Oberlandesgericht München:
Urteil vom 19. Mai 2011
Aktenzeichen: 23 U 5276/09

(OLG München: Urteil v. 19.05.2011, Az.: 23 U 5276/09)

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts Deggendorf vom 18.11.2009 werden zurückgewiesen.

II. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 1/50 und die Beklagte 49/50.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe 110 % des aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 485.122,15 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger war Geschäftsführer und ist Gesellschafter der Beklagten. Mit seiner Klage macht er Abfindungsansprüche für seinen Geschäftsanteil an der Beklagten Zug um Zug gegen dessen Abtretung geltend. Ferner erhebt er Ansprüche aus der Beendigung des Geschäftsführeranstellungsvertrages, insbesondere aufgrund eines Aufhebungsvertrages.

Geschäftsführer und Alleingesellschafter der Beklagten war ursprünglich Herr Karl W. Nachdem dieser am 19.10.2002 einen Herzinfarkt erlitten und ins Koma gefallen war, wurde am 25.10.2002 der Steuerberater P. zum vorläufigen Betreuer bestellt. Am 26.10.2002 wurden der Kläger und Herrn Peter T., die bis dahin Prokuristen der Beklagten waren, zu gleichberechtigten Geschäftsführern der Beklagten berufen. Karl W. verstarb am 28.10.2002. Der Geschäftsführeranstellungsvertrag mit dem Kläger wurde für die Beklagte vom vorläufigen Betreuer P. unterzeichnet und auf den 26.10.2002 datiert.

Mit notarieller Urkunde vom 21.12.2003 (Anlage 2) wurde das Stammkapital der Beklagten erhöht; der Kläger übernahm einen der neuen Geschäftsanteile von nominal 51.000,00 €. Die Beklagte hatte gem. § 8 der bei dieser Gelegenheit neu gefassten Satzung einen Aufsichtsrat, zu dessen Aufgaben die gerichtliche und außergerichtliche Vertretung der Gesellschaft gegenüber der Geschäftsführung gehört (§ 10 Abs. 2 lit. g) der Satzung). Nach § 15 Abs. 2 lit. d) kann der Aufsichtsrat die Einziehung des Geschäftsanteils beschließen, wenn die Organstellung eines Gesellschafter-Geschäftsführers endet. Die Abfindung ausscheidender Gesellschafter ist in § 17 der Satzung geregelt.

Am 05.10.2007 unterzeichneten der Kläger und im Namen der Beklagten deren Aufsichtsratsmitglied Frank E. einen Aufhebungsvertrag (Anlage 6). Nach diesem Vertrag legte der Kläger mit Wirkung zum 05.10.2007 sein Amt als Geschäftsführer nieder. Der Geschäftsführeranstellungsvertrag sollte bei Fortzahlung der Bezüge erst zum 31.12.2007 enden.

Die Satzung der Beklagten wurde am 10.12.2008 neu gefasst und ein Aufsichtsrat nicht mehr vorgesehen.

Der Kläger hat beantragt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 60.614,91 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit 01.01.2008 zu bezahlen, und zwar Zug um Zug gegen Übertragung des Geschäftsanteils des Klägers an den Beklagten in Höhe von nominal 51.000,00 € entsprechend den Bestimmungen der Urkunde des Notars R., D., vom 21.12.2003 URNr. ...88/2003 Abschnitt E (3) c), Abschnitt F § 15 d) und § 17 (6) entweder an die Beklagte selbst, oder einen von dieser zu benennenden Dritten oder nach Wahl der Beklagten Zug um Zug gegen die Zustimmung des Klägers, die Einziehung seines Geschäftsanteils zu dulden.

2. Verlangt die Beklagte die Übertragung des genannten Geschäftsanteils an einen von ihr zu benennenden Dritten, ist sie verpflichtet, den Kläger hinsichtlich seiner Verpflichtung zur Bezahlung der auf den genannten Geschäftsanteil zu erbringenden restlichen Stammeinlage in Höhe von 28.242,56 € auf Dauer freizustellen und freizuhalten.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 17.437,50 € zu bezahlen, und zwar 8.718,75 € verzinslich mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 04.12.2007, 8.718,75 € seit 04.01.2008, ferner 15.485,52 € (als Urlaubsabgeltung), verzinslich seit Rechtshängigkeit sowie 9.241,11 € fällig mit Feststellung der Bilanz der Beklagten und Feststellung der Bilanz der Firma W. GmbH & Co. KG jeweils für das Geschäftsjahr 2007.

4. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger ein wohlwollendes qualifiziertes Zeugnis zu erteilen.

5. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger für das Jahr 2007 eine Jahressteuerbescheinigung zu erteilen.

6. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger die Urschrift folgender Versicherungspolicen auszuhändigen:

Direktlebensversicherung der A. Nr. .../137, Nr. .../201 und Nr. .../205.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen und im Wege der Teilwiderklage den Kläger zu verurteilen, an die Beklagte und Widerklägerin 147.021,98 € nebst 5 % Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Kläger und Widerbeklagte hat beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Das Landgericht Deggendorf hat der Klage bis auf den Betrag von 9.241,11 € stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Auf die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts Deggendorf wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.

Hiergegen richten sich die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers.

Die Beklagte rügt, dass das Landgericht zentrale Aspekte ihres Vortrags außer Acht gelassen habe und Beweisangebote übergangen habe. Beim Klageantrag zu 1) habe das Landgericht nicht berücksichtigt, dass sich die Abfindung nach § 17 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages nach dem wirklichen Wert des Geschäftsanteils bemesse. Schon wegen der Verluste in den Jahren 2006 und 2007 sei keine Abfindung für den Geschäftsanteil zu leisten. Für das Kalenderjahr 2007 belaufe sich der Verlust auf 346.764,89 €. Das Landgericht habe auch die Beweisangebote zur Richtigkeit des Ergebnisses der Nachtragsprüfung für das Geschäftsjahr 2006 und der Bilanz für das Geschäftsjahr 2007 übergangen. Der Geschäftsführeranstellungsvertrag sei unwirksam, da der Zeuge P. bei Vertragsschluss nicht vertretungsberechtigt gewesen sei. Entgegen der Ansicht des Landgerichts sei der unwirksame Geschäftsführeranstellungsvertrag in der Folgezeit nicht bestätigt oder genehmigt worden. Deshalb hätten dem Kläger die Zahlungen, die er sich selbst eingeräumt habe und dann für die auf den Gesellschaftsanteil zu leistenden Zahlungen verwendet habe, nicht zugestanden. Aufgrund des nichtigen Geschäftsführeranstellungsvertrages stünden dem Kläger auch keine anderen vertraglichen Ansprüche, wie die auf Urlaubsabgeltung oder auf Erteilung eines Zeugnisses, zu.

