Hessischer Verwaltungsgerichtshof:
Beschluss vom 23. August 2012
Aktenzeichen: 6 B 1374/12

(Hessischer VGH: Beschluss v. 23.08.2012, Az.: 6 B 1374/12)

Im Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gegen Anordnungen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht auf Vorlage von Unterlagen und Auskünften kann dem Betroffenen ein Auskunftsverweigerungsrecht gemäß § 44 Abs. 6 KWG zustehen, wenn die Möglichkeit zu bejahen ist, dass durch das unerlaubte Betreiben von Finanzdienstleistungen oder Bankgeschäften Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten realisiert werden, so dass bei Erteilung einer Auskunft eine Selbstbelastung entstehen könnte.

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 15. Juni 2012 - 9 L911/12.F - abgeändert. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die Verfügung der Antragsgegnerin vom 6.März 2012 wird mit der Maßgabe angeordnet, dass die aufschiebende Wirkung einen Monat nach Ergehen eines Widerspruchsbescheides endet.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens hat die Antragsgegnerin zu tragen.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 25.000Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller, ein Rechtsanwalt, begehrt einstweiligen Rechtsschutz gegen die mit der Androhung von Zwangsgeld verbundene Aufforderung der Bundesanstalt für die Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), Unterlagen vorzulegen.

Der Antragsteller nahm im Auftrag des im Handelsregister des Kantons Zürich eingetragenen schweizerischen Unternehmens X€€€ Y€€€ GmbH (im Weiteren: XY GmbH) von Personen mit Wohnsitz in Deutschland Gelder an und leitete die vereinnahmten Beträge anschließend an die XYGmbH weiter. Hiervon erlangte die Antragsgegnerin aufgrund einer Anzeige wegen des Verdachts nach dem Geldwäschegesetz im November 2011 Kenntnis. Mit Schreiben vom 7. Dezember 2011 forderte die Antragsgegnerin den Antragsteller auf, die Geschäftsbeziehungen offen zu legen. Sie führte zur Begründung aus, der Antragsteller betreibe eine inländische Zahlstelle und die getätigten Geschäfte seien nach den vorliegenden Erkenntnissen der Behörde genehmigungspflichtige Einlagengeschäfte. Von einem aufsichtsrechtlichen Einschreiten könne aber abgesehen werden, wenn der Antragsteller die Annahme der Gelder und deren Weiterleitung einstelle oder abwickle und im Einzelnen spezifizierte Auskünfte erteile. Der Antragsteller beendete daraufhin zwar die beanstandeten Geschäftstätigkeiten, weigerte sich indes unter Hinweis auf die bestehende Schweigepflicht der Rechtsanwälte, die geforderten Auskünfte zu erteilen.

Am 3. Januar 2012 teilte die Generalstaatsanwaltschaft München der Antragsgegnerin mit, gegen den Antragsteller und zwei weitere Personen werde von der Staatsanwaltschaft München I unter dem Gz.321 Js €€/.. ein Ermittlungsverfahren geführt. Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht €finma€ informierte die Antragsgegnerin aufgrund einer diesbezüglichen Anfrage mit Schreiben vom 7. Februar 2012 darüber, dass die XY GmbH über keine Bewilligung zur Ausübung einer Tätigkeit nach den schweizerischen Finanzmarktgesetzen verfüge.

Mit Bescheid vom 6. März 2012, zugestellt am 9. März 2012,forderte die Antragsgegnerin den Antragsteller sodann förmlich auf,Kopien von Unterlagen, Aufstellungen über die Geschäftstätigkeiten und Nachweise über die erfolgten Rückzahlungen vorzulegen. Des Weiteren drohte die Behörde für den Fall, dass der Antragsteller den Aufforderungen nicht fristgerecht nachkomme, ein Zwangsgeld in Höhe von 50.000 Euro an. Zur Begründung führte sie u.a. aus, die Vorlage der eingeforderten Unterlagen sei erforderlich und der Antragsteller könne sich bezüglich der Vorlage der geforderten Unterlagen nicht auf seine anwaltliche Verschwiegenheitsverpflichtung berufen. Gegen den Bescheid erhob der Antragsteller am 14. März 2012 Widerspruch, über den bislang nicht entschieden ist, und stellte am 19. März 2012 bei dem Verwaltungsgericht den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs. Der Aufforderung, die Unterlagen vorzulegen, kam er nicht nach, woraufhin die Antragsgegnerin am 26.April 2012 das angedrohte Zwangsgeld festsetzte und dem Antragsteller ein weiteres Zwangsgeld für den Fall androhte, dass er seiner Verpflichtung nicht nachkomme.

Mit Beschluss vom 15. Juni 2012 lehnte das Verwaltungsgericht den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ab. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, der angegriffene Bescheid erweise sich im Rahmen der im Eilverfahren möglichen Prüfung als formell und materiell rechtmäßig. Der Antragsteller habe als inländische Zweigstelle eines Unternehmens mit Sitz im Ausland ohne Erlaubnis das Einlagengeschäft betrieben. Die gesetzliche Aufgabe der Aufsichtsbehörde, die vollständige Abwicklung der verbotenen Geschäfte sicherzustellen, rechtfertige die von der Antragsgegnerin geforderten Auskünfte und die Vorlage von Unterlagen. Die anwaltliche Schweigepflicht stehe dem Anspruch nicht entgegen, wie sich aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. Dezember 2011 ergebe. Auch die Androhung von Zwangsmitteln in Form des Zwangsgelds sei rechtmäßig.

