Oberlandesgericht Düsseldorf:
Urteil vom 26. Februar 2002
Aktenzeichen: I-20 U 17/02

(OLG Düsseldorf: Urteil v. 26.02.2002, Az.: I-20 U 17/02)

Tenor

Die Berufung der Antragstellerin gegen das Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 17. Oktober 2001 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Antragstellerin.

Gründe

Die Antragstellerin gibt u.a. die Wochenzeitschrift "F. M." heraus. Die Antragsgegnerin verlegt u.a. die ebenfalls wöchentliche erscheinende "W.".

In einem an sogenannte "Mediaplaner" gerichteten Rundschreiben der Antragsgegnerin heißt es u.a.:

"... bewahren Sie auch bei warmen Temperaturen einen kühlen Kopf und lassen sich von ein paar &.8216;eiskalten&.8217; Fakten zum einzigen wöchentlichen Wirtschaftsmagazin überzeugen. Denn W. baut ihre Marktpoisition als Wirtschaftsspezialist unter den Wochenmagazinen weiter aus."

Die Antragstellerin macht geltend, die in dem Rundschreiben enthaltene Alleinstellungswerbung sei unrichtig. Auch bei "F. M." und anderen wöchentlich erscheinenden Titeln wie "A. R.", "B. O.", "T." und "E. a. S." handele es sich um Wirtschaftsmagazine.

Die Antragsgegnerin trägt demgegenüber vor, Medienplaner unterschieden zwischen Wirtschaftsmagazinen und Anlegertiteln. Danach sei die "W." tatsächlich als das einzige wöchentliche Wirtschaftsmagazin anzusehen.

Das Landgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Unterlassung der Bewerbung von "W." als dem einzigen wöchentlichen Wirtschaftsmagazin - unter Aufhebung des zunächst antragsgemäß ergangenen Beschlusses vom 23. August 2001 - mit Urteil vom 17. Oktober 2001 zurückgewiesen.

Die gegen das Urteil gerichtete Berufung der Antragstellerin hat keinen Erfolg.

1.

Der Erlass einer einstweiligen Verfügung scheitert allerdings nicht bereits an einer mangelnden Dringlichkeit, § 25 UWG.

Auf ihre im Termin vom 26. September 2001 vorgetragene Behauptung, die Antragstellerin habe bereits frühzeitig von der Verbreitung der beanstandeten Äußerung Kenntnis gehabt, ist die Antragsgegnerin nicht mehr zurückgekommen.

Die Antragstellerin hat auch alles unternommen, um den Beschluss des Landgerichts vom 23. August 2001 zu vollziehen. Die Entscheidung ist ordnungsgemäß zugestellt worden. Zwar fehlte es - trotz der Anordnung des Gerichts - an der Zustellung auch der Antragsschrift nebst Anlagen. Das ist aber unschädlich, weil der Beschluss aus sich verständlich war und der Tenor nicht auf die Antragsschrift oder Anlagen Bezug nahm (vgl. Berneke, Die einstweilige Verfügung in Wettbewerbssachen, Rdnr. 316).

2.

Jedoch besteht ein Verfügungsanspruch nicht. Auf Grund der vorgelegten Unterlagen erscheint es dem Senat nicht überwiegend wahrscheinlich, dass die angegriffene Aussage eine unzutreffende Alleinstellungswerbung ist.

a) Da sich das beanstandete Rundschreiben der Antragsgegnerin allein an sogenannte "Mediaplaner" gerichtet hat und sich die Antragstellerin - nunmehr ausdrücklich - sich auch nur gegen eine Verbreitung der Aussage an "Mediaplaner" wehrt, ist allein der Sprachgebrauch dieser Gruppe maßgeblich. Darüber sind sich die Parteien einig.

