Bundespatentgericht:
Beschluss vom 18. Januar 2006
Aktenzeichen: 7 W (pat) 347/03

(BPatG: Beschluss v. 18.01.2006, Az.: 7 W (pat) 347/03)

Tenor

Das Patent 102 12 801 wird beschränkt aufrechterhalten mit dem Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag vom 20. Dezember 2005, eingegangen am 23. Dezember 2005, den Patentansprüchen 2 bis 19 gemäß Hilfsantrag vom 21. September 2005, eingegangen am 22. September 2005, Beschreibung und Zeichnungen gemäß Patentschrift.

Gründe

I.

Gegen die am 2. Januar 2003 veröffentlichte Erteilung des Patents 102 12 801 mit der Bezeichnung "Kühler für flüssige Medien sowie Verfahren zur Herstellung eines solchen Kühlers" ist am 2. April 2003 Einspruch erhoben worden. Der Einspruch ist mit Gründen versehen und auf die Behauptung gestützt, dass der Gegenstand des Patents keine patentfähige Erfindung darstelle. Zum Stand der Technik hat die Einsprechende auf Kühler verwiesen, die sie vor dem Anmeldetag des angefochtenen Patents hergestellt und vertrieben habe. Sie hat dazu Konstruktionszeichnungen mit den Zeichnungsnummern 48004, 49145004/594, 49823005, 48003 und 49145002 (Beilagen A bis E) sowie Rechnungen vom 17. und 19. Dezember 2001 für Kraftstoffkühler 48004 bzw. Kühler 48003 vorgelegt. Sie hat vorgetragen, dass die gemäß den Rechnungen vertriebenen Kühler den Zeichnungen entsprachen und dafür Zeugenbeweis angetreten (Schriftsatz vom 2. April 2003 S. 3 le. Abs.). Zur Herstellung des als vorbenutzt behaupteten Kühlers hat sie vorgetragen, die beiden offenen Enden des Grundprofils seien mit einer Fräse oder einem Stanzwerkzeug bearbeitet worden, wobei hierbei die Wandung des Grundprofils in seiner Gestalt nicht verändert, sondern jeder zweite Steg am offenen Ende und jeder Steg am anderen offenen Ende gegenüber seinen jeweiligen benachbarten Stegen in seiner Längsausdehnung verkürzt worden sei (Schriftsatz vom 2. April 2003 S. 4 le. Abs.).

Die Patentinhaberin hat der behaupteten Vorbenutzung nicht widersprochen. Sie macht geltend, dass der Gegenstand des angefochtenen Patents auch im Hinblick auf den Stand der Technik gemäß dem vorbenutzten Kühler patentfähig sei.

In einer Zwischenverfügung hat der Berichterstatter des Senats die Beteiligten darauf hingewiesen, dass die Lieferung von Kühlern gemäß den vorgelegten Zeichnungen aufgrund der ebenfalls vorgelegten Rechnungen plausibel erscheine, dass jedoch Zweifel daran bestünden, dass eine Untersuchung der betreffenden Kühler Aufschluss über bestimmte Einzelheiten des Verfahrens zu ihrer Herstellung gäbe, insbesondere darüber, wie die Stege zwischen den Kanälen nach dem Ablängen des Grundprofils verkürzt wurden. Im weiteren Verlauf des Verfahrens haben beide Beteiligte mitgeteilt, dass sie zu der angesetzten mündlichen Verhandlung nicht erscheinen würden. Die mündliche Verhandlung ist daraufhin abgesetzt worden.

Die Patentinhaberin hat mit Schriftsatz vom 21. September 2005 neue Patentansprüche 1 bis 19 gemäß Hilfsantrag vorgelegt.

Die Einsprechende beantragt, das Patent zu widerrufen.

Die Patentinhaberin beantragt, das Patent aufrechtzuerhalten, hilfsweise, das Patent mit dem Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag vom 20. Dezember 2005 und den Patentansprüchen 2 bis 19 gemäß Hilfsantrag vom 21. September 2005 beschränkt aufrechtzuerhalten.

