Sozialgericht Neuruppin:
Urteil vom 18. August 2010
Aktenzeichen: S 26 AS 2238/08

(SG Neuruppin: Urteil v. 18.08.2010, Az.: S 26 AS 2238/08)

1. Die billige Gebühr für das Tätigwerden eines Rechtsanwalts im sozialgerichtlichen Vorverfahren wird in einem ersten Schritt ausgehend von der Mittelgebühr bestimmt. Sie ist in einem zweiten Schritt in der Höhe des Schwellenwertes zu kappen, wenn weder der Umfang noch die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit mehr als durchschnittlich ist (Anschluss an Bundessozialgericht, Urteil vom 01. Juli 2009, - B 4 AS 21/09 R, zitiert nach juris).

2. Bei Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende ist - von Bagatellsachen abgesehen - im Rahmen der Gebührenabwägung von unterdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen auszugehen, denen jedoch regelmäßig eine überdurchschnittliche Bedeutung der Angelegenheit gegenübersteht, so dass - bei durchschnittlichem Umfang und durchschnittlicher Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit - regelmäßig die Schwellengebühr kostenrechtlich angemessen ist.

Tenor

Der Beklagte wird unter Abänderung seines Kostenbescheides vom 23. Mai 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Oktober 2010 verurteilt, der Klägerin einen weiteren Betrag in Höhe von 195,16 € zu erstatten.

Der Beklagte trägt die der Klägerin entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten in voller Höhe.

Die Berufung wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Höhe der vom beklagten Grundsicherungsträger zu erstattenden Aufwendungen für die Hinzuziehung des die Klägerin auch im vorliegenden gerichtlichen Verfahren vertretenden Bevollmächtigten im €isolierten Vorverfahren".

Der Beklagte bewilligte der Klägerin und ihrem im Jahre 1990 geborenen Sohn zunächst mit Bewilligungsbescheid vom 10. März 2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch € Grundsicherung für Arbeitsuchende € (SGB II) für den Bewilligungszeitraum vom 01. April 2006 bis zum 30. September 2006; dabei berücksichtigte sie als Einkommen auch fiktive Unterhaltsleistungen in Höhe eines monatlichen Betrages von 245,00 €. Hiergegen erhob der Bevollmächtigte der Klägerin mit einseitigem Schreiben vom 13. April 2006 namens und in Vollmacht der Klägerin auftragsgemäß Widerspruch, den er damit begründete, dass bei der Berechnung der Einkünfte Unterhaltszahlungen berücksichtigt worden seien, die tatsächlich niemals gezahlt worden seien. Mit Änderungsbescheid vom 20. Juni 2007 € betreffend den Bewilligungszeitraum vom 01. Juni 2006 bis zum 30. September 2006 berücksichtigte der Beklagte nur noch tatsächliche Unterhaltsleistungen in Höhe eines Betrages von monatlich 150,00 €. Der Bevollmächtigte teilte mit Schreiben vom 27. Juli 2007, dass sich nach Rücksprache mit seiner Mandantin (der hiesigen Klägerin) der Widerspruch nach Erteilung des Änderungsbescheides erledigt habe. Mit Kostennote vom 09. August 2007 stellte der Bevollmächtigte der Klägerin dem Beklagten unter Berücksichtigung einer Geschäftsgebühr in Höhe der Schwellengebühr einen Gesamtbetrag in Höhe von 309,40 € in Rechnung.

Mit Schreiben des Beklagten vom 11. Februar 2008 bat der Beklagte unter Hinweis auf weitere anhängige Widerspruchsverfahren um Klarstellung, welche Widerspruchsverfahren im Einzelnen beendet seien. Nachdem der Bevollmächtigte unter Beifügung einer Kopie seiner Vollmachtsurkunde mit Schreiben vom 17. April 2008 auf seine alleinige Bevollmächtigung im Widerspruchsverfahren hinsichtlich des Widerspruchs gegen den Bewilligungsbescheid vom 10. März 2006 hingewiesen hatte, entschied der Beklagte, dass er die Kosten des Widerspruchsverfahrens zu tragen habe und stellte darüber hinaus fest, dass die Hinzuziehung des Bevollmächtigten notwendig gewesen sei (Kostenbescheid vom 23. Mai 2008). Darüber hinaus setzte er Kosten in Höhe eines Betrages von 57,12 € fest, wobei er u. a. eine Geschäftsgebühr in Höhe eines Betrages von 40,00 € bei der Berechnung berücksichtigte. Angemessen erscheine nur eine an der unteren Grenze liegende Gebühr. Der Tätigkeitsumfang des Bevollmächtigten habe in der Abfassung nur eines Schreibens bestanden; hierfür seine Vergütung in Höhe eines Betrages von 40,00 € durchaus erforderlich, aber auch ausreichend.

Hiergegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 27. Juli 2008 Widerspruch; es sei zu bedenken, dass lediglich die Mittelgebühr in Ansatz gebracht worden sei, obwohl der Mandantin zu ihrem Recht verholfen worden sei. Die Berechnung sei angesichts des nachweislichen Akteninhalts angesichts der Sach- und Rechtslage nicht zu beanstanden.

Unter Zurückweisung des Widerspruches im Übrigen setzte der Beklagte die zu erstattenden Kosten des Widerspruchsverfahrens auf einen Betrag in Höhe von insgesamt 114,24 € fest (Widerspruchsbescheid vom 08. Oktober 2008). Die Gesamtbewertung von Umfang, Schwierigkeit und Bedeutung führe im Hinblick auf die Bedeutung der Angelegenheit für die Klägerin zwar zu einer Erhöhung der Geschäftsgebühr auf 80,00 €; ein weitergehender Anspruch bestehe jedoch nicht. Die Bedeutung der Angelegenheit kompensiere den unterdurchschnittlichen Aufwand und den unterdurchschnittlichen Schwierigkeitsgrad. Im Übrigen dränge sich die Ursächlichkeit des Erfolges des Widerspruchsverfahrens durch die anwaltlichen Bemühungen nicht auf; was auch zu berücksichtigen sei.

Mit Schriftsatz vom 10. November 2008 hat die Klägerin bei dem Sozialgericht Neuruppin Klage erhoben, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt. Die anwaltliche Kostenrechnung sei nicht zu beanstanden. Sollte diese nicht von dem Beklagten ausgeglichen werden, wäre die Differenz von der Klägerin selbst zu tragen, was nicht angemessen erscheine.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten unter Abänderung seines Kostenbescheides vom 23. Mai 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Oktober 2008 zu verurteilen, der Klägerin einen weiteren Betrag in Höhe von 195,16 € zu erstatten.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält ihre Entscheidung in der Sache aber für zutreffend und verweist zur Begründung ihres Klageabweisungantrages auf die Erwägungen in den angegriffenen verwaltungsbehördlichen Entscheidungen.

Zur weiteren Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselte Korrespondenz, die Prozessakte und die die Klägerin betreffenden Verwaltungsvorgänge des Beklagten zum Aktenzeichen € Bezug genommen. Diese Unterlagen lagen in der mündlichen Verhandlung vor und waren Gegenstand von Beratung und Entscheidungsfindung.

Gründe

Die Klage hat im tenorierten Umfang Erfolg. Die angegriffenen verwaltungsbehördlichen Entscheidungen sind abzuändern und der Beklagte zu verurteilen, den im Tenor genannten Betrag zusätzlich zu erstatten.

1. Die Klage ist zulässig. Die Klägerin verfolgt ihr Anliegen zutreffend mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 S. 1, Abs. 5 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)); der Erhebung einer Verpflichtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 S. 1 SGG bedurfte es nicht.

Gegenstand des Rechtsstreits ist allein die Entscheidung des Beklagten darüber, in welcher Höhe die zu erstattenden Aufwendungen festzusetzen sind (§ 63 Abs. 3 S. 1 Halbs. 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X)). Der Beklagte hat bindend entschieden, dass der Klägerin die Kosten des Vorverfahrens dem Grunde nach erstattet werden (vgl. § 63 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, Abs. 3 S. 1 SGB X) und die Zuziehung eines Rechtsanwalts im Sinne von § 63 Abs. 2, Abs. 3 S. 2 SGB X notwendig war. Eine Einschränkung in Bezug auf die Kostengrundentscheidung, namentlich eine Quotelung der Kosten, hat sie dabei nicht vorgenommen.

Eine Konstellation, in welcher es einer Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 S. 1 SGG) bedarf, weil es schon an einer Entscheidung des Rechtsträgers darüber fehlt, ob die Zuziehung eines Bevollmächtigten überhaupt notwendig war (vgl. hierzu Bundessozialgericht, Urteil vom 27. Januar 2009, - B 7/7a AL 20/07 R, zitiert nach juris), liegt hier nicht vor.

Die Klägerin hat Anspruch auf Erstattung ihrer Aufwendungen nach § 63 Abs. 1 S. 1 SGB X in Höhe eines Betrages von weiteren 195,16 € unter Berücksichtigung einer Geschäftsgebühr in Höhe eines Betrages von 240,00 €. Die insoweit angegriffenen € entgegen stehenden € verwaltungsbehördlichen Entscheidungen sind rechtswidrig und beschweren die Klägerin (§ 54 Abs. 2 S. 1 SGG).

