Bundespatentgericht:
Beschluss vom 20. April 2004
Aktenzeichen: 34 W (pat) 314/02

(BPatG: Beschluss v. 20.04.2004, Az.: 34 W (pat) 314/02)

Tenor

Das Patent wird mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechterhalten:

Patentansprüche 1 bis 4, Beschreibung Spalten 1 bis 3, sämtlich überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 20. April 2004, 1 Blatt Zeichnung, Figuren 1 und 2, gemäß Patentschrift.

Gründe

I Gegen das am 7. März 2002 veröffentlichte Patent 199 22 320 hat die Firma B... GmbH & Co. KG Hartmetallwerkzeugfabrik in B... ..., am 6. Juni 2002 Einspruch eingelegt.

Der Einspruch wird gestützt auf den Widerrufsgrund der mangelnden Patentfähigkeit.

Die Einsprechende macht eine der Öffentlichkeit zugänglich gemachte Vorbenutzung geltend und legt hierzu folgende Anlagen vor:

(A1) Prospekt "Werkzeug-Systeme für den Spezialbau" der Firma BOART LONGYEAR, verteilt im Jahr 1998

(A2) Bestellung Prospekt, Bestell-Nr. 36552 vom 03.02.98

(A3) Rechnung Nr. 10593 vom 31.03.98

(A4a) Zeichnung Rundmeißelhalter RH3 / W10, Artikel-Nr. 7443 1100 vom 16.12.86

(A4b) Zeichnung Rundschaftmeißelhalter RH3 / W10, Artikel-Nr. 7443 1110 vom 31.03.1995

(A4c) Zeichnung Meißelhalter RH3 / W10, Teile-Nr. 13010021 vom 23.12.1999

(A5) Auszug aus DIN 6916, Seite 213 u Folgeseite, Ausgabe Oktober 1989,

(A6a) Angebot der Adolf Pühl GmbH & Co. KG vom 07.08.1998

(A6b) Bestellung Nr. 70002931 vom 10.08.1998

(A6c) Rechnung Nr. 3079 der Adolf Pühl GmbH & Co. KG vom 13.08.1998

(A7) Lieferschein Nr. 30004120 vom 17.08.1998

(A8) 2 Zeichnungen: Rundschaftmeißel RM3-S6, Teile Nr. 11030053 vom 01.09.95 und Rundschaftmeißel RM3-S6 S, Teile Nr. 11030088 vom 28.03.00

(A9) 1 Blatt DIN 6916 der Pühl Stanztechnik, ohne Datum.

Darüber hinaus bietet sie Zeugenbeweis an.

Des weiteren verweist sie auf die Druckschrift

(E1) DE 43 06 206 A1.

Nach Ablauf der Einspruchsfrist legt die Einsprechende weitere Unterlagen vor:

(A10) Bestätigung Fa. Reproad vom 12.5.03

(A11) 3 Seiten aus einem Wirtgen-Prospekt, ohne Datum

(A12) Zeichnung Rundschaftmeißel RM7-C-L-schlank, Teile Nr. 11070006 vom 01.06.01

(A13) Lieferschein Nr. 30007135 vom 19.10.1998.

Mit Schriftsätzen vom 18. März 2004 und 23. März 2004 hat die Einsprechende weitere Dokumente in das Verfahren eingeführt:

(E2) DE 296 23 215 U1

(E3) DE 92 13 528 U1

(E4) DE 198 10 511 A1

(E5) DE 42 39 498 A1

(E6) DE 30 02 138 C2 sowie weitere Anlagen in Ergänzung des Vorbringens zur offenkundigen Vorbenutzung:

(A14) Auftrag Nr. 30008113 der Thiendorfer Fräsdienst GmbH & Co. KG vom 08.12.98; Auftragsbestätigung vom 08.12.1998; Lieferschein Nr. 30009639 vom 08.12.1998; Waren-Ausgangsschein vom 08.12.1998; Rechnung Nr. 30008434 vom 08.12.1998

