Bundespatentgericht:
Beschluss vom 7. Februar 2006
Aktenzeichen: 17 W (pat) 70/05

(BPatG: Beschluss v. 07.02.2006, Az.: 17 W (pat) 70/05)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat die Beschwerde des Anmelders gegen die Zurückweisung der Patentanmeldung zurückgewiesen. Die Anmeldung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Verbesserung der akustischen Wahrnehmung eines Fahrzeugführers. Das System soll beim Rückwärtsfahren Außengeräusche über Mikrofone an außen am Fahrzeug angebrachten Lautsprechern nahezu zeitgleich wiedergeben und dadurch dem Fahrer ermöglichen, die Schallquellen räumlich zu orten. Zusätzlich soll das System die Lautstärke erhöhen und störende Geräusche wie Wind- und Auspuffgeräusche abschwächen können. Die Anmeldung wurde zurückgewiesen, da der Gegenstand des Patentanspruchs nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht. Das Gericht stellte fest, dass die einzelnen Merkmale des Patentanspruchs aufgrund des Standes der Technik für einen Fachmann naheliegend waren. Daher wurden alle Hilfsanträge des Anmelders abgelehnt und die Beschwerde zurückgewiesen. Es bestand kein Grund für eine Rückerstattung der Beschwerdegebühr.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 07.02.2006, Az: 17 W (pat) 70/05


Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die vorliegende Patentanmeldung ist am 15. April 2003 beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Bezeichnung

"Verfahren und Vorrichtung zur Verbesserung der akustischen Wahrnehmungsgabe eines Fahrzeugführers"

angemeldet worden.

Sie wurde von der Prüfungsstelle für Klasse G 08 G des Deutschen Patent- und Markenamts durch Beschluss vom 16. Februar 2005 mit der Begründung zurückgewiesen, dass der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nicht neu sei.

Gegen diesen Beschluss wendet sich die am 18. März 2005 eingegangene Beschwerde des Anmelders.

Er beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das nachgesuchte Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:

gemäß Hauptantrag mit Patentansprüchen 1 bis 10 vom 6. Dezember 2004, 6 Seiten Beschreibung vom 6. Dezember 2004, 2 Blatt Zeichnungen mit 2 Figuren vom Anmeldetag;

gemäß Hilfsantrag 1 mit Patentansprüchen 1 bis 10, überreicht in der mündlichen Verhandlung, noch anzupassender Beschreibung, Zeichnungen wie Hauptantrag;

gemäß Hilfsantrag 2 mit Patentansprüchen 1 bis 9, überreicht in der mündlichen Verhandlung, noch anzupassender Beschreibung, Zeichnungen wie Hauptantrag;

gemäß Hilfsantrag 3 mit Patentansprüchen 1 bis 8, überreicht in der mündlichen Verhandlung, noch anzupassender Beschreibung, Zeichnungen wie Hauptantrag;

gemäß Hilfsantrag 4 mit Patentansprüchen 1 bis 8, überreicht in der mündlichen Verhandlung, noch anzupassender Beschreibung, Zeichnungen wie Hauptantrag.

Der Anmelder regte die Rückzahlung der Beschwerdegebühr an.

Im Prüfungsverfahren vor DPMA sind folgende Druckschriften in Betracht gezogen worden:

E1: DE 197 49 372 A1 E2: DE 299 17 500 U1 E3: DE 198 01 205 A1 E4: US 5 793 308 E5: US 3 158 835 E6: DE 201 08 534 U1.

Außerdem hat der Anmelder selbst in der geltenden Beschreibung die Druckschrift DE 94 10 485 U1 erwähnt.

Der geltende Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet:

"Verfahren und Vorrichtung zur Übertragung von Geräuschen oder Schall dadurch gekennzeichnet, dass Außengeräusche im Fahrgastbereich eines Fahrzeugs vorzugsweise über die Lautsprecher der Audioanlage des Fahrzeuges nahezu zeitgleich wiedergegeben werden und das System beim Rückwärtsfahren und/oder nach Vorbereitungen hierzu aktiv ist und/oder aktiviert wird beziehungsweise die Lautstärke erhöht wird."

