachen darzulegen und zu beweisen hat (vgl. Köhler/Bornkamm aaO. § 5 Rn. 3 Punkt 19). Hier ist jedoch von einer Umkehr der Beweislast zu Lasten des Beklagten auszugehen. Stützt sich der Werbende auf eine fachlich umstrittene, wissenschaftlich nicht abgesicherte Behauptung, ohne die Gegenansicht in seiner Werbung zu erwähnen, hat er damit zugleich die Verantwortung für die objektive Richtigkeit seiner Angaben übernommen. Er muss sie dann im Streitfall unter Umständen sogar beweisen (vgl. BGH NJW-RR 1991, 1391). Diese Grundsätze zur Beweislastumkehr sind in der Rechtsprechung zwar in erster Linie für Werbeangaben auf dem Gebiet des Gesundheitswesens entwickelt worden, für die besonders schwere Anforderungen an die Richtigkeit, Eindeutigkeit und Klarheit der Aussagen gelten. Auf den Bereich der gesundheitsbezogenen Werbung lassen sich diese Grundsätze jedoch nicht beschränken, sie beanspruchen vielmehr in gleicher Weise auch bei anderen fachlich umstrittenen, wissenschaftlich nicht abgesicherten Behauptungen Geltung, sofern die umstrittene Wirksamkeit als Behauptung einem Wirkungsnachweis grundsätzlich zugänglich ist (vgl. OLG Naumburg, Urteil vom 29.05.2009, 10 U 56/08). Diese Grundsätze zur Umkehr der Beweislast bei wissenschaftlicher Umstrittenheit der Wirksamkeit eines Produktes finden also im Streitfall Anwendung. Trägt also der Kläger in einem Streit über die tatsächlichen Wirkungen eines beworbenen Produktes das Fehlen einer wissenschaftlichen Grundlage der Werbeaussage substantiiert vor, ist es Aufgabe des Beklagten, die wissenschaftliche Absicherung seiner Werbangabe zu beweisen (vgl. OLG Frankfurt GRUR-RR 2003, 295). Hierbei genügt der bloße Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht, um die Richtigkeit der Werbeangabe darzutun und nachzuweisen. Es ist vielmehr zunächst Sache des Werbenden, die wissenschaftlichen Erkenntnisse substantiiert vorzutragen, auf die er seine Behauptung stützt (vgl. OLG Frankfurt aaO; rechtskräftig durch Nichtannahmebeschluss des BGH vom 18.12.2003, I ZR 159/03). Das Gericht sieht hier davon ab, dem Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens nachzukommen, da der Beklagte nicht substantiiert die wissenschaftlichen Erkenntnisse vorgetragen hat, auf die er seine Behauptung der Wirksamkeit des Aquapol-Gerätes stützt.

Die Anlage B 1, Patenterteilung, ist ohne Belang, da hier nicht die Wirksamkeit des Gerätes bescheinigt wird. Die zahlreich vorgelegten Messprotokolle mit Anlage B 2 haben nur einen sehr geringen Darlegungswert, da es sich um eigene Messprotokolle der Firma € handelt. Die Protokolle geben im Übrigen keine Auskunft darüber, worauf das Wirkprinzip der Geräte letztlich beruhen soll.

Soweit der Beklagte mit der Anlage B 5 Referenzschreiben vorlegt und mit Schriftsatz vom 11.01.2010 zahlreiche angeblich zufriedene Kunden aus dem öffentlichen Bereich nennt, kommt diesem wenig Aussagewert zu. Mit den Referenzschreiben wird lediglich die subjektive Zufriedenheit der benannten Kunden mit dem Verfahren dokumentiert, ohne dass die Angaben der Kunden eine belastbare objektive Absicherung gefunden haben. Bezüglich der im Schriftsatz vom 11.01.2010 genannten Kunden aus dem öffentlichen Bereich wird nicht dargelegt, wann diese Kunden das Gerät bestellt und erhalten haben und wie lange das Gerät seine Wirksamkeit in den Gebäuden entfalten konnte. Als Beweis zur Zufriedenheit der Kunden wird auch nur ein Mitarbeiter der € Österreich als Zeuge benannt. Irgendwelche konkreten Äußerungen der betroffenen Kunden werden nicht dargelegt.

Die Anlagen B 6 und B 7, Prüfbericht MPA € und Eidesstattliche Versicherung € €, geben wiederum nur Meinungen Dritter über den Wirkungszusammenhang wieder, ohne darzulegen, wie die Wirksamkeit im Einzelnen aussehen soll. Die Anlage B 8, Äußerung des Herrn €, ist inhaltsleer. Sie gibt nur eine subjektive Meinung wieder.