Nach § 63 Abs. 1 S. 1 SGB X hat, soweit der Widerspruch erfolgreich ist, der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Nach § 63 Abs. 2 SGB X sind die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts im Vorverfahren erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war. Gemäß § 63 Abs. 3 S. 1 Halbs. 1 SGB X setzt die Behörde, die die Kostenentscheidung getroffen hat, auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Aufwendungen fest. Gebühren und Auslagen im Sinne von § 63 Abs. 2 SGB X sind die gesetzlichen Gebühren. Aufwendungen der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung sind grundsätzlich auch die Gebühren und Auslagen, die ein Rechtsanwalt seinem Mandanten, hier den Klägern, in Rechnung stellt. Diese Vergütung bemisst sich nach den Vorschriften des Gesetzes über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte - Rechtsanwaltsvergütungsgesetz € (RVG) sowie dem Vergütungsverzeichnis zu diesem Gesetz (VV-RVG) der Anlage 1 zum RVG (§ 1 Abs. 1 S. 1 RVG und § 2 Abs. 2 S. 1 RVG).

Rechtsgrundlage der Geschäftsgebühr ist Nr. 2400 VV-RVG i. V. m. § 14 RVG.

Die Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 VV-RVG fällt in sozialrechtlichen Angelegenheiten an, in denen im gerichtlichen Verfahren Betragsrahmengebühren entstehen (§ 3 RVG). Betragsrahmengebühren sind in sozialgerichtlichen Verfahren vorgesehen, in denen das Gerichtskostengesetz (GKG) nicht anzuwenden ist (§ 3 Abs 1 S. 1 RVG). Abs. 1 gilt entsprechend für eine Tätigkeit außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens (§ 3 Abs. 2 RVG). Ginge es vorliegend um ein gerichtliches Verfahren, entstünden Betragsrahmengebühren, denn die Kläger machen als Leistungsempfänger im Sinne des § 183 S. 1 SGG höhere Ansprüche nach dem SGB II geltend. Verfahren, die in dieser Eigenschaft vor den Gerichten geführt werden, sind (gerichts-)kostenfrei. Die Geschäftsgebühr entsteht insbesondere für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information (Teil 2 Abschnitt 4 Abs. 2 VV-RVG i. V. m. Vorbemerkung 2.3 Abs. 3 VV-RVG).

Gemäß Nr. 2400 VV-RVG umfasst die Geschäftsgebühr einen Betragsrahmen von 40,00 € bis 520,00 €. Eine Gebühr von mehr als 240,00 € kann aber nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war (so genannte Schwellengebühr). Innerhalb dieses Gebührenrahmens bestimmt der Rechtsanwalt nach § 14 Abs. 1 S. 1 RVG die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen. Dem liegt die Erwägung zu Grunde, dass über die Bestimmung dessen, was noch als billig oder schon als unbillig zu gelten hat, leicht Streit entstehen kann. Solchen Streit will der Gesetzgeber möglichst vermeiden, indem er dem Rechtsanwalt ein Beurteilungs- und Entscheidungsvorrecht eingeräumt hat, das mit der Pflicht zur Berücksichtigung jedenfalls der in § 14 RVG genannten Kriterien verbunden ist. Was die Bestimmung der angemessenen Gebühr innerhalb des sich jeweils aus dem Vergütungsverzeichnis ergebenden Gebührenrahmen angeht, entspricht es allgemeiner Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum, dass die Mittelgebühr ein angemessenes Äquivalent für die anwaltliche Tätigkeit in einem in jeder Hinsicht durchschnittlichen Streitverfahren darstellt. Davon ausgehend sind sodann Abschläge für unterdurchschnittliche und Zuschläge für überdurchschnittliche Verfahren vorzunehmen. Dabei kann im Übrigen etwa die Überdurchschnittlichkeit eines Bewertungskriteriums durch die Unterdurchschnittlichkeit anderer Bewertungskriterien kompensiert werden. Die Literatur und ihr folgend die Rechtsprechung gesteht dem Rechtsanwalt darüber hinaus einen Spielraum von 20 % (Toleranzgrenze) zu, der von dem Dritten wie auch von den Gerichten zu beachten ist (vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom 31. Oktober 2006, - VI ZR 261/05; Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 17. August 2005, - 6 C 13/04, jeweils zitiert nach juris; Mayer in Gerold/Schmidt, RVG, RdNr. 12 m. w. N.). Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (§ 14 Abs 1 S. 4 RVG).

Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sind objektive Kriterien. Zu diesen treten die Bedeutung der Angelegenheit für den Auftraggeber sowie dessen Einkommens- und Vermögensverhältnisse als subjektive Kriterien hinzu. Darüber hinaus ist nach § 14 Abs. 1 S. 3 RVG bei Verfahren, auf die Betragsrahmengebühren anzuwenden sind, ein besonderes Haftungsrisiko zu berücksichtigen.

