Bundespatentgericht:
Beschluss vom 21. August 2002
Aktenzeichen: 29 W (pat) 166/00

(BPatG: Beschluss v. 21.08.2002, Az.: 29 W (pat) 166/00)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in seinem Beschluss vom 21. August 2002 (Aktenzeichen 29 W (pat) 166/00) eine Entscheidung der Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamts aufgehoben. Die Markenstelle hatte die Anmeldung der Wortmarke "MediaView" für bestimmte Waren und Dienstleistungen zurückgewiesen. Das Bundespatentgericht hingegen hat die Beschwerde der Anmelderin teilweise zurückgewiesen.

Die Markenstelle hatte die Anmeldung zurückgewiesen, da die Marke nur ein Hinweis darauf sei, dass die beanspruchten Waren und Dienstleistungen für eine entsprechende Mediendarstellung geeignet und bestimmt seien. Das Bundespatentgericht ist anderer Meinung und sieht in der Wortkombination "MediaView" keinen eindeutig beschreibenden Inhalt für die betreffenden Waren und Dienstleistungen. Das Wort "Media" habe laut Bundespatentgericht die Bedeutung von "stimmhaften Lauten, die durch Aufhebung eines Verschlusses entstehen" und sei nicht als gängige Kurzform für moderne Massenmedien bekannt. Das Wort "View" habe ebenfalls verschiedene Bedeutungen, wie Sicht, Ansicht oder Meinung, und sei nicht allgemein verständlich. Das Bundespatentgericht sieht deshalb in der Wortmarke "MediaView" eine überraschende und unterscheidungskräftige Kombination.

Jedoch kommt das Bundespatentgericht zu dem Schluss, dass die Marke für bestimmte Waren und Dienstleistungen, wie Kommunikationsmittel, Datenträger, Printmedien sowie Werbe- und Telekommunikationsdienstleistungen, als unmittelbar beschreibende Sachbezeichnung dienen kann. Daher wird die Anmeldung insoweit freigehalten. Für andere Waren und Dienstleistungen, wie Verkaufsautomaten, Büroartikel und Dienstleistungen im Bereich Geschäftsführung, Finanzwesen und Immobilienwesen, besteht keine beschreibende Bedeutung. Die Marke hat für diese Waren und Dienstleistungen Unterscheidungskraft und es besteht kein Freihaltebedürfnis.

Die Beschwerde der Anmelderin wird daher teilweise abgelehnt. Die genauen Gründe für die Entscheidung des Bundespatentgerichts können dem Beschluss entnommen werden.

Das Bundespatentgericht hat der Anmelderin auch Unterlagen und Recherchematerial zur Kenntnisnahme übersandt.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 21.08.2002, Az: 29 W (pat) 166/00


Tenor

1. Der Beschluß der Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 24. Januar 2000 wird insoweit aufgehoben als die Anmeldung für die Waren und Dienstleistungen "Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Büroartikel (ausgenommen Möbel); Geschäftsführung; Finanzwesen; Immobilienwesen" zurückgewiesen worden ist.

2. Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I Die Wortmarke MediaViewsoll für die Waren und Dienstleistungen der Klasse 9: Elektrische, elektronische, optische, Meß-, Signal-, Kontroll- oder Unterrichtsapparate und -instrumente (soweit in Klasse 9 enthalten); Apparate zur Aufzeichnung, Übertragung, Verarbeitung und Wiedergabe von Ton, Bild oder Daten; maschinenlesbare Datenaufzeichnungsträger; Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Datenverarbeitungsgeräte und Computer.

Klasse 16: Druckereierzeugnisse, insbesondere bedruckte und/oder geprägte Karten aus Karton oder Plastik; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Büroartikel (ausgenommen Möbel).

Klasse 35: Werbung und Geschäftsführung.

Klasse 36: Finanzwesen, Immobilienwesen.