(A15) Auftragsbestätigung Nr. 30004160 vom 12.08.98, Lieferschein Nr. 30003964 vom 12.08.98 und Rechnung Nr. 30003726 über Lieferung von 3000 Unterlegscheiben für RM3 vom 21.08.98; Auftragsbestätigung Nr. 30004441 vom 21.08.98, Lieferschein Nr. 30004354 vom 21.08.98 und Rechnung Nr. 30003754 über Lieferung von 3000 Rundschaftmeißel RM3-S7 vom 24.08.98; jeweils an Günter Meyer Gesellschaft für Fahrbahnsanierung mbH

(A16) Bestätigung Fa. Thiendorfer Fräsdienst vom 3.12.2003

(A17) Bestätigung Fa. Günter Meyer Fahrbahnsanierung vom 3.12.2003

(A18) Zeichnung Rundschaftmeißel RM3-S7, Teile Nr. 6394 4819 K vom 06.03.98

(A19) Zeichnung von BOART LONGYEAR mit Halter HT3, Scheibe DIN 6916 und Rundschaftmeißel RM3-S7, ohne Datumsowie (A20) Auszug aus einem Lehrbuch der Akademie der Wissenschaften der UdSSR, Moskau 1959, mit Übersetzungund (A21) Information Release Memo GET 97-41 der Fa. Caterpillar, Nov. 1997, mit Übersetzung der Seite 3.

Im Prüfungsverfahren sind außerdem noch die

(E7) DE 37 01 905 C1 und die

(E8) EP 0 639 437 A1 in Betracht gezogen worden.

In der mündlichen Verhandlung am 20. April 2004 überreicht die Patentinhaberin Patentansprüche 1 bis 4 und verteidigt das Patent nur noch im Umfang dieser Ansprüche.

Die geltenden Patentansprüche 1 bis 4 lauten:

1. Werkzeug für eine Schräm-, Bergbau- oder Straßenfräsmaschine mit einem Rundschaftmeißel, der einen Meißelkopf mit einer Meißelspitze und einen Meißelschaft aufweist, wobei der Meißelschaft in einer Aufnahme eines Halteansatzes eines Meißelhalters in Richtung der Mittellängsachse der Aufnahme unverlierbar, jedoch um diese Mittellängsachse frei drehbar gehalten ist, wobei der Ansatz eine Stützfläche aufweist, die sich zumindest bereichsweise um die Aufnahme herum erstreckt und auf der eine Verschleißschutzscheibe mit einer Gegenfläche aufliegt, und wobei der Meißelkopf auf der der Stützfläche abgekehrten Oberseite der Verschleißschutzscheibe aufliegt, dadurch gekennzeichnet, dass sich die Stützfläche (22) quer zur Mittellängsachse (18) der Aufnahme (21) bis hin zu den äußeren Abmessungsbegrenzungen des an die Stützfläche (22) anschließenden Bereiches des Halteansatzes (24) erstreckt, dass die Verschleißschutzscheibe (30) mit ihrer Gegenfläche (31) den gesamten, radial außen liegenden Bereich der Stützfläche (22) überdeckt, dass die Verschleißschutzscheibe (30) um die Mittellängsachse der Aufnahme (21) drehbar gehalten ist, und dass der Halteansatz (24) mit einer oder mehreren Verschleißmarkierungen (23) versehen ist, die im Bereich hinter der Verschleißschutzscheibe (30) angeordnet sind, dass der Halteansatz (24) mit einem zylindrischen Vorsprung in Richtung der Mittellängsachse (18) der Aufnahme (21) gesehen über den Meißelhalter (20) vorsteht, dass die Stützfläche (22) am freien Ende des Vorsprungs angeordnet ist, dass der Vorsprung des Halteansatzes (24) im Querschnitt kreisförmig ausgebildet ist, dass die Stützfläche (22) eine ringförmige Gestalt aufweist, und dass in den Vorsprung des Halteansatzes (24) umfangseitig eine oder mehrere um die Mittellängsachse (18) der Aufnahme (21) umlaufende, als Verschleißmarkierungen (23) dienende Vertiefungen eingebracht sind.

2. Werkzeug nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der Halteansatz (24) seitlich an einen Grundkörper (25) des Meißelhalters (20) angeformt ist.

3. Werkzeug nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass das Material der Verschleißschutzscheibe (30) eine geringere Härte als der Meißelkopf (11) und der Halteansatz (24) des Meißelhalters (20) aufweist.

4. Werkzeug nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Stützfläche (22) einen Durchmesser größer als 38 mm vorzugsweise 44 mm aufweist.

