Bundespatentgericht:
Beschluss vom 10. Mai 2006
Aktenzeichen: 19 W (pat) 336/03

(BPatG: Beschluss v. 10.05.2006, Az.: 19 W (pat) 336/03)

Tenor

Das Patent 100 63 979 wird mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechterhalten:

Patentansprüche 1 bis 8, Beschreibung Spalten 1 bis 4, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 10. Mai 2006, im Übrigen Beschreibung Spalten 5 und 6 und Zeichnungen gemäß Patentschrift.

Gründe

I Für die am 14. Dezember 2000 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangene Anmeldung ist die Erteilung des nachgesuchten Patents am 8. Mai 2003 veröffentlicht worden.

Das Patent betrifft eine Zugbeeinflussungseinrichtung.

Gegen das Patent haben die A... AG in Berlin (Einsprechende I), am 7. August 2003 und die B... AG in Stuttgart (Einsprechende II), am 8. Au- gust 2003 Einspruch erhoben.

Die Einsprechenden stellen übereinstimmend den Antrag, das Patent zu widerrufen.

Die Patentinhaberin stellt den Antrag, das Patent 100 63 979 mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechtzuerhalten:

Patentansprüche 1 bis 8, Beschreibung Spalten 1 bis 4, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 10. Mai 2006, im Übrigen Beschreibung Spalten 5 und 6 und Zeichnungen gemäß Patentschrift.

Der Patentanspruch 1 lautet (mit Ersetzung der handschriftlich eingetragenen Abkürzung "dgd" durch die Worte "dadurch gekennzeichnet, dass" und bei Einfügung von Gliederungsbuchstaben):

a) "Zugbeeinflussungseinrichtung zum drahtlosen Übertragen von Datensignalen an ein sich im Anrückbereich mehrerer Eisenbahnsignale (10) befindliches Schienenfahrzeug, wobei die Datensignale den Signalbegriff des jeweiligen Eisenbahnsignals (10) angeben, wobeib) - dem Eisenbahnsignal (10) eine Funkeinrichtung zugeordnet ist, die die Datensignale mit Funkwellen zum Schienenfahrzeug sendet, wobeic) - die Funkeinrichtung zum Abstrahlen der Funkwellen mindestens eine Richtantenne aufweist, d) - deren Hauptstrahlkeule in Richtung Anrückbereich ausgerichtet ist, wobeie) - jedem Eisenbahnsignal jeweils eine eigene Funkeinrichtung mit mindestens einer in Richtung des jeweiligen Anrückbereichs ausgerichteten Richtantenne zugeordnet ist, f) - wobei jede Funkeinrichtung Datensignale sendet, die den Signalbegriff sowie eine Signalkennung (Q) des jeweils zugeordneten Eisenbahnsignals angeben, undg) - in dem Schienenfahrzeug eine die Datensignale empfangende Empfangseinrichtung vorhanden ist, die von den empfangenen Datensignale ausschließlich die Datensignale verwertet, die als Signalkennung eine das Eisenbahnsignal (10), auf das das Schienenfahrzeug vorrücken soll, bezeichnende Sollkennung (Q) enthalten, dadurch gekennzeichnet, dassh) - die Hauptstrahlkeule (140) der Richtantenne mindestens einen Antennengewinn von 10 aufweist, i) - jeder Funkeinrichtung als Sollkennung (Q) ein individueller Datenratewert zugeordnet ist, der sich von den Datenratewerten der übrigen Funkeinrichtungen unterscheidet, j) - die Funkeinrichtungen derart ausgestaltet sind, dass sie die Datensignale jeweils mit der der Sollkennung (Q) entsprechenden Datenrate übertragen undk) - die schienenfahrzeugseitige Empfangseinrichtung derart ausgestaltet ist, dass sie von den empfangenen Datensignalen ausschließlich diejenigen Datensignale verwertet, die mit der der Sollkennung entsprechenden Datenrate gesendet sind."

