Bundespatentgericht:
Beschluss vom 10. August 2004
Aktenzeichen: 33 W (pat) 211/02

(BPatG: Beschluss v. 10.08.2004, Az.: 33 W (pat) 211/02)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist gegen die Eintragung der für die Waren Klasse 9:

Brillen und deren Teile, insbesondere Sonnenbrillen, Sportbrillen, Schutzbrillen; Brillengestelle; Brillenetuis;

Klasse 14:

Edelmetalle und deren Legierungen sowie daraus hergestellte oder damit plattierte Waren (soweit in Klasse 14 enthalten); Juwelierwaren, Schmuckwaren, Edelsteine; Uhren und Zeitmeßinstrumente;

Klasse 16:

Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien (soweit in Klasse 16 enthalten); Druckereierzeugnisse und Druckwaren, Kalender, Glückwunschkarten; Fotografien; Papier- und Schreibwaren, Büroartikel (ausgenommen Möbel); Künstlerbedarfsartikel, Pinsel, Schreib- und Malstifte, Schreib- und Zeichengeräte, Schulbedarf (soweit in Klasse 16 enthalten), Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Landkarten; Spielkarten;

Klasse 18:

Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus (soweit in Klasse 18 enthalten); Taschen, Schulranzen, Rucksäcke; Reise-, Akten- und Handkoffer; Reisenecessaires (Lederwaren); Kleinlederwaren; Brieftaschen, Schlüsseltaschen, Schlüsseletuis; Gürteltaschen; Hüfttaschen; Regenschirme; Sonnenschirme;

Klasse 20:

Möbel, Spiegel, Rahmen; Waren (soweit in Klasse 20 enthalten) aus Holz, Kork, Rohr, Binsen, Weide, Horn, Knochen, Elfenbein, Fischbein, Schildpatt, Bernstein, Perlmutter, Meerschaum oder aus Kunststoffen; Schlafsäcke für Campingzwecke;

Klasse 25:

Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungenam 22. September 1999 angemeldeten Marke 399 58 703 time limitedauf Grund der für die Waren

"Bekleidungsstücke für Herren, Damen und Kinder, einschließlich Sport-, Unter- und Badebekleidungsstücken; nichtorthopädische Miederwaren; Kopfbedeckungen; Schals, Sarongs, Stirnbänder, Leggings, Schuhwaren, einschließlich Sportschuhe; Gürtel als Bekleidungsstücke"

geschützten prioritätsälteren Marke 399 08 910 Timeam 2. März 2000 Widerspruch erhoben worden.

Die Markenstelle für Klasse 18 hat den Widerspruch durch Beschluß vom 22. März 2002 zurückgewiesen. Sie hat ausgeführt, daß die sich gegenüberstehenden Marken lediglich in ihren Bestandteilen "time" übereinstimmten. Die Art der Markengestaltung lasse jedoch die angegriffene Marke als Einheit erscheinen, so daß es unzulässig sei, das Element "time" herauszugreifen. Beide Bestandteile des angegriffenen Zeichens verbänden sich zu dem englischen Gesamtbegriff "time limited" im Sinne von "zeitlich begrenzt". Auch die Voraussetzungen einer mittelbaren Verwechslungsgefahr seien allein deshalb nicht gegeben, weil "time" in der angegriffenen Marke keine eigenständige betriebliche Kennzeichnungsfunktion zukomme.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Diese hat im Verfahren vor dem Bundespatentgericht ihre Beschwerde dahingehend beschränkt, daß sie sich nicht mehr gegen "Uhren und Zeitmeßinstrumente" richte. Sie trägt vor, daß die Verbraucher die angegriffene Marke "time limited" dahingehend verstehen würden, daß es sich um Bekleidungsstücke einer Marke "time" handle, die in einer begrenzten, "limitierten" Auflage erhältlich seien. Für ein solches Verständnis spräche, daß dem Großteil der deutschen Verbraucher der Sinngehalt des Wortes "limited" und seiner deutschen Entsprechung "limitiert" einzig im Kontext mit den Begriffen "limited edition" bzw "limitierte Auflage" bekannt sei. "time limited" im Sinne von zeitlich begrenzt werde auch in der englischen Sprache nur selten verwendet und sei daher den deutschen Verkehrskreisen nicht geläufig.

Die Widersprechende beantragt, unter Aufhebung des Beschlusses der Markenstelle für Klasse 18 vom 22. März 2002 die Löschung der angegriffenen Marke - mit Ausnahme von Uhren und Zeitinstrumenten - anzuordnen.

Der Inhaber der angegriffenen Marke beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Er hat sich im Verfahren vor dem Bundespatentgericht nicht geäußert. Im Verfahren vor der Markenstelle hat er ausgeführt, daß eine Prägung der angegriffenen Marke durch "time" nicht ersichtlich sei. Es gebe eine Vielzahl von Marken auch in den streitgegenständlichen Klassen, die alle den Bestandteil "time" enthielten.