Der geltende Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 lautet:

"Verfahren und Vorrichtung zur Übertragung von Geräuschen oder Schall dadurch gekennzeichnet, dass Außengeräusche im Fahrgastbereich eines Fahrzeugs über die Lautsprecher der Audioanlage des Fahrzeuges nahezu zeitgleich wiedergegeben werden und das System beim Rückwärtsfahren beziehungsweise nach Vorbereitungen hierzu aktiv ist beziehungsweise aktiviert wird beziehungsweise die Lautstärke erhöht wird."

Der geltende Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 lautet:

"Verfahren und Vorrichtung zur Übertragung von Geräuschen oder Schall dadurch gekennzeichnet, dass Außengeräusche im Fahrgastbereich eines Fahrzeugs über die Lautsprecher der Audioanlage des Fahrzeuges nahezu zeitgleich wiedergegeben werden derart, dass der Fahrer die Schallquelle räumlich orten kann und das System beim Rückwärtsfahren beziehungsweise nach Vorbereitungen hierzu aktiv ist beziehungsweise aktiviert wird beziehungsweise die Lautstärke erhöht wird."

Der geltende Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 lautet:

"Verfahren und Vorrichtung zur Übertragung von Geräuschen oder Schall dadurch gekennzeichnet, dass Außengeräusche im Fahrgastbereich eines Fahrzeugs über die Lautsprecher der Audioanlage des Fahrzeuges nahezu zeitgleich wiedergegeben werden und das System beim Rückwärtsfahren beziehungsweise nach Vorbereitungen hierzu aktiv ist beziehungsweise aktiviert wird beziehungsweise die Lautstärke erhöht wird und Windgeräusche und/oder Auspuffgeräusche abgeschwächt wiedergegeben werden."

Der geltende Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 lautet:

"Verfahren und Vorrichtung zur Übertragung von Geräuschen oder Schall dadurch gekennzeichnet, dass Außengeräusche im Fahrgastbereich eines Fahrzeugs über die Lautsprecher der Audioanlage des Fahrzeuges nahezu zeitgleich wiedergegeben werden und das System beim Rückwärtsfahren beziehungsweise nach Vorbereitungen hierzu aktiv ist beziehungsweise aktiviert wird beziehungsweise die Lautstärke erhöht wird und das Tonsignal vom Mikrophon per Funkübertragung an das Wiedergabesystem übermittelt wird."

Die der Anmeldung zugrundeliegende Aufgabe dürfte gemäß den Anmeldeunterlagen Seite 3 vorletzter Absatz sowie der Beschreibung vom 6. Dezember 2004 Seite 4 letzter Absatz darin bestehen, die passive Geräuschwahrnehmung des Fahrers durch einen akustischen Rückspiegel zu unterstützen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die frist- und formgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet, da der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag und ebenso die Gegenstände der Patentansprüche 1 gemäß den Hilfsanträgen 1 bis 4 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen (§ 1 Abs. 1 in Verbindung mit § 4 Satz 1 PatG).

Die Anmeldung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Verbesserung der akustischen Wahrnehmung eines Fahrzeugführers. In dem System, das beim Rückwärtsfahren aktiv ist, werden Außengeräusche über außen am Fahrzeug befindliche Mikrophone aufgenommen und im Fahrgastbereich über Lautsprecher nahezu zeitgleich wiedergegeben. Die Wiedergabe kann stereophon über die Lautsprecher der Audioanlage des Fahrzeugs erfolgen, so dass der Fahrer Schallquellen in etwa orten kann. Störende Geräusche wie Wind- und Auspuffgeräusche können durch Filterung abgeschwächt werden. Die Übertragung des Tonsignals vom Mikrophon an das Wiedergabesystem kann per Funk erfolgen.