Die Patentansprüche 1 und 11 gemäß Hauptantrag und Hilfsantrag lauten:

Patentanspruch 1 gemäß Patentschrift 102 12 801:

"1. Kühler für flüssige Medien, insbesondere zum Kühlen eines aus einer Einspritzvorrichtung in einen Kraftstofftank zurückfließenden Kraftstoffes in Kraftfahrzeugen, aus einem an den beiden gegenüberliegenden Enden offenen Grundprofil, vorzugsweise aus Aluminium oder einer Aluminiumlegierung, und je einem an den Enden des Grundprofils festgelegten Abschlusselement, wobei das Grundprofil mehrere parallele Kanäle für den Kraftstoff aufweist, die durch die äußere Wandung des Grundprofils und durch im Grundprofil angeordnete, parallel verlaufende Stege begrenzt werden und mit je einem an den Rändern der Enden angeordneten Anschlussstutzen, dadurch gekennzeichnet, dassan den beiden offenen Enden jeweils die Wandung des Grundprofils die Stirnseiten der die Kanäle bildenden Stege überragt, jeder zweite Steg mit einer seiner Stirnseiten an dem ersten Abschlusselement, welches in das erste offene Ende des Grundprofils eingesetzt ist, zur Anlage kommt und seine andere Stirnseite einen Abstand zu dem am anderen Ende des Grundprofils eingesetzten zweiten Abschlusselement aufweist undzur Realisierung eines mäanderförmigen Flusses des Kraftstoffes durch die Kanäle der jeweils benachbarte zwischen den vorgenannten Stegen angeordnete Steg in Längsausrichtung des Grundprofils versetzt angeordnet ist, nämlich seine zum ersten offenen Ende ausgerichtete Stirnseite einen Abstand zum ersten Abschlusselement aufweist und seine andere Stirnseite am zweiten Abschlusselement anliegt, so dass die benachbarten Stege versetzt zueinander angeordnet sind."

Patentanspruch 11 gemäß Patentschrift 102 12 801:

"11. Verfahren zur Herstellung eines Kühlers nach Anspruch 1, wobei das Grundprofil, vorzugsweise aus Aluminium oder einer Aluminiumlegierung, mit mehreren parallel verlaufenden Kanälen durch Fließpressen, durch Gießen oder durch Strangpressen und Ablängen hergestellt wird, dadurch gekennzeichnet, dassdie beiden offenen Enden des Grundprofils einem Verformungsvorgang unterzogen werden, hierbei wird ohne die Wandung des Grundprofils zu verformen ein Überstand der Wandung des Grundprofils erzeugt, wobei jeder zweite Steg am offenen Ende stärker in seiner Längsausdehnung verkürzt wird als die benachbarten Stege und am offenen Ende jeder Steg gegenüber den benachbarten Stegen stärker in seiner Längsausdehnung verkürzt wird, anschließend werden Anschlusselemente in die offenen Enden des Grundprofils eingesetzt und befestigt."

Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag

"1. Kühler für flüssige Medien, insbesondere zum Kühlen eines aus einer Einspritzvorrichtung in einen Kraftstofftank zurückfließenden Kraftstoffes in Kraftfahrzeugen, aus einem an den beiden gegenüberliegenden Enden offenen Grundprofil, vorzugsweise aus Aluminium oder einer Aluminiumlegierung, und je einem an den Enden des Grundprofils festgelegten Abschlusselement, wobei das Grundprofil mehrere parallele Kanäle für den Kraftstoff aufweist, die durch die äußere Wandung des Grundprofils und durch im Grundprofil angeordnete, parallel verlaufende Stege begrenzt werden und mit je einem an den Rändern der Enden angeordneten Anschlussstutzen, dadurch gekennzeichnet, dassan den beiden offenen Enden jeweils die Wandung des Grundprofils die Stirnseiten der die Kanäle bildenden Stege überragt und die Enden der die Kanäle bildenden Stege verprägt sind, jeder zweite Steg mit einer seiner Stirnseiten an dem ersten Abschlusselement, welches in das erste offene Ende des Grundprofils eingesetzt ist, zur Anlage kommt und seine andere Stirnseite einen Abstand zu dem am anderen Ende des Grundprofils eingesetzten zweiten Abschlusselement aufweist undzur Realisierung eines mäanderförmigen Flusses des Kraftstoffes durch die Kanäle der jeweils benachbarte zwischen den vorgenannten Stegen angeordnete Steg in Längsausrichtung des Grundprofils versetzt angeordnet ist, nämlich seine zum ersten offenen Ende ausgerichtete Stirnseite einen Abstand zum ersten Abschlusselement aufweist und seine andere Stirnseite am zweiten Abschlusselement anliegt, so dass die benachbarten Stege versetzt zueinander angeordnet sind".