Ein wirksamer Aufhebungsvertrag sei nicht zustande gekommen, da die Beklagte durch das Aufsichtsratsmitglied Frank E. nicht ordnungsgemäß vertreten worden sei. Im Übrigen werde der Aufhebungsvertrag wegen arglistiger Täuschung angefochten.

Der mit der Anschlussberufung geltend gemachte Betrag stehe dem Kläger nicht zu, da sowohl der Anstellungsvertrag als auch der Aufhebungsvertrag nichtig seien und im Übrigen im Jahr 2007 nur Verluste erwirtschaftet worden seien.

Der Kläger habe während seiner Geschäftsführertätigkeit die Beklagte in verschiedener Hinsicht geschädigt. Mit diesen Schadensersatzforderungen rechnet die Beklagte hilfsweise auf und stützt im Übrigen ihre Teilwiderklage hierauf.

Die Beklagte beantragt,

das Endurteil des Landgerichts Deggendorf vom 18.11.2009 aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Deggendorf zurückzuverweisen,

hilfsweise, die Klage abzuweisen und den Kläger und Widerbeklagten zu verurteilen, an die Beklagte und Widerklägerin 147.021,98 € nebst 5 % Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Mit seiner Anschlussberufung verfolgt er den abgewiesenen Zahlungsantrag in Höhe von 9.241,11 € nebst Zinsen weiter.

Die Beklagte beantragt insoweit die Zurückweisung der Anschlussberufung.

Der Kläger vertritt die Auffassung, dass ihm auch die vom Landgericht abgewiesene Abfindungszahlung aufgrund des Aufhebungsvertrages zustehe. Dieser sei wirksam zustande gekommen. Das Aufsichtsratsmitglied Frank E. habe die Gesellschaft wirksam vertreten. Etwaige Gegenansprüche der Beklagten bestünden nicht und seien auch durch den Aufhebungsvertrag ausgeschlossen. Im Übrigen verteidigt der Kläger die Feststellungen im erstinstanzlichen Urteil.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Einvernahme der Zeugen E., K., He. und Ha. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsprotokolle vom 09.12.2010 (Bl. 284/294 d. A.) und vom 24.03.2011 (Bl. 319/326 d. A.) verwiesen.

Im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsprotokolle vom 24.06., 07.10., 09.12.2010 und 24.03.2011 Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung und Anschlussberufung bleiben in der Sache ohne Erfolg.

I. Die Berufung und die Anschlussberufung sind zulässig. Seit der Satzungsneufassung vom 10.12.2008 (Anl. zu Bl. 202/212) hat die Beklagte keinen Aufsichtsrat mehr, so dass sie bei der Einlegung der Berufungen ordnungsgemäß durch ihren Geschäftsführer vertreten war.

Durch die Satzungsänderung der Beklagten vom 10.12.2008 wurde die Klage vor Schluss der mündlichen Verhandlung, worauf abzustellen ist (Thomas/Putzo, ZPO, 31. Aufl., § 253 Rdnr. 10), zulässig.

II. Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg. Das Landgericht hat der zulässigen Klage zu Recht überwiegend stattgegeben.

1. Der Kläger hat in Folge seiner Abberufung als Geschäftsführer gem. § 17 Abs. 6 der Satzung vom 31.12.2003 Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung einer Abfindung in Höhe von 60.619,87 € Zug um Zug gegen Übertragung seines Geschäftsanteils an der Beklagten.

39a. Maßgeblich ist die Satzung vom 31.12.2003. Der Kläger ist bereits vor Neufassung der Satzung als Geschäftsführer abberufen worden. Eine rückwirkende Änderung der speziell für Geschäftsführer-Gesellschafter geltenden Abfindungsregelung durch die ohne Beteiligung des Klägers beschlossene Satzungsänderung vom 10.12.2008 ist nicht möglich. Dementsprechend gehen auch beide Parteien übereinstimmend davon aus, dass sich die Abfindung des Klägers nach der Satzung vom 21.12.2003 richtet.

40b. § 17 Abs. 6 der Satzung vom 21.12.2003 enthält eine Sonderregelung für die Stammeinlagen zu jeweils 51.000,-- €, die von den jeweiligen Geschäftsführern der Gesellschaft gehalten werden sollen. Diese Regelung geht der Regelung in § 17 Abs. 2 vor, wonach sich die Abfindungen nach dem wirklichen Wert des Geschäftsanteils bemisst. Dies ergibt sich eindeutig aus dem Wortlaut des Absatzes 6, der mit den Worten beginnt €Abweichend hiervon gilt ...€. Der Kläger wurde durch Gesellschafterbeschluss vom 26.12.2002 wirksam zum Geschäftsführer bestellt. Auf Grund § 3 des Aufhebungsvertrages vom 5.10.2007 legte der Kläger sein Amt als Geschäftsführer mit Wirkung zum 5.10.2007 nieder. Auf die Frage, ob der Aufhebungsvertrag wirksam zustande gekommen ist, kommt es insoweit nicht an, da der Kläger jedenfalls seine Organstellung rechtswirksam beendet hat. Nach dem Gesellschaftsvertrag hat der Kläger, der unstreitig noch Gesellschafter der Beklagten ist, bereits mit Ende seiner Organstellung als Geschäftsführer einen fälligen Abfindungsanspruch zum Ende des Geschäftsjahres, in dem er abberufen wurde. Dies ergibt sich aus der § 17 Abs. 6 letzter Satz i.V.m. § 15 Abs. 2 lit. d) der Satzung. Der Kläger, dessen Organstellung endete, ist nämlich nach § 15 Abs. 2 lit. d) einerseits verpflichtet, einen Geschäftsanteil an die Gesellschaft zu übertragen, dessen Einziehung zu dulden, oder den Geschäftsanteil an einen von der Gesellschaft benannten Dritten abzutreten, andererseits ist seine Abfindung nach § 17 Abs. 6 letzter Satz in einer Summe zum Ende des Geschäftsjahres zur Zahlung fällig, sofern der Gesellschafter sich Zug um Zug gegen Zahlung seiner Zustimmung zur Einziehung oder Abtretung seines Geschäftsanteils erklärt.