b) Bereits das allgemeine Publikum verbindet mit dem Begriff "Magazin" eher ein Zeitschrift mit dem Anspruch auf eine breit angelegte und umfassende Information auf dem betreffenden Gebiet. Zwar bedeutet das Wort zunächst nichts anderes als "Zeitschrift" (vgl. BGH GRUR 1999, 235 - Wheels Magazine), so dass man unter einem "Wirtschaftsmagazin" schlicht eine Zeitschrift über wirtschaftliche Themen verstehen könnte. Bereits bei der - dem Verkehr bekannten - Ursprungsbedeutung als "Vorratslager" schwingt jedoch der Eindruck der "Fülle" und "Vollständigkeit" mit. Der Sprachgebrauch der Kunden wurde zudem durch die lange Zeit vorherrschenden Titel mit einem derartigen Anspruch geprägt. Sowohl im politischen Bereich (z.B. "S.") als auch im wirtschaftlichen Bereich (z.B. "W.") gab es bedeutende Titel auf dem Markt, die auf dem betreffenden Gebiet eine umfassende Berichterstattung boten - und nicht nur eine Berichterstattung mit Blick auf bestimmte Themenbereiche oder unter dem Blickwinkel bestimmter Interessenten ausgewählter Themen. Auch das Fernsehen verwendete den Begriff "Magazin" für thematisch breit angelegte Sendungen. Bei Wirtschaftstiteln wurden auch Interessen der unternehmerisch tätigen Geschäftsleute berücksichtigt, was das Angebot einer breiten Themenpalette notwendig machte.

Durch die wirtschaftlichen Umbrüche der letzten Jahre haben sich die Gewichte insoweit verschoben, als sich für weite Teile des Publikums die Interessen an der Finanzanlage immer mehr in den Vordergrund geschoben haben. Für diese Kreise sind Nachrichten über Unternehmen, die keine Anlagemöglichkeit bieten, sowie allgemeine Nachrichten, die keine oder kaum Auswirkungen auf den Finanzmarkt haben, weniger interessant. Aus diesem Grunde sind verstärkt speziell auf den Anleger ausgerichtete Titel erschienen.

Es haben sich mithin bereits aus der Sicht des allgemeinen Publikums - mindestens - zwei Parteien von Titeln im Wirtschaftsbereich herausgebildet, deren Themenauswahl und Zielgruppen sich zwar überschneiden, die sich aber infolge unterschiedlicher Gewichtung und Themenbreite deutlich unterscheiden. Unter einem "Wirtschaftsmagazin" wird dabei auf Grund der historischen Erfahrung eher ein Titel mit einem breiten und umfassenden Themenangebot aus der Wirtschaft verstanden, während die speziell auf Finanzanleger ausgerichteten Titel eher als "Finanzmagazin" oder "Anlegermagazin" bezeichnet werden.

Das Wort "Wirtschaftsmagazin" kann nicht deswegen als Oberbegriff verstanden werden, weil auch "Anlegermagazine" sich mit der Wirtschaft befassen. Wie bereits ausgeführt, neigt der Kunde dazu, nur diejenigen Magazine als "Wirtschaftsmagazine" zu bezeichnen, deren Themenpalette sämtliche Wirtschaftsbereiche abdeckt. Pointiert ausgedrückt, befassen sich "Anlegermagazine" mit der Wirtschaft allein unter dem Blickwinkel des "share holder value", während "Wirtschaftsmagazine" auch den "stake holder value" berücksichtigen. Als Oberbegriff für alle wirtschaftlich orientierten Presseerzeugnisse kommen Worte wie "Wirtschaftspresse" oder "Wirtschaftstitel" in Betracht, die keine thematische Breite ausdrücken.

b) Unter Zugrundelegung des vorliegenden Materials kann der Senat nicht davon ausgehen, dass sogenannte "Mediaplaner" von einem anderen Begriffsverständnis ausgehen.

Die von der Antragstellerin vorgelegte Anlage AG 3 betrifft ausweislich der Überschrift zwar "Wirtschaftsmagazine", erläutert diesen Begriff aber als "13 Publikumszeitschriften aus dem Segment der Wirtschaftspresse". Die Anlage AG 4 nennt keinen Oberbegriff. Das Gleiche gilt von der Anlage Ast 8.

