Bundespatentgericht:
Beschluss vom 23. Januar 2002
Aktenzeichen: 32 W (pat) 156/00

(BPatG: Beschluss v. 23.01.2002, Az.: 32 W (pat) 156/00)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die für Sahnebonbonskraft Verkehrsdurchsetzung eingetragene farbige (beige, gold, weiß), dreidimensionale Marke 2 908 484 siehe Abb. 1 am Endehat die Antragstellerin Löschungsantrag gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 MarkenG gestellt mit der Begründung, es handele sich um die Form eines eingepackten Bonbons. Der Marke fehle damit jegliche Unterscheidungskraft, auch sei sie freihaltebedürftig. Dass diese Eintragungshindernisse aufgrund Verkehrsdurchsetzung überwunden seien, habe die Markenstelle zu Unrecht festgestellt.

Die Markeninhaberin hat der Löschung mit der Begründung widersprochen, dass sie unter der angegriffenen Marke das berühmte Bonbon "Werther's Echte" vertreibe und damit eine herausragende Marktstellung einnehme. Das EMNID-Gutachten zum Bonbon-Wickler spreche für eine Verkehrsdurchsetzung.

Die Markenabteilung 3.4. des Deutschen Patent- und Markenamtes hat die Marke mit Beschluss vom 23. März 2000 gelöscht und zur Begründung ausgeführt, das Zeichen gebe die Grundform eines eingewickelten Bonbons wieder. Der Marke fehle jegliche Unterscheidungskraft und sie sei freihaltebedürftig, da die Art der Ware dargestellt sei. Die beiden Gutachten (1993 und 1998) seien nicht geeignet, ein ausreichendes Maß an Verkehrsdurchsetzung glaubhaft zu machen. Das Gutachten von 1993 weise lediglich einen Durchsetzungsgrad von ...% auf, das Gutachten von 1998 lediglich einen Durchsetzungsgrad von ...%. Keines der beiden Gutachten liege mithin deutlich über ...%, die erforderlich seien, um eine Verkehrsdurchsetzung zu belegen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin und Löschungsantragsgegnerin.

Sie trägt vor, die Marke weise Unterscheidungskraft auf und sei auch nicht freihaltebedürftig. Zudem belegten die vorgelegten EMNID-Gutachten überzeugend für 1998 eine Verkehrsdurchsetzung von mindestens ...%. Auch neuere Zahlen belegten die hohe Bekanntheit der Marke. Die Absatzmengen von entsprechend gekennzeichneten Bonbons betrügen 1998 ... Tonnen, 1999 ... Tonnen und 2000 ... Tonnen. Die Werbeaufwendungen beliefen sich 1998 auf ... TDM, 1999 auf ... TDM und 2000 auf ... TDM. Hilfsweise regt die Marken- inhaberin eine neue Verkehrsbefragung an.

Die Markeninhaberin beantragt, den Beschluss der Markenabteilung vom 23. März 2000 aufzuheben und den Löschungsantrag zurückzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie trägt vor, bei einer neuen Verkehrsbefragung seien keine höheren Prozentzahlen der Verkehrsdurchsetzung zu erwarten, denn sämtliche neu vorgelegten Daten seien rückläufig gewesen. Die Marke müsse gelöscht werden.

II.

Die Beschwerde der Markeninhaberin ist zulässig, jedoch nicht beründet.

Nach §§ 50, 54 Abs. 1 MarkenG ist eine eingetragene Marke zu löschen, wenn sie entgegen § 8 MarkenG eingetragen worden ist und das Eintragungshindernis noch im Zeitpunkt der Entscheidung fortbesteht.

Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Eintragungshindernisse des § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG liegen vor, denn der Marke fehlt jegliche Unterscheidungskraft und sie ist freihaltebedürftig.

Der Marke fehlt jegliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfasste Waren oder Diensteistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (BGH BlPMZ 2002, 85 INDIVIDUELLE). Bereits eine geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. BGH MarkenR 2000, 48 - Radio von hier; 2000, 50 - Partner with the Best).

Vorliegend handelt es sich um die farbige dreidimensionale Wiedergabe eines in goldene Alufolie mit gelbem Cellophanpapier umwickelten ovalen Bonbons. Dreidimensionalen Abbildungen, die grundsätzlich markenfähig sind, fehlt jegliche Unterscheidungskraft, wenn es sich um die Abbildung der Ware selbst handelt (BGH BlPMZ 2001, 215 - OMEGA) oder um eine Warenverpackung, die auf den Inhalt hinweist (vgl. BGH BlPMZ 2000, 415 - Likörflasche). Wie bei jeder anderen Markenform, ist auch bei der die verpackte Ware selbst darstellenden Formmarke allein maßgebend, dass der angesprochene Verkehr - aus welchen Gründen auch immer - in dem angemeldeten Zeichen einen Herkunftshinweis erblickt. Erhöhte Anforderungen an die Unterscheidungskraft bei dreidimensionalen Marken zu stellen ist nicht gerechtfertigt, da damit die Möglichkeit eines sich ändernden Verkehrsverständnisses nach der gesetzlichen Zulassung dieser Marken in einer durch die Markenrechtsrichtlinie nicht vorgesehenen Weise eingeschränkt wurde (BGH MarkenR 2001, 121 - SWATCH).