Der Antragsteller erhob gegen den ihm am 19. Juni 2012zugestellten Beschluss am 25. Juni 2012 Beschwerde, die er am 4.Juli 2012 begründete.

II.

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den im Tenor der vorliegenden Entscheidung näher bezeichneten erstinstanzlichen Beschluss ist nach § 146 Abs. 1 VwGO statthaft, im Übrigen zulässig und überwiegend begründet. Das Vorbringen des Antragstellers in der Beschwerdebegründung vom 3. Juli 2012, das den Umfang der Überprüfung des angefochtenen Beschlusses durch den Senat bestimmt und begrenzt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), begründet - auch unter Berücksichtigung des weiteren Vorbringens der Beteiligten - eine Abänderung dieser Entscheidung zu Gunsten des Antragstellers.

Mit der Beschwerde macht der Antragsteller geltend, das Verwaltungsgericht habe seinen erstinstanzlichen Vortrag zu Unrecht unberücksichtigt gelassen. Der angegriffene Bescheid verletze seine Grundrechte. Er bestreite bereits, dass es sich bei der streitbefangenen Vorgehensweise um den Betrieb einer unerlaubten Zahlstelle gehandelt habe. Dies werde durch eine Stellungnahme der Rechtsanwaltskammer München widerlegt sowie dadurch, dass das Schweizer Unternehmen, für das er tätig geworden sei, keiner förmlichen Genehmigung durch die schweizerische Finanzmarktaufsicht bedürfe. Das Verwaltungsgericht habe mit der Bezugnahme und dem Verweis auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 13.Dezember 2011 zu Unrecht die Verletzung der Grundrechte des Antragstellers verneint. Daher müsse der Hessische Verwaltungsgerichtshof diese Frage dem Bundesverfassungsgericht vorlegen und das Verfahren aussetzen, wenn nicht eine verfassungskonforme Auslegung möglich sei. Hierbei seien die Grundsätze der Erforderlichkeit und der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Im Übrigen habe das Bundesverwaltungsgericht festgestellt, ein Auskunftsanspruch an einen Rechtsanwalt könne rechtswidrig sein, wenn ein Vorgehen gegen dessen Mandanten möglich und erfolgversprechend sei. Diese Subsidiarität sei im vorliegenden Fall zu bejahen, denn seine, des Antragstellers, Mandantin sei unter Umständen bereit, eine Befreiung von der Schweigepflicht zu erklären. Die Antragsgegnerin habe aber noch nicht einmal versucht,diese Erklärungen zu erhalten. Des Weiteren werde durch den Bescheid der Antragsgegnerin auch seine Aussagefreiheit verletzt,da das gegen ihn anhängige Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft München noch nicht abgeschlossen sei. Hierzu verhalte sich der Beschluss des Verwaltungsgerichts jedoch nicht.Zudem müsse festgestellt werden, dass es bei der Annahme von Geldern und deren Weiterleitung um anwaltliche Berufstätigkeit gehe, da diese nicht auf die Rechtsberatung beschränkt werden dürfe.

Mit diesen Ausführungen dringt der Antragsteller teilweise durch. Mit der Beschwerde werden ausreichende Gründe dafür geltend gemacht, dass die Voraussetzungen für eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs vorliegen.

Ausgehend von der gesetzlichen Wertung in § 80 Abs. 5 und Abs. 2Satz 1 Nr. 3 VwGO ist eine Abwägung der öffentlichen Interessen an der sofortigen Vollziehung der getroffenen Anordnung mit den Interessen des Antragstellers, von dem Vollzug der angefochtenen Anordnung zunächst verschont zu werden, vorzunehmen. Bei der Interessenabwägung ist jedoch zu beachten, dass eine Vermutung für das Vollzugsinteresse aufgrund der gesetzlichen Regelung in § 80Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO in Verbindung mit § 49 KWG besteht, die durch das Vorbringen des jeweiligen Antragstellers zu seinem Suspensivinteresse zu widerlegen ist. Diesem Ansatz, dass der Gesetzgeber durch die besonderen Regelungen zur sofortigen Vollziehbarkeit von Abgaben eine Präposition vorgenommen habe (BVerfG, Beschluss vom 10.10.2003 - 1 BvR 2025/03 -, NVwZ 2004, 93;Finkelnburg/Dombert/Külpman, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 5. Aufl. 2008, Rdnr. 705; Redeker / von Oertzen, VwGO, 14. Aufl. 2004, § 80 Rdnr. 48), folgt der erkennende Senat und sieht daher einen Antrag zur Gewährung von Eilrechtsschutz gegen Maßnahmen der Finanzdienstleistungsaufsicht nur dann als begründet, d.h. die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs oder der Klage gegen die mit dem Antrag auf Eilrechtsschutz angegriffene Verfügung als gerechtfertigt an,wenn die Untersagung erkennbar rechtswidrig wäre oder im Fall der Rechtmäßigkeit gleichwohl außergewöhnliche, das vom Gesetzgeber indizierte öffentliche Interesse deutlich überwiegende private Interessen des Antragstellers festzustellen wären (vgl. Hess. VGH,Beschluss vom 23. September 2009 - 6 B 2322/09 -).