Der in gleicher Weise gegliederte geltende Patentanspruch 5 lautet:

a) "Verfahren zum drahtlosen Übertragen von Datensignalen an ein sich im Anrückbereich mehrerer Eisenbahnsignale(10) befindliches Schienenfahrzeug, wobei die Datensignale den Signalbegriff des jeweiligen Eisenbahnsignals (10) angeben, wobeib) - die Datensignale mit Funkwellen zum Schienenfahrzeug gesendet werden, wobeic) - zum Abstrahlen der Funkwellen mindestens eine Richtantenne verwendet wird, d) - deren Hauptstrahlkeule in Richtung Anrückbereich ausgerichtet ist, wobeie) - die Funksignale mit eisenbahnsignalindividuellen Funkeinrichtungen gesendet werden, die jeweils mindestens eine in Richtung Anrückbereich des jeweiligen Eisenbahnsignals ausgerichtete Richtantenne aufweisen, f) - wobei mit jeder Funkeinrichtung Datensignale gesendet werden, die den Signalbegriff sowie eine Signalkennung des jeweils zugeordneten Eisenbahnsignals angeben, undg) - in dem Schienenfahrzeug die Datensignale empfangen werden und von den empfangenen Datensignale ausschließlich diejenigen Datensignale verwertet werden, die als Signalkennung eine das Eisenbahnsignal, auf das das Schienenfahrzeug vorrücken soll, bezeichnende Sollkennung (Q) enthalten, dadurch gekennzeichnet, dassh) - die Hauptstrahlkeule (140) der Richtantenne mindestens einen Antennengewinn von 10 aufweist, i) - jeder Funkeinrichtung als Sollkennung (Q) ein individueller Datenratewert zugeordnet wird, der sich von den Datenratewerten der übrigen Funkeinrichtungen unterscheidet, j) - mit den Funkeinrichtungen die Datensignale jeweils mit der der Sollkennung entsprechenden Datenrate übertragen werdenk) - und mit einer schienenfahrzeugseitigen Empfangseinrichtung von den empfangenen Datensignalen ausschließlich diejenigen Datensignale verwertet werden, die die der Sollkennung (Q) entsprechende Datenrate aufweisen."

Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine technisch einfache Zugbeeinflussungseinrichtung anzugeben (Sp. 1 Z. 25 bis 26 der geltenden Beschreibung).

Die Einsprechende I ist der Ansicht, dass der Oberbegriff des geltenden Patentanspruchs 1 bzw. 5 jeweils aus dem Aufsatz von Werner Frank "Die Funkzugbeeinflussung" in: Signal+Draht 69 (1977) 4, S. 69-76 bekannt sei, und die kennzeichengemäße Signalzuordnung mittels individuellem Datenratewert nur eine fachübliche Ausgestaltung sei, die nicht patentbegründend sein könne.

Auch sei im Patentanspruch 1 bzw. 5 jeweils nicht angegeben, wie das Schienenfahrzeug Kenntnis der jeweils benötigten Sollkennung bekomme.

Die Einsprechende II ist darüber hinaus der Ansicht, bei der nun beanspruchten Variation der Datenrate handele es sich um eine von vielen üblichen Modulationsarten für die Unterscheidbarkeit von Funksignalen, für die im entgegengehaltenen Stand der Technik zahlreiche Beispiele genannt seien.

Für die beanspruchte Sollkennung sei auch in der Streitpatentschrift weder ein besonderer Vorteil gegenüber bekannten anderen Verfahren angegeben noch sonst wie ersichtlich, worin das Erfinderische bei diesem Verfahren bestehen könnte.

Darüber hinaus enthalte das Patent hinsichtlich des geltenden Unteranspruchs 3 bzw. 8 nun eine nicht ausführbare Ausführungsform, da der DECT-Standard indivduellen Datenratewerten widerspreche.