41Der Einwand der Beklagten, da der Geschäftsführeranstellungsvertrag nichtig sei, könne auch nicht die für Geschäftsführer geltende Berechnungsmethode Anwendung finden, übersieht, dass es insoweit auf die Organstellung des Klägers ankommt.

c. Dem Kläger steht der Abfindungsanspruch in der geltend gemachten Höhe von 60.619,87 € zu, der sich aus dem Nominalbetrag der geleisteten Einzahlungen in Höhe von 22.757,44 € und dem anteilig auf den Geschäftsanteil des Klägers entfallenden Gewinn der Geschäftsjahre 2003 - 2006 in Höhe von insgesamt 37.862,43 € zusammensetzt. Ein Aufgeld wurde unstreitig nicht gezahlt.

Dem Vortrag des Klägers, er habe auf die übernommene Stammeinlage 22.757,44 € gezahlt, hat die Beklagte lediglich entgegengesetzt, dem Kläger stünden wegen Unwirksamkeit des Geschäftsführeranstellungsvertrages gewisse Zahlungen nicht zu. Insoweit kämen allenfalls Rückforderungsansprüche der Beklagten in Betracht. Soweit sie in 1. Instanz mit diesen hilfsweise die Aufrechnung erklärt hat, hat sie diese in der Berufungsinstanz insoweit nicht aufrechterhalten (vgl. zur Hilfsaufrechnung nunmehr Bl. 283, 247/249 d. A.). Rückforderungsansprüche bezüglich der geleisteten Einlagen bestehen im Übrigen schon dem Grunde nach nicht. Aus der von der Beklagten vorgelegten Übersicht über die Abfindungsansprüche der Herren Kl. und T.(Anlage B 16) ergibt sich, dass auch diese davon ausgeht, dass der Kläger jedenfalls 22.752,48 € auf die Stammeinlage eingezahlt hat. Soweit die Beklagte in II. Instanz im Schriftsatz vom 16.08.2010 unter Hinweis auf Anlage B 25 (gemeint ist B 27) ohne nähere Begründung lediglich einen Betrag von 6.000,-- € als geleistete Einzahlungen anerkennen will, ist ihr Vorbringen weder schlüssig noch nachvollziehbar, da sich auch aus der beigefügten Anlage ein €Nominalbetrag der geleisteten Einlage€ von 22.752,48 € ergibt.

Dass der Kläger an die Beklagten am 29.04.2004 12.750,-- €, am 28.12.2004 2.002,48 € und am 01.12.2005 2.000,-- €, am 12.04.2007 2000.-- € und am 21.09.2007 4004,96 € auf die ausstehende Einlage überwiesen hat, ergibt sich nach Überzeugung des Senats aus den vom Kläger als Anlage 15 zum Schriftsatz vom 04.05.2009 vorgelegten Überweisungsträgern und Kontoauszügen, denen die Beklagte nicht Substantiiertes entgegengehalten hat.

Hinsichtlich der vom Kläger geltend gemachten Gewinnanteile in Höhe von insgesamt 37.862,43 € hat die Beklagte lediglich hinsichtlich des Geschäftsjahrs 2006 konkrete Einwendungen erhoben. Unstreitig ist insbesondere, dass der Kläger aufgrund eines Beschlusses der Gesellschafterversammlung vom 22.07.2004 bereits ab dem Geschäftsjahr 2003 am Gewinn beteiligt werden sollte. Der Berechnung des Klägers der verbleibenden offenen Reserven aus den Geschäftsjahren 2003 - 2005 ist die Beklagte nicht entgegengetreten. Die vom Kläger angegebenen Beträge finden sich auch in den Aufstellungen B 16 und B 27. Lediglich hinsichtlich des Geschäftsjahres 2006 hat die Beklagte vorgetragen, dass der Jahresabschluss zu berichtigen sei. Ein wirksam entstandener Anspruch auf Gewinnauszahlung ist jedoch endgültig und kann als Gläubigerrecht durch späteren Gesellschafterbeschluss nicht mehr abgeändert oder entzogen werden. Auch der Mangel an flüssigen Mitteln oder Verluste späterer Jahre ändern daran nichts und berechtigen die Gesellschaft nicht zur Verweigerung der Auszahlung (Hueck/Fastrich in Baumbach/Hueck, GmbHG, 19. Aufl., § 29 Rn. 50).

Die Argumentation der Beklagten, aufgrund der Korrektur des Gesamtergebnisses sei gar keine Ablöse für den Gesellschaftsanteil zu leisten, verkennt, dass der Kläger für das Geschäftsjahr 2007 keine Gewinnanteile geltend macht und dass sich die Berechnung der Abfindung nicht nach dem Verkehrswert bemisst (s.o. Ziff. 2). Das Ergebnis des Jahres 2007 ist irrelevant, da die Gesellschafter nicht unmittelbar am Verlust der Gesellschaft beteiligt wurden (Hueck/Fastrich in Baumbach/Hueck, aaO., § 29 Rn. 6). Etwas anderes ergibt sich schon deshalb nicht aus dem Aufhebungsvertrag vom 05.10.2007, in dem sich der Kläger in § 10 Abs. 2 verpflichtet hat, seinen Geschäftsanteil gegen Zahlung von 12.750,-- € an Frau Juliane W. abzutreten, da dieser Vertrag nicht wirksam zustande gekommen ist (s.u. Ziff. II. 2).

d. Der Klageantrag zu 2) ist als Feststellungsantrag auszulegen. Gegen die Verurteilung dazu, dem Kläger hinsichtlich seiner Verpflichtung zur Bezahlung der auf den genannten Geschäftsanteil zu erbringenden restlichen Stammeinlagen in Höhe von unstreitig 28.242,56 € auf Dauer freizustellen und freizuhalten, wenn die Beklagte die Übertragung des genannten Geschäftsanteils an einen von ihr zu benennenden Dritten verlangt, wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung nicht.

2. Dem Kläger steht ferner der Anspruch auf Urlaubsabgeltung in Höhe von 15.485,52 € zu. Entgegen der Auffassung des Landgerichts folgt dieser Anspruch allerdings nicht aus § 2 Abs. 3 des Aufhebungsvertrages vom 05.10.2007, da dieser nicht wirksam zustande gekommen ist.

a. Nach § 10 Abs. 2 lit. g) der zum damaligen Zeitpunkt maßgeblichen Satzung vom 21.12.2003 (Anlage 2) wurde die Gesellschaft gegenüber der Geschäftsführung gerichtlich und außergerichtlich durch den Aufsichtsrat vertreten. Aufsichtsratsmitglieder waren Frau Juliane W. sowie die Herren Prof. R., E. und K. Der Aufhebungsvertrag vom 05.10.2010 wurde für die Gesellschaft lediglich von Herrn Frank E. €i. A.€ unterschrieben. Der Kläger konnte nicht nachweisen, dass es zu dem Aufhebungsvertrag einen Aufsichtsratbeschluss entsprechend § 108 AktG gab. Das Aufsichtsratsmitglied Frank E. konnte daher nicht als bloßer Erklärungsvertreter des Aufsichtsrates bei Unterschrift des Aufhebungsvertrages handeln. Es kann offen bleiben, ob § 9 Abs. 5 der Satzung dem Aufsichtsratsvorsitzenden, wie der Kläger meint, auch die Befugnis einräumt, den Aufsichtsrat alleine gegenüber der Geschäftsführung zu vertreten. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hat der Vorsitzende des Aufsichtsrates, Herr K., das weitere Aufsichtsratsmitglied Herrn E. nicht dazu bevollmächtigt, im Namen des Aufsichtsrates zu handeln und mit dem Kläger einen Aufhebungsvertrag im Namen der Gesellschaft abzuschließen.

