Landgericht Hamburg:
Urteil vom 13. Januar 2009
Aktenzeichen: 416 O 174/08

(LG Hamburg: Urteil v. 13.01.2009, Az.: 416 O 174/08)

Tenor

I. Die einstweilige Verfu€gung der Kammer vom 29. September 2008 wird aufgehoben und der auf ihren Erlass gerichtete Antrag wird zuru€ckgewiesen.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist fu€r den Antragsgegner vorläufig vollstreckbar. Der Antragsteller kann die Vollstreckung des Antragsgegners gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Antragsgegner vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Antragsteller nimmt den Antragsgegner auf Unterlassung wegen behaupteter Zeichenverletzung in Anspruch.

Der Antragsteller ist eine Verbraucherschutzorganisation mit u€ber 50.000 Mitgliedern. Über die Frage, ob der Antragsgegner noch Mitglied des Antragstellers ist oder er erfolgreich ausgeschlossen wurde, besteht zwischen den Parteien Streit.

Der Antragsgegner betreibt eine unter dem Namen www...de bereits seit längerer Zeit eine Internetdomain, auf der er sich kritisch mit dem Antragsteller auseinandersetzt. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Anl. Ast. 1 Bezug genommen. Dabei bediente er sich als Metatags der Begriffe "B... d... V..." und "BdV" (Anl. Ast. 3). Der Antragsteller mahnte den Antragsgegner erfolglos mit Schreiben vom 29. August 2008 ab.

Der Antragsteller trägt vor,

das Verhalten des Antragsgegners stelle sich als Verletzung der Kennzeichenrechte des Antragstellers dar. Der Antragsgegner handle im geschäftlichen Verkehr, da er ein Forum eröffnet habe, das sich mit der Vereinstätigkeit des Antragstellers auseinandersetze. Hierin liege ein Vorhalten einer Dienstleistung fu€r die Öffentlichkeit. Außerdem befänden sich auf der Internetseite des Antragsgegners auch Werbeeinblendungen von Drittunternehmen. Auch dies spreche fu€r ein Handeln

im geschäftlichen Verkehr. Die von den Parteien angebotenen Dienstleistungen seien identisch, mindestens aber hochgradig ähnlich, da jeweils u€ber die Vereinstätigkeit des Antragstellers berichtet werde. Daneben sei auch eine Verletzung seines Namensrechtes gegeben. Der Vereinsname sei im Übrigen weder glatt beschreibend noch bestehe ein Freihaltebedu€rfnis.

Es bestehe auch ein Verfu€gungsgrund. Er kenne zwar den Internetauftritt des Antragsgegners schon seit längerem. Allerdings sei ihm erst seit kurzer Zeit bekannt, dass sich der Antragsgegner der Zeichen des Antragstellers in Metatags bediene, um seine Seite leichter auffindbar und damit bekannter zu machen.

Die Kammer hat auf der Grundlage der Antragsschrift dem Antragsgegner durch Beschluss vom 29. September 2008 im Wege der einstweiligen Verfu€gung unter Androhung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel verboten,

im geschäftlichen Verkehr in dem HTML-Code von Internetseiten, auf denen Inhalte veröffentlicht werden, die sich mit der Tätigkeit des B... d... V... e.v. befassen, die Bezeichnung "B... d... V..." und "BdV" als versteckte Suchwörter (Metatags) zu verwenden.

Hiergegen richtet sich der Widerspruch des Antragsgegners.

Der Antragsteller beantragt nunmehr,

die einstweilige Verfu€gung vom 29. September 2008 zu bestätigen.

Der Antragsgegner beantragt,

die einstweilige Verfu€gung aufzuheben und den auf ihren Erlass gerichteten Antrag zuru€ckzuweisen.

Er trägt vor,

mit der beanstandeten Seite setze er sich kritisch mit der Vereinspolitik des Antragstellers und der Arbeit seines Vorstandes auseinander. Dies mu€sse durch Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt sein. Seit Jahren versuche er von ihm beim Antragsteller festgestellte Defizite öffentlich zu machen und zu beheben. In diesem Zusammenhang betreibe er auch schon seit langer Zeit die Internetdomain www...de.