Patentanspruch 11 gemäß Hilfsantrag

"11. Verfahren zur Herstellung eines Kühlers für flüssige Medien, insbesondere zum Kühlen eines aus einer Einspritzvorrichtung in einen Kraftstofftank rückfließenden Kraftstoffes in Kraftfahrzeugen, wobei das Grundprofil, vorzugsweise aus Aluminium oder einer Aluminiumlegierung, mit mehreren parallel verlaufenden Kanälen durch Fließpressen, durch Gießen oder durch Strangpressen und Ablängen hergestellt wird, dadurch gekennzeichnet, dassdie beiden offenen Enden des Grundprofils einem Verformungsvorgang unterzogen werden, hierbei wird ohne die Wandung des Grundprofils zu verformen ein Überstand der Wandung des Grundprofils erzeugt, wobei jeder zweite Steg am offenen Ende stärker in seiner Längsausdehnung durch Verprägen verkürzt wird als die benachbarten Stege und am offenen Ende jeder Steg gegenüber den benachbarten Stegen stärker in seiner Längsausdehnung durch Verprägen verkürzt wird, anschließend werden Anschlusselemente in die offenen Enden des Grundprofils eingesetzt und befestigt."

Laut Beschreibung (Sp. 1 Z. 21 bis 24) soll die Aufgabe gelöst werden, einen Kühler zur Verfügung zu stellen, der bei gleich guter Kühlleistung wie bekannte Kühler einfacher und preiswerter herstellbar ist.

Für weitere Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten verwiesen.

II.

1. Über den Einspruch ist gemäß § 147 Abs. 3 Ziff. 1 PatG durch den Beschwerdesenat des Bundespatentgerichts zu entscheiden.

2. Der frist- und formgerecht erhobene Einspruch ist zulässig. Der Einspruchsschriftsatz ist per Fax vollständig innerhalb der Einspruchsfrist beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangen. Auch die Einspruchsgebühr ist fristgerecht entrichtet worden.

3. Die Patentansprüche gemäß Hilfsantrag sind zulässig. In die Ansprüche 1 und 11 wurde jeweils ein Merkmal aus dem erteilten Anspruch 12 aufgenommen. Die Ansprüche 2 bis 10 und 12 bis 19 entsprechen den erteilten Patentansprüchen 2 bis 10 und 13 bis 20.

4. Der Gegenstand des angefochtenen Patents in der Fassung gemäß Hilfsantrag stellt eine patentfähige Erfindung im Sinne § 1 bis § 5 PatG dar. Der Anspruch 1 gemäß Hauptantrag ist dagegen nicht patentfähig, da er nicht das Ergebnis einer erfinderischen Tätigkeit ist.

Als Fachmann ist im vorliegenden Fall ein Ingenieur des Maschinenbaus mit Erfahrungen in der Konstruktion und Fertigung von Wärmeaustauschern und Kühlern für Kraftfahrzeuge anzusehen.

3.1 Zum Patentanspruch 1 des angefochtenen Patents (Hauptantrag)

Es ist davon auszugehen, dass Kraftstoffkühler gemäß den von der Einsprechenden vorgelegten Zeichnungen vor dem Anmeldetag des angefochtenen Patents vertrieben und dadurch der Öffentlichkeit zugänglich geworden sind. Die Patentinhaberin hat weder den entsprechenden Ausführungen im Einspruchsschriftsatz, noch der in der Zwischenverfügung des Berichterstatters mitgeteilten vorläufigen Auffassung, dass die Vorbenutzung plausibel erscheine, widersprochen. Da sie mitgeteilt hat, zu der zunächst angesetzten mündlichen Verhandlung nicht zu erscheinen, ist aufgrund der Aktenlage zu entscheiden.

