Landgericht München I:
Urteil vom 6. Mai 2008
Aktenzeichen: 33 O 13059/07

(LG München I: Urteil v. 06.05.2008, Az.: 33 O 13059/07)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

III. Das Urteil ist gegen eine Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin ist seit 1996 Veranstalterin von Kreuzfahrten mit Sitz in Rostock. Unter dem Unternehmensschlagwort "A" betreibt sie mehrere Kreuzfahrtschiffe und gehört zu den Marktführern der Branche. Sie ist Inhaberin der am 15.1.1997 angemeldeten und am 17.3.1998 eingetragenen deutschen Wortmarke "A" für u. a. "Veranstaltung von Reisen, insbesondere Kreuzfahrten und Ausflugsfahrten". Sie hat außerdem eine Gemeinschaftsmarke "A" angemeldet.

Die Beklagte ist eine Brauerei in Landshut. Sie fragte mit E-mail vom 18.1.2007 bei der Klägerin an, ob sie eine ihrer Kreuzfahrten im Rahmen eines Gewinnspiels verlosen dürfe. Die Klägerin lehnte dies unter Hinweis auf marketingstrategische Gründe ab. Die Beklagte lobte dann aber dennoch im Rahmen eines Preisrätsels eine Kreuzfahrt der Klägerin in folgender Form aus:

Hiervon erlangte die Klägerin am 22.5.2007 Kenntnis und mahnte die Beklagte mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 1.6.2007 ab. Die Beklagte verweigerte jedoch unter Hinweis darauf, dass der Klägerin der geltend gemachte Anspruch nicht zustehe, die Abgabe einer Unterlassungserklärung.

Die Klägerin ist der Auffassung, sie habe wegen dieser Werbung gegen die Beklagte einen Unterlassungsanspruch gemäß § 14 Abs. 2, Abs. 3, Abs. 5 MarkenG. Sie trägt vor, die Beklagte benutze in der angegriffenen Werbung das identische Kennzeichen "A" für eine für die Klägerin geschützte Dienstleistung. Hierzu sei die Beklagte nicht berechtigt. Selbst wenn sie, was bestritten werde, bereits eine Reise der Klägerin gebucht hätte, um diese auszuloben, könne sie sich nicht etwa auf Erschöpfung gemäß § 24 Abs. 1 MarkenG berufen, weil eine solche nur bei Waren und nicht bei Dienstleistungen eintreten könne.

Der Klägerin stehe weiter ein Unterlassungsanspruch gemäß § 15 Abs. 2, Abs. 4 MarkenG aus ihrem Unternehmensschlagwort "A" zu.

Außerdem könne die Klägerin einen Unterlassungsanspruch auch auf wettbewerbsrechtliche Behinderung gemäß §§ 3, 4 Nr. 10 UWG stützen. Die Beklagte verlose eine Reise der Klägerin und trete somit zu dieser in Wettbewerb.

Die Klägerin beantragt daher,

1. die Beklagte zu verurteilen, es unter Androhung eines Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen,

Reisen der Klägerin unter Verwendung des folgenden Kennzeichens als Gewinn auszuloben:

A

2. es der Beklagten aufzugeben, Auskunft darüber zu erteilen,

a. seit wann und in welchem Umfang sie das Kennzeichen unter Ziffer 1. benutzt hat;

b. welche Umsätze unter den unter Ziffer 1. genannten Verstößen getätigt wurden, und zwar aufgeschlüsselt nach Kunden, Euro-Werten und Kalendermonaten;

c. welche Gestehungskosten unter Angabe der einzelnen Kostenfaktoren im Rahmen des Verstoßes angefallen sind;

d. welcher Gewinn im Rahmen des Verstoßes erzielt wurde;

3. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin über den Umfang des Verstoßes Rechnung zu legen, und zwar unter Vorlage von Verzeichnissen zur Auskunft gemäß Punkt 2. Der Beklagten mag es vorbehalten bleiben, die Rechnungslegung statt der Klägerin einem von dieser zu benennenden und ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten Wirtschaftprüfer zur Prüfung zu gestatten, sofern die Beklagte die durch die Einschaltung entstehenden Kosten trägt und den Wirtschaftsprüfer zugleich ermächtigt, der Klägerin unter Anonymisierung der Kundendaten die Ergebnisse der Prüfung mitzuteilen;

4. festzustellen, dass die Beklagte der Klägerin allen Schaden zu ersetzen hat, der durch die in Ziffer 1 bezeichnete Handlung entstanden ist und/oder noch entstehen wird.