Zum Hauptantrag:

Der geltende Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag ist zulässig. Er ist gestützt durch die ursprünglichen Ansprüche 1, 5 und 7 sowie die ursprüngliche Beschreibung Seite 2 mittlerer Absatz.

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 beruht jedoch nicht auf einer erfinderischer Tätigkeit.

Aus der Druckschrift E4 ist ein Überwachungssystem für Fahrzeuge bekannt. Dieses weist mehrere Kameras auf, die Bilder von den seitlich und rückwärtig vom Fahrzeug gelegenen Bereichen aufnehmen; diese Bilder werden auf ein mit dem Fahrzeugrückspiegel oder Fahrzeugseitenspiegel gekoppeltes Display übertragen, vgl. Fig. 2 mit Beschreibung sowie Spalte 3 Absatz 4. Dieses visuelle Überwachungssystem soll den Fahrer beim Rückwärtsfahren unterstützen, vgl. Spalte 3 Absatz 6. Es kann von einer Steuerung aktiviert werden, wenn der Rückwärtsgang eingelegt wird, vgl. Anspruch 25. Gemäß Spalte 6 vorletzter Absatz sind außerdem Mikrophone vorhanden, die gemeinsam mit den zugeordneten Kameras außen am Fahrzeug angebracht werden können; die Ausgangssignale dieser Mikrophone werden über eine Schalttafel 23 und einen Verstärker 70 an einen im Fahrgastbereich angeordneten Lautsprecher 71 übertragen, vgl. auch Fig. 2. Somit werden in diesem akustischen Überwachungssystem die aufgenommenen Außengeräusche nahezu zeitgleich wiedergegeben. Als Vorteil der Schallübertragung wird angegeben, dass der Fahrer oft Aktivität hinter dem Fahrzeug wahrnehmen könne, auch wenn sie nicht deutlich zu sehen sei, vgl. Spalte 6 Zeilen 50 bis 52. Da somit das akustische Überwachungssystem den Fahrer unterstützen soll, weil das visuelle Überwachungssystem alleine oft nicht ausreicht, lag es für den Fachmann (hier ein Hochschul- oder Fachhochschulingenieur der Fachrichtung Elektrotechnik oder Physik mit Erfahrung in der Entwicklung von Fahrassistenzsystemen) nahe, das akustische Überwachungssystem gemeinsam mit dem visuellen Überwachungssystem zu betreiben, d. h. den aktiven Zustand des akustischen Überwachungssystems dann vorzusehen, wenn Kamerabilder an das Display übertragen und dort dargestellt werden, also beim Rückwärtsfahren, vgl. Anspruch 25 sowie Spalte 3 Zeilen 23 bis 26.

Hiermit war der Fachmann ausgehend vom aus E4 bekannten System und unter Beachtung der in E4 gegebenen Hinweise ohne erfinderische Tätigkeit bereits bei einem der alternativ ("und/oder", "beziehungsweise") im Patentanspruch 1 angegebenen Gegenstände angelangt, nämlich bei der Variante, dass "das System beim Rückwärtsfahren ... aktiv ist". Somit fällt der gesamte Anspruch 1; das fakultative Merkmal "vorzugsweise über die Lautsprecher der Audioanlage des Fahrzeugs" schränkt den Anspruchsgegenstand nicht ein und ist bei der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit nicht zu berücksichtigen.

Der Anspruch 1 gemäß Hauptantrag ist somit nicht gewährbar.

Zum Hilfsantrag 1:

Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 enthält als notwendiges Merkmal das im Anspruch 1 gemäß Hauptantrag nur fakultativ aufgeführte Merkmal, dass die Übertragung der Außengeräusche in den Fahrgastbereich über die Lautsprecher der Audioanlage des Fahrzeugs erfolgt. Bezüglich der übrigen Merkmale bestehen keine inhaltlichen Abweichungen zum Anspruch 1 gemäß Hauptantrag.

Der geltende Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 ist zulässig, vgl. das oben zum Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag Ausgeführte.