Der Zeuge E. hat zwar ausgesagt, dass er das Ausscheiden des Klägers als Geschäftsführer regeln sollte. Zugleich hat er jedoch dargelegt, dass es noch einen Beschluss des Aufsichtsrats geben sollte, wenn der Vertrag fertig ausgehandelt war. Auch nach der Äußerung des Zeugen K. sei klar gewesen, dass der Aufsichtsrat darüber noch zu beschließen habe. Bei der späteren Aufsichtsratssitzung über den Aufhebungsvertrag habe zwar Herr K. ihnen Nahe gelegt, die Sache schnellstmöglich zu beenden. Wenn sie das tatsächlich gewollt hätten, hätten sie dies nach Aussage des Zeugen auch beschlossen.

Der Zeuge K. gab an, mit dem Kläger keine Gespräche zum Aufhebungsvertrag geführt zu haben. Offensichtlich habe der Kläger per E-Mail einen Vorschlag übersandt. Er habe zu einer Bevollmächtigung des Herrn E. zum Abschluss eines Aufhebungsvertrages keine Befugnis gehabt.

Die beiden Zeuge haben die Behauptung des Klägers, es habe einen Aufsichtsratsbeschluss über den Abschluss des Aufhebungsvertrages oder zumindest ein Bevollmächtigung des Zeugen E. durch den Aufsichtsratsvorsitzenden K. gegeben, nicht bestätigt, auf eine Glaubwürdigkeitsbeurteilung der Zeugen kommt somit nicht mehr an.

Der Kläger konnte ferner nicht nachweisen, dass der Aufhebungsvertrag nachträglich durch den Aufsichtsrat oder dessen Vorsitzenden ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt wurde. Eine solche Genehmigung ergibt sich insbesondere nicht aus Ziff. 6 des Protokolls der Aufsichtsratssitzung vom 12.12.2007 (Anl. B 22). Zwar empfahl danach der Vorsitzende des Aufsichtsrates, Herr K., €die Auszahlung der Vereinbarung/Gehälter, damit der Vertrag nicht insgesamt in Frage gestellt wird.€ Die anderen Aufsichtsratsmitglieder haben sich aber mit dem Vertrag gerade nicht einverstanden erklärt. Ferner wurde der Vertrag von der Beklagten auch nicht durchgeführt.

Es ist nicht treuwidrig im Sinne von § 242 BGB, dass sich die Beklagte auf die fehlende Vertretungsmacht des Aufsichtsratsmitglieds Frank E. beruft. Dem Kläger musste als Geschäftsführer die Satzung der Beklagten bekannt sein und damit auch bewusst sein, dass zum Abschluss eines Aufhebungsvertrages mit ihm ausschließlich der Aufsichtsrat legitimiert ist.

b. Der Anspruch des Klägers auf Urlaubsabgeltung ergibt sich allerdings aus § 7 Abs. 2 Satz 2 des Geschäftsführeranstellungsvertrages (Anlage 5). Zwar ist nach den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts, auf die Bezug genommen wird, der Geschäftsführeranstellungsvertrag mit dem Kläger nicht wirksam zustande gekommen, da zum Zeitpunkt des Abschlusses der Zeuge P. für die Gesellschaft nicht mehr vertretungsberechtigt war. Entgegen der Auffassung des Landgerichts lag aber keine wirksame Genehmigung des schwebend unwirksamen Vertrages vor, da weder der Aufsichtsrat noch die Gesellschafterversammlung Zweifel an der Wirksamkeit des Vertrages hatten und es somit bereits an einem Genehmigungswillen fehlte. Insbesondere sollte durch die Aufhebungsvereinbarung vom 05.10.2007 nicht ein schwebend unwirksamer Vertrag bestätigt, sondern vielmehr ein vermeintlich wirksamer Vertrag beendet werden.

Auf den unwirksamen Geschäftsführeranstellungsvertrag sind allerdings die Grundsätze des fehlerhaften Arbeitsverhältnisses sinngemäß anwendbar (BGH NJW 2000, 2983). Der Vertrag ist danach für die Dauer der Tätigkeit des Klägers so zu behandeln, als wäre er wirksam zustande gekommen und kann lediglich für die Zukunft jederzeit auch ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes aufgelöst werden (BGH, a.a.O. ). Der fehlerhafte Geschäftsführeranstellungsvertrag wurde erst zum 31.12.2007 beendet. Zwar wurde der in § 1 des Aufhebungsvertrages enthaltene Beendigungstermin nicht wirksam vereinbart (s. o.), er enthält jedoch die Erklärung des Klägers, ab diesem Zeitpunkt sein Vertragsverhältnis mit der Beklagten als beendet anzusehen. Eine anderweitige Erklärung einer der Parteien, den Geschäftsführeranstellungsvertrag bereits zu einem früheren Zeitpunkt zu beenden, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.

Nach § 7 Abs. 2 Satz 3 des Geschäftsführeranstellungsvertrages ist der Urlaubsanspruch abzugelten, wenn der Jahresurlaub nicht eingebracht werden kann, weil die Interessen der Gesellschaft entgegenstehen. Ferner wird in § 7 Abs. 3 das Bundesurlaubsgesetz für entsprechend anwendbar erklärt. Aus der vertraglichen Regelung und § 7 Abs. 4 BUrlG ergibt sich, dass dem Kläger ein Abgeltungsanspruch zusteht. Der Kläger war unstreitig vom 14.09.2007 bis 19.11.2007 krankgeschrieben und befand sich danach bis 02.01.2008 in einem Reha-Zentrum, wie sich auch aus der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung und dem ärztlichen Entlassungsbericht (Anl. 14) ergibt. Der Kläger war damit nicht in der Lage, den ihm vertraglich zustehenden Urlaub zu nehmen. Für die Berechnung des Abgeltungsanspruchs ist § 7 Abs. 2 Satz 4 des Geschäftsführeranstellungsvertrages maßgeblich. Danach bemisst sich der tägliche Urlaubsabfindungsanspruch nach der Höhe der Bezüge nach § 3 Abs. 1 des Geschäftsführeranstellungsvertrages, berechnet für 30 Arbeitstage (1 ½ Festgehälter). Unstreitig standen dem Kläger noch Urlaubsansprüche aus 2005/2006 in Höhe von 15 Tagen und aus 2007 in Höhe von 25,5 Tagen zu. Bei einem Festgehalt von 100.000,00 € im Jahr stand dem Kläger somit eine Urlaubsabgeltung von 416,66 € je nicht genommenen Urlaubstag, mithin insgesamt 16.875,00 € zu. Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch von 15.485,52 € liegt darunter und ist ihm daher in vollem Umfang zuzusprechen.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.