Die Beklagte beantragt

Klageabweisung.

Sie trägt vor, die Klage sei bereits zu weit gefasst, weil sie weder auf ein Handeln im geschäftlichen Verkehr noch € für den wettbewerbsrechtlichen Anspruch € auf ein Handeln zu Wettbewerbszwecken beschränkt sei.

Zudem fehle es bereits an einer kennzeichenmäßigen Benutzung des klägerischen Zeichens "A". Die Beklagte benutze "A" lediglich zur Bezeichnung des Kreuzfahrtschiffs, auf dem die als Hauptgewinn ausgelobte Reise stattfinden solle. Die Kennzeichen der Klägerin würden nicht zur Kennzeichnung der Waren oder Dienstleistungen eines bestimmten Unternehmens, insbesondere nicht des Unternehmens der Beklagten verwendet, da gerade keine Beschreibung der ausgelobten Kreuzfahrt als Dienstleistung der Beklagten erfolge und dem angesprochenen Publikum auch klar sei, dass es sich bei der Beklagten um eine Brauerei und nicht um ein Kreuzfahrtunternehmen oder einen Reiseveranstalter handele. Die Benutzung von "A" erfolge ausschließlich zur Nennung des Hauptpreises der Verlosung.

Aber selbst wenn man eine kennzeichenmäßige Benutzung unterstelle, liege eine Verletzungshandlung nicht vor, da die Verwendung durch § 23 Nr. 2 MarkenG gedeckt sei. Die Beklagte könne den von ihr ausgelobten Hauptpreis nur beschreiben, wenn sie den Namen des Kreuzfahrtschiffs nenne, auf dem die ausgelobte Reise stattfinde. Eine sittenwidrige Benutzung liege dabei nicht vor, da mit der Bezeichnung "Clubschiff A" gerade kein Hinweis auf eigene Waren oder Dienstleistungen der Beklagten erfolge.

Darüber hinaus sei eine Markenverletzung im vorliegenden Fall auch durch die analoge Anwendung von § 23 Nr. 3 und § 24 MarkenG ausgeschlossen.

Die Klägerin erwidert hierauf, der BGH habe auch in der Entscheidung "Gewinnfahrzeug mit Fremdemblem" (WRP 2006, 470 ff.) eine markenmäßige Benutzung der Marke "F" durch den abgebildeten F angenommen. Von § 23 Nr. 2 MarkenG sei die Verwendung durch die Beklagte nicht gedeckt, da diese Vorschrift nur der Verwirklichung der freien Verwendbarkeit beschreibender Angaben diene. §§ 23 Nr. 3 und 24 Abs. 1 seien weder von ihrem Wortlaut noch vom Gesetzeszweck auf den vorliegenden Fall anwendbar.

Wegen des Parteivorbringens im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze und deren Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 6.5.2008 Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig, jedoch € auch abgesehen von der zu weiten Antragsfassung € unbegründet.

1. Der Klägerin steht schon der in Ziffer 1. geltend gemachte Unterlassungsanspruch gem. § 14 Abs. 2, Abs. 3, Abs. 5 MarkenG aus ihrer deutschen Marke "A" nicht zu.

27a) Eine markenverletzende Benutzung liegt nach ständiger Rechtsprechung des BGH und des EuGH nur im Falle einer markenmäßigen bzw. kennzeichenmäßigen Verwendung durch den Verletzer vor. An einer solchen fehlt es hier bereits, da sie erfordern würde, dass das fremde Kennzeichen zur Kennzeichnung des eigenen Produktangebots verwendet wird.