Im vorliegenden Fall ist feststellbar, dass der streitgegenständlichen Marke jegliche Unterscheidungseignung im Zeitpunkt der Eintragung gefehlt hat und noch fehlt. Vorliegend handelt es sich um die farbige dreidimensionale Wiedergabe eines in goldene Alufolie mit gelbem Cellophanpapier umwickelten ovalen Bonbons. Es ist senatsbekannt und wird durch die zahlreichen, sich bei den Akten befindlichen Muster belegt, dass Bonbons häufig, da mundgerecht, eine ovale Form aufweisen und in zahlreichen Farben, auch goldfarben verpackt sind. Wegen der Verhältnisse auf dem in Rede stehenden Warengebiet Sahnebonbons- und der tatsächlich vorhandenen Gestaltungsformen ist es auszuschließen, dass der Verkehr trotz Anlegung des gebotenen großzügigen Maßstabs im Rahmen der Beurteilung der Unterscheidungskraft der Marke einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft beimisst.

Die marktübliche Form eines verpackten Bonbons kann ohne weiteres zur Bezeichnung der Art der Ware dienen. Somit fällt das Zeichen auch unter das Eintragungshindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.

Jedenfalls das Eintragungshindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG wird auch nicht dadurch beseitigt, dass die Marke sich vor dem Zeitpunkt über die Entscheidung über die Eintragung infolge ihrer Benutzung für die Waren, für die sie angemeldet ist, in den beteiligten Verkehrskreisen durchgesetzt hat (§ 8 Abs. 3 MarkenG). Keines der beiden vorgelegten EMNID-Gutachten ist geeignet, ein ausreichendes Maß an Verkehrsdurchsetzung zur Überwindung des Freihaltungsbedürfnisses glaubhaft zu machen.

Das Gutachten von 1993 wurde zum einen lediglich unter der deutschen Wohnbevölkerung in Privathaushalten in den alten Bundesländern einschließlich Berlin (West) durchgeführt und ist insoweit nicht aussagekräftig. Als angesprochenene Verkehrskreise waren 1993 bereits alle Bewohner der Bundesrepublik zu berücksichtigen. Zudem kamen in dem Gutachten von 1993 von ... befragten Personen nur ... (= ...%) zu dem Ergebnis, dass die gezeigten Bonbons nur einer be stimmten Marke zuzuordnen sind. Von diesen waren ... Personen (= ...%) der Auffassung, dass es sich um verpackte Bonbons der Markleninhaberin handelt, insgesamt also ...%.

Das Gutachten von 1998 kommt zu dem Ergebnis, das von ... (= ...% aller be fragten Personen), die die Marke einem bestimmten Inhaber zuordneten, nur ...% (= ... Personen) der Markeninhaberin die Mark zugeordnet haben, was einem Durchsetzungsgrad von ...% entspricht. Zur Überwindung des Freihalte bedürfnisses ist es in jeden Fall erforderlich, dass mehr als die Hälfte der angesprochenen Verkehrskreise den an sich schutzunfähigen Begriff einem bestimmten Unternehmen als Marke zuordnet (BGH BlPMZ 2001, 247, 249 ARD1). Angesichts des hohen Grades der Freihaltebedürftigkeit für den Hinweis auf die Art der Ware durch Verwendung einer ganz üblichen Verpackung für einen Massenartikel, wie ein verpacktes Bonbon, ist ein Prozentsatz von ... % jedenfalls nicht aus reichend.

Es liegen letztlich auch keine Anhaltspunkte vor, dass nunmehr ein ausreichendes Maß an Verkehrsdurchsetzung zu erwarten ist. Die mit Schriftsatz vom 19. Februar 2001 vorgelegten Zahlen betreffend den Absatz der Ware und Werbeaufwendungen belegen keine Steigerung, sondern vielmehr eine eher rückläufige Tendenz sowohl betreffend den Warenabsatz als auch den Aufwand an Werbemaßnahmen.

Die Auferlegung von Kosten (§ 71 Abs. 1 MarkenG) ist nicht veranlasst.

Die Rechtsbeschwerde war nicht gemäß § 83 Abs. 2 MarkenG zuzulassen, da keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung entschieden worden ist und die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs abweicht.

Winkler Dr. Albrecht Sekretaruk Hu Abb. 1 http://agora/bpatg2/docs/D14158.3.gif






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Beschluss v. 23.01.2002
Az: 32 W (pat) 156/00


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