Demgegenüber hat die Antragsgegnerin, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, einige Unterlagen vorgelegt (Anlagen B 3: Auszug aus Artikel in "textintern"; Anlage B 4: Auszug aus "horizont"), in denen ausdrücklich unter Bezugnahme auf die verschiedenen Schwerpunkte eine Unterscheidung zwischen "Wirtschaftsmagazinen" und "Anlegermagazinen" getroffen wird.

Die eidesstattliche Versicherung von Frau Dr. D. steht dem letztlich nicht entgegen. Zwar erklärt sie, nach ihren Erfahrungen sei für Medienplaner bei "Wirtschaftsmagazinen" - verstanden in einem weiten Sinne - "eine weitere Untergruppierung" nicht erforderlich. Sie gesteht aber gleichzeitig zu, dass es sinnvoll sein könne, eine Werbung für ein spezielles Wertpapier eher in einem "Wirtschaftsmagazin mit stärkerem Anlegerbezug" zu schalten. Das unterstützt eher die obige Bemerkung, dass "Wirtschaftsmagazine" (verstanden im oben angesprochenen engen Sinne) und "Anlegermagazine" vielfach überschneidende Themen und Leserkreise ansprechen, dass es aber deutliche Unterschiede bei Schwerpunkten bei der Themenauswahl sowie dadurch bedingt auch unterschiedliche Lesergruppen gibt. Das führt dazu, dass z.B. auf "Anleger" bezogene Anzeigen sowohl für "Anlegermagazine" als auch für "Wirtschaftsmagazine" "geeignet" sind, während andere Anzeigen eher entweder in "Anlegermagazinen" oder "Wirtschaftsmagazinen" ihre Wirkungen optimal entfalten können. Von daher ist eine Unterscheidung für Medienplaner jedenfalls bei gewissen Anzeigen von Belang.

Letztlich ergibt sich aus dem für Medienplaner bestimmten "Content Guide", dass "Wirtschaftstitel" nicht gleich "Wirtschaftstitel" ist. Andernfalls wären Untersuchungen z.B. über Themenschwerpunkte und Leserrelevanz überflüssig.

Dass "Wirtschaftsmagazin" im obigen Sinne zu verstehen ist, lässt sich auch dem weiteren Inhalt des beanstandeten Schreibens entnehmen. Es betont die "Vielfalt in der Berichterstattung über nationale und internationale Wirtschaftsthemen" sowie der "Ressorts". Damit wird erkennbar gerade das in "textintern" und "horizont" diskutierte Unterscheidungskriterium zwischen "Wirtschaftsmagazin" und "Anlegermagazin" wieder aufgenommen.

Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass Medienplaner als sach- und fachkundige Personen weitaus besser als das allgemeine Publikum in der Lage ist, die zutreffende Bedeutung von "Wirtschaftsmagazin" im beanstandeten Schreiben zu erfassen, und schon von daher grundsätzlich eine Täuschungsgefahr erheblich niedriger anzusetzen wäre.

c) Die Antragstellerin stellt nicht konkret in Abrede, dass es sich bei den anderen wöchentlichen Titeln als der "W." auch aus ihrer Sicht um "anlegerbezogene Wirtschaftstitel" handelt und nicht um Zeitschriften mit einer entsprechend breiteren Thematik. Belegexemplare, die das Gegenteil bekunden könnten, werden nicht vorgelegt. Teilweise geht die Anlegerbezogenheit der fraglichen Zeitschriften bereits aus dem Titel hervor. Das gilt z.B. für das von der Antragstellerin herausgegebene "F. M.". Auch aus dem vorgelegten "Content Guide" ergibt sich bei F. M. ein deutlicher Schwerpunkt bei "Finanzprodukten". Auch im Termin vom 05. Februar 2002 hat die Antragstellerin nicht geltend gemacht, "F. M." und die anderen verwandten Wirtschaftstitel seien von der Schwerpunktsetzung und den Leserkreisen mit der "W." vergleichbar.

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Das Urteil ist kraft Gesetzes nicht revisibel, § 545 Abs. 2 ZPO.

Streitwert für die Berufungsinstanz: 250.000,00 DM






OLG Düsseldorf:
Urteil v. 26.02.2002
Az: I-20 U 17/02


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