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 beruht jedoch nicht auf einer erfinderischer Tätigkeit.

Wie oben ausgeführt, werden beim aus E4 bekannten System die von Mikrophonen aufgenommenen Geräusche an einen im Fahrerbereich und damit im Fahrgastraum befindlichen Lautsprecher übertragen, vgl. E4 Spalte 6 Zeilen 48 bis 50. Nähere Angaben über die Art des Lautsprechers sind E4 nicht zu entnehmen.

Bereits vor dem Anmeldetag der vorliegenden Anmeldung wurden Neufahrzeuge meist serienmäßig mit einer Audioanlage ausgestattet. Für den Fachmann, dem dies selbstverständlich bewusst war, drängte es sich geradezu auf, im Fall einer im Fahrzeug vorhandenen oder vorgesehenen Audioanlage deren Lautsprecher für die Wiedergabe der gemäß E4 außerhalb des Fahrzeugs aufgenommenen Geräusche zu nutzen.

Somit war im aus E4 bekannten System auch dieses zusätzliche Merkmal für den Fachmann nahegelegt.

Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 ist somit auch nicht gewährbar.

Zum Hilfsantrag 2:

Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 enthält zusätzlich zu den im Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 aufgeführten Merkmalen das weitere Merkmal, dass die Wiedergabe der Außengeräusche über die Lautsprecher der Audioanlage des Fahrzeugs derart erfolgt, dass der Fahrer die Schallquelle räumlich orten kann. Dieses zusätzliche Merkmal geht aus dem ursprünglichen Anspruch 9 hervor; der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 ist somit zulässig.

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2 beruht jedoch nicht auf einer erfinderischer Tätigkeit.

Wie oben ausgeführt, werden beim aus E4 bekannten System die von Mikrophonen aufgenommenen Geräusche an einen im Fahrerbereich und damit im Fahrgastraum befindlichen, nicht näher spezifizierten Lautsprecher übertragen, vgl. E4 Spalte 6 Zeilen 48 bis 50. Die Mikrophone können örtlich gemeinsam mit den zugeordneten Kameras am Fahrzeug angebracht werden, wobei die Kameras (und damit auch die zugehörigen Mikrophone) an verschiedenen Orten im Außenbereich des Fahrzeugs angebracht sind; z. B. befinden sich gemäß E4 Fig. 8C zwei der Kameras an verschiedenen Stellen am hinteren Fahrzeugbereich. Die durch die räumlich verteilten Mikrophone aufgenommenen Schallsignale beinhalten somit bereits Informationen über die räumliche Anordnung der Schallquellen.

Für den Fachmann lag es daher nahe, im aus E4 bekannten System die dort ausgewiesene, räumlich verteilte Schallaufnahme durch eine ebenfalls räumlich verteilte Schallwiedergabe zu ergänzen, um dem Fahrer einen räumlichen Eindruck der aufgenommenen Geräusche zu liefern. Ein solcher räumlicher Geräuscheindruck lässt den Fahrer die Schallquelle(n) in etwa orten.

Im Fall einer wie häufig üblich im Fahrzeug vorhandenen oder vorgesehenen, als Stereoanlage mit mehreren räumlich im Fahrgastbereich verteilten Lautsprechern ausgebildeten Audioanlage bot es sich für den Fachmann an, deren Lautsprecher für die stereophone Wiedergabe der aufgenommenen Geräusche nutzen. Im Übrigen war ihm eine stereophone Darbietung von Geräuschen an den Fahrer über die Stereoanlage eines Fahrzeugs zum Zwecke der Ortung von Geräuschquellen aus E3 bekannt, vgl. dort Fig. 1 und 2 mit Beschreibung, insbesondere in Spalte 3 Zeilen 21 bis 66, wobei es sich dort um künstlich erzeugte Geräuschsignale handelt.