Das Gutachten € Anlage B 9 für das Bezirksgericht € kann einen substantiierten Vortrag des Beklagten nicht ersetzen. Der Sachverständige kommt in der Zusammenfassung zu dem Ergebnis, dass die physikalische Wirkungsweise des Gerätes noch nicht gänzlich geklärt erscheint. Zudem ist Voraussetzung der Aussagen des Gutachtens, dass die von der klagenden Partei vorgelegten Messwerte stimmen. Klagende Partei war aber die € GmbH. Es sind also dem Sachverständigen zur Auswertung eigene Messprotokolle der € GmbH vorgelegt worden. Wenig aussagekräftig ist auch die Anlage B 10, eine eigene Infobroschüre der € GmbH. Wissenschaftliche Erkenntnisse werden in dieser Anlage nicht vermittelt. Nimmt man die Anlage B 15, einen Beitrag von €, so ist diesem Beitrag zu entnehmen, dass es keine schulwissenschaftliche Erklärung dafür gibt, wie es gelingen kann, mit Hilfe des Gerätes feuchte Mauern ohne direkten physischen Kontakt zwischen dem Gerät und dem Mauerwerk trockenzulegen. Die Anlage B 18 befasst sich mit der nachträglichen Horizontalabdichtung von Mauerwerk mittels Injektionsverfahren, betrifft also andere Verfahren als das von dem Beklagten berühmte.

Nimmt man die von dem Kläger vorgelegten Unterlagen hinzu, ist festzustellen, dass die Substantiierungspflicht auf Seiten des Beklagten zur Wirksamkeit des Gerätes und zur wissenschaftlichen Erkenntnis nicht hinreichend erfüllt worden ist.

Der Kläger hat zunächst vorgelegt mit der Anlage K 9 einen Bericht des Herrn €. Dieser Bericht kommt zum Ergebnis, dass ein Beleg dafür, dass die €Zauberkästchen€ als anerkannte Regel der Technik zu bezeichnen wären, bisher nicht erbracht worden ist. Dies ergibt sich auch aus der Anlage K 10 von €.

Die wissenschaftliche Darlegung zur Entfeuchtung von Mauerwerk Anlage K 11 kommt ebenfalls zu dem Ergebnis, dass kein wissenschaftlicher Nachweis für die Wirksamkeit des Gerätes vorliegt.

Die Anlage K 12 enthält ein bauphysikalisches Gutachten für das Bezirksgericht € in € des Sachverständigen €. Dieser kommt zum Ergebnis, dass die dargestellte Funktion des Systems physikalisch nicht begründbar ist. Es fehle der wissenschaftlich technische Nachweis zur Tauglichkeit und das Gerät sei nicht dem anerkannten Stand der Technik zuzuordnen. Nach alledem ist festzustellen, dass der Beklagte seiner Pflicht, die Richtigkeit seiner Werbeangaben darzutun, substantiiert nicht nachgekommen ist. Ein Sachverständigengutachten ist nicht einzuholen.

Die Klage ist auch teilweise begründet, soweit der Kläger Zahlung von vorgerichtlichen Abmahnkosten und Feststellung begehrt.

Der Anspruch auf Zahlung der vorgerichtlichen Abmahnkosten folgt aus § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG.

Die Abmahnkostenpauschale in Höhe von 166,60 Euro ist ohne Weiteres angemessen (§ 287 ZPO). Andere Vereine machen höhere Abmahnkostenpauschalen geltend (vgl. Köhler/Bornkamm aaO, § 12 Rn. 1.98).

Auch der Gegenstandswert in Höhe von 50.000,00 Euro ist gerechtfertigt. Es handelt sich nicht um ein durchschnittlich schwieriges Verfahren, sondern um ein im oberen Bereich der Schwierigkeit liegendes. Der Regelstreitwert von 20.000,00 Euro (vgl. 6 W 155/03 OLG Brandenburg) ist daher zu überschreiten.

Im Übrigen kann zur Begründung auf den Schriftsatz des Klägers vom 06.08.2009 verwiesen werden.

Nicht begründet ist der Anspruch bzgl. der Zweitabmahnung durch Rechtsanwalt. Insoweit kann verwiesen werden auf BGH I ZR 47/09, Urteil vom 21. 01. 2010. Nicht zuzusprechen ist auch der in Ansatz gebrachte Zinssatz von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz. Dieser gilt gemäß § 288 Abs. 2 BGB nur für Entgeltforderungen. Schadensersatzforderungen stellen aber keine Entgeltforderungen dar.

Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 92 Abs. 2. Nr. 1, 709 ZPO. Die Höhe der Sicherheitsleistung orientiert sich unter Ausübung eines Ermessens an einem denkbaren Schaden nach § 717 Abs. 2 ZPO und darf nicht zu niedrig bemessen werden(vgl. Zöller/ Herget, ZPO, 28. Aufl. § 709 Rdn. 3).

Der Schriftsatz des Beklagten vom 16. 02. 2010 war unbeachtlich nach §§ 128 Abs. 2, 296a ZPO.

Streitwert : bis 53.000,00 Euro






LG Cottbus:
Urteil v. 23.02.2010
Az: 11 O 48/09


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/6f54c1a0d770/LG-Cottbus_Urteil_vom_23-Februar-2010_Az_11-O-48-09




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share