Der Vortrag des Antragstellers ist geeignet, die Feststellung des Verwaltungsgerichts, die Anforderung der Unterlagen durch die Antragsgegnerin sei rechtmäßig, als zumindest zweifelhaft zu erkennen, denn es bestehen Bedenken an der materiellen Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 6. März 2012. Das Verwaltungsgericht hat zwar zutreffend das Vorliegen der Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage des § 44c KWG bejaht (1)und die Schweigepflicht des Antragstellers als Rechtsanwalt sachgerecht gewürdigt (2), jedoch die aufgrund des in der Akte der Antragsgegnerin dokumentierten Sachverhalts sich ergebenden Auskunftsverweigerungsrechte des Antragstellers nicht ausreichend in den Blick genommen (3). Daraus ergeben sich ein überwiegendes Interesse des Antragstellers an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs bezüglich der Grundverfügungen (4) und der Androhung von Zwangsmitteln (5) sowie die von Gesetzes wegen erforderlichen Nebenentscheidungen (6).

1. Die in dem Beschluss vom 15. Juni 2012 unter Verweis auf die Begründung des Bescheides vom 6. März 2012 vorgenommene Qualifizierung des Handelns des Antragstellers als erlaubnispflichtige Finanzdienstleistung greift die Beschwerdebegründung nicht in ausreichender Weise an.

Der Antragsteller dringt mit der Beschwerde zunächst insoweit nicht durch, als er die grundsätzlichen Voraussetzungen für eine Anordnung nach § 44c Abs. 1 KWG als nicht gegeben erachtet.Vielmehr stimmt der Senat mit dem Verwaltungsgericht darin überein,dass nach dem Erkenntnisstand im Verfahren auf Gewährung von Eilrechtsschutz die Feststellung der Behörde zutreffend sein dürfte. Es liegen Tatsachen vor, die die Annahme rechtfertigen,dass der Antragsteller Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen ohne die nach dem Gesetz über das Kreditwesengesetz erforderliche Erlaubnis betrieben hat. Die Annahme von Geldern des Publikums, die unbedingt zurückzuzahlen sind, stellt nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1KWG ein Bankgeschäft dar. Ein solches ist erlaubnispflichtig (§ 32Abs. 1 KWG) und weder die XY GmbH, für die der Antragsteller tätig geworden ist, noch der Antragsteller verfügten bei der Ausübung der Tätigkeit über eine Erlaubnis. Deshalb liegen die Voraussetzungen gemäß § 44c Abs. 1 KWG - ggf. in Verbindung mit Abs. 6 Satz 1 -vor, dass die Antragsgegnerin die unter Nr. 1 im Bescheid vom 6.März 2012 genannten Anordnungen treffen konnte. Unbeachtlich ist,ob die XY GmbH in der Schweiz - wie der Antragsteller behauptet -einer entsprechenden Erlaubnis nicht bedurfte, denn die Geschäfte wurden in Deutschland mit inländischen Anlegern getätigt, so dass auch nur deutsches Recht zur Aufsicht über Finanzdienstleistungen zur Anwendung kommt. Im Übrigen wird weder durch die mit Schriftsatz des Antragstellers vom 1. Juni 2012 vorgelegte Bestätigung eines Vereins noch durch die Selbsteinschätzung der XYGmbH die Aussage, eine Genehmigungspflicht sei nicht gegeben, in ausreichender Weise bestätigt.

Die Anordnungen zur Erteilung von Auskünften und zur Vorlage von Unterlagen (Nr. 1 a) bis c) des Bescheides vom 6. März 2012) sind nach den vorliegenden Unterlagen und Ausführungen der Beteiligten zudem auch dann nicht zu beanstanden, wenn der Antragsteller die Tätigkeit für die XY GmbH inzwischen beendet haben sollte und keine weiteren Geschäfte mehr tätigt. Die Beendigung der Annahme von Geldern hat die Antragsgegnerin sachgerecht dazu bewogen, keine Verbotsverfügung auszusprechen. Die Abwicklung der beanstandeten Geschäfte und die Überwachung der hierzu weiter erforderlichen Maßnahmen (etwa ein Nachweis über die Rückzahlung von Geldern an die Anleger) sind indes ohne weiteres dem Vorgang der Aufsicht über Finanzdienstleistungen immanent und zudem dem Grunde nach verhältnismäßig. Insoweit hat das Verwaltungsgericht zu Recht auf eine entsprechende Pflicht der Bundesanstalt hingewiesen, im öffentlichen Interesse tätig zu werden (vgl. auch Hess. VGH,Beschluss vom 13. September 2011 - 6 A 226/11 -, Juris).

2. Die von der Antragsgegnerin geforderten Maßnahmen sind entgegen der Ansicht des Antragstellers auch nicht aufgrund der -allgemeinen - Schweigepflicht, die den Antragsteller als Rechtsanwalt trifft, rechtswidrig.

a) Entgegen der Rechtsprechung des Senats im Urteil vom 10.November 2010 (Az. 6 A 1896/09, ESVG 61, 190 = DVBl 2011, 176),nach der die Pflicht zur Verschwiegenheit des Rechtsanwalts gemäß §2 Abs. 2 BORA nicht gelte, soweit die Berufsordnung für Rechtsanwälte oder andere Rechtsvorschriften Ausnahmen zulassen oder die Durchsetzung oder Abwehr von Ansprüchen aus dem Mandatsverhältnis oder die Verteidigung des Rechtsanwalts in eigener Sache die Offenbarung erfordern, eine derartige Ausnahme sich der Vorschrift des § 44c KWG jedoch nicht entnehmen lasse und daher die Verschwiegenheitspflicht des Rechtsanwalts nur dann entfalle, wenn sein Mandant auf diesen Schutz verzichte, hat das Bundesverwaltungsgericht eine in der Regel enger zu fassende Berufspflicht festgestellt (Urteil vom 13. Dezember 2011 - 8 C24.10 -, NJW 2012, 1241). Auf diese Rechtsprechung stützt sich das Verwaltungsgericht zur Begründung seiner Entscheidung; auch der Senat folgt trotz weiter bestehender Bedenken den Vorgaben des Bundesverwaltungsgerichts in der zitierten Entscheidung.