Klasse 38: Telekommunikation; Betrieb und Vermietung von Einrichtungen für die Telekommunikation, insbesondere für Funk und Fernsehenin das Markenregister eingetragen werden.

Die Markenstelle für Klasse 16 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung durch Beschluß vom 24. Januar 2000 durch eine Beamtin des höheren Dienstes zurückgewiesen, weil die angemeldete Marke lediglich ein Hinweis darauf sei, daß die beanspruchten Waren und Dienstleistungen für eine entsprechende Mediendarstellung geeignet und bestimmt seien. Die Zusammenschreibung der geläufigen fremdsprachigen Begriffe "Media" als gängige Kurzform für die modernen Massenmedien und "View" als englisches Wort für "Ansicht, Darstellung" führten nicht zur Schutzfähigkeit der angemeldeten Marke.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Der Anmeldemarke könne kein für die in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden. Auch handele es sich nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, das nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werde. Selbst wenn die beteiligten Verkehrskreise in der Marke eine Kombination von zwei Einzelbestandteilen, nämlich "Media" und "View" erblicken sollten - was bei einer flüchtigen Betrachtung fraglich sei - fehle der angemeldeten Marke nicht jegliche Unterscheidungskraft. Das Wort "Media" habe die lexikalische Bedeutung eines "stimmhaften Lautes, der durch Aufhebung eines Verschlusses entsteht". Es mangele an einem lexikalischen Nachweis, daß "Media" eine gängige Kurzform für die modernen Massenmedien sei. Da "Media" zudem aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung mehrdeutig gebraucht werde, besitze dieses Wort keinen eindeutigen Bedeutungsgehalt für die konkret in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen. Dem Wortbestandteil "View" fehle es ebenfalls an einem ohne weiteres faßbaren Sinnzusammenhang hinsichtlich der Waren und Dienstleistungen. "View" habe als Fremdwort in die deutsche Sprache keinen Eingang gefunden und werde vom Verkehr nicht verstanden. Daneben weise das Wort "View" mehrere Bedeutungen auf, nämlich: Sicht, Aussicht, Ansicht, Meinung, etwas beabsichtigen, betrachten, besichtigen, sehen. Bereits der Einzelbegriff "View", wie die gesamte Anmeldemarke, seien unterscheidungskräftig, weil die Anmeldemarke in ihrer Ausgestaltung für den Betrachter überraschend sei. Da die Anmeldemarke weder in ihren Einzelbestandteilen noch in ihrer Gesamtheit einen eindeutigen unmittelbar beschreibenden Inhalt der beanspruchten Waren und Dienstleistungen aufweise, sei sie weder jetzt noch künftig freihaltebedürftig.

Die Anmelderin beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben.

Der Senat hat der Anmelderin Unterlagen und Recherchematerial zur Kenntnisnahme übersandt.

II Die zulässige Beschwerde hat nur teilweise Erfolg. Hinsichtlich der Zurückweisung der Beschwerde stehen der Anmeldung die Eintragungshindernisse des § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG entgegen.