Die Einsprechende trägt vor, die nunmehr als konkretisierend in den verteidigten Patentanspruch 1 aufgenommenen Merkmale seien überwiegend, wie sämtliche Merkmale des erteilten Patentanspruchs 1, bereits bei den Entgegenhaltungen E1 bis E3 überwiegend verwirklicht. Auch der bei den Vorbenutzungshandlungen verwendete Wirtgen-Wechselhalter HT3 gemäß Anlage A19 sei bereits mit Verschleißmarkierungen versehen gewesen. Bei korrekter Abgrenzung gegenüber dem Stand der Technik verbleibe beim verteidigten Patentanspruch 1 lediglich das Merkmal, "dass in den Vorsprung des Halteansatzes umfangseitig eine oder mehrere um die Mittellängsachse der Aufnahme umlaufende, als Verschleißmarkierung dienende Vertiefungen eingebracht sind". Verschleißmarkierungen in Form von Rillen anzubringen, sei für den Fachmann eine bekannte, rein handwerkliche Maßnahme und werde ohne erfinderisches Zutun ergriffen. Als Beleg diene der Auszug aus dem Lehrbuch aus der UdSSR (Anlage A20), aus dem hervorgehe, dass eine Vertiefung in den Gegenstand eingebracht wird, dessen Verschleiß zu messen ist, und dass der sich während des Verschleißes ändernde Abstand dieser Vertiefung von der verschleißenden Oberfläche kontrolliert wird. Weitere Beispiele für Verschleißmarkierungen in Form von Rillen an ähnlich gearteten Werkzeugen seien in den Druckschriften E4 bis E6 sowie der Anlage A21 gezeigt. Dabei zeigten die Anlage A21 sowie die E6 sogar Verschleißmarkierungen an den jeweiligen Werkzeughaltern bzw an den Fußzonen eines Sägekettengliedes. Auch der Einstich in dem Meißelkopf der Zeichnung gemäß Anlage A12 zeige eine entsprechende Verschleißmarkierung.

Der verteidigte Patentanspruch 1 sei daher mangels erfinderischer Tätigkeit seines Gegenstandes nicht bestandsfähig.

Die Einsprechende beantragt, das Patent zu widerrufen.

Die Patentinhaberin beantragt, das Patent mit den Patentansprüchen 1 bis 4, Beschreibung Spalten 1 bis 3, sämtlich überreicht in der mündlichen Verhandlung am 20. April 2004, sowie Zeichnung gemäß Patentschrift beschränkt aufrechtzuerhalten.

Die Patentinhaberin bestreitet die geltend gemachte offenkundige Vorbenutzung aufgrund einiger widersprüchlicher Angaben in den hierzu vorgelegten Unterlagen. Die Vorveröffentlichung des Prospekts "Werkzeugsysteme für den Spezialbau" (Anlage A1) wurde auf ausdrückliche Nachfrage in der mündlichen Verhandlung jedoch zugestanden. Die Patentinhaberin bestreitet auch nicht die Vorbenutzung des Wirtgen-Wechselhalters HT3. Sie bestreitet jedoch, dass diese Meißelhalter Verschleißmarkierungen aufweisen und vor dem Anmeldetag des angegriffenen Patents in Kombination mit Verschleißschutzscheiben verwendet wurden, die den gesamten, radial außen liegenden Bereich der Stützfläche überdecken. Gerade die Kombination dieser besonders dimensionierten Verschleißschutzscheiben mit den in den zylindrischen Vorsprung eingebrachten umlaufenden Vertiefungen erbringe die besonderen Vorteile der Erfindung und sei durch den Stand der Technik nicht nahegelegt.

Wegen weiterer Einzelheiten des Vortrags der Beteiligten wird auf die Akte verwiesen.

II.

1. Der Einspruch ist zulässig.

2. Die verteidigten Patentansprüche 1 bis 4 sind zulässig. Der Patentanspruch 1 ist in zulässiger Weise beschränkt durch die zusätzliche Aufnahme von Merkmalen aus den erteilten Patentansprüchen 2 bis 5 und der Beschreibung Spalte 2, Zeilen 64, 65 der Patentschrift. Der geltende Patentanspruch 2 enthält in seinem Kennzeichen Merkmale aus dem erteilten Patentanspruch 2. Die kennzeichnenden Merkmale der geltenden Patentansprüche 3 und 4 entsprechen denen der erteilten Patentansprüche 6 und 7. Sämtliche Merkmale der verteidigten Patentansprüche sind auch in den ursprünglichen Unterlagen offenbart (s. dort Patentansprüche 1 bis 7 und Seite 5, Zeile 2 sowie Seite 6 der Beschreibung).