3. Dem Kläger steht ferner der Anspruch auf Zahlung des Gehalts für die Monate November und Dezember 2007 in Höhe von 17.437,50 € zu. Der Anspruch ergibt sich zwar nicht aus § 2 Abs. 1 des Aufhebungsvertrages, da dieser nicht wirksam zustande gekommen ist (s. o.). Bis zur Beendigung des fehlerhaften Dienstvertrages stand dem Kläger der Anspruch jedoch gem. § 4 des Geschäftsführeranstellungsvertrages zu. Danach verlor er für die Dauer von vier Monaten bei unverschuldeter, persönlicher Dienstverhinderung, insbesondere durch Krankheit seinen Vergütungsanspruch nach § 3 Abs. 1 des Dienstvertrages nicht. Wie bereits ausgeführt, endete der fehlerhafte Dienstvertrag erst zum 31.12.2007. Aus dem Umstand, dass der Kläger entsprechend der unwirksamen Vereinbarung sein Geschäftsführeramt bereits mit Wirkung zum 05.10.2007 niedergelegt und damit seine Organstellung beendet hat, folgt nichts anderes. Die bloße Beendigung der Organstellung hat nicht automatisch auch die Beendigung des Dienstvertrages zur Folge. Wie ebenfalls bereits ausgeführt, wurde eine Beendigung des Dienstvertrages frühestens zum 31.12.2007 erklärt. Nach den Grundsätzen des fehlerhaften Arbeitsverhältnisses ist der Dienstvertrag mit allen Rechten und Pflichten wie ein fehlerfreies zu behandeln (Palandt/Weidenkaff, BGB, 70. Aufl., § 611 Rdnr. 23). Der Kläger kann sich daher darauf berufen, dass er im streitgegenständlichen Zeitraum krankgeschrieben bzw. in Reha-Behandlung war und daher aus persönlichen Gründen im Sinne von § 4 des Geschäftsführeranstellungsvertrages unverschuldet an der Dienstleistung verhindert war.

Der Zinsanspruch ist gem. § 286 Abs. 2 Nr. 1, § 288 Abs. 1 BGB begründet. Nach § 3 Abs. 1 lit. A des Geschäftsführeranstellungsvertrages war die monatliche Vergütung spätestens bis zum 3. Werktag des nachfolgenden Monats zu zahlen. Die Beklagte befand sich daher nach § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB auch ohne Mahnung in Verzug.

4. Die Ansprüche des Klägers sind nicht durch die hilfsweise erklärte Aufrechnung erloschen.

In erster Instanz hatte die Beklagte ihre hilfsweise zur Aufrechnung gestellten Forderungen mit Rückzahlungsansprüchen wegen überzahlter Gewinnausschüttung, zu Unrecht erfolgter Bonuszahlung und wegen Schadensersatzansprüchen begründet (Bl. 23, 26 d. A.). Auf diese Ansprüche hat die Beklagte ihre Aufrechnung in zweiter Instanz nicht mehr gestützt, sondern die Hilfsaufrechnung nur noch auf Schadensersatzforderungen wegen der unnötigen Anmietung eines Lagers in Höhe von 91.080,00 €, wegen falsch bewerteter Lagerbestände, der sog. Chinaware, in Höhe von 103.000,00 €, des unterbliebenen Aufhebungsvertrages mit der Mitarbeiterin S.in Höhe von 4.000,00 € sowie der unterbliebenen Abdeckung des Invaliditätsrisikos für die Geschäftsführer in Höhe von 278.240,00 € geltend gemacht und weiter hilfsweise für den Fall, dass das Gericht zur Wirksamkeit des Aufhebungsvertrages kommt, die Differenz zwischen einer Abfindung in Höhe von 60.000,00 € und der im Aufhebungsvertrag enthaltenen Zahlungsverpflichtung von 12.750,00 €, mithin 47.250,00 € geltend gemacht (vgl. Bl. 283, 247/249 d. A.).

Die von der Beklagten in erster Instanz geltend gemachte Hilfsaufrechnung konnte wirksam zurückgenommen werden (vgl. Thomas/Putzo, a.a.O. , § 145 Rdnr. 14) und ist daher nicht mehr zu berücksichtigen.

a. Aus der Anmietung eines Lagers in D. steht der Beklagten kein Schadensersatzanspruch, insbesondere auch nicht aus § 43 Abs. 2 GmbHG, gegen den Kläger zu. Die Beklagte behauptet lediglich (Bl. 248 d. A.), dass die vom Kläger angemieteten Lagerflächen saisonal maximal zu 2/3 belegt seien. Den Schaden berechnet die Klägerin indem sie für den Zeitraum 2003 bis 2007 ein Drittel der Miete als Schaden geltend macht. Die Forderung ist schon deshalb nicht schlüssig, weil die Beklagte nicht darlegt, zu welchem Preis eine ihrer Ansicht nach ausreichende Lagerfläche hätte angemietet werden können. Im Übrigen ist bereits eine Pflichtverletzung nicht dargetan, da nach dem Vortrag der Beklagten zwar in neun Monaten ein Teil der Fläche leer gestanden hat, aber nach diesem Vorbringen davon auszugehen ist, dass in der restlichen Zeit die Flächen sehr wohl benötigt worden sind. Dass eine saisonale Vergrößerung und Verkleinerung der angemieteten Flächen möglich gewesen wäre, ist weder dargetan noch ersichtlich.