28Dies ist hier schon nach dem eigenen Vortrag der Klägerin nicht der Fall. Vielmehr ist dem angesprochenen Publikum durch die Gestaltung der konkreten Werbung bewusst, dass es sich bei der Beklagten nicht um einen Veranstalter von Kreuzfahrten handelt, sondern dass die Beklagte lediglich eine von der Klägerin angebotene Dienstleistung als Gewinn auslobt. Eine Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion der Klagemarke kann bei dieser Gestaltung von vorne herein nicht erfolgen. Es handelt sich um einen Fall, den Ingerl/Rohnke (Rn. 83 ff., 144 ff., 159 ff. zu § 14 MarkenG) unter den Begriff der "Markennennung" fassen und hierzu vertreten, dass eine solche im Regelfall gerade keine Rechtsverletzung darstellt, sondern dies vielmehr nur bei Vorliegen besonderer Begleitumstände in Betracht kommt, wie bei Irreführung, Ruf- oder Aufmerksamkeitsausbeutung oder Herabsetzung (Ingerl/Rohnke, a. a. O., Rn. 84), also bei Umständen, die hier € gerade im Hinblick auf die konkrete Verwendungsform € sämtlich nicht gegeben sind. Ebenso vertreten Ströbele/Hacker (Rn. 80 zu § 14 MarkenG) € lediglich ohne Verwendung des Begriffs "Markennennung" €, dass ein markenmäßiger Gebrauch dann ausscheidet, wenn zwar eine fremde Marke im Zusammenhang mit eigenen Waren/Dienstleistungen verwendet wird, aber aus der Benutzungshandlung selbst eindeutig hervorgeht, von wem die fraglichen Waren/Dienstleistungen stammen und eine Herkunftsverwirrung ausgeschlossen ist.

Dies entspricht auch der Rechtsprechung des EuGH. Dieser hat im Hölterhoff-Urteil (GRUR 2002, 692, 693) ausgeführt, dass sich der Inhaber einer Marke nicht auf sein Ausschließlichkeitsrecht berufen könne, wenn ein Dritter die Herkunft der Ware aus seiner eigenen Produktion offenbare und das betreffende Zeichen ausschließlich zur Kennzeichnung der besonderen Eigenschaften der von ihm angebotenen Ware verwende, so dass ausgeschlossen sei, dass die benutzte Marke im Verkehr als betriebliches Herkunftszeichen aufgefasst werde.

Auch in seiner jüngsten Rechtsprechung betont der EuGH € etwa in der "Celine"-Entscheidung, in der es primär um die Verletzung von Marken durch Unternehmenskennzeichen geht (GRUR 2007, 971, 972) €, dass ein Verbietungsrecht aus einer Marke nur besteht, wenn die Benutzung des Zeichens durch den Dritten die Hauptfunktion der Marke, nämlich die Gewährleistung der Herkunft der Waren oder Dienstleistungen gegenüber Verbrauchern, beeinträchtigen kann, weil die Marke, damit sie ihre Aufgabe als wesentlicher Bestandteil des Systems eines unverfälschten Wettbewerbs, das der EG-Vertrag errichten und erhalten will, erfüllen kann, die Gewähr dafür bieten muss, dass alle Waren oder Dienstleistungen, die sie kennzeichnet, unter der Kontrolle eines einzigen Unternehmens hergestellt oder erbracht worden sind, das für ihre Qualität verantwortlich gemacht werden kann (EuGH a. a. O, Erwägungsgründe 16, 26, 27).

Auf den vorliegenden Fall übertragen bedeutet dies, dass keine markenmäßige Benutzung vorliegt, wenn € wie hier € die Klagemarke offen nicht für das Brauereiangebot der Beklagten, sondern für die Kreuzfahrt der Klägerin selbst benutzt wird und ihre Verwendung nur der Beschreibung des Hauptgewinns des von der Beklagten veranstalteten Gewinnspiels dient.