Somit waren im aus E4 bekannten System auch die die stereophone Geräuschwiedergabe über die Lautsprecher der Audioanlage des Fahrzeugs betreffenden Merkmale des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2 für den Fachmann nahegelegt.

Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 ist demzufolge ebenfalls nicht gewährbar.

Zum Hilfsantrag 3:

Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 enthält zusätzlich zu den im Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 aufgeführten Merkmalen das weitere Merkmal, dass Windgeräusche und/oder Auspuffgeräusche abgeschwächt wiedergegeben werden.

Dieses zusätzliche Merkmal geht aus dem ursprünglichen Anspruch 13 hervor; der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 ist somit zulässig.

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 3 beruht jedoch nicht auf einer erfinderischer Tätigkeit.

Eine Filterung von über Sensoren aufgenommenen Signalen zum Zwecke der Hervorhebung erwünschter oder der Unterdrückung unerwünschter Anteile war dem Fachmann im Rahmen seines Fachwissens geläufig; beispielhaft sei auf die in E4 Spalte 7 Zeilen 19 bis 22 erwähnte Bandpassfilterung zur Unterdrückung des Rauschens bei Videosignalen hingewiesen, oder auf die in E2 Fig. 1 mit Beschreibung ausgewiesene Filterung von außerhalb eines Fahrzeugs aufgenommenen Schallsignalen. Für den Fachmann liegt es angesichts dieses Standes der Technik nahe, auch im aus E4 bekannten System die aufgenommenen Schallsignale geeignet zu filtern, um störende Geräusche wie etwa Auspuffgeräusche zu unterdrücken. Einer erfinderischen Tätigkeit bedurfte es hierzu nicht.

Somit waren im aus E4 bekannten System auch die die abgeschwächte Wiedergabe von Windgeräuschen und/oder Auspuffgeräuschen betreffenden Merkmale des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 3 für den Fachmann nahe gelegt.

Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 ist folglich ebenfalls nicht gewährbar.

Zum Hilfsantrag 4:

Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 enthält zusätzlich zu den im Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 aufgeführten Merkmalen das weitere Merkmal, dass die Übermittlung des Tonsignals vom Mikrophon an das Wiedergabesystem per Funkübertragung erfolgt.

Dieses zusätzliche Merkmal geht aus dem ursprünglichen Anspruch 11 hervor; der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 ist somit zulässig.

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 4 beruht jedoch nicht auf einer erfinderischer Tätigkeit.

Die drahtlose Übertragung elektromagnetischer Signale per Funk anstelle einer Übertragung elektrischer Signale über Kabel war bereits vor dem Anmeldetag der vorliegenden Patentanmeldung eine dem Fachmann aus seinem Fachwissen heraus geläufige Maßnahme, die dieser ohne weiteres ergriff, um eine aufwändige, störungsanfällige Kabelführung, etwa über längere Strecken oder zwischen gegeneinander beweglichen Einheiten, zu vermeiden. Im Übrigen ist eine drahtlose Übertragung von an der Rückseite eines Kraftfahrzeugs von einem Mikrophon aufgenommenen Schallsignalen an ein im vorderen Fahrzeugbereich befindliches Wiedergabesystem bereits in E6 Seite 4 letzter Absatz bis Seite 5 zweiter Absatz ausgewiesen.

Bei der Realisierung des in E4 beschriebenen Systems wird der Fachmann somit für die Übertragung der aufgenommenen Mikrophonsignale an das Wiedergabesystem zumindest bei längeren Fahrzeugen oder Fahrzeugen mit Anhänger eine Funkübertragung der kabelgestützten Übertragung vorziehen, um deren bekannte, oben beschriebene Nachteile zu vermeiden.

Im aus E4 bekannten System waren somit auch die die Funkübertragung der Signale betreffenden Merkmale des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 4 für den Fachmann nahegelegt.

Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 ist nicht gewährbar.

Somit ist der jeweilige Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag und gemäß den Hilfsanträgen 1 bis 4 nicht gewährbar.