Die von dem Antragsteller behauptete Verfassungswidrigkeit des §44c KWG wegen Verstoßes gegen Grundrechte sieht der Senat nicht.Weder das Grundrecht auf freie Berufsbetätigung noch das allgemeine Recht auf Handlungsfreiheit ist wesentlich beeinträchtigt.

Zwar ist bezogen auf die auf § 44c KWG gestützten Anordnungen der Antragsgegnerin der Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GGeröffnet, ein Eingriff liegt jedoch nicht vor. Die Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG gewährt allen Deutschen das Recht, den Beruf frei zu wählen und frei auszuüben. Sie umfasst jede Tätigkeit, die auf Dauer angelegt ist und der Schaffung und Aufrechterhaltung einer Lebensgrundlage dient. Als Teil der Berufsfreiheit ist damit auch die Vertrags- und Dispositionsfreiheit des Unternehmers - der Begriff umfasst auch die Ausübung eines freien Berufs -geschützt. Der Antragsteller kann sich damit grundsätzlich auf den von Art. 12 Abs. 1 GG vermittelten Schutz berufen. Ein unmittelbarer Eingriff in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GGkann indes nicht festgestellt werden. Art. 12 Abs. 1 GGgewährleistet die Freiheit der beruflichen Betätigung. Der Schutz des Grundrechts ist einerseits umfassend angelegt, schützt aber andererseits nur vor solchen Beeinträchtigungen, die gerade auf die berufliche Betätigung bezogen sind. So ist ein Eingriff zu bejahen,wenn eine Rechtsnorm tatbestandlich unmittelbar an bestimmte wirtschaftliche Tätigkeiten anknüpft, etwa wenn Abgabepflichtige gerade wegen ihrer Beteiligung an einem Markt in Anspruch genommen werden. Dies ist indes nicht schon dann der Fall, wenn eine Rechtsnorm, ihre Anwendung oder andere hoheitliche Maßnahmen unter bestimmten Umständen Rückwirkungen auf die Berufstätigkeit entfalten. Die Berufsfreiheit ist aber dann berührt, wenn sich die Maßnahmen zwar nicht auf die Berufstätigkeit selbst beziehen, aber die Rahmenbedingungen der Berufsausübung verändern und infolge ihrer Gestaltung in einem so engen Zusammenhang mit der Ausübung des Berufs stehen, dass sie objektiv eine berufsregelnde Tendenz haben (ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, vgl.zuletzt: Beschluss vom 16. Juli 2012 - 1 BvR 2983/10 - m.w.N.,juris). Das ist bei den hier in Rede stehenden Anordnungen der Antragsgegnerin nicht der Fall.

Die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Freiheit, einen Beruf auszuüben, kann aber auch einen gewissen Schutz vor der Offenlegung der geschäftlichen Verbindungen und Kontakte sowie des Inhalts der vertraglichen Vereinbarungen beinhalten. Solche Eingriffe in die Freiheit der Berufsausübung sind mit Art. 12 Abs. 1 GG indes vereinbar, wenn sie auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen, die durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt wird, und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Genüge getan ist (vgl.BVerfG, Beschluss vom 17. Oktober 1990 - 1 BvR 283/85 -, BVerfGE83, 1, 16). Bei der Auslegung und Anwendung eines Gesetzes haben die Gerichte Bedeutung und Tragweite des betroffenen Grundrechts zu beachten; das Ergebnis der von ihnen vorgenommenen Auslegung der Norm darf insbesondere nicht zu einer unverhältnismäßigen Beschränkung der grundrechtlichen Freiheit führen (vgl. BVerfG,Beschluss vom 19. August 2011 - 1 BvR 2473/10 u.a. -, juris).

Die hier aufgrund des § 44c KWG ergangenen Anordnungen greifen in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG zwar mittelbar ein, der Eingriff in das Grundrecht des Antragstellers auf freie Berufsausübung (Art. 12 Abs. 1 GG) ist indes gerechtfertigt. Das anwaltliche Schweigerecht - bzw. die Schweigepflicht umfasst die konkret geforderten Unterlagen und Auskünfte nämlich nur dann, wenn dadurch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht mehr gewahrt wäre. So hat das Bundesverfassungsgericht in der Entscheidung vom 20. Mai 2010 (Az. 2 BvR 1413/09, NJW 2010, 2937) zur Frage der Verwertung des im Haftraum seines Mandanten beschlagnahmten Briefs eines Strafverteidigers ausgeführt:

€Nach Art. 12 Abs. 1 GG unterliegt die durch den Grundsatz der freien Advokatur gekennzeichnete anwaltliche Berufsausübung der freien und unreglementierten Selbstbestimmung des einzelnen Rechtsanwalts. Geschützt ist insbesondere auch das Vertrauensverhältnis zwischen Rechtsanwalt und Mandant. Integrität und Zuverlässigkeit des einzelnen Berufsangehörigen sowie das Recht und die Pflicht zur Verschwiegenheit sind die Grundbedingungen dafür, dass dieses Vertrauen entstehen kann. Die Verschwiegenheitspflicht rechnet daher von jeher zu den anwaltlichen Grundpflichten; als unverzichtbare Bedingung der anwaltlichen Berufsausübung hat sie teil am Schutz des Art. 12 Abs.1 Satz 1 GG (vgl. BVerfGE 110, 226 <251 f.> mit umfassenden Nachweisen). € Eingriffe in die Freiheit der Berufsausübung sind nur dann mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar, wenn sie auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen, die durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt wird (vgl. BVerfGE 94, 372 <390>).Die aus Gründen des Gemeinwohls unumgänglichen Beschränkungen des Grundrechts stehen unter dem Gebot der Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit. Eingriffe in die Berufsfreiheit dürfen deshalb nicht weiter gehen, als es die sie rechtfertigenden Gemeinwohlbelange erfordern (vgl. BVerfGE 54, 301 <313>).Eingriffszweck und Eingriffsintensität müssen in einem angemessenen Verhältnis stehen (vgl. BVerfGE 101, 331 <347>). Im Einzelfall ist dies durch die Auslegung und Anwendung der einschlägigen Vorschriften seitens der damit befassten Fachgerichte sicherzustellen.€

Die Einschränkung des Grundrechts von Rechtsanwälten auf Verschwiegenheit durch Auskunfts- und Vorlageersuchen der BaFin hat das Bundesverwaltungsgericht in der Entscheidung vom 13. Dezember 2011 (8 C 24.10, NJW 2012, 1241) dem Grunde nach ausdrücklich als verhältnismäßig erkannt. Die Ziele, die das Gesetz mit der Auskunfts- und Vorlagepflicht nach § 44c Abs. 1 KWG verfolge, seien legitime Gründe des gemeinen Wohls, welche grundsätzlich geeignet seien, das Grundrecht des Rechtsanwalts auf freie Ausübung seines Berufs einzuschränken. Die Vorschriften über die Beaufsichtigung der Finanzdienstleistungsinstitute und der Erlaubnispflicht für Bankgeschäfte und Finanzdienstleistungen sollten die Integrität des Kredit- und Finanzmarktes schützen und damit die Stabilität des Finanzsystems wahren. Daneben bezweckten die Vorschriften den Ein-und Anlegerschutz. Dabei diene die Auskunfts- und Vorlagepflicht gemäß § 44c KWG dazu, der Aufsichtsbehörde Erkenntnisquellen zu verschaffen, damit sie gegen Unternehmen einschreiten könne, die unerlaubt Bankgeschäfte betrieben oder Finanzdienstleistungen erbrächten; sie diene dem Schutz der Allgemeinheit und des einzelnen Anlegers vor unseriösen Angeboten auf dem Finanzmarkt.Auf diese Rechtsprechung durfte sich das Verwaltungsgericht zu Recht stützen.

Ist der Eingriff in das Grundrecht nach Art. 12 Abs. 1 GG aber gerechtfertigt, können im Übrigen auch keine ungerechtfertigten Eingriffe in die allgemeinen Grundrechte des Art. 1 Abs. 1 und 3 GGsowie Art. 2 Abs. 1 GG - wie der Antragsteller auf Seite 3 des Begründungsschriftsatzes wohl vortragen will - vorliegen.

Unter Zugrundelegung der Verfassungsmäßigkeit der Ermächtigungsgrundlage und der Tatbestandsvoraussetzungen ergibt sich für die Antragsgegnerin die grundsätzliche Möglichkeit gemäß §44c KWG, nach Ermessen die getroffenen Anordnungen gegen den Antragsteller auszusprechen.

b) Die Begründung der Beschwerde setzt sich des Weiteren mit dem Gesichtspunkt der angegriffenen Entscheidung, es läge ein verhältnismäßiger Eingriff vor, nicht hinreichend auseinander und ist mithin nicht geeignet, einen aufgrund besonderer Tatbestände ausnahmsweise unverhältnismäßigen und damit verfassungswidrigen Eingriff in geschützte Rechtspositionen nachzuweisen.

Zunächst hat der Antragsteller nicht ausreichend dargetan, dass die Annahme und Weiterleitung der Gelder der Kapitalgeber überhaupt dem Kernbereich anwaltlicher Tätigkeit zugerechnet werden kann. Die Annahme, die der Antragsteller im Schriftsatz vom 29. Mai 2012 und vom 3. Juli 2012 vorbringt, dass bei jedem Auftrag an einen Rechtsanwalt auch anwaltliche Tätigkeit im Sinne des durch § 43a Abs. 2 BRAO geschützten Rechtsguts gegeben sei, ist nicht zutreffend. Die Sichtweise des Senats zum Umfang einer anwaltlichen Tätigkeit und den Darlegungslasten (vgl. zur Treuhandtätigkeit auch Beschluss vom 14. August 2008 - 6 B 815/08 -, ESVG 59, 125), hat das Bundesverwaltungsgericht mit der Entscheidung vom 13. Dezember 2011 nicht übernommen, sondern ausdrücklich einschränkend ausgeführt, wer sich auf ein Auskunftsverweigerungsrecht berufen wolle, habe dessen Voraussetzungen darzutun. Auch ein Rechtsanwalt sei dafür darlegungspflichtig, dass Informationen in Rede stünden,die ihm in Ausübung einer anwaltlichen Tätigkeit anvertraut oder sonst bekannt geworden seien. Unter Anwendung dieser Rechtsprechung hat der Antragsteller im vorliegenden Fall eine anwaltliche Tätigkeit nicht ausreichend dargelegt. Die Annahme von Geldern von Darlehensgebern für einen Dritten und die Weiterleitung dieser Gelder an ein vom Auftraggeber genanntes Konto stellt für sich genommen keine anwaltliche Tätigkeit im Sinne von Rechtsberatung und -verfolgung, sondern wirtschaftliches Handeln dar. Es ist für die Beurteilung des konkreten Geschäftes hingegen nicht relevant,ob der Auftraggeber (der Antragsteller spricht von €Kontaktperson der Auftraggeberin€) dem Rechtsanwalt aus früheren Anwaltsmandaten bekannt war. Schließlich hat der Antragsteller eine Treuhandtätigkeit für die Auftraggeberin ebenso wenig nachgewiesen wie eine vereinbarte anwaltliche Beratung oder besondere Überwachungstätigkeit.