Die Patentinhaberin ist der Auffassung, dass die Verwendung individueller Datenraten zur Sollkennung eine besonders einfache Lösung des Problems der Informationskollision darstelle, demgegenüber die im Stand der Technik genannten Verfahren wesentlich komplizierter und aufwändiger seien.

Auch werde der vorzugsweise verwendete DECT-Standard durch unterschiedliche Datenraten nicht verändert.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II 1. Einspruchsverfahren Die Entscheidungsbefugnis über den unstreitig zulässigen Einspruch liegt gemäß § 147 Abs. 3 PatG bei dem hierfür zuständigen 19. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts.

Dieser hatte - wie in der Entscheidung 19 W (pat) 701/02 (BPatGE 46, 134 m. w. N.) ausführlich dargelegt ist - aufgrund öffentlicher mündlicher Verhandlung zu entscheiden.

Gegenstand des Verfahrens ist das erteilte Patent.

Der Einspruch konnte nur zu der beantragten Beschränkung des Streitpatents führen.

Denn die Zugbeeinflussungseinrichtung gemäß dem geltenden Patentanspruch 1 und das Verfahren zum drahtlosen Übertragen von Datensignalen an ein sich im Anrückbereich mehrerer Eisenbahnsignale befindliches Schienenfahrzeug gemäß dem geltenden Patentanspruch 5 sind jeweils ausführbar und durch den Stand der Technik auch weder vorbekannt noch nahegelegt.

Als Fachmann ist hier ein Diplom-Ingenieur (FH) der elektrischen Nachrichtentechnik anzusehen mit Berufserfahrungen in der Entwicklung und dem Betrieb von Eisenbahnsignalanlagen.

2. Offenbarung, Zulässigkeit und Ausführbarkeit der geltenden Patentansprüche Der geltende Patentanspruch 1 ergibt sich aus dem erteilten Hauptanspruch unter Hinzunahme der hinsichtlich der Datenübertragung wesentlichen Merkmale des erteilten Patentanspruchs 3 und der Merkmale des Patentanspruchs 4.

Das im erteilten Patentanspruch 3 enthaltene Merkmal einer Gleisanlage mit sich verzweigenden Gleisen mit mehreren Eisenbahnsignalen braucht nicht in den geänderten Hauptanspruch übernommen werden.

Denn schon der erteilte Patentanspruch 1 stellte darauf ab, dass im Anrückbereich mindestens ein Eisenbahnsignal vorhanden sein soll, also - unabhängig von der Gleisanzahl und dem Vorhandensein von Gleisverzweigungen - auch mehrere Signale und auch ohne Beschränkung auf ein bestimmtes Gleisbild.

Auch der in der Patentbeschreibung (Sp. 2 Z. 60 bis 63) im Zusammenhang mit dem erteilten Patentanspruch 3 erwähnte Vorteil der Autarkie von Eisenbahnsignalen, die mit jeweils einer Funkeinrichtung ausgestattet sind, ist offensichtlich unabhängig vom jeweiligen Gleisbild.

Dies gilt entsprechend auch für den geltenden Patentanspruch 5, dessen Merkmale auf die erteilten Ansprüche 7, 9 und 10 zurückgehen.

Die übrigen Änderungen gegenüber den erteilten Patentansprüchen betreffen redaktionelle Anpassungen im Hinblick auf die vorgenommene Beschränkung.

Die auch in der Streitpatentschrift (Spalte 40, Zeilen 40 bis 49) für den Patentgegenstand beschriebene Übertragung der Signalkennung auf das anrückende Schienenfahrzeug gehört zum Fachwissen des Fachmanns (belegt z. B. durch W. Frank, Die Zugfunkbeeinflussung a. a. O. Abschn. 2.1, System SICARID-TCL oder die Transponder TR1, TR2 in Figur 1 der DE 196 30 575 A1).