Da über einen Antrag nur einheitlich entschieden werden kann, sind auch die jeweiligen Unteransprüche nicht gewährbar (BGH in GRUR 1997, 120 "Elektrisches Speicherheizgerät").

Die Beschwerde war somit zurückzuweisen.

Aus diesem Grund konnte auf die Anpassung der Beschreibung bzgl. der Hilfsanträge im Beschwerdeverfahren verzichtet werden.

Ein Anlass für eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr ist nicht ersichtlich. Nach § 80 Abs. 3 PatG ist eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr anzuordnen, wenn dies der Billigkeit entspricht. Dies ist dann der Fall, wenn die Beschwerde bei sachgemäßer Behandlung durch das Patentamt vermeidbar gewesen wäre, wobei alle Umstände des Falls zu berücksichtigen sind, insbesondere das Verhalten der Beteiligten und die Ordnungsmäßigkeit und Angemessenheit der Sachbehandlung durch das Patentamt (Busse, Patentgesetz, 6. Aufl., § 80 Rdnr. 95). Der Erlass eines mangelhaften Prüfungsbescheides oder eine Verletzung des rechtlichen Gehörs durch die Prüfungsstelle ist aber nicht erkennbar. Die Prüfungsstelle hat im vorliegenden Verfahren insgesamt drei Prüfungsbescheide erlassen, die sich mit den jeweils vorgelegten Fassungen des Patentbegehrens befassen. Allerdings beinhaltet der zweite Prüfungsbescheid vom 16. November 2004 am Ende seiner Ausführungen den Hinweis, der Gegenstand des (zu diesem Zeitpunkt) gültigen Patentanspruchs 1 sei nicht neu gegenüber dem aus der Entgegenhaltung 1 Bekannten, nachdem die Prüfungsstelle im Text davor ausgeführt hat, aus welchen Stellen der Entgegenhaltung 4 die Merkmale des Anspruchs 1 hervorgehen. Aus dem Gesamtzusammenhang und den im einzelnen aufgeführten Fundstellen war jedoch klar ersichtlich, dass auch in der abschließenden Zusammenfassung nur die Entgegenhaltung 4 gemeint sein konnte und dass es sich bei dem Zitat "E 1" um einen offensichtlichen Schreibfehler handelte. Zudem hat der Anmelder mit Eingabe vom 6. Dezember 2004 einen neuen Anspruch 1 eingereicht, der zusätzlich das (fakultative) Merkmal "vorzugsweise über die Lautsprecher der Audioanlage des Fahrzeugs" enthält. Im Bescheid vom 20. Dezember 2004 (3. Prüfungsbescheid) hat die Prüfungsstelle dieses weitere Merkmal als echtes (notwendiges) Merkmal behandelt und darauf hingewiesen, dass der Gegenstand dieses Anspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. In diesem Bescheid hat die Prüfungsstelle die entscheidenden Entgegenhaltungen im einzelnen zutreffend zitiert, so dass der Prüfungsstelle kein mangelhafter Prüfungsbescheid vorzuwerfen ist. Auch eine Verletzung des rechtlichen Gehörs ist nicht feststellbar. Die Prüfungsstelle hat sich in mehreren Bescheiden, auf die sich der Anmelder jeweils äußern konnte, und im Beschluss mit den jeweiligen Anspruchsmerkmalen ausführlich beschäftigt und eine im Wesentlichen fundierte rechtliche Beurteilung abgegeben. Dabei hat sie sich auch mit den rechtlichen Argumenten des Anmelders in dessen Eingaben auseinandergesetzt. Kein die Rückzahlung der Beschwerdegebühr rechtfertigender Grund ist es, wenn die rechtliche Beurteilung der Prüfungsstelle in einzelnen Punkten von derjenigen des Senats abweicht (Schulte, PatG, 7. Aufl., § 80 Rdnr. 68, § 73 Rdnr. 127).






BPatG:
Beschluss v. 07.02.2006
Az: 17 W (pat) 70/05


Link zum Urteil:
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