Ob die Rechtmäßigkeit der Verfügungen vom 6. März 2012 entgegen der Ansicht des Antragstellers - und der Rechtsanwaltskammer München - aber auch dann nicht an eine rechtswirksame Entbindung von der Schweigepflicht durch den Mandanten gebunden wäre, wenn durch die getätigten Geschäfte der Bereich der anwaltlichen Tätigkeit des Antragstellers betroffen sein könnte, kann folglich dahingestellt bleiben.

Einschränkend muss jedoch festgestellt werden, dass durch die angegriffenen Verwaltungsakte gleichwohl Interessen der Mandantin des Antragstellers in erheblicher Weise beeinträchtigt sein können,auch wenn nicht nachgewiesen wurde, dass die anwaltliche Schweigepflicht des Antragstellers seiner Auftraggeberin gegenüber durch die angegriffene Anordnung der Antragsgegnerin tatsächlich im Kernbereich betroffen wird. Die Sichtweise der Antragsgegnerin, wie in der Beschwerdeerwiderungsschrift dargelegt, es seien keine Belange der Mandantin des Antragstellers berührt, ist zu einengend.Es kann nämlich davon ausgegangen werden, dass die von der Antragsgegnerin geforderten Unterlagen und Auskünfte nicht nur die Personen betreffen, die auf das Konto des Antragstellers Gelder überwiesen haben, sondern dass sich daraus zumindest auch Informationen über die Vertragspartner und - umstände ergeben, so dass die Interessen des schweizerischen Unternehmens berührt sein können. Darauf kommt es im vorliegenden Verfahren indes nicht an,in dem nur Rechte des Antragstellers geltend gemacht werden.

c) Der Antragsteller macht jedoch zu Recht geltend, dass gerade unter Berücksichtigung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. Dezember 2012 (a.a.O.) die Behörde ein Auskunfts- und Vorlageverlangen gegenüber einem Rechtsanwalt nur dann in verfassungsgemäßer Anwendung des § 44c Abs. 1 KWG stellen kann, wenn ein Vorgehen gegen dessen Mandanten nicht möglich oder nicht erfolgversprechend ist. Dieser in dem der Entscheidung vorangestellten zweiten amtlichen Leitsatz postulierte Gedanke ergibt sich indes nicht direkt aus dem Urteilstext, sondern lässt sich nur aus den Ausführungen unter Randnummer 32 des amtlichen Abdrucks des Urteils folgern, d.h. dass das Bundesverwaltungsgericht ein Vorgehen der Aufsichtsbehörde gegen die Auftraggeberin eines Rechtsanwalts durchaus als milderes und die Verschwiegenheitspflicht nicht beeinträchtigendes Mittel ansieht (in der Entscheidung vom 13. Dezember 2012 führte dies jedoch deshalb nicht zu einem Erfolg des dortigen Klägers, weil er keine vollständigen und erfolgversprechenden Angaben zu seinen Auftraggebern gemacht hatte). Davon ausgehend dürfte es im vorliegenden Verfahren sachgerecht sein, zu prüfen, ob als milderes Mittel gegenüber dem Antragsteller die direkte Anfrage der Antragsgegnerin bei der XY GmbH in Betracht gezogen werden kann, ob jene mit der Herausgabe der Unterlagen und der Erteilung von Auskünften durch den Antragsteller an die Aufsichtsbehörde einverstanden sei.

Der Einwand führt jedoch nicht zum Erfolg der Beschwerde, weil der Hinweis allein auf die Pflicht der Aufsichtsbehörde den Sachverhalt nicht ausschöpft. Denn es muss ebenfalls berücksichtigt werden, dass insoweit nicht allein eine Ermittlungslast der Antragsgegnerin besteht, sondern der Antragsteller sich im Rahmen seiner Mitwirkungspflichten in angemessener Form selbst um eine entsprechende Erklärung der Auftraggeberin bemühen müsste, wenn er sich auf eine Schweigepflicht berufen will. Der Rechtsanwalt darf sich im Rahmen einer Fallkonstellation wie der vorliegenden nicht darauf beschränken, zu erklären, es bestünde die Möglichkeit, dass eine Anfrage bei dem Auftraggeber Erfolg hätte, sondern ihm kann zugemutet werden, seinen Auftraggeber selbst um eine entsprechende Erklärung zu bitten.