Die Aufzählung der Bemessungskriterien in § 14 Abs. 1 S. 1 RVG ist nach dem Wortlaut der Vorschrift (€vor allem") nicht abschließend, so dass weitere, unbenannte Kriterien mit einbezogen werden können (Hartmann, Kostengesetze, 2008, § 14, RdNr. 2). Sämtliche heranzuziehende Kriterien stehen selbstständig und gleichwertig nebeneinander (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 01. Juli 2009, - B 4 AS 21/09 R, zitiert nach juris)

Die so genannte Schwellengebühr hat die so genannte Mittelgebühr nicht ersetzt. Deren Einführung hat zur Folge, dass die in einem ersten Schritt ausgehend von der Mittelgebühr bestimmte Gebühr in einem zweiten Schritt in Höhe des Schwellenwertes gekappt wird, wenn weder der Umfang noch die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit mehr als durchschnittlich sind.

Wegen der Schwierigkeit zu bestimmen, wann eine Rahmengebühr billig bzw. unbillig ist, und weil mit der Aufzählung der Umstände, die einerseits für eine Erhöhung, andererseits für eine Ermäßigung der Gebühr sprechen, nicht viel gewonnen ist, weil ihr ein konkreter Ansatzpunkt fehlt, hat sich die Praxis bereits unter Geltung der BRAGO mit der Mittelgebühr beholfen. Die Mittelgebühr errechnet sich aus der Mindestgebühr zuzüglich der Hälfte des Unterschieds zwischen Mindest- und Höchstgebühr. Sie kann auch ermittelt werden, indem man Mindest- und Höchstgebühr addiert und das Ergebnis durch zwei dividiert. Für die Nr. 2400 VV-RVG ergibt sich eine Mittelgebühr in Höhe eines Betrages von 280,00 € (40,00 € + 520,00 €, dividiert durch 2).

Die Mittelgebühr ist in Fällen zu Grunde zu legen, in denen sich die Tätigkeit des Rechtsanwalts nicht nach oben oder unten vom Durchschnitt abhebt. Diese Vorgehensweise trägt Vereinfachungs- und Zweckmäßigkeitsgründen sowie dem verfassungsrechtlichen Gebot des Art 3 Abs. 1 GG Rechnung, gleich liegende Fälle gleich und unterschiedliche Fälle entsprechend ihren Unterschieden ungleich zu behandeln. Diese Gesichtspunkte rechtfertigen es, auch unter Geltung des RVG weiterhin jedenfalls im Grundsatz, jedoch nunmehr unter Beachtung der zusätzlich durch die Schwellengebühr gezogenen Grenze, so zu verfahren und in einem ersten Schritt von der Mittelgebühr auszugehen. Die Regelung der Nr. 2400 VV-RVG, dass eine höhere Gebühr als 240,00 € (Schwellengebühr) nur dann gefordert werden kann, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war, macht die Mittelgebühr damit nicht hinfällig. Sie führt auch nicht etwa dazu, dass nunmehr der Durchschnittsfall bei der Schwellengebühr anzusiedeln ist. Mit der Einschränkung ist vielmehr gemeint, dass Umfang oder Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit über dem Durchschnitt liegen müssen, um im Ergebnis eine höhere Gebühr als die Schwellengebühr zu erreichen. Eine gesonderte Bedeutung kommt dem Umfang und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit damit nicht innerhalb der Abwägung nach § 14 RVG zu, sondern einzig für die Öffnung des Gebührenrahmens über die Schwellengebühr hinaus (vgl. schon Bundessozialgericht, Urteil vom 29. März 2007, - B 9a SB 4/06 R sowie Urteil vom 01. Juli 2009, - B 4 AS 21/09 R, jeweils zitiert nach juris).

Zur Bestimmung der konkreten Gebühr ist demgemäß wie folgt vorzugehen: In einem ersten Schritt ist die Gebühr ausgehend von der Mittelgebühr zu bestimmen. Liegt diese über der Schwellengebühr, ist in einem zweiten Schritt zu beurteilen, ob es bei der ermittelten Gebühr bleibt. Dies ist der Fall, wenn der Umfang und/oder die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit mehr als durchschnittlich sind. Ist dem nicht so, wird die an sich zutreffende Gebühr in Höhe des Betrages der Schwellengebühr gekappt. Dies führt zu einer Gebühr in Höhe von 240,00 €, wenn beispielsweise jedes der vier in § 14 Abs. 1 S. 1 RVG genannten Bemessungskriterien durchschnittlich ist. Sind aber etwa der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit leicht überdurchschnittlich, die Bedeutung der Angelegenheit für den Auftraggeber leicht unterdurchschnittlich und die übrigen Kriterien durchschnittlich, so ist eine Gebühr in Höhe von 280,00 € billig, obwohl die Tätigkeit des Rechtsanwalts im Ergebnis - aufgrund der Kompensation der als unterdurchschnittlich und als überdurchschnittlich zu bewertenden Kriterien - ebenfalls dem Durchschnitt zuzuordnen ist (vgl. hierzu anschaulich: Bundessozialgericht, Urteil vom 01. Juli 2009, - B 4 AS 21/09 R, zitiert nach juris).

