Kammergericht:
Urteil vom 25. März 2004
Aktenzeichen: 8 U 331/03

(KG: Urteil v. 25.03.2004, Az.: 8 U 331/03)

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das am 13. Oktober 2003 verkündete Urteil der Zivilkammer 30 des Landgerichts Berlin wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I. Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Das Landgericht hat den Beklagten zu Recht zur Rückzahlung der 12.000 EUR verurteilt.

1. Der Kläger kann von dem Beklagten die Zahlung von 12.000 EUR nach § 812 Absatz 1 Satz 1 BGB verlangen. Denn diesen Betrag hat der Beklagte aufgrund der Leistungen des Klägers und zwar den Barzahlungen am 9. April und 13. Mai 2002 erlangt. Die Leistung des Klägers erfolgte auch ohne Rechtsgrund. Dem steht nicht entgegen, dass zwischen den Parteien unstreitig ein Geschäftsbesorgungsvertrag mit Dienstvertragscharakter zumindest über die anwaltliche Vertretung in dem Steuerstrafverfahren abgeschlossen worden ist. Denn nach den vom Landgericht festgestellten und das Berufungsgericht bindenden Tatsachen ergibt sich aus diesem Vertragsverhältnis kein rechtlicher Grund für ein auch nur teilweises Verbleiben der 12.000 EUR beim Beklagten.

a) Ein rechtlicher Grund ergibt sich nicht aus der am 4. April 2002 geschlossenen Honorarvereinbarung. Denn diese ist, wie das Landgericht zu Recht angenommen hat, wegen eines Verstoßes gegen § 3 Absatz 1 Satz 1 BRAGO unwirksam, weil der verwandte Vordruck zugleich eine Gerichtsstandsvereinbarung enthält (vgl. dazu OLG Düsseldorf, Urteil vom 21. Oktober 1997, 24 U 171/96, NJW-RR 1998, 855). Davon gehen auch die Parteien in der Berufung aus.

Die Unwirksamkeit der Honorarvereinbarung entfällt nicht wegen einer Bestätigung nach § 141 BGB durch das Schreiben des Klägers vom 10. Dezember 2002. Ist die Honorarvereinbarung unwirksam, kommt eine Bestätigung nur durch rechtsgeschäftliche Erklärungen auf Neuabschluss einer Honorarvereinbarung in Betracht. Eine Bestätigung der am 4. April 2002 getroffenen Honorarabrede stellt das Schreiben vom 10. Dezember 2002 nicht dar, weil der Kläger die Verpflichtung zur Zahlung der Honorarsumme gerade nicht übernimmt, sondern gerade die Höhe angesichts der erbrachten Leistungen bemängelt. Dann aber ist auch für einen außenstehenden Dritten der rechtsgeschäftliche Wille zur Bindung an die ursprüngliche Vereinbarung nicht zu erkennen. Darüber hinaus fehlt es an einem Vortrag zu Zweifeln an der Wirksamkeit der ursprünglichen Vereinbarung.

Die Berufung auf den Formmangel der Honorarvereinbarung ist auch nicht treuwidrig. Die Treuwidrigkeit ergibt sich insbesondere nicht aus der Tatsache, dass der Kläger das Mandatsverhältnis im Übrigen für wirksam erachtet hat und es dann mit Schreiben vom 10. Januar 2003 kündigen ließ. Denn dieses Verhalten entsprach der Rechtslage. Die Unwirksamkeit der Honorarvereinbarung betrifft nur den Vergütungsanspruch des Beklagten, wie sich bereits aus dem Wortlaut des § 3 Absatz 1 Satz 1 BRAGO ergibt (vgl. auch BGH, Urteil vom 26. Oktober 1955, VI ZR 145/54, BGHZ 18, 340, 348 = NJW 1955, 1921; Gerold/Schmidt/Madert, BRAGO, 15. Aufl., § 3 Rn. 6; Gebauer/Schneider, BRAGO, 2003, § 3 Rn. 70). Dass der Kläger jedenfalls in diesem Moment anderweitig anwaltlich beraten war, ohne dass er sich auf die Unwirksamkeit der Honorarvereinbarung berufen hat, ist insoweit unerheblich. Denn daraus lässt sich ein Vertrauenstatbestand auf Seiten des Beklagten noch nicht herleiten. Auch im Übrigen sind Anhaltspunkte für ein treuwidriges Verhalten des Klägers gegenüber dem Beklagten nicht erkennbar. Weder hat dieser ein schutzwürdiges Vertrauen auf seiner Seite noch eine schwere Treupflichtverletzung auf der Seite des Klägers geltend gemacht.