Der Senat hat unter Übersendung von Ermittlungsunterlagen einen Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt. Die Widersprechende hat ihren Terminsantrag zurückgenommen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Auch der Senat hält die Gefahr von Verwechslungen der Marken gemäß § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG nicht für gegeben. Die Markenstelle hat den Widerspruch daher zu Recht gemäß § 43 Abs 2 Satz 2 MarkenG zurückgewiesen.

Ob Verwechslungsgefahr besteht, hängt nach § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG von der Identität oder Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Marken einerseits und andererseits von der Identität oder Ähnlichkeit der von den beiden Marken erfaßten Waren und Dienstleistungen ab, wobei von dem Leitbild eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers auszugehen ist (vgl EuGH GRUR Int 1999, 734 - Lloyd; BGH GRUR 2000, 506 - ATTACHÉ/TISSERAND). Darüber hinaus sind alle weiteren Umstände zu berücksichtigen, die sich auf die Verwechslungsgefahr auswirken können, insbesondere die Kennzeichnungskraft der älteren Marke (EuGH aaO -Lloyd; GRUR 1999, 995 - HONKA). Dabei stehen die verschiedenen für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr heranzuziehenden Faktoren in einer Wechselwirkung, so daß zB ein geringerer Grad an Markenähnlichkeit durch eine höhere Kennzeichnungskraft der älteren Marke bzw durch einen höheren Grad an Warenähnlichkeit ausgeglichen werden kann (stRspr vgl BGH GRUR 2000, 603 - Cetof/ETOP). Nach diesen Grundsätzen kann im vorliegenden Fall eine Verwechslungsgefahr nicht bejaht werden.

Nachdem Benutzungsfragen hier nicht angesprochen worden sind, ist für die Frage der Warenähnlichkeit von der Registerlage auszugehen. Die sich gegenüberstehenden Waren liegen - jedenfalls teilweise - im engeren Ähnlichkeitsbereich bis hin zur Warenidentität in der Klasse 25.

Zu Gunsten der Widersprechenden geht der Senat von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke aus, auch wenn "Time" in den einschlägigen Warenklassen als Markenbestandteil häufiger verwendet wird.

Den insoweit erforderlichen erheblichen Abstand halten die sich gegegenüberstehenden Marken nach ihrem klanglichen und schriftbildlichen Gesamteindruck ohne weiteres ein. Dabei ist davon auszugehen, daß die jüngere Marke "time limited" ein einheitlicher Gesamtbegriff ist, der nicht durch den Bestandteil "Time" geprägt wird.

Grundsätzlich ist es nicht zulässig, aus einer angegriffenen jüngeren Marke ein Element herauszugreifen und dessen Übereinstimmung mit der Widerspruchsmarke festzustellen (BGH GRUR 1996, 198 - Springende Raubkatze). Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn einem der Markenteile eine so eigenständig kennzeichnende und insgesamt nominierende Bedeutung zukommt, daß darin der markenmäßige Schwerpunkt des Gesamtzeichens gesehen werden kann (BGH GRUR 1996, 775 - Sali Toft; GRUR 1998, 930 - Fläminger). Dafür gibt es im vorliegenden Fall keine ausreichenden Anhaltspunkte.

Die angegriffene Marke stimmt mit der Widerspruchsmarke in dem Bestandteil "time" überein. Die angesprochenen Verkehrskreise, hier das allgemeine Publikum werden sich jedoch nicht nur an diesem Bestandteil als allein prägend orientieren. Zwar hat die Widersprechende zutreffend vorgetragen, daß den deutschen Verkehrskreisen "limited" insbesondere als Hinweis auf eine "limitierte Edition/Auflage" bekannt ist. Im Zusammenhang mit "time" ergibt sich aus der gesamten angegriffenen Marke jedoch der Wortsinn "zeitlich begrenzt". Die angesprochenen Verkehrskreise, hier das allgemeine Publikum, müßten daher den Gesamtbegriff mit einheitlichem Inhalt willkürlich aufspalten, wofür es keinerlei Anhaltspunkte gibt.

Der Verkehr wird sich daher bei der angegriffenen Marke an der Gesamtbezeichnung orientieren. Zwischen den Marken "time limited" und "Time" sind die Abweichungen in klanglicher, schriftbildlicher und begrifflicher Hinsicht jedoch so erheblich, daß eine unmittelbare Verwechslungsgefahr ausgeschlossen werden muß.

Auch für das Vorliegen einer mittelbaren Verwechslungsgefahr gibt es keinerlei Anhaltspunkte. Der für die Annahme einer mittelbaren Verwechslungsgefahr erforderliche Hinweischarakter eines gemeinsamen Stammbestandteiles ist "time" allein deshalb abzusprechen, weil diesem Begriff in der angegriffenen Marke keine ausreichend eigenständige betriebliche Kennzeichnungsfunktion zukommt.

Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage besteht kein Anlaß aus Gründen der Billigkeit einer der Verfahrensbeteiligten die Kosten des Beschwerdeverfahrens gemäß § 71 Abs 1 MarkenG aufzuerlegen.

Winkler Pagenberg Dr. Hock Cl






BPatG:
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Az: 33 W (pat) 211/02


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