Die konkreten Umstände des vorliegenden Falles lassen nach Auffassung der Kammer eine Festsetzung der Betragsrahmengebühr durch den Bevollmächtigten der Klägerin in Höhe der Schwellengebühr auf 240,00 € zu.

Den Umfang der anwaltlichen Tätigkeit schätzt die Kammer insgesamt als leicht unterdurchschnittlich ein. Hierbei ist der zeitliche Aufwand zu berücksichtigen, den der Rechtsanwalt tatsächlich in der Sache betrieben hat und den er davon objektiv auch auf die Sache verwenden musste. Bezugspunkt der anwaltlichen Tätigkeit ist das in der jeweiligen Gebührenziffer umschriebene Tätigkeitsfeld. Die Nr. 2400 VV-RVG umfasst außergerichtliche Tätigkeiten in sozialrechtlichen Angelegenheiten, in denen im gerichtlichen Verfahren Betragsrahmengebühren entstehen, mithin kostenfreie Verfahren.

Bei einer außergerichtlichen Tätigkeit im Bereich des Sozialrechts kann daher etwa der Aufwand für Besprechung und Beratung, mitunter außerhalb der Kanzleiräume, das Lesen der Verwaltungsentscheidung, das Aktenstudium, die Anfertigung von Notizen, allerdings nicht das Erstellen von Ablichtungen (zu deren gesonderter Vergütung vgl. Nr. 7000 VV-RVG) und das Anfordern von Unterlagen beim Mandanten, deren Sichtung, die Rechtsprechungs- und Literaturrecherche sowie die Auseinandersetzung hiermit berücksichtigt werden; ferner auch das Eingehen auf von der Behörde herangezogene Beweismittel (vgl. § 21 Abs. 1 SGB X), der Schriftverkehr mit dem Auftraggeber und der Gegenseite sowie ergänzend alle Tätigkeiten, die mangels entsprechender Gebührenvorschriften nicht durch eine besondere Gebühr vergütet werden. Hilfreich ist es, wenn der Rechtsanwalt über den zeitlichen Umfang der im Einzelnen entfalteten Tätigkeit Notizen fertigt, die ihm eine spätere Darlegung erleichtern können. Da Bezugspunkt allein die anwaltliche Tätigkeit ist, ist es unerheblich, wie lange das Vorverfahren als solches gedauert hatte; entscheidend muss allein sein, welche Tätigkeiten der Anwalt konkret entfaltet hat. Der durchschnittliche Umfang lässt sich nicht exakt in Zeitstunden ausdrücken; solche können hierfür allenfalls eine Orientierungshilfe bieten. Vielmehr hat sich der durchschnittliche Umfang am Leitbild der zugehörigen Verfahrensordnung am Ablauf eines Verfahrens, hier des sozialgerichtlichen Verwaltungsverfahrens, zu orientieren (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 01. Juli 2009, - B 4 AS 21/09 R, zitiert nach juris).

Wird ein mit der Sache bislang noch nicht befasster Rechtsanwalt mit der Durchführung des sozialrechtlichen Vorverfahrens beauftragt (andernfalls ist die Gebühr nach Nr. 2401 VV-RVG zu bestimmen), kommt es für den Umfang seiner Tätigkeit nicht nur auf die Zahl der gefertigten Schriftsätze an. Von Bedeutung ist darüber hinaus auch, welchen Einsatz der Rechtsanwalt im Einzelnen zur Erstellung dieser Ausführungen notwendigerweise erbringen muss. Zu berücksichtigen sind dabei z. B das Lesen der Verwaltungsentscheidung, die Beratung des Mandanten, das Aktenstudium, das Anfertigung von Notizen, mithin bei Geltendmachung eines Anspruchs die Darlegung, wie sich dieser rechnerisch ermittelt, und zwar unter Eingehung auf die streitigen Rechtsvorschriften sowie der Heranziehung von Kommentarliteratur und, soweit vorhanden, einschlägiger Rechtsprechung.