Im Übrigen handelt es sich hinsichtlich des vom Kläger bestrittenen Schadens um neuen Sachvortrag in der Berufungsinstanz der nach § 531 Abs. 2 ZPO nicht zu berücksichtigen ist, da die Beklagte nicht dargetan hat, weshalb es ihr nicht bereits in erster Instanz möglich gewesen ist, hierzu vorzutragen.

b. Ein Schadensersatzanspruch steht der Beklagten gegen den Kläger auch nicht, insbesondere nicht aus § 43 Abs. 2 GmbHG, wegen der sogenannten China-Ware zu. Allein aus dem Umstand (vgl. Bl. 247 d. A.), dass der Warenbestand mit 134.000,00 € bewertet war und lediglich zu einem Preis von 31.000,00 € an einen Restpostenhändler veräußert werden konnte, ergibt sich keine zum Schadensersatz verpflichtende Handlung des Klägers. Durch die behauptete falsche Bewertung in der Bilanz ist der Gesellschaft noch kein Schaden in Höhe der Differenz zum erzielten Kaufpreis entstanden. Die Beklagte hat insbesondere nicht dargetan, dass der Kläger bei Einkauf der Ware sorgfaltswidrig gehandelt hat. Sie hat damit bereits die Möglichkeit einer Schädigung im Sinne von § 43 Abs. 2 GmbHG nicht hinreichend dargetan, sodass es nicht darauf ankam, ob sich der Kläger insoweit entlasten konnte (BGH NJW 2003, 358; BGH NJW-RR 2008, 905).

c. Aus der unterbliebenen Vereinbarung eines Aufhebungsvertrages mit der Mitarbeiterin der Beklagten, Frau S., kann die Beklagte ebenfalls keinen Schadensersatzanspruch ableiten. Die Beklagte trägt insoweit vor, der Kläger habe es beim Abschluss eines Heimarbeitsvertrages mit der Mitarbeiterin verabsäumt, das zuvor bestehende Vollarbeitsverhältnis aufzuheben, das nach Beendigung des Heimarbeitsverhältnisses wieder aufgelebt habe (Bl. 248 f. d. A.). Insoweit hat der Kläger eingewandt, die Mitarbeiterin habe den Abschluss eines Aufhebungsvertrages verweigert und im Übrigen hätte die Beklagte auch bei Zustandekommen einer Abfindung zahlen müssen. Das bestrittene neue Vorbringen der Beklagten ist in der zweiten Instanz gem. § 531 Abs. 2 ZPO nicht zu berücksichtigen, da die Beklagte nicht dargetan hat, weshalb es ihr nicht möglich gewesen ist, hierzu bereits in erster Instanz vorzutragen. Es kann daher offen bleiben, ob die Beklagte die Möglichkeit einer Schädigung durch das Verhalten des Klägers im Sinne von § 43 Abs. 2 GmbHG hinreichend dargetan hat.

d. Die unterbliebene Abdeckung des Invaliditätsfalles für die Geschäftsführer gewährt der Beklagten keinen Schadensersatzanspruch gegen den Kläger.

Zum einen ist der Abschluss des Geschäftsführerdienstvertrages und damit auch die hiermit zusammenhängende Frage der Rückdeckung einer Invalidität der Geschäftsführer Sache der Gesellschafterversammlung (Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, aaO., § 35 Rdnr. 167), bzw. gem. § 10 Abs. 2 lit. g) Aufgabe des Aufsichtsrats. Zum anderen handelt sich auch hier um ein neues streitiges Vorbringen, das nach § 531 Abs. 2 ZPO nicht zu berücksichtigen ist, da es ohne weiteres bereits in erster Instanz hätte vorgebracht werden können.

e. Soweit die Beklagte die Differenz zwischen einer Abfindung von 60.000,00 € und den im Aufhebungsvertrag vereinbarten Betrag von 12.750,00 € hilfsweise zur Aufrechnung gestellt hat, greift die von der Beklagten für die Aufrechnung zur Voraussetzung gemachte Bedingung, dass das Gericht von einer Wirksamkeit des Aufhebungsvertrages ausgeht, nicht ein. Insoweit kann offen bleiben, ob eine derartige Bedingung überhaupt wirksam ist. Ein zum Schadensersatz verpflichtendes Handeln des Klägers liegt jedenfalls nicht vor. Zum einen betrifft die Frage der Abfindung nicht die Tätigkeit des Klägers als Geschäftsführer, sondern seine Stellung als Gesellschafter. Zum anderen hätte es die Beklagte selbst in der Hand gehabt, den Aufhebungsvertrag durch Genehmigung wirksam werden zu lassen.

5. Da ein fehlerhafter Dienstvertrag bestand, der bis zu seiner Auflösung als wirksam zu behandeln ist, hat der Kläger einen Anspruch auf ein wohlwollendes qualifiziertes Zeugnis sowie auf eine Jahressteuerbescheinigung für das Jahr 2007 als dienstvertragliche Nebenpflicht der Beklagten.

6. Dem Kläger steht auch der Anspruch auf Aushändigung der Versicherungspolicen für die für ihn von der Beklagten abgeschlossenen Direktlebensversicherungen zu.

Der Anspruch ergibt sich auf Grund der Unwirksamkeit des Vertrages zwar nicht aus Ziff. 9 der Aufhebungsvereinbarung, er folgt jedoch aus zwischen den Parteien getroffenen vertraglichen Vereinbarungen.

