Bundespatentgericht:
Beschluss vom 21. Februar 2001
Aktenzeichen: 28 W (pat) 161/00

(BPatG: Beschluss v. 21.02.2001, Az.: 28 W (pat) 161/00)

Tenor

Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluß des Deutschen Patent- und Markenamtes - Markenstelle für Klasse 31 - vom 13. März 2000 aufgehoben, soweit der Widerspruch aus der IR-Marke 649 780 zurückgewiesen worden war. Wegen des Widerspruchs aus dieser IR-Marke wird die Löschung der angegriffenen Marke 398 07 974 angeordnet.

Gründe

I.

Gegen die am 14. Februar 1998 angemeldete und am 5. Juni 1998 eingetragene Wortmarke Fleuroplantfür die Waren der Klasse 31

"Sämereien, Saatgut, Blumenzwiebeln, Stauden, Blumenpflanzen, Gemüsepflanzen"

ist Widerspruch erhoben worden ua aus der IR-Marke 649 780 FLEUROP, die seit 1995 Schutz genießt für Produits et/ou services groupes par classes :

26 Fleurs artificielles.

27 Semences, plantes et fleurs naturelles.

36 Exploitation d'un service d'operations de compensation (clearing) ; transfert de notes de debits et de credits se rapportant à la transmission et reception de commandes electroniques pour les cadeaux, fleurs, plantes et arrangements de plantes.

38 Transmission et reception de commandes electroniques pour des cadeaux, fleurs plantes et arrangements de plantes.

39 Organisation de l'echange et de la livraison de produits entre et par les fleuristes, aussi bien à l'interieur du pays qu'à l'etranger.

Die Markenstelle für Klasse 31 hat den Widerspruch mit Beschluß vom 13. März 2000 zurückgewiesen. Zwar sei die Widerspruchsmarke identisch in der angegriffenen Marke enthalten. Jedoch auch unter Berücksichtigung einer erhöhten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke bestehe keine Markenähnlichkeit, da die natürliche Silbengliederung der angegriffenen Marke Fleuroplant laute und nicht Fleuroplant. Die Widerspruchsmarke trete damit nicht mit der erforderlichen betriebskennzeichnenden Selbständigkeit in der angegriffenen Marke hervor.

Dagegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie hält die Kollisionszeichen sowohl schriftbildlich als auch klanglich für ähnlich. Aufgrund des Bekanntheitsgrades der Widerspruchsmarke müsse von einer gesteigerten Kennzeichnungskraft ausgegangen werden. Die angegriffene Marke stimme mit der Widerspruchsmarke in Silben von elf Buchstaben überein, so daß eine Verwechslungsgefahr geradezu auf der Hand liege. In klanglicher Hinsicht werde der Verkehr die angegriffene Marke in die Silben Fleurop-(p)lant aufspalten. Die Endsilbe "plant" entstamme dem englischen Wortschatz und bedeute übersetzt Pflanze, weshalb dem Wortanfang der angegriffenen Marke mehr Bedeutung zukomme. Der Gesamteindruck beider Kollisionszeichen werde somit geprägt durch den übereinstimmenden Zeichenbestandteil Fleurop. Darüber hinaus bestehe auch eine mittelbare Verwechslungsgefahr, da der Verbraucher die angegriffene Marke für eine Untermarke der Widerspruchsmarke halten werde.

Die Widersprechende beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.

Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verteidigt im wesentlichen die angefochtene Entscheidung. für den Verkehr sei die Silbentrennung Fleurroplant eindeutig, was zu der entsprechenden Aussprache führe, so daß eine klangliche Verwechslungsgefahr ausgeschlossen werden könne. Im übrigen weise der Hauptbestandteil der Widerspruchsmarke wegen seiner Ableitung aus dem Französischen "fleur" nur geringe Kennzeichnungskraft auf.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Nach Auffassung des Senates besteht zwischen der angegriffenen Marke und der Widerspruchsmarke die Gefahr von Verwechslungen im Sinne des § 9 Absatz 1 Nr 2 Markengesetz.

Bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr ist von der Ähnlichkeit der Waren, der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke und der Ähnlichkeit der Marke auszugehen. Zwischen diesen Faktoren besteht eine Wechselwirkung, so daß ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Zeichen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren ausgeglichen werden kann und umgekehrt (BGH GRUR 2000; 506, 508 - ATTACHe TISSERAND).

Was die beiderseitigen Waren betrifft, ist von der Registerlage auszugehen. Die sich gegenüberstehenden Waren sind überwiegend identisch, im übrigen besteht zumindest enge Warenähnlichkeit.