Sie brauchte deshalb nicht in den Patentanspruch 1 oder 5 aufgenommen zu werden.

Der Senat teilt die Bedenken der Einsprechenden II zur Ausführbarkeit der geltenden Unteransprüche 3 bzw. 8 nicht, nach denen der im geltenden Patentanspruch 1 bzw. 5 jeweils vorgeschriebene individuelle Datenratewert von einer nach dem DECT-Standard arbeitenden Funkeinrichtung nicht abgegeben werden könne.

Der DECT-Standard, der in der Schnurlostelefonie seine Hauptanwendung hat, auf diese aber nicht beschränkt ist, arbeitet zwar - wie die Einsprechende II zutreffend ausgeführt hat - mit Zeitschlitzen für die Datenübertragung. Er schreibt aber keine Datenrate fest, so dass bis zur technisch möglichen Obergrenze unterschiedlichen Funkeinrichtungen durchaus unterschiedliche Datenratewerte als Sollkennung zugeordnet werden können.

3. Neuheit 3.1 Die Zugbeeinflussungseinrichtung gemäß dem geltenden Patentanspruch 1 ist neu.

Aus dem Aufsatz von W. Frank "Die Funkzugbeeinflussung" a. a. O. ist eine a) Zugbeeinflussungseinrichtung zum drahtlosen Übertragen von Datensignalen an ein sich im Anrückbereich mehrerer Eisenbahnsignale befindliches Schienenfahrzeug bekannt, wobei die Datensignale den Signalbegriff des jeweiligen Eisenbahnsignals angeben (Zusammenfassung auf Seite 69), wobeib) dem Eisenbahnsignal eine Funkeinrichtung f1, f2 (Bild 6 i. V. m. S. 73 linke Sp. Abs. 1 bis 3) zugeordnet ist, die die Datensignale mit Funkwellen zum Schienenfahrzeug sendet, wobeic) die Funkeinrichtung zum Abstrahlen der Funkwellen mindestens eine Richtantenne aufweist (S. 75 Abs. 5 für alle dort beschriebenen Anordnungen), d) deren Hauptstrahlkeule in Richtung Anrückbereich ausgerichtet ist (eine vom Fachmann mitzulesende technische Selbstverständlichkeit für die Anordnung nach Bild 6), e) jedem Eisenbahnsignal jeweils eine eigene Funkeinrichtung f1, f2 mit mindestens einer in Richtung des jeweiligen Anrückbereichs ausgerichteten Richtantenne zugeordnet ist (Bild 6), wobeif) jede Funkeinrichtung Datensignale sendet, die den Signalbegriff sowie eine Signalkennung f1, f2 des jeweils zugeordneten Eisenbahnsignals angeben, undg) in dem Schienenfahrzeug eine die Datensignale empfangende Empfangseinrichtung (Fahrzeuggerät) vorhanden ist, die von den empfangenen Datensignalen ausschließlich die Datensignale verwertet, die als Signalkennung eine das Eisenbahnsignal, auf das das Schienenfahrzeug vorrücken soll, bezeichnende Sollkennung (Funkfrequenz) enthalten (Abschnitt 2.1, erster und dritter Absatz). - Oberbegriff -

Als Sollkennung dient dort die dem jeweiligen Bereich zugeordnete Funkfrequenz f1, f2 (Bild 6 i. V. m. Abschn. 2.1) des Richtfunksenders.