3. Der Gegenstand des verteidigten Patentanspruchs 1 ist neu.

Dies wurde von der Einsprechenden in der mündlichen Verhandlung nicht mehr bestritten. Der im Verfahren befindliche Stand der Technik zeigt selbst bei unterstellter Offenkundigkeit der behaupteten Vorbenutzung kein Werkzeug mit sämtlichen Merkmalen des verteidigten Patentanspruchs 1, denn es ist kein Meißelhalter bekannt geworden, bei dem in den Vorsprung des Halteansatzes umfangseitig eine oder mehrere um die Mittellängsachse der Aufnahme umlaufende, als Verschleißmarkierung dienende Vertiefungen eingebracht sind.

4. Der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 ist aufgrund seiner Zweckbestimmung gewerblich anwendbar, er ist auch das Ergebnis einer erfinderischen Tätigkeit.

Als nächstkommender Stand der Technik wird vom Senat die (E2) DE 296 23 215 U1 angesehen. Diese Gebrauchsmusterschrift der Patentinhaberin beschreibt ein gattungsgemäßes Werkzeug für eine Schrämmaschine. In der Aufnahmebohrung 33 des Halteansatzes des bspw. in den Fig. 1a und 1b dargestellten Meißelhalters 30 ist ein üblicher Rundschaftmeißel 10, der Meißelkopf 12, Meißelspitze 11 und Meißelschaft 15 aufweist, in üblicher Weise um die Mittellängsachse frei drehbar in eine Spannhülse 16 eingesetzt und in dieser in Richtung der Längsmittelachse unverlierbar gehalten. Der Halteansatz des bekannten Meißelhalters weist um die Aufnahmebohrung herum eine ringförmige Stützfläche (gebildet aus der Oberfläche des Meißelhalters und dem mit dieser abschließenden Kopfteil 41 eines in den Halteansatz selbsthemmend eingelassenen Stützelements 40a) auf, auf der eine Verschleißschutzscheibe (Zwischenelement 20) mit einer Gegenfläche (rückwärtige Anlagefläche 21) aufliegt. Der Meißelkopf 12 liegt auf der der Stützfläche abgekehrten Oberseite (frontseitige Anlagefläche 22) der Verschleißscheibe 20 auf (siehe Seite 5, letzter Abs. bis Seite 6, Abs. 1 der E2). Da im Ausführungsbeispiel nach den Figuren 1a und 1b der E2 keine Maßnahmen getroffen sind, eine Verdrehung der Verschleißscheibe zu verhindern, ist diese um die Mittellängsachse der Aufnahmebohrung drehbar gehalten. Wie sich aus einem Vergleich der Fig. 1a der E2 mit der Fig. 1 der Patentschrift ohne weiteres ergibt, erstreckt sich auch bei dem bekannten Werkzeughalter die Stützfläche quer zur Mittellängsachse der Aufnahmebohrung bis hin zu den äußeren Abmessungsbegrenzungen des an die Stützfläche anschließenden Bereichs des Halteansatzes. Die Verschleißscheibe 20 überdeckt dabei den gesamten, radial außen liegenden Bereich der Stützfläche, die am freien Ende eines zylindrischen, im Querschnitt kreisförmigen und über den Meißelhalter vorstehenden Vorsprungs des Halteansatzes angeordnet ist (siehe Fig. 1a und 1b der E2).

Damit unterscheidet sich der Gegenstand des verteidigten Patentanspruchs 1 vom bekannten Stand der Technik nach der E2 noch dadurch, dass der Halteansatz mit einer oder mehreren Verschleißmarkierungen versehen ist, die im Bereich hinter der Verschleißschutzscheibe angeordnet sind und in den Vorsprung des Halteansatzes als umfangseitig um die Mittellängsachse der Aufnahmebohrung umlaufende Vertiefungen eingebracht sind.