3. Eine abschließende Entscheidung zur Mitwirkungslast des betroffenen Anwalts erübrigt sich, weil der Antragsteller zu Recht geltend macht, das Verwaltungsgericht habe in dem Beschluss vom 15.Juni 2012 nicht hinreichend beachtet, dass dem Auskunfts- und Vorlageersuchen der Antragsgegnerin Auskunftsverweigerungsrechte -im weiteren Sinne - entgegenstehen. Diese können sich nämlich bereits aus § 44c Abs. 5 Satz 2 i.V.m. § 44 Abs. 6 KWG ergeben,wonach der zur Erteilung einer Auskunft Verpflichtete unter bestimmten Voraussetzungen die Auskunft zu Fragen verweigern kann (a), zum anderen aber auch aus dem strafprozessrechtlichen Recht auf Aussageverweigerung (b), auf das sich der Antragsteller beruft.

a) Es ist im vorliegenden Verfahren bereits nicht auszuschließen, dass dem Antragsteller zumindest bezüglich der Anordnung Nr. 1 b) der Verfügung vom 6. März 2012, eine Aufstellung vorzulegen, ein Auskunftsverweigerungsrecht gemäß § 44 Abs. 6 KWGzusteht. Das dem für Zeugen in § 55 StPO bestehende und hier nachgebildete Auskunftsverweigerungsrecht berücksichtigt die Möglichkeit, dass durch das unerlaubte Betreiben von Finanzdienstleistungen oder Bankgeschäften Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten realisiert werden können, so dass bei Erteilung einer (wahrheitsgemäßen) Auskunft eine Selbstbelastung entstehen könnte (vgl. Lindemann, in Boos/Fischer/Schulte-Mattler,Kreditwesengesetz, 4. Aufl. 2012, § 44c KWG Rdnr. 60). Die von der Antragsgegnerin geforderte Aufstellung ist als schriftliche Auskunft zu werten, da sie von dem Betroffenen erstellt werden muss.

Die Verfügung der Antragsgegnerin verhält sich zu dieser Streitfrage in keiner Weise, so dass sie zumindest bezüglich der Anordnung unter 1. b) nicht erkennbar rechtmäßig ist.

Nicht unmittelbar vom Wortlaut der Norm umfasst ist hingegen die Vorlage der unter 1. a) und c) der Verfügung vom 6. März 2012genannten Unterlagen (Kontoauszüge und sonstige Nachweise), die bestehende Dokumente betreffen. Eine Ausweitung der Vorschrift über den Wortlaut hinaus erscheint zumindest problematisch (ablehnend etwa: VG Berlin, Urteil vom 23. Juli 1987 - 14 A 16/87 -, NJW 1998,1105; Hartung: Zum Umfang des Auskunftsverweigerungsrechts nach §44 IV KWG, NJW 1988, 1070). Daraus wird gefolgert, dass die von der Aufsichtsbehörde angeforderten Urkunden und Ablichtungen einem Beweisverwertungsverbot unterliegen könnten, insbesondere dann,wenn es um Unterlagen gehe, die mit dem Vergehen nach § 54 KWGnichts zu tun hätten (Hartung, a.a.O., S. 1072). Des Weiteren wird angenommen, dass bei einer fehlenden Belehrung über ein eventuell bestehendes Auskunftsverweigerungsrecht ein Verwertungsverbot entstehe (VG Frankfurt, Urteil vom 6. Juni 2009 - 1 K 4060/08.F -;vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 13. Januar 1981 - 1 BvR 116/77 -,BVerfGE 56, 37 zum strafrechtlichen Verwertungsverbot bei konkursrechtlicher Pflicht zur Aussage). In den Fällen, in denen wegen paralleler Verfahren vor den Strafverfolgungs- und den Verwaltungsbehörden das Selbstbezichtigungsverbot unter Umständen leerzulaufen droht, wird auch ein Beweisverwertungsverbot im Strafprozess, ähnlich wie es in § 393 AO geregelt ist, diskutiert (Lindemann, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, a.a.O., § 44c KWGRdnr. 68). Voraussetzung dieses lediglich geringen Schutzes sei ein besonderes Pflichtenverhältnis des Auskunftspflichtigen gegenüber dem Auskunftsberechtigten, was das Bundesverfassungsgericht für das Verhältnis des Gemeinschuldners zu den Konkursgläubigern bejaht habe. Zu Recht macht Lindemann (a.a.O.) darauf aufmerksam, dass die Annahme, ein Verdachtsinstitut habe in ähnlicher Weise eine €besondere Verantwortlichkeit gegenüber dem Bundesaufsichtsamt (stellvertretend für die Allgemeinheit)€(Hartung, a.a.O., S. 1072) nicht vollständig überzeuge, da sich eine besondere Verantwortlichkeit insoweit für nahezu jede verwaltungsrechtlich geregelte Situation konstruieren ließe.Insoweit sieht sich der Senat jedoch aufgrund der nicht vollständig aufgeklärten Sachlage und des Charakters des Eilverfahrens gehindert, für den konkret zur Entscheidung stehenden Fall eine verbindliche Aussage zu treffen. Nach den von der Behörde vorgelegten Unterlagen - Band 2, Blatt 9 - war am 15. März 2012 das strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen den Antragsteller und weitere Beschuldigte wegen des Verdachts der Geldwäsche (Az. 13 Js €./..) noch anhängig. Von dem Fortgang des Verfahrens berichtet die Antragsgegnerin am 13. Juni 2012 lediglich, der Abschluss des Ermittlungsverfahrens sei nicht absehbar.

b) Dem Antragsteller wird des Weiteren zuzugestehen sein, dass auch die weitergehenden Anordnungen wegen des gegen ihn durchgeführten strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens rechtswidrig sein können. Insoweit fehlt es dem angegriffenen Beschluss an einer konkreten Auseinandersetzung mit dem bereits erstinstanzlich geltend gemachten Recht, die Vorlage der geforderten Unterlagen zu verweigern.