Nach § 6 Abs. 1 des Geschäftsführeranstellungsvertrages verpflichtete sich die Beklagte, dem Kläger den sich aus den Höchstbeträgen zur gesetzlichen Altersversorgung zu leistenden Arbeitgeberanteil zu zahlen. Zuvor hatte die Beklagte bereits am 26.06.1992 dem Kläger eine Versicherungszusage hinsichtlich einer Lebensversicherung als betriebliche Altersversorgung bei der A.Versicherung gemacht (Anl. zu Bl. 253). Am 20.05.1996 haben die Parteien eine Vereinbarung über die Umwandlung von Gehaltsteilen in Versicherungsschutz geschlossen (Anlage zu Bl. 253). Nach deren Ziffer 1 hat sich der Kläger die Zahlungen der Beklagten durch einen Barlohnverzicht erkauft. Die Zahlungen waren somit Lohnbestandteile der dem Kläger zustehenden Vergütung. Für Versorgungszusagen, die vor den 01.01.2001 erteilt wurden und auf die somit § 1 b BetrAVG keine Anwendung findet, war bei einer Entgeltumwandlung in der Regel davon auszugehen, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine von vornherein vertraglich unverfallbare Anwartschaft einräumen wollte (BAG Urteil vom 14.01.2009 Az. 3 AZR 529/07, Tz. 13). Damit ist aber noch nichts gesagt über eine Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger die für ihn abgeschlossenen Versicherungspolicen auszuhändigen. Hinsichtlich der von der Beklagten zugunsten des Klägers abgeschlossenen Direktversicherung ist zu unterscheiden zwischen dem Rechtsverhältnis zwischen der Beklagten und dem Versicherer sowie dem Rechtsverhältnis zwischen Beklagter und dem Kläger (st. Rspr. BAG Urteil vom 08.06.1999, Az. 3 AZR 136/98 und BAG Urteil vom 15.06.2010, Az. 3 AZR 994/06). Ob der Kläger einen Herausgabeanspruch gegen die Beklagte hat, bestimmt sich nach dem Vertragsverhältnis zwischen den Parteien. Weder in der Vereinbarung über die Umwandlung von Gehaltsteilen in Versicherungsschutz vom 20.05.1996 noch im Geschäftsführeranstellungsvertrag ist eine ausdrückliche Regelung darüber enthalten, was im Falle einer Vertragsbeendigung mit den Versicherungsverträgen und -policen geschehen sollte. In Ziffer 5 der Vereinbarung vom 20.05.1996 ist lediglich eine Regelung darüber enthalten, dass im Versicherungsvertrag während der Dauer des Dienstverhältnisses eine Übertragung der Versicherungsnehmereigenschaft auf den versicherten Mitarbeiter ausgeschlossen wird. Dies lässt den Schluss zu, dass nach Ende des Dienstverhältnisses eine solche Übertragung sehr wohl möglich sein sollte. Auf Grund der Interessenlage der Parteien geht der Senat davon aus, dass die Parteien eine solche Übertragung ihren vertraglichen Vereinbarungen auch zugrunde gelegt haben. Nach der Unverfallbarkeit hatte die Beklagte kein erkennbares Interesse mehr daran, die Policen zu behalten. Nach Ziff. 1 der Vereinbarung vom 20.05.1996 hatte die Beklagte Beiträge nur solange zu bezahlen, als der Kläger Anspruch auf Bezüge hatte. Demgegenüber hat der Kläger durchaus ein nachvollziehbares Interesse daran, die Policen nach Beendigung des Dienstvertrages zu erhalten, alleine schon um das Risiko auszuschließen, dass die Beklagte über die Policen anderweitig verfügt.

Die Beklagte ist sowohl nach § 985 BGB als auch aufgrund ihrer vertraglichen Pflichten aus dem Versorgungsverhältnis zur Herausgabe der Versicherungsscheine verpflichtet. Das Eigentum an diesen Papieren steht nach § 952 Abs. 2 BGB mit Beendigung des Dienstverhältnisses dem Inhaber des Anspruchs auf die Versicherungsleistungen zu (BAG Urteil vom 14.01.2009 Az. 3 AZR 529/07, Tz. 17).

7. Die zulässige Teilwiderklage ist unbegründet.

a. Der Beklagten steht kein Schadensersatzanspruch gegen den Kläger wegen Abschluss eines Vermögensverwaltervertrages in Höhe von 45.546,80 € zu.

Die Beklagte wirft dem Kläger insoweit vor, bei der H. Bank ein Konto für Rücklagen für die Pensionsansprüche mit einem Startvermögen von 203.007,72 € errichtet und einen Vermögensverwaltungsvertrag geschlossen zu haben. Zu dem behaupteten Schaden sei es durch die vom Vermögensverwalter durchgeführten Spekulationsgeschäfte gekommen. Die Beklagte hat schon nicht schlüssig dargetan, dass der Abschluss eines Vermögensverwaltervertrages gegen die Pflichten eines Geschäftsführers im Sinne von § 43 Abs. 1 GmbHG verstoßen hat. Im Übrigen hat die Beklagte auch nicht dargetan, bereits einen Schaden erlitten zu haben. Sie trägt vielmehr nur vor, dass die Gefahr bestehe, dass sich ein entsprechender Schaden realisieren könne. Insoweit hätte sie aber allenfalls eine Feststellungsklage erheben können, mit dem Ziel festzustellen, dass der Kläger für künftig tatsächlich eintretende Schäden haftbar ist.

Der Abschluss eines Vermögensverwaltervertrages mit einer renommierten Bank kann im Übrigen für sich genommen ein pflichtwidriges Verhalten eines Geschäftsführers nicht begründen.

Auch das weitere Vorbringen der Beklagten, der Kläger habe liquide Mittel der Gesellschaft für Pensionsrückstellungen und nicht für die Rückführung der Kreditlinie benutzt und dadurch einen Zinsdifferenzschaden in Höhe von 17.236,00 € verursacht (Bl. 46 d. A.) vermag einen Schadensersatzanspruch nicht zu begründen. Die Pensionsrückstellungen und die Verpfändung der Konten sollten gerade der Sicherheit der Pensionsansprüche der Geschäftsführer dienen. Wenn der Kläger stattdessen damit das Kreditkonto zurückgeführt hätte, wäre eine Sicherheit nicht gegeben gewesen. Im Übrigen bleibt unklar, für welchen Zeitraum der Schaden geltend gemacht werden soll. Die Beklagte trägt einerseits vor, das Konto bei der H B sei am 26.07.2007 errichtet worden (Bl. 45 d. A.), zum anderen behauptet sie einen Schaden im Zeitraum 2003 bis 2007 (Bl. 146 d. A.).

b. Aus einer Nichtanpassung von Versicherungsverträgen steht der Beklagten ebenfalls kein Schadensersatzanspruch gegen den Kläger zu. Die Beklagte trägt insoweit vor, der Kläger habe es unterlassen, Versicherungskonditionen anzupassen. Dem neuen Geschäftsführer der Beklagten sei es im Jahr 2008 gelungen, deutlich günstigere Konditionen herauszuhandeln.

Der Senat hat zu dieser Frage den Zeugen He. vernommen. Dieser war Niederlassungsleiter der damaligen Versicherungsmaklerin der Beklagten. Der Zeuge hat ausgesagt, dass mindestens einmal jährlich Gespräche über die Höhe der Prämien durchgeführt wurden und es immer wieder Anpassungen gegeben hat. Der Zeuge konnte nicht bestätigen, dass der Kläger irgendwelchen Vorschlägen seitens der Versicherungsmaklerin nicht nachgekommen ist. Zum damaligen Zeitpunkt sei man froh gewesen, die Konditionen halten zu können, da bei der Beklagten ein hohes Risiko wegen der Brandgefahr bestanden habe. Als die Konditionen bei den Versicherungen insgesamt nach unten gegangen seien, hätten auch für die Beklagte bessere Prämien erzielt werden können.