Die E1 und die E3 zeigen, wie auch die von der Einsprechenden geltend gemachte offenkundige Vorbenutzung ganz ähnliche Werkzeuge wie die E2 und kommen dem Gegenstand des verteidigten Patentanspruchs 1 nicht näher als die E2. Die Einsprechende interpretiert zwar in der als Anlage A19 zu der behaupteten Vorbenutzung vorgelegten Zeichnung des Wirtgen-Wechselhalters HT3 den Absatz am Übergang des Halterkörpers zu dem zylinderförmigen Vorsprung als eine Verschleißmarkierung. Ein solcher Absatz entsteht jedoch bei der Ausbildung eines zylindrischen Vorsprungs auf einer Fläche zwangsläufig und ist auch in den Figuren 1 und 2 des angefochtenen Patents dargestellt. Die Verschleißmarkierungen als umfangseitig umlaufende Vertiefungen an dem zylindrischen Vorsprung einzubringen, ist durch den Halter HT3 selbst bei unterstellter Richtigkeit des Vortrags der Einsprechenden zu der behaupteten Vorbenutzung dadurch aber gerade nicht nahegelegt. Der Fachmann, hier ein Dipl.-Ing. FH, Fachrichtung Maschinenbau, mit Kenntnissen in der Konstruktion von Werkzeugsystemen für Schräm- oder Straßenfräsmaschinen und Erfahrung im Betrieb derselben, ist durch den bekannten Halter HT3 nicht angeregt, eine wie von der Einsprechenden behauptet in Form eines Absatzes vorhandene Verschleißmarkierung durch eine anders gestaltete Markierung zu ersetzen und an anderer Stelle des Halters vorzusehen.

Die Einsprechende deutet auch den als umlaufende Nut erkennbaren Einstich in dem Meißelkopf des in der als Anlage A12 eingereichten Zeichnung dargestellten Rundschaftmeißels RM 7-C-L-schlank als eine Verschleißmarkierung. Dieser Einstich ist jedoch in die verschleißende Außenumfangsfläche des Meißelkopfes eingebracht. Als Maß für einen aufgetretenen Verschleiß kann dadurch nur die verbleibende Tiefe des Einstichs dienen. Diese verbleibende Tiefe ist vom Bediener der Maschine ohne geeignetes Messmittel nicht feststellbar. Eine einfache Verschleißerkennung ist somit nicht möglich. Beim Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 sind dagegen die Verschleißmarkierungen parallel zu der verschleißenden Stützfläche des zylindrischen Vorsprungs angeordnet, weshalb durch bloße Inaugenscheinnahme der Verschleiß abgeschätzt und auch eine Vorhersage getätigt werden kann, wie lange der Verschleiß noch im zulässigen Bereich liegt.

Die E4 beschreibt eine Trennschleifscheibe mit einer Vielzahl von Schneidsegmenten 13, die aus gebundenen Diamantkristallen bestehen, von einem Werkzeuggrundkörper 11 getragen werden und beim Arbeitseinsatz einem den Außendurchmesser verringernden Verschleiß unterliegen. Um den Verbrauchszustand des Werkzeugs auf einfache Weise bestimmen zu können, sind diverse Markierungen 16 in ein Schneidsegment (das in seiner ihrer funktionalen Bedeutung der Meißelspitze entspricht) eingebracht und zugehörige Skalierungen 24 in dem Grundkörper vorgesehen. Die Markierungen sind bspw. in Form von axial durchgehenden, unterschiedliche Radialabstände zur Mittelachse des Werkzeugs aufweisenden Löchern 18a - c in einem Schneidsegment (s Fig 2 der E4) oder durch unterschiedlich tiefe axiale Kerben 16a - c im Außenumfang (also der verschleißenden Fläche) des Schneidsegments 13' gebildet (s Fig 1 der E4). Auch ein in ein Schneidsegment eingebrachtes oder daran anschließendes Zwischenstück 22 kann vorgesehen sein, das in Abriebsrichtung des Schneidsegments einen unterschiedlichen Querschnitt aufweist (s Fig 6 der E4). Ein Hinweis auf eine parallel zur Verschleißfläche umlaufende Vertiefung ist der E4 nicht entnehmbar.