Die Zugbeeinflussungseinrichtung gemäß dem geltenden Patentanspruch 1 unterscheidet sich von der bekannten demnach dadurch, h) dass die Hauptstrahlkeule der Richtantenne mindestens einen Antennengewinn von 10 aufweist, dassi) jeder Funkeinrichtung als Sollkennung ein individueller Datenratewert zugeordnet ist, der sich von den Datenratewerten der übrigen Funkeinrichtungen unterscheidet, j) die Funkeinrichtungen derart ausgestaltet sind, dass sie die Datensignale jeweils mit der der Sollkennung entsprechenden Datenrate übertragen undk) die schienenfahrzeugseitige Empfangseinrichtung derart ausgestaltet ist, dass sie von den empfangenen Datensignalen ausschließlich diejenigen Datensignale verwertet, die mit der der Sollkennung entsprechenden Datenrate gesendet sind. - Kennzeichen -

Auch aus der DE 196 30 575 A1 ist eine Zugbeeinflussungseinrichtung mit den Merkmalen a) bis g) des geltenden Patentanspruchs 1 mit folgender Offenbarung bekannt:

Die Merkmale a) und b) entnimmt der Fachmann schon aus der Zusammenfassung in Verbindung mit der in Figur 2, die ein im Anrückbereich mehrerer Eisenbahnsignale befindliches Schienenfahrzeug offenbart.

Eine Übertragung mittels Richtantenne gemäß den Merkmalen c) und e) entnimmt der Fachmann im Zusammenhang mit dem Hinweis auf "gerichtet abstrahlende Antennen" (Sp. 4 Z. 49 bis Sp. 5 Z. 12), eine jeweils eigene Funkeinrichtung gemäß den Merkmalen e) bis g) aufgrund der "den Streckenorten jeweils zugeordneten Nachrichtenkanälen" (Sp. 5 Z. 2 bis 12) und der Transponderübertragung der Signalkennung (Sp. 5 Z. 13 bis 24).

Die unterschiedlichen Nachrichtenkanäle sind unterscheidbar durch den Betrieb mit unterschiedlichen Frequenzen, mit Zeitmultiplex- oder Frequenzmultiplex-Verfahren oder durch eine Pseudo-Noise-Codierung (Anspr. 3 bis 7).

Mit welchem Datenratewert die Übertragung erfolgt, ist nicht angegeben.

Die Einrichtung gemäß dem geltenden Hauptanspruch unterscheidet demnach auch von dem aus der DE 196 30 575 A1 bekannten durch die kennzeichnenden Merkmale h), i) j) und k).

In dem Aufsatz von F. Riedisser et.al.: Millimeterwellentechnologie für das Rad/Schiene-System in: Signal+Draht 72 (1980) 7/8, Seiten 143 bis 146 ist eine Zugbeeinflussungseinrichtung zum drahtlosen Übertragen von Datensignalen an ein Schienenfahrzeug beschrieben, das sich - schon abweichend vom Anspruchsmerkmal a) - im Anrückbereich lediglich eines Eisenbahnsignals befindet, dem - abweichend von den Merkmalen b) und e) - zwei Funkeinrichtungen zugeordnet sind (Abschn. 2 und Bild 1).

Das Problem mehrerer Eisenbahnsignale im Anrückbereich ist dort ebenso wenig angesprochen wie eine Sollkennung des Signals.

Der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 unterscheidet sich demnach vom bekannten auch noch durch die Merkmale e) bis k).

Die übrigen im Verfahren genannten Entgegenhaltungen zeigen weniger als der vorgenannte Stand der Technik, so dass auf sie nicht weiter eingegangen zu werden braucht.

3.2 Aus den zum Patentanspruch 1 genannten Gründen ist auch das im geltenden Patentanspruch 5 beanspruchte Verfahren zum drahtlosen Übertragen von Datensignalen an ein Schienenfahrzeug neu, da dessen Merkmale a) bis k) denen im Patentanspruch 1 entsprechen.

4. Erfinderische Tätigkeit Sowohl für die aus W. Frank, Die Funkzugbeeinflussung a. a. O. als auch für die aus der DE 196 30 575 A1 bekannte Zugbeeinflussungseinrichtung stellt sich dem Fachmann die Patentaufgabe, eine technisch einfache Zugbeeinflussungseinrichtung anzugeben, in der Praxis regelmäßig von selbst.