Der Widerspruchsmarke kommt eine erhöhte Kennzeichnungskraft zu. Die Markeninhaberin ist dem entsprechenden substantiierten Tatsachenvortrag der Widersprechenden nicht entgegengetreten, so daß die Tatsachen der behaupteten Benutzung und der durch sie bewirkten Verkehrsbekanntheit die maßgeblichen Umstände unstreitig sind. Das hat zur Folge, daß an den von der angegriffenen Marke einzuhaltenden Abstand erhöhte Anforderungen zu stellen sind, denen sie im Ergebnis nicht mehr gerecht wird.

Zwar weisen die Vergleichszeichen im Gesamteindruck deutliche Unterschiede (Wortende bei der prioritätsjüngeren Marke) auf, so daß eine die Verwechslungsgefahr begründende Markenähnlichkeit nur über das beiden Zeichen identische Wort "Fleurop" in Betracht kommt. Dem steht allerdings zunächst der für das Kennzeichnungsrecht maßgebliche Grundsatz entgegen, daß zur Beurteilung der Ähnlichkeit und zeichenrechtlichen Verwechslungsgefahr von Marken auf den jeweiligen Gesamteindruck abzustellen ist. Denn der Schutz eines aus einem Kombinationszeichen herausgelösten Elementes ist dem Markenrecht fremd, so daß es rechtsfehlerhaft wäre, ohne weiteres eine Kollision lediglich aufgrund eines aus einem Gesamtzeichen isoliert entnommenen Elementes feststellen zu wollen. Allerdings kann eine unmittelbare Verwechslungsgefahr "dem Gesamteindruck nach" ausnahmsweise bei Vergleichszeichen, die nur in einem Bestandteil übereinstimmen, dann gegeben sein, wenn der Gesamteindruck eines kombinierten Zeichens nicht durch gleichgewichtige Elemente bestimmt, sondern von einem Element allein geprägt wird, wobei eine bloße Mitprägung nicht ausreicht (BGH GRUR 2000; 223 - Rausch/Elfi Rauch).

In Anwendung dieser Grundsätze ist der Senat der Auffassung, daß der Verkehr vorliegend das angegriffene Zeichen auf das Wort "FLEUROP" zur Benennung als Kenn- oder Merkwort verkürzen und damit diesem Bestandteil allein prägende Wirkung zukommen lassen wird. Kollisionsfördernd wirkt insoweit bereits der Umstand, daß die bekannte Widerspruchsmarke vollständig am Wortanfang der angegriffenen Marke enthalten ist, da erfahrungsgemäß die Gemeinsamkeiten am Wortanfang der Zeichen eher beachtet werden. Das unterschiedliche Wortende fällt demgegenüber klanglich deutlich ab und wird wegen seines eher beschreibenden Sinngehaltes vernachlässigt. Das Wort "plant" entstammt dem englischen Grundwortschatz und bedeutet Pflanze. In diesem Fall handelt es sich für die beanspruchten Waren um eine glatt beschreibende Angabe. Sollte der Verkehr das Wortende als "lant" verstehen, so wäre auch dieses Wortende unmittelbar beschreibend, da es - bei mündlicher Benennung - wie das deutsche Wort "Land" klingt und in der Zusammensetzung mit der Widerspruchsmarke keine eigenständige, das Gesamtzeichen mitprägende Bedeutung hätte.

Bei mündlicher Benennung ist damit die angegriffene Marke im Klangbild der bekannten Widerspruchsmarke in hohem Maße ähnlich. Daß, wie die Markenstelle ausgeführt hat, bei der Silbentrennung eine Veränderung der angegriffenen Marke dahin eintritt, daß der Schlußlaut "p" der älteren Marke zum Anlaut der dritten Silbe in dem jüngeren Zeichen wird (Fleuroplant), ist letztlich im Ergebnis nicht geeignet, das hohe Maß an Ähnlichkeit in der Klangwirkung entscheidend zu beeinflussen (vgl auch BGH GRUR 1998, 924 - Salvent/Salventerol; BPatG, 28 W (pat) 199/99, pavis-SMART/Smartech).

Demnach ist davon auszugehen, daß der Bestandteil "Fleurop" den Gesamteindruck des angegriffenen Zeichens allein prägt, während der weiteren Endsilbe keine für die Herkunftsfunktion beachtliche Bedeutung zukommt. Bei der gegebenen Warenidentität und des erweiterten Schutzumfangs der Widerspruchsmarke kann die Verwechslungsgefahr nicht verneint werden.

Die Beschwerde der Widersprechenden hatte somit im Ergebnis Erfolg.

Anlaß zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bestand indes nicht (§ 71 Abs 1 MarkenG).

Stoppel Martens Kunzebr/wf






BPatG:
Beschluss v. 21.02.2001
Az: 28 W (pat) 161/00


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