Den Umfang der Tätigkeit des Bevollmächtigten der Kläger bewertet die Kammer ausgehend von diesen Erwägungen und mit Blick auf Anzahl und Umfang der eingereichten Schriftsätze, dem damit aus Sicht der Kammer verbundenen objektiv erforderlichen Erörterungsbedarf mit der Klägerin und den übrigen zur Fertigung der eingereichten Schriftsätze erforderlichen Tätigkeiten als im Vergleich zu sonstigen sozialversicherungsrechtlichen Widerspruchsverfahren als gerade noch durchschnittlich. Der Bevollmächtigte der Kläger hat sich im Wesentlichen mit der Erhebung des Widerspruch und einer knappen Widerspruchsbegründung an den Beklagten gewandt. Das maßgebliche Widerspruchsbegründungsschreiben enthielt dabei im Wesentlichen die knappe Wiedergabe des streitigen Sachverhalts sowie Erwägungen zu der Frage, aus welchen Gründen die Anrechnung der fiktiven Unterhaltszahlungen nicht erfolgen dürfe. Weitere - zeitintensivere - Tätigkeiten, wie etwa das Lesen und eingehende Auswerten von medizinischen Gutachten, das Verfassen von Schriftsätzen, die sich mit komplexen tatsächlichen oder rechtlichen Fragen auseinandersetzen, die Sichtung und Auswertung von Rechtsprechung, die den Rückschluss auf einen erheblichen Zeit- und Arbeitsaufwand zulassen, sind darüber hinaus nicht angefallen bzw. nicht belegt. Gleiches gilt für etwa erforderlich gewordene umfangreiche Besprechungstermine mit der Mandantin oder umfangreichen weiteren Schriftwechsel. Ferner ist auch zu berücksichtigen, dass eingehende Repliken nicht zu fertigen waren; auch eine anwaltliche Beweiswürdigung war demzufolge nicht erforderlich und ist auch nicht erfolgt. Weitere erheblich ins Gewicht fallende anwaltliche Tätigkeiten lassen sich den Unterlagen nicht entnehmen. Der Umstand, dass objektiv erkennbar nur ein knappes Widerspruchsbegründungsschreiben gefertigt und eingereicht worden ist, kann indes andererseits € entgegen der Auffassung des Beklagten € auch nicht dazu führen, dass lediglich von einem unterdurchschnittlichen anwaltlichen Arbeitsaufwand ausgegangen werden könnte. Denn dabei würde der sonstige € unbestreitbare und gerichtsbekannte € Aufwand, den jeder Bevollmächtigte bei der Bearbeitung eines sozialrechtlichen Mandats zu entfalten hat, gänzlich außer Betracht bleiben. Im Hinblick auf die Vielzahl der anhängigen Widerspruchsverfahren, deren Abgrenzung voneinander selbst den Beklagten veranlasst hat, mit Schreiben vom 11. Februar 2008 trotz aus Sicht der Kammer eindeutigem Erklärungsgehalt der anwaltlichen Erledigungserklärung vom 27. Juli 2007 um Klarstellung zu bitten, welches Widerspruchsverfahren sich erledigt habe, und im Hinblick auf den Aktenumfang sowie den objektiv erforderlichen Besprechungsaufwand mit seiner Mandantschaft, ist von einer insgesamt noch durchschnittlich umfangreichen anwaltlichen Tätigkeit auszugehen.