Denn sowohl aus Kosten- wie auch aus Zuverlässigkeitsgründen ist er bei der Weiterentwicklung bekannter Geräte gehalten, deren Aufwand zu verringern.

Dabei mag er ohne weiteres daran denken, eine Richtantenne zu verwenden, deren Hauptstrahlkeule gemäß Merkmal h) mindestens einen Antennengewinn von 10 aufweist. Denn je größer der Antennengewinn in der Hauptstrahlrichtung ist, je geringer muss die jeweils zugeführte Sendeleistung sein.

Jedoch gibt ihm keine der beiden vorgenannten Druckschriften einen Hinweis, jeder Funkeinrichtung als Sollkennung einen individuellen Datenratewert zuzuordnen, der sich von den Datenratenwerten der übrigen Funkeinrichtungen unterscheidet, wie im Merkmal i) des geltenden Patentanspruchs 1 angegeben ist.

In Die Funkzugbeeinflussung a. a. O. ist die Unterscheidbarkeit einzelner Signale lediglich durch unterschiedliche Frequenzen f1, f2 sichergestellt (Bild 2 i. V. m. S. 70 li. Sp. Abs. 2 und Bild 6); möglicherweise ebenfalls geeignete Alternativen sind nicht angesprochen, so dass dem Fachmann auch in dieser Druckschrift jeder Hinweis auf die kennzeichnenden Merkmale i) bis k) fehlt.

Zwar sind in der DE 196 30 575 A1 für eine Zugbeeinflussungseinrichtung mit mehreren Signale im Anrückbereich eines Schienenfahrzeugs außer voneinander unterscheidbaren Frequenzen auch noch Zeitmultiplexbetrieb, Frequenzmultiplexbetrieb und Codemultiplexbetrieb als mögliche Alternativen angegeben (Anspr. 3 bis 7).

Jedoch ist bei diesen Verfahren die Unterscheidbarkeit verschiedener Sender entweder durch die Frequenz, durch ein Zeitfenster oder durch eine komplizierte Codierung gewährleistet.

Demgegenüber stellt die Zuweisung individueller Datenraten zu den Funkeinrichtungen aller Eisenbahnsignale, die das im Anrückbereich befindliche Schienenfahrzeug empfangen kann, eine technisch grundsätzlich unterschiedliche Lösung zur Selektion verschiedener Signalquellen dar, bei der es keiner weiteren Signal-Codierung und des damit verbundenen Aufwandes bedarf, und bei der es sich auch nicht um eine Variante eines der bekannten Verfahren handelt.

Deshalb enthält - wie die Patentinhaberin nach Auffassung des Senats zutreffend ausgeführt hat - die DE 196 30 575 A1 auch keine Aufzählung verschiedener Alternativen, die der Fachmann in Gedanken aus seinem Fachwissen heraus um das anspruchsgemäße Verfahren mit individuellem Datenratewert für jedes Signal ohne weiteres ergänzt.

Demgegen hat der Erfinder sämtliche fachüblichen Lösungen zur Signalquellenunterscheidung verlassen, und mit der Zuweisung von individuellen Datenraten zu jedem Eisenbahnsignal eine technisch einfach Lösung angegeben, die keiner weiteren Codierung mehr bedarf.

Solches Tun übersteigt übliches fachmännisches Handeln.

4.2 Aus den zum Patentanspruch 1 genannten Gründen beruht auch das im geltenden Patentanspruch 5 beanspruchte Verfahren zum drahtlosen Übertragen von Datensignalen an ein Schienenfahrzeug auf einer erfinderischen Tätigkeit.

4.3 Die geltenden Unteransprüche 2 bis 4 bzw. 6 bis 8 schließen sich zulässig an die Patentansprüche 1 bzw. 5 an.

Die Patentbeschreibung ist an die nun geltenden Patentansprüche angepasst.






BPatG:
Beschluss v. 10.05.2006
Az: 19 W (pat) 336/03


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