Der Kläger konnte durch die Angaben des Zeugen He. den Vorwurf widerlegen, er habe auf Empfehlungen zum Abschluss günstigerer Konditionen nicht reagiert. Zum anderen ist durch die Aussage des Zeugen belegt, dass der Kläger Empfehlungen der Versicherungsmaklerin nachgekommen ist und im Übrigen hat der Zeuge nachvollziehbar dargetan, dass die günstigeren Konditionen, die der jetzige Geschäftsführer der Beklagten erzielt hat, im Wesentlichen darauf zurückzuführen sind, dass ein Feuerversicherer das gesamte Risiko zu übernehmen bereit war und zu diesem Zeitpunkt insgesamt günstigere Konditionen verfügbar waren. Der Zeuge hat nicht bestätigt, dass vom Kläger nicht weitergegebene Veränderungen im Maschinenbestand für zu hohe Prämien verantwortlich waren.

Der Zeuge He. war glaubwürdig und seine Aussage glaubhaft. Der Zeuge hat den Sachverhalt schlüssig und unbefangen geschildert und am Ausgang des Verfahrens kein persönliches Interesse.

c. Schließlich kann die Beklagte auch aus der behaupteten fehlerhaften Finanzierung der Gesellschaft keine Schadensersatzforderungen gegen den Kläger herleiten.

Die Beklagte behauptet insoweit (Bl. 47, 242 f. d. A.) dass der Kläger fälschlicherweise nicht einen Kontokorrentkredit zur Finanzierung der laufenden Ausgaben verwendet habe, sondern vielmehr ein Festdarlehen bei der H. Bank über 1.022.000,00 € aufgenommen habe, obwohl zeitweise ein Guthaben bei der G.-Bank über 500.000,00 € bestanden habe, das keine Zinsen abgeworfen habe. Ferner betrage die Zinsdifferenz zwischen dem vereinbarten Festzins und dem 3-Monats-Euribor 7,5 %-Punkte, woraus der Beklagten ein weiterer Schaden erwachsen sei.

Allein aus der Zinsdifferenz zwischen dem vereinbarten Eurokredit und dem Euribor-Zins lässt sich eine Pflichtverletzung des Klägers nicht herleiten. Die Beklagte verkennt insoweit bereits, dass es sich bei dem Euribor um einen Interbankenzins handelt, den Geschäftskunden, die selbst keine Banken sind, nicht erhalten können.

Der Kläger hat im Übrigen eine Pflichtverletzung im Sinne von § 43 Abs. 2 GmbHG durch die Aussage des Zeugen Ha. widerlegt. Der Zeuge Ha., bei dem es sich um einen Bankenvorstand bei der H-Bank handelt, hat angegeben, dass es den Geschäftsführern der Beklagten gar nicht möglich war, die Kreditgebung für die Beklagte bei den Banken zu ändern. Den Eurokredit hat nach der Aussage des Zeugen noch der frühere Inhaber der Beklagten, Herr Karl W., abgeschlossen. Nach seiner Aussage wäre es nicht möglich gewesen, diesen Kredit einfach zu tilgen. Es seien vielmehr zwei Bankverbindungen notwendig gewesen, da die G.-Bank nicht bereit gewesen sei, das gesamte Kreditengagement zu übernehmen. Wenn es keinen Eurokredit gegeben hätte, hätte man einen entsprechenden Kontokorrentrahmen benötigt. Die H.-Bank habe die Fortführung des Eurokredits zur Bedingung gemacht. Der Zeuge erklärte ferner, bei einem Gespräch mit einem Mitarbeiter der H. Bank selbst dabei gewesen zu sein. Die Beklagte sei damals nicht in der Lage gewesen, selbst Bedingungen gegenüber der Bank aufzustellen. Selbst wenn es möglich gewesen wäre, aus dem Eurokredit vor dem vereinbarten Ende 2014 herauszukommen, hätte eine andere Finanzierung vorgenommen werden müssen.

Der Zeuge ist nach Auffassung des Senats glaubwürdig und seine Aussage auch glaubhaft. Der Zeuge wirkte sehr sachkundig und machte seine Angaben widerspruchsfrei.

Aufgrund der Angaben des Zeugen ist der Senat davon überzeugt, dass es dem Kläger nicht möglich war, aufgrund der prekären finanziellen Lage der Beklagten zum damaligen Zeitpunkt bei den Banken eine andere Finanzierung sicher zu stellen. Zwar mag es für sich genommen wenig nachvollziehbar erscheinen, dass einerseits ständig ein Festkredit in Form des Eurokredits fortdauerte, andererseits aber saisonal erhebliche Guthaben bei der G.-Bank vorhanden waren. Der Zeuge hat aber schlüssig geschildert, dass insbesondere aufgrund der Haltung der H.Bank eine Rückführung des Festkredites gar nicht in Betracht kam und eine andere Finanzierungsmöglichkeit nicht bestand, da auch die G.-Bank nicht bereit war, das gesamte Kreditengagement bei der Beklagten zu übernehmen.

Bei dieser Sachlage kommt es auf die Haftungsfreistellung in § 6 Nr. 3 des Geschäftsführeranstellungsvertrages für leichte Fahrlässigkeit sowie die Begrenzung einer Schadensersatzpflicht auf fünf Bruttogehälter nicht mehr an.

III. Die Anschlussberufung des Klägers bleibt erfolglos, da ihm ein Abfindungsanspruch in Höhe von 9.241,00 € aufgrund § 2 Abs. 2 des Aufhebungsvertrages nicht zusteht. Wie bereits oben dargelegt, ist der Aufhebungsvertrag unwirksam. Darin vereinbarte Abfindungsansprüche stehen dem Kläger daher nicht zu. Inwieweit sich ein Anspruch auf Zahlung einer Tantieme aus § 3 Ziffer 1 lit. c) des Geschäftsführeranstellungsvertrages auch im Hinblick auf den fehlerhaften Dienstvertrag ergeben kann, kann offen bleiben, da lediglich der Abfindungsanspruch aufgrund des Aufhebungsvertrages und nicht ein vertraglicher Tantiemeanspruch streitgegenständlich war.

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92, 708 Nr. 10, 711, 543 Abs. 2 ZPO.

Der Streitwert setzt sich zusammen aus den Klageforderungen in Höhe von 105.784,00 €, den Widerklageforderungen in Höhe von 147.021,98 € sowie den Hilfsaufrechnungsforderungen, soweit über sie rechtskräftig entschieden wurde in Höhe von 232.316,17 € (§ 45 Abs. 3 GKG).






OLG München:
Urteil v. 19.05.2011
Az: 23 U 5276/09


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/6bb3e570d130/OLG-Muenchen_Urteil_vom_19-Mai-2011_Az_23-U-5276-09




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