Die Zeichen "B... d... V..." und "BdV" seien nicht schutzfähig. "B... d... V..." sei glatt beschreibend, das Ku€rzel "BdV" werde auch von anderen Organisationen verwendet und sei deshalb nicht unterscheidungskräftig. Verkehrsgeltung habe das Zeichen auch nicht. Er, der Antragsgegner benutze das Zeichen auch nicht im geschäftlichen Verkehr, da er keine Ware oder Dienstleistung anbiete. Werbeeinblendungen gebe es auch nicht. Die gesetzten Metatags brächten ihm auch keinen Vorteil. Er benutze sie auch nicht kennzeichenmäßig, sondern nur, um das Auffinden seiner Seite zu erleichterrT. Sie hätten mehr die Qualität einer Inhaltsangabe.

Die Sache sei auch nicht dringlich, da der Antragsteller die Internetpräsenz des Antragsgegners seit 1 1/2 Jahren kenne. Es sei deswegen auch Verwirkung eingetreten.

Schließlich sei das Vorgehen des Antragstellers rechtsmissbräuchlich, da es ihm nur darum gehe, den Antragsgegner mundtot zu machen. Es fehle an einem schutzwu€rdigen Einzelinteresse des Antragstellers.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Rechtsstreits wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die einstweilige Verfu€gung erweist sich nach Durchfu€hrung des Widerspruchsverfahrens als zu unrecht ergangen. Sie war demgemäß aufzuheben.

I.

Der Antrag ist allerdings zulässig. Namentlich ist der Antrag nicht rechtsmissbräuchlich. Denn Kennzeichenrechte stehen auch dem Antragsteller als Verein zu, die er gegen jeden, der diese tatsächlich oder vermeintlich verletzt, geltend machen kann.

II.

Es besteht auch ein Verfu€gungsgrund. § 12 Abs. 2 UWG ist nach ständiger Rechtsprechung der Kammer auch in Markensachen analog anwendbar. Die nach § 12 Abs. 2 UWG zu vermutende Dringlichkeit ist nicht widerlegt. Maßgeblich ist insoweit nicht, ob der Antragsteller den Inhalt der Seite womöglich seit 1 1/2 Jahren kennt. Vielmehr geht es nur um die Frage, ob der angesprochene Verkehr mit den entsprechenden Metatags gewissermaßen auf die Seite gefu€hrt werden darf. Insoweit ist die erforderliche Dringlichkeit gegeben, da die Metatags offenbar neu sind, jedenfalls aber von dem Antragsteller in der Vergangenheit nicht bemerkt wurden.

III.

Es fehlt allerdings an einem Verfu€gungsanspruch. Dem Antragsteller steht gegen den Antragsgegner kein Unterlassungsanspruch aus §§ 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5 MarkenG wegen Verletzung des Zeichen des Antragstellers "B... d... V..." oder "BdV" zu.

Zweifelhaft ist bereits, ob es sich bei der Verwendung der Zeichen "BdV" und "B... d... V..." um ein Handeln im geschäftlichen Verkehr handelt. Denn letztlich dient der Internetauftritt des Antragsgegners lediglich dazu, u€ber den Antragsteller zu informieren. Ob der Inhalt der Seite inhaltlich zutreffend ist oder nicht, ist dabei ohne Belang. Letztlich ließe sich ein solches Handeln nur u€ber die zur Kostenreduzierung geschalteten Werbebanner begru€nden. Die Frage kann aber dahinstehen, da es an einem zeichenmäßigen Gebrauch fehlt und etas Verhalten des Antragstellers sich

innerhalb der Schutzschranke des § 23 Nr. 3 MarkenG bewegt.

Allerdings kann es nach der Rechtsprechung des BGH eine kennzeichenmäßige Benutzung darstellen, wenn der Betreiber einer Internetseite im fu€r den Benutzer nicht ohne weiteres sichtbaren Quelltext ein fremdes Kennzeichen als Suchwort verwendet, um auf diese Weise die Trefferhäufigkeit seines Internetauftritts zu erhöhen (Metatag). Dabei ist maßgeblich, dass mit Hilfe des Suchwortes das Auswahlergebnis beeinflusst und der Nutzer auf diese Weise zu der entsprechenden Internetseite gefu€hrt wird. Das Suchwort dient somit dazu, den Nutzer auf das dort werbende Unternehmen und sein Angebot hinzuweisen (BGH, Urteil v. 18.05.2006, Az. I ZR 183/03, "Impuls" zitiert nach juris, Abs. 16f). An eine solche kennzeichenmäßige Verwendung lässt sich im vorliegenden Fall durchaus denken, da die Metatags abstrakt die Begriffe "BdV" und "B... d... V..." verwenden und sich in der Second-Level-Domain, die hier mit "www...de/B...n.html gekennzeichnet ist, keine inhaltsbeschreibenden Angaben befinden. Insoweit liegt der Fall anders, als in der "awd - Aussteiger" Entscheidung des Hanseatischen Oberlandesgerichts (Urteil v. 18. Dezember 2003, Az.: 3 U 117103, MD 2004, S. 601ff).