Die Verfügung der Antragsgegnerin bezieht (auch) die Streitfrage nach einem strafprozessualen Auskunftsverweigerungsrecht zwar deshalb nicht ein, weil der Antragsteller erstmals im Gerichtsverfahren dieses - im weiteren Sinne -Auskunftsverweigerungsrecht geltend gemacht hat. Dies könnte jedoch darauf zurückzuführen sein, dass der Antragsteller erstmals durch die im Gerichtsverfahren erfolgte Einsichtnahme in die Verwaltungsakte von dem gegen ihn anhängigen Ermittlungsverfahren Kenntnis erlangt haben könnte. Auch diesbezüglich ist der Sachverhalt nicht vollständig geklärt. Indes hätten die Antragsgegnerin und das Verwaltungsgericht das vom Antragsteller im Schriftsatz vom 18. April 2012 (Bl. 78, 85 f. der Gerichtsakte)ausreichend geltend gemachte Recht prüfen und in die Entscheidung einstellen müssen. Die Antragsgegnerin hat diesbezüglich im Schriftsatz vom 15. Mai 2012 (Bl. 119 der Gerichtsakte) lediglich ausgeführt, der Zweck der Abwicklung der unerlaubten Geschäfte könne erreicht werden, wenn die durch die erzwungene Vorlage von Unterlagen gewonnenen Erkenntnisse in einem Strafprozess einem Beweisverwertungsverbot unterliegen würden. Auf die Problematik, ob ein Beweisverwertungsverbot zu realisieren und ausreichend ist, den Eingriff als verhältnismäßig zu erkennen, ist das Verwaltungsgericht in dem angegriffenen Beschluss aber nicht eingegangen.

Der Senat kann aufgrund des nicht vollständig dargelegten Sachverhalts die getroffenen Anordnungen anhand des Gesetzes nicht abschließend prüfen. Es ist auch nicht möglich, die gesetzlichen Vorschriften im Wege einer verfassungskonformen Auslegung bezüglich der Fragen zu einem eventuellen Verwertungsverbot und den dadurch möglichen Einschränkungen der behaupteten Auskunftsverweigerungsrechte auf ihre Gültigkeit hin zu prüfen und gegebenenfalls im Fall der angenommenen Unvereinbarkeit mit Verfassungsrecht dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen.

4. Sind die angegriffenen Verfügungen als nicht rechtmäßig zu erkennen, so ist bei der dargestellten Systematik des § 80 Abs. 2Satz 1 Nr. 3 VwGO eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs auszusprechen. Im Fall von erheblichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit der getroffenen Anordnungen wird indes ein besonderes erhebliches Interesse des Antragstellers an der Herstellung des Suspensiveffekts erkennbar, das das öffentliche Interesse am Sofortvollzug der Maßnahmen überwiegt. Da im vorliegenden Fall solche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Verfügung bestehen, muss die Wertung des Gesetzgebers, die öffentlichen Interessen an der Effizienz und Aufrechterhaltung einer Kontrolle der Finanzmärkte als vorrangig zu bestimmen,gegenüber den Interessen der Marktteilnehmer, von der Verpflichtung zur Offenlegung von Unterlagen und Informationen vorerst verschont zu bleiben, hier zurücktreten, zumal die Möglichkeit besteht, dass bei einer - erzwungenen - Herausgabe der Unterlagen und Erklärungen vollendete Tatsachen geschaffen werden, die den eventuell gegebenen Auskunftsverweigerungsrechten des Antragstellers widersprechen,wohingegen der Abschluss weiterer Geschäfte oder die Annahme von entsprechenden Geldern nicht zu befürchten ist.

Das Gericht befristet die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs entsprechend §§ 80 Abs. 5, 80b Abs. 1 und 3 VwGO auf den Zeitpunkt der Klagefrist (§ 74 Abs. 1 VwGO), da die Möglichkeit besteht, dass im Verlauf des durchzuführenden Widerspruchsverfahrens die Sachlage - insbesondere hinsichtlich des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens - sich ändert, jedenfalls von der Aufsichtsbehörde neu in den Blick genommen werden kann.

5. Zu den Ausführungen des Verwaltungsgerichts zu der Androhung des Zwangsmittels verhält sich die Beschwerde nicht. Gleichwohl entfällt bei Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Grundverfügung gemäß § 17 FinDAG i.V.m. § 6 Abs. 1 VwVGderen Durchsetzbarkeit, so dass auch insoweit die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs anzuordnen ist.

6. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens gemäß § 154Abs. 1 VwGO zu tragen; die ausgesprochene Befristung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs und die Abweisung des Begehrens im Übrigen bewertet das Gericht in Anwendung des § 155Abs. 1 Satz 3 VwGO als geringen Teil, der nicht zu einer Kostenquotelung führen muss. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 und 2, 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG und berücksichtigt die Festsetzung des Verwaltungsgerichts, die von den Beteiligten nicht angegriffen wird.

Dieser Beschuss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs.1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 2 GKG).






Hessischer VGH:
Beschluss v. 23.08.2012
Az: 6 B 1374/12


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/6b8fa90e5704/Hessischer-VGH_Beschluss_vom_23-August-2012_Az_6-B-1374-12




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