Die angemeldete Marke besteht erkennbar aus den Begriffen "Media" und "View", die zu der neuen Gesamtbezeichnung "MediaView" zusammengesetzt sind. Die Wortkombination entspricht dabei nicht nur den Regeln der deutschen wie der englischen Sprache, bei der ca 80 % der Neuwörter aus zwei Substantiven zusammengefügt sind. Sie ist wie zahlreiche vergleichbare, bereits existierende Fachwörter oder Sachbegriffe mit "Media" gebildet, wie zB Mediaanalyse, Mediaforschung, MediaStrategie, MediaAgentur, Mediafachleute und media concept, media Company, media allocation, media guide, mediamix sowie die weiteren in den übersandten Belegen genannten Beispiele. Der Senat vermag daher nicht zu erkennen, inwiefern die angemeldete Marke für den Betrachter in ihrer Ausgestaltung überraschend sein und sich erst nach einigem Nachdenken und grammatikalischen Überlegungen erschließen soll. Die Tatsache, daß der Wortbestandteil "View" groß geschrieben ist, erleichtert dessen schnelleres Erfassen, nimmt der Gesamtbezeichnung aber nicht ihren ohne weiteres verständlichen Begriffsinhalt von "Medienüberblick". Denn das Wort "Media" ist als Plural von "Medium" sowohl in die deutsche wie in die englische Sprache mit der Bedeutung von "Medien, Kommunikationsmittel, Mittel, die der Vermittlung von Informationen, der Unterhaltung und der Belehrung dienen, wie zB Zeitung, Film, Tonband" eingegangen (vgl Duden Deutsches Universalwörterbuch, 4. Aufl; v. Eichborn Die Sprache unserer Zeit, Englisch-Deutsch; Wahrig Deutsche Rechtschreibung jeweils unter den Stichwörtern "Medium" und "Media"). Im Bereich der Werbung werden unter "Media" die als "Werbeträger, Reklamemittel" verwendeten Kommunikationsmittel - insbesondere die der Massenmedien Rundfunk, Fernsehen, Film, Presse sowie des neuen Mediums Internet - verstanden. Bei dem Bestandteil "View" handelt es sich um ein Grundwort der englischen Sprache, bei dem in bezug auf "Druckereierzeugnisse und Lehr- und Unterrichtsmittel" sowie bei Dienstleistungen der "Werbung" und der "Telekommunikation" die Bedeutung von "Sicht, Ansicht, Meinung, Überblick" im Vordergrund steht (vgl PONS COLLINS Großwörterbuch Deutsch-Englisch 1997, 1691; DUDEN OXFORD Großwörterbuch Englisch, 1990, 803).

Wird die angemeldete Gesamtbezeichnung in Verbindung mit Kommunikationsmitteln und -geräten der Klasse 9, mit elektronischen Datenträgern und Printmedien sowie mit Werbe- und Telekommunikationsdienstleistungen verwendet, so kann sie als unmittelbar beschreibende Sachbezeichnung iSv § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG dienen. Diese können nämlich einen "Medienüberblick" geben, ihn vermitteln, zum Inhalt haben oder dafür bestimmt und geeignet sein.

Diese Beurteilung wird durch die Ermittlungen des Senats gestützt, die eine Verwendung des Begriffs "Mediaview" für eine Softwareübersicht von Spielen, Titeln und Audio-CDs ergeben hat. Deshalb ist die angemeldete Marke insoweit als zur Beschreibung geeignete Sachbezeichnung freizuhalten.

Da der angemeldeten Marke somit für einen Teil der beanspruchten Waren und Dienstleistungen ohne weiteres Nachdenken der beschreibende Begriffsinhalt von "Medienüberblick, Mediensicht" zugeordnet werden kann, fehlt ihr nach den Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung, von denen der Senat ausgeht, insoweit auch jegliche Unterscheidungskraft (st Rspr BGH WRP 2001, 1082, 1083 - marktfrisch; zuletzt BGH MarkenR 2002, 338 - Bar jeder Vernunft; EuGH MarkenR 2002, 391 - Company Line).

Dagegen kommt der Gesamtaussage "Medienüberblick" für die Waren "Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Büroartikel (ausgenommen Möbel)" und die Dienstleistungen "Geschäftsführung; Finanzwesen; Immobilienwesen" keine beschreibende Bedeutung zu. Für den Verkehr besteht somit keine Veranlassung, dem Zeichen nur eine inhaltliche Beschreibung dieser Waren oder Dienstleistungen zu entnehmen, so daß der angemeldeten Marke hierfür nicht jegliche Unterscheidungskraft fehlt und auch kein Freihaltebedürfnis besteht.

Grabrucker Pagenberg Guth Fa






BPatG:
Beschluss v. 21.08.2002
Az: 29 W (pat) 166/00


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/6eb840a5da52/BPatG_Beschluss_vom_21-August-2002_Az_29-W-pat-166-00




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