b) Der Beklagte kann die 12.000 EUR auch nicht deshalb behalten, weil die Voraussetzungen des § 3 Absatz 1 Satz 2 BRAGO vorgelegen hätten. Denn die Leistungen erfolgten nicht freiwillig im Sinne der Vorschrift. Eine Leistung ist allenfalls dann freiwillig, wenn der Leistende zumindest Kenntnis davon hat, dass er mehr als die gesetzlichen Gebühren leistet (vgl. BGH, Urteil vom 26. September 2002, I ZR 44/00, NJW 2003, 819, 821; OLG Frankfurt, Urteil vom 5. November 1998, 6 U 130/98, AnwBl 1998, 661; OLG Köln, Urteil vom 10. Februar 1993, 27 U 188/92, VersR 1993, 887; LG Freiburg, Urteil vom 19. Juli 1983, 9 S 100/83, MDR 1983, 1033). Weiter muss er die Leistung ohne Druck erbringen, wobei dieser Druck sich auch aus einem an sich rechtmäßigen Verhalten des Anwalts ergeben kann (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 21. Oktober 1997, 24 U 171/96, NJW-RR 1998, 855).

Allerdings ist in der Tat die Annahme des Landgerichts zweifelhaft, ob der Kläger tatsächlich keine Kenntnis davon hatte, dass der verlangte Betrag die gesetzlichen Gebühren übersteigt. Denn immerhin heißt es in der Vereinbarung vom 4. April 2002, dass der Kläger "anstelle der gesetzlichen Gebühren ein Honorar in Höhe von DM 30.000 ... mindestens jedoch den Betrag der gesetzlichen Gebühren" schulde.

Diese Frage kann aber ebenso wie die Frage offen bleiben, ob der Leistende nicht überhaupt Kenntnis davon haben muss, dass die Honorarforderung unwirksam ist, wie dies etwa im Bereicherungsrecht in § 814 BGB festgelegt ist (gegen die Notwendigkeit der Kenntnis: Gebauer/Schneider, BRAGO, § 3 Rn. 83; Gerold/Schmidt/Madert, BRAGO, 15. Aufl., § 3 Rn. 7; und auch BGH, Urteil vom 26. September 2002, I ZR 44/00, NJW 2003, 819, 821 ohne näheres Eingehen; für die Notwendigkeit der Kenntnis: Schumann/Geißinger, BRAGO, 2. Aufl., § 3 Rn. 24). Dafür würde jedenfalls sprechen, dass dies den Intentionen des Gesetzgebers entspricht (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf, BR-Drucksache 138/56, S. 226).