Soweit die Klägerin sich auf die BGH-Entscheidung "Gewinnfahrzeug mit Fremdemblem" beruft, in der eine markenmäßige Benutzung angenommen wurde, so war nach der dort abgebildeten Werbung weit weniger klar als im vorliegenden Fall, für welche Produkte der Veranstalter des Gewinnspiels steht und deshalb durchaus eine Gefahr der Herkunftsverwirrung gegeben. Auch kam es auf die Frage der markenmäßigen Benutzung letztlich nicht an, da der Anspruch ohnehin wegen Erschöpfung nach § 24 MarkenG abzuweisen war.

33b) Aber selbst wenn man bei der hier vorliegenden Fallgestaltung der "Markennennung" eine kennzeichenmäßige Benutzung bejahen wollte, so wäre eine Verletzung der klägerischen Marke jedenfalls über § 23 Nr. 2 MarkenG ausgeschlossen (Ingerl/Rohnke, Rn. 159, 160 zu § 14 MarkenG), weil die Tatsache der Verwendung der Klagemarke ausschließlich zur Beschreibung des Schiffs, auf dem die zu gewinnende Kreuzfahrt stattfindet, spätestens im Rahmen dieser Bestimmung berücksichtigt werden müsste. Ein Verstoß gegen die guten Sitten gem. § 23 MarkenG, letzter Halbsatz, läge nicht vor.

Soweit die Klägerin vorträgt, dass nach ihren AGB gebuchte Reisen nicht übertragbar seien, stellt dies zum einen kein markenrechtliches Sittenwidrigkeitskriterium dar und zum anderen wird auch nicht vorgetragen, dass die Klägerin im vorliegenden Fall die Gewinner des Preisausschreibens unter Bezug auf diese Klausel zurückgewiesen hätte, so dass davon auszugehen ist, dass die Beklagte die Kreuzfahrt erst gebucht hat, nachdem die Gewinner bereits feststanden und die Buchung gleich auf deren Namen vorgenommen hat.

Durch die Werbung wird auch nicht der Eindruck besonderer Beziehungen zwischen der Beklagten und der Klägerin erweckt.

c) Für einen markenrechtlichen Anspruch würde es überdies € da die Beklagte die Bezeichnung in der Werbung für Bier verwendet € auch schon an jeglicher Waren-/Dienstleistungsähnlichkeit zu den durch die deutsche Marke der Klägerin geschützten Waren und Dienstleistungen fehlen.

2. Aus der erwähnten Gemeinschaftsmarke will die Klägerin den Anspruch offensichtlich ohnehin nicht herleiten, weil er nicht auf Art. 9 GMV gestützt wurde. Im Übrigen wäre dies auch nicht möglich gewesen, da nach dem eigenen Vorbringen der Klagepartei eine Gemeinschaftsmarke noch nicht besteht, vielmehr ausweislich der von der Klägerin vorgelegten Anlage K 3 lediglich eine Veröffentlichung der Anmeldung und daraufhin eine Widerspruchseinlegung erfolgt ist.

3. Der Klägerin steht auch ein Anspruch aus ihrem Unternehmenskennzeichen gem. §§ 5, 15 MarkenG aus den unter Ziff. 1. aufgeführten Gründen nicht zu.

394. Ebenso wenig besteht ein Anspruch aus §§ 3, 4 Nr. 10 UWG. Die Klägerin hat schon in keiner Weise vorgetragen, worin hier eine gezielte Behinderung durch die Beklagte liegen sollte. Vielmehr verhilft die Beklagte durch ihre Vorgehensweise der Klägerin lediglich zu zusätzlichen Kunden. Soweit die Klägerin der Beklagten keine Erlaubnis zur Auslobung ihrer Reise in einem Preisausschreiben erteilten wollte, ändert dies ebenfalls nichts, da nicht ersichtlich ist, inwiefern "marketingstrategische" Gesichtspunkte durch die vorliegende Auslobung berührt sein sollten.

5. Aus denselben Gründen, aus denen ein Unterlassungsanspruch ausscheidet, stehen der Klägerin auch die in Ziff. 3. und 4. geltend gemachten Schadensersatz € und Auskunftsansprüche gem. §§ 14 Abs. 6, 15 Abs. 5 MarkenG und § 242 BGB nicht zu.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.






LG München I:
Urteil v. 06.05.2008
Az: 33 O 13059/07


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