Die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit erscheint ebenfalls allenfalls durchschnittlich. Die vom Umfang zu unterscheidende Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit meint die Intensität der Arbeit. Ausgehend von einem objektiven Maßstab ist auf einen Rechtsanwalt abzustellen, der sich bei der Wahrnehmung des Mandats darauf beschränken kann und darf, den Fall mit den einschlägigen Rechtsvorschriften, gegebenenfalls unter Heranziehung von Rechtsprechung und Kommentarliteratur, zu bearbeiten. Dies beinhaltet aber auch, dass hierfür spezielle Kenntnisse und Fertigkeiten in eingeschränktem Umfang erforderlich sein können. Damit ist auf der einen Seite unerheblich, ob der Rechtsanwalt wegen geringer Berufserfahrung Schwierigkeiten bei der Bewältigung der Aufgabe hat. Andererseits spielt es keine Rolle, dass der Anwalt z. B. auf Grund vertiefter Fachkenntnisse oder Erfahrung das Mandat leichter als andere Rechtsanwälte bewältigen kann. Überdurchschnittlich schwierig ist die Tätigkeit etwa dann, wenn erhebliche, sich üblicherweise nicht stellende Probleme auftreten; diese können sowohl im tatsächlichen als auch im juristischen Bereich liegen. Beispielhaft lassen sich für überdurchschnittliche tatsächliche Schwierigkeiten nennen: der Umgang mit einem problematischen Mandanten, sprachliche oder akustische Verständigungsprobleme, die eingehende Auseinandersetzung mit medizinischen oder anderen Fachgutachten oder eine umfangreiche Beweiswürdigung. Eine über dem Durchschnitt liegende tatsächliche Schwierigkeit kann sich auch daraus ergeben, dass der Rechtsanwalt nicht nur die Verhältnisse des Mandanten, sondern - wie typischerweise im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende - auch diejenigen weiterer Personen zu berücksichtigen hat (vgl. etwa § 9 Abs. 2 SGB II), dieser Umstand aber € anders als hier € nicht die Voraussetzungen der Nr. 1008 VV-RVG erfüllt. Hinsichtlich der Einordnung, ob die rechtliche Schwierigkeit durchschnittlich, über- oder unterdurchschnittlich ist, ist es im Übrigen nicht angebracht, nach einzelnen Rechtsgebieten zu differenzieren. Ohne Aussagekraft ist daher auch, ob hierfür ein Fachanwaltstitel erworben werden kann. Von einer lediglich durchschnittlich schwierigen anwaltlichen Tätigkeit ist dann nicht mehr auszugehen, wenn der zu bearbeitende Fall unter Berücksichtigung des aufgezeigten Maßstabs von einem Normal- bzw. Routinefall abweicht; und zwar bezogen auf jedes Rechtsgebiet (z. B. Sozialrecht), nicht aber jedes Teilrechtsgebiet (z. B. Sozialhilferecht). Damit ist gewährleistet, dass in Rechtsgebieten, die gemeinhin nur deshalb als schwierig empfunden werden, weil kein Fall dem anderen gleicht, überwiegend eine überdurchschnittliche Schwierigkeit angenommen werden kann. Der Routinefall auf dem Gebiet des Sozialrechts ist danach etwa die Darlegung eines Anspruchs auf Leistungen mittels Subsumtion unter die Tatbestandsmerkmale der einschlägigen Rechtsvorschriften, aber ohne umfangreichere Beweiswürdigung und eingehende Auseinandersetzung mit Rechtsprechung und Literatur. In einer Anfechtungssituation wäre dies die vergleichbare Begründung, warum die Voraussetzungen der Rechtsgrundlage, auf die sich der Leistungs-träger stützt, nicht vorliegen. Dass eine Teilrechtsmaterie einer sehr dynamischen Entwicklung unterliegt, besagt dann für sich aber noch nicht, dass die rechtliche Schwierigkeit überdurchschnittlich ist. Auch das Tätigwerden in einem €neuen Teilrechtsgebiet", mithin die Anwendung von Normen kurz nach ihrem Inkrafttreten, genügt für sich allein nicht, eine mehr als durchschnittliche rechtliche Schwierigkeit anzunehmen (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 01. Juli 2009, - B 4 AS 21/09 R, zitiert nach juris). Die Kammer geht insoweit davon aus, dass - auch und gerade aus der Sicht eines Rechtsanwalts, der nicht Fachanwalt für Sozialrecht ist und daher nicht ausschließlich oder überwiegend sozialrechtliche Mandate bearbeitet - der typische €Normalfall€ im sozialgerichtlichen Verfahren der sozialversicherungs- bzw. sozialrechtliche Durchschnittsfall ist. Denn der jeweils fragliche Gebührenrahmen ist für das Sozialgerichtsverfahren (und nur für dieses!) vorgesehen. Vor diesem Hintergrund sind daher sämtliche Überlegungen und pauschale - von der konkreten Fallgestaltung losgelöste - Allgemeinplätze, wonach Verfahren mit sozialrechtlichem bzw. sozialversicherungsrechtlichem Bezug wegen des erforderlichen besonderen Fachwissens stets besonders schwierig seien, nicht überzeugend und damit unbeachtlich, zumal letztlich in jedem Rechtsgebiet in gewisser Weise ein besonderes Fachwissen oder eine gewisse Spezialisierung erforderlich ist, in die sich jeder Rechtsanwalt, der nicht ausschließlich auf seinem Spezialgebiet tätig ist, einarbeiten muss. Die Kammer wendet sich aus den genannten Gründen auch ausdrücklich gegen die insoweit gegenteilige Auffassung des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen (vgl. etwa Urteil vom 05. Mai 2009, - L 1 AL 55/08, nunmehr bei dem Bundessozialgericht, - B 11 AL 14/09 R anhängig; wie hier zu Recht: Sozialgericht Lüneburg, Beschluss vom 09. April 2010, - S 12 SF 16/10 E, jeweils zitiert nach juris).

Nach alledem ist die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit vorliegend dem durchschnittlichen Bereich zuzuordnen. Zwar hat der Rechtsanwalt weder die einschlägigen Vorschriften benannt, noch darunter konkret subsumiert; jedoch hat er die tatsächlichen Umstände, die seiner Auffassung nach gegen eine Berücksichtigung der fiktiven Unterhaltszahlungen sprechen, benannt und kurz gewürdigt. Demgegenüber ist für die Kammer keiner der oben näher dargestellten Umstände ersichtlich, der die anwaltliche Tätigkeit als in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht als schwierig erscheinen ließe. Auch die Kläger haben nicht konkret vorgetragen, warum es sich um ein Widerspruchsverfahren handelte, das sich in tatsächlicher oder materiell-rechtlicher Hinsicht über das Maß dessen hinaus, was die Kammer bereits bei der Gebührenbestimmung berücksichtigt hat, als überdurchschnittlich schwierig darstellte. Andererseits vermochte die Kammer auch keine Anhaltspunkte festzustellen, die die anwaltliche Tätigkeit als unterdurchschnittlich schwierig erscheinen ließen.