Die E5 zeigt verschiedene Verschleißmarkierungen in der Hartwerkstoff-Meißelkrone eines Mineral-Schrämmeißels, die in oder an der Vorderkante und/oder den Seitenkanten der Krone vorgesehen sind. Eine solche Verschleißmarkierung kann die Form einer Nut aufweisen (siehe Patentanspruch 2 der E5). Dies ist jedoch mit Nachteilen behaftet und kann beim Betrieb zur Ausbreitung von Rissen oder Sprüngen führen, weshalb nach der Lehre der E5 die Verschleißmarkierungen bevorzugt in Form von (vorstehenden) Rippen ausgebildet sind (siehe Spalte 1, Zeilen 39 bis 48 der E5). Wegen der aufgezeigten Nachteile einer nutförmigen Verschleißmarkierung führt die E5 sogar weg vom Gegenstand des verteidigten Patentanspruchs 1.

Die E6 offenbart u.a. eine Sicherheitsmarkierung 18, 19 in Form einer Sicke, Kerbe oder dergl. an den Fußzonen 16, 17 der Kettenglieder 1 der Sägekette einer Kettensäge. Diese Sicherheitsmarkierung ist parallel zu der Verschleißebene zwischen Fußzonen und Nutengrund der Führungsnut der Führungsschiene der Kettensäge angebracht und wird im montierten Zustand der Sägekette von den seitlichen Führungsstegen der Führungsnut verdeckt. Diese Sicherheitsmarkierung ist also nur bei entspannter und aus der Nut gehobener oder ausgebauter Sägekette zu erkennen. Daher ist die durch einfache Inaugenscheinnahme am Einsatzort und ohne irgendwelche Montagearbeiten mögliche Verschleißerkennung an einem Meißelhalter mit umlaufenden Vertiefungen in dem zylindrischen Vorsprung des Halters durch die E6 nicht angeregt.

Die Anlage A20 beschreibt verschiedene Methoden zur Bestimmung des Verschleißes von Maschinenbauteilen. Als Verschleißbestimmungsmittel werden u.a. Präzisionswaagen, chemische Analysen, spezielle Tast- oder Messgeräte, Profilschreiber oder spezielle Vorrichtungen zur Härteprüfung angegeben. Die durch einfache Inaugenscheinnahme mögliche Verschleißerkennung an einem Meißelhalter mit umlaufenden Vertiefungen in dem Vorsprung des Halteansatzes ist auch durch diesen Stand der Technik nicht angeregt.

Die Anlage A21 zeigt wiederum eine in die verschleißende Oberfläche eingebrachte Ausnehmung (wear step/Verschleißstufe) an einem Teil des Befestigungssystems eines Schaufelzahns einer Laderschaufel. Auch dieser Schrift ist ein Hinweis auf die Lehre des geltenden Patentanspruchs 1 nicht zu entnehmen, parallel zur Verschleißebene umlaufende Vertiefungen vorzusehen.

Eine Zusammenschau des in der mündlichen Verhandlung diskutierten Standes der Technik führt wie vorstehend ausgeführt, den Fachmann nicht in naheliegender Weise zum Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1.

Die übrigen im Verfahren befindlichen Entgegenhaltungen, die die wesentliche Lehre des Anspruchs 1 ebenfalls nicht zeigen oder nahelegen, wurden in der mündlichen Verhandlung von der Einsprechenden nicht mehr aufgegriffen.

5. Die Unteransprüche 2 bis 4 beinhalten keine platten Selbstverständlichkeiten, stellen vorteilhafte Ausgestaltungen des Gegenstandes des verteidigten Patentanspruchs 1 dar und werden von diesem mitgetragen.

6. Da die Gegenstände der unterstellten offenkundigen Vorbenutzungen nicht über den druckschriftlichen Stand der Technik hinausgehen, erübrigt sich eine Beweisaufnahme.

Es bestand keine Veranlassung eine von der Einsprechenden geforderte korrekte Abgrenzung des Patentanspruchs 1 gegen den nächstkommenden Stand der Technik nach der E2 vorzunehmen, da eine nicht korrekte Abgrenzung keinen der in § 21 (1) PatG abschließend aufgezählten Widerrufsgründe darstellt.

Ipfelkofer Hövelmann Frowein Pontzen Ko






BPatG:
Beschluss v. 20.04.2004
Az: 34 W (pat) 314/02


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