Allerdings ist weiter erforderlich, dass bei einem gegen die Verwendung einer Internetdomain gerichteten Unterlassungsantrags grundsätzlich auch auf den Inhalt der so adressierten Seite abzustellen ist (Beschluss vom 25. November 2008, 3 W 153/08, BI. 73f d.A.). Die unautorisierte Nennung eines fremden Kennzeichens als Bestimmungsangabe fu€r ein eigenes Produktangebot ist nicht generell eine Markenverletzung, sondern ist in § 23 Nr. 3 MarkenG in Umsetzung von Art. 6 lit. c MRRL als Schutzschranke mit Unlauterkeitsvorbehalt geregelt. In so einem Fall dient das Zeichen zwar zur Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen, jedoch nicht als Bezeichnung fu€r ein dem Zeichenverwender zurechenbares eigenes Produktangebot, sondern offen als Kennzeichens eines fremden Dritten (OLG Hamburg, Urteil v. 18. Dezember 2003, aaO, zitiert nach juris Abs. 36). So liegen die

Dinge auch hier. Die Metatags haben ausschließlich den Zweck, den angesprochenen Verkehr auf die Seite des Antragsgegners zu bringen. Dieser Seite wiederum lässt sich unzweifelhaft entnehmen, dass es sich nicht um eine solche des Antragstellers handelt, sondern um eine Seite, auf der es darum geht, sich kritisch mit dem Antragsteller auseinanderzusetzen. Der Inhalt der Seite lässt irgendwelche Verwechslungsgefahren nicht besorgen. Die Zeichen "BdV" oder "B... d... V..." werden lediglich als Bestimmungsangabe verwendet. Eine solche Verwendung ist auch notwendig, denn eine praktikable Ausweichmöglichkeit ohne Nennung der Zeichen des Antragstellers ist nicht erkennbar, wenn einem solchen Forum u€berhaupt eine Chance auf Resonanz eingeräumt werden soll (vgl. OLG Hamburg, aaO, Abs. 41). Insoweit liegt der Fall nicht anders, als in der awd-aussteiger- Entscheidung des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg. Der Unterschied besteht lediglich darin, dass der Antragsgegner die Kennzeichen des Antragstellers nicht in der Adresszeile sondern als Metatags verwendet. Dies ändert aber nichts daran, dass der Antragsgegner die Zeichen "BdV" und "B... d... V..." bei Beru€cksichtigung des Inhalts seiner Internetseite lediglich als Bestimmungsangabe verwendet. Dass es sich nicht um eine Seite des Antragstellers handelt, sondern es lediglich um (kritische) Äußerungen u€ber den Antragsteller geht, zeigt bereits die Überschrift "Der BdV - B... d... V... oder B... d... V...un...". Durch den nachfolgenden Fliestext wird diese Einschätzung sodann vertieft (Anl. Ast. 1)

Bei dieser Sachlage kann unter Beru€cksichtigung des Inhalts der Seite, auf die der angesprochene Verkehr durch die gesetzten Metatags hingewiesen wird, eine Verletzung der Zeichenrechte der Antragstellerin nicht angenommen werden.

Aus den genannten Gru€nden scheiden auch Anspru€che aus § 15 Abs. 2, Abs. 4 MarkenG oder § 12 BGB aus. Auch insoweit mu€sste die Gefahr einer Zuordnungsverwirrung bestehen. Bei Kenntnis des Inhalts der Seite scheidet aus den oben genannten Gru€nden eine solche Zuordnungsverwirrung aus, weil lediglich eine Namensnennung und keine Namensanmaßung vorliegt (OLG Hamburg, aaO, Abs.56f).

Die einstweilige Verfu€gung war nach allem aufzuheben und der auf ihren Erlass gerichtete Antrag zuru€ckzuweisen.

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Ziff. 6, 711 ZPO.






LG Hamburg:
Urteil v. 13.01.2009
Az: 416 O 174/08


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