Die Bedeutung der Angelegenheit für die Kläger ist € entgegen der Auffassung des Beklagten € deutlich überdurchschnittlich. Bei der Beurteilung der Bedeutung der Angelegenheit ist auf das unmittelbare Ziel der anwaltlichen Tätigkeit, d. h. auf die Interessen des Auftraggebers, insbesondere die Auswirkungen der begehrten Entscheidung auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Auftraggebers abzustellen. Mittelbare Auswirkungen oder Fernwirkungen des anwaltlichen Handels sind nicht zu berücksichtigen. Mit dem Widerspruch verfolgte die Klägerin im Wesentlichen die Nichtberücksichtigung eines erheblichen monatlichen Unterhaltsbetrages für einen mehrere Monate umfassenden Zeitraum, worin die deutlich überdurchschnittliche wirtschaftliche Bedeutung für sie zum Ausdruck kommt. Derartige Leistungen sichern € unbestritten € das soziokulturelle Existenzminimum, weshalb mangels Vorliegens gegenteiliger Anhaltspunkte davon auszugehen ist, dass allenfalls monatliche Euro-Beträge im einstelligen Bereich und für einen nur kurzen streitigen Zeitraum von längstens sechs Monaten eine allenfalls durchschnittliche wirtschaftliche Bedeutung der Angelegenheit für den Auftraggeber haben (vgl. zu diesem Aspekt: Bundessozialgericht, Urteil vom 01. Juli 2009, - B 4 AS 21/09 R, zitiert nach juris).

Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse erweisen sich auch als deutlich unter-durchschnittlich: Sie orientieren sich an dem Durchschnittseinkommen der Gesamtbevölkerung. Bessere wirtschaftliche Verhältnisse rechtfertigen demgemäß eine höhere Vergütung, eine schlechtere Einkommens- und Vermögenssituation des Auftraggebers bedingt eine geringere Vergütung. Für die gleiche Leistung hat deshalb ein wirtschaftlich besser ausgestatteter Mandant eine höhere Vergütung zu entrichten als ein wenig bemittelter Auftraggeber (vgl. etwa Mayer in: Gerold/Schmidt - Mayer, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 2010, § 14, RdNr. 18). Daher liegt es auf der Hand und bedarf keiner näheren Ausführungen, dass sich die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Klägerin als Bezieherin von Leistungen nach den Bestimmungen des SGB II als unterdurchschnittlich darstellen.

Schließlich vermag die Kammer ein besonderes Haftungsrisiko, das allenfalls die Gebühr erhöhen könnte, und sonstige unbenannte Kriterien, die geeignet wären, zu einer Herauf- oder Herabbemessung zu führen, nicht zu erkennen.

Wägt man den allenfalls durchschnittlichen Umfang und die allenfalls durchschnittliche Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit mit der deutlich überdurchschnittlichen Bedeutung, den unterdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen sowie dem durchschnittlichen Haftungsrisiko miteinander ab - die vom Durchschnitt abweichenden Kriterien - ergibt sich ein Durchschnittsfall, der mit der Mittelgebühr angemessen erfasst wäre. Da im Übrigen jedoch € wie ausgeführt € weder Umfang noch Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit überdurchschnittlich ausgeprägt sind, greift die in Nr. 2400 VV-RVG geregelte Schwellengebühr ein. Die danach vorzunehmende Kappung führt hier - entgegen der Auffassung des Beklagten, der lediglich die doppelte Mindestgebühr für angemessen hält - zu einer Geschäftsgebühr in Höhe der Schwellengebühr, mithin in Höhe eines Betrages von 240,00 €.

Soweit der Beklagte zur Begründung seiner Auffassung auch einwendet, dass die (möglicherweise) fehlende Ursächlichkeit der anwaltlichen Bemühungen bei der Gebührenbemessung zu berücksichtigen sei, ist dieser Ansatz verfehlt: Zum einen hat der Beklagte selbst bereits bindend entschieden, dass die Hinzuziehung des Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren erforderlich gewesen sei, zum anderen ist eine etwaige fehlende Kausalität der anwaltlichen Bemühungen allenfalls bei der als Erfolgsgebühr ausgestalteten Erledigungsgebühr gemäß Nr. 1002/1005 VV-RVG überhaupt relevant.

Hinzu kommen schließlich