Das Landgericht hat aber jedenfalls zu Recht angenommen, dass der Kläger nicht ohne Druck gezahlt hat. Der Beklagte bzw. sein Mitarbeiter hat sein Tätigwerden nämlich unstreitig von der Zahlung der Vorschüsse abhängig gemacht. In einem solchen Fall kann dann aber nicht von einer freiwilligen Leistung ausgegangen werden, weil der Kläger sich angesichts der im vorliegenden Fall gegebenen Situation zu einer Leistung gezwungen sehen musste. Denn entgegen der Auffassung des Beklagten war ihm eine Zurückweisung des Vorschussbegehrens und ein Anwaltwechsel nicht zuzumuten. Die Vorschussanforderung am 4. April 2002 lag nur kurze Zeit vor dem Ablauf der vom Finanzamt gesetzten Frist am 13. April 2002. Dann aber konnte von dem Kläger nicht verlangt werden, dass er statt der von ihm nach bestimmten Kriterien ausgewählten Kanzlei des Beklagten, der zudem bereits aufgrund zweier Vorgespräche umfassend informiert war, einen anderen Rechtsanwalt aussucht, einen Termin vereinbart und diesen seinerseits erst informiert. Dass der Beklagte letztlich gegenüber dem Finanzamt zunächst ohnehin nur eine Fristverlängerung beantragt hat, schadet insoweit nicht. Denn der Beklagte behauptet nicht, dass dieses Vorgehen dem Kläger zum Zahlungszeitpunkt bekannt oder offensichtlich war. Dies gilt auch für die weitere Vorschussleistung im Mai. Denn zu diesem Zeitpunkt hatte der Kläger bereits 9.000 EUR als Vorschuss geleistet, so dass er schon zur Vermeidung doppelter Kosten auf eine Inanspruchnahme der Leistungen des Beklagten angewiesen war. Unter Berücksichtigung der Sicht des Klägers kann es dann auch nicht darauf ankommen, dass er Kenntnis davon hatte, dass der Beklagte noch keine Vorarbeiten geleistet hatte. Auch wenn der Beklagte sein Vorschussbegehren bereits bei der ersten Besprechung im März zum Gegenstand des Gesprächs gemacht hätte, ändert dies nichts. Die Honorarvereinbarung, auf der die konkrete Vorschussanforderung beruhte, ist nämlich tatsächlich erst am 4. April 2002 geschlossen worden. Soweit der Beklagte meint, mit einer Vorschussanforderung könne kein Druck ausgeübt werden, weil ihm gesetzlich ein Vorschussanspruch zusteht, übersieht er, dass die konkrete Vorschussanforderung wegen der Unwirksamkeit der Honorarforderung unzulässig war und der die Freiwilligkeit ausschließende Druck überhaupt nicht rechtswidrig zu sein braucht.

c) Ein Rechtsgrund für die Leistung des Klägers besteht auch nicht teilweise darin, dass der Beklagte wenigstens Anspruch auf die gesetzlichen Gebühren hat. Diese werden zwar durch die unwirksame Honorarvereinbarung nicht berührt (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 2. März 1983, 17 U 75/82, AnwBl 1983, 513 = JurBüro 1983, 1032). Der Beklagte hat aber nichts dazu vorgetragen, wie hoch die ihm zustehenden Gebühren sein sollen. Insbesondere hat er auch die notwendige Berechnung nach § 18 BRAGO nicht vorgelegt. Dies geht zu seinen Lasten, weil er als Empfänger des Vorschusses, darzulegen hat, dass er das Geleistete endgültig behalten darf (vgl. dazu BGH, Urteil vom 8. Juni 1988, IVb ZR 51/87, NJW 1989, 161, 162; Urteil vom 9. März 1989, IX ZR 64/88, NJW 1989, 1606; Urteil vom 29. Februar 2000, VI ZR 47/99, NJW 2000, 1718 = BB 2000, 951).

2. Der Zinsanspruch ergibt sich aus den §§ 288 Absatz 1, 291 BGB.

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Absatz 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1, 713 ZPO.

III. Die von dem Beklagten beantragte Revisionszulassung kommt nicht in Betracht. Die Revision ist nach § 543 Absatz 2 ZPO nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert. Dies ist nicht der Fall. Mit dieser Entscheidung war weder eine grundsätzliche Rechtsfrage zu klären noch wird von höchstrichterlicher oder obergerichtlicher Rechtsprechung abgewichen.






KG:
Urteil v. 25.03.2004
Az: 8 U 331/03


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