Aus den von der Einsprechenden vorgelegten Zeichnungen entnimmt der Fachmann einen Kraftstoffkühler, der aus einem an den beiden gegenüberliegenden Enden offenen Grundprofil und an den Enden des Grundprofils festgelegten Abschlusselementen besteht. Das Grundprofil weist mehrere parallele Kanäle für den Kraftstoff auf, die jeweils durch die Wandung des Grundprofils und durch im Grundprofil angeordnete, parallel verlaufende Stege begrenzt werden. Der Kraftstoffkühler weist außerdem Anschlussstutzen zur Zu- und Abfuhr des Kraftstoffes auf. Jeder zweite Steg ist an einem Ende gegenüber der Wandung des Grundprofils verkürzt; die dazwischen liegenden Stege sind am anderen Ende gegenüber der Wandung des Grundprofils verkürzt. Infolgedessen strömt der Kraftstoff auf einem mäanderförmigen Wege durch den Kraftstoffkühler.

Von diesem bekannten Kraftstoffkühler unterscheidet sich der Kühler nach Patentanspruch 1 des angefochtenen Patents nur dadurch, dass die Wandung des Grundprofils an den beiden offenen Enden die Stirnseiten aller Stege überragt und die Abschlusselemente in die Enden des Abschlusselementes eingesetzt sind.

Den Kühler an seinen Enden so auszubilden, muss aber als eine für den Fachmann nahe liegende Maßnahme angesehen werden. Es ist nämlich dafür Sorge zu tragen, dass die Abschlusselemente zum Verlöten mit dem Grundprofil in der richtigen Position am Grundprofil gehalten werden. Dann ist der Gedanke unmittelbar nahe liegend, die Abschlusselemente in das Grundprofil wie einen Deckel in eine Dose oder einen Topf einzusetzen und so zu positionieren.

3.2 Zum Hilfsantrag Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag ist neu und offensichtlich gewerblich anwendbar. Er beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Der Gegenstand dieses Patentanspruchs unterscheidet sich dadurch vom Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1, dass die Enden der die Kanäle bildenden Stege verprägt sind.

Eine derartige Ausbildung ist aus den von der Einsprechenden vorgelegten Zeichnungen, denen nach ihrem Vorbringen die ausgelieferten Kraftstoffkühler entsprochen haben, nicht erkennbar. Vielmehr sind die Enden aller Stege, d. h., sowohl der gegenüber dem umlaufenden Rand des Grundprofils verkürzten als auch der nicht verkürzten, gleich und ohne Grat oder Verdickung ausgebildet. Da die beim Absägen des Grundprofils entstandenen Enden der auf gleicher Höhe wie der umlaufende Rand des Grundprofils liegenden Stege genauso aussehen, wie die Enden der kürzeren Stege, ist den Zeichnungen und damit auch den diesen entsprechenden ausgelieferten Kühlern das in Rede stehende Merkmal einer Verprägung der Stegenden nicht entnehmbar.

Die Stegenden durch Prägen bzw. Stauchen zu verkürzen, ist für den Fachmann auch nicht nahe liegend. Zunächst einmal beginnt die Bearbeitung des Grundprofils mit einem Absägen aus einem längeren Profil, d. h. mit einer spanenden Bearbeitung. Dabei entstehen, ggf. nach einem Entgraten, glatte Enden, da das Material zerspant und nicht verdrängt wird. Da die Strömungskanäle in einem Kraftstoffkühler relativ kleine Abmessungen aufweisen, ist es auch nicht nahe liegend, Verformungen durchzuführen, die Materialanhäufungen bewirken, nämlich die Enden der gestauchten Stege verdicken. Dadurch werden nämlich die Strömungsquerschnitte an diesen Stellen verkleinert. Die sich ergebenden Vorteile, nämlich die Verkürzung aller Stege auf einer Seite des Grundprofils in einem einzigen Bearbeitungsschritt, sind ohne Kenntnis der patentgemäßen Lehre auch nicht so offensichtlich, dass sie sich dem Fachmann ohne weiteres erschließen. Somit beruht der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Die zusätzliche Berücksichtigung der DE 197 29 857 A1 aus dem Erteilungsverfahren führt zu keinem anderen Ergebnis.

Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag ist somit gewährbar. Das Gleiche gilt entsprechend für den Gegenstand des auf ein Verfahren gerichteten Patentanspruchs 11.

Die Patentansprüche 2 bis 10 und 12 bis 19, die auf Weiterbildungen des Kühlers nach Patentanspruch 1 bzw. des Verfahrens nach Patentanspruch 11 gerichtet sind, haben mit ihren übergeordneten Ansprüchen Bestand.

gez.

Unterschriften






BPatG:
Beschluss v. 18.01.2006
Az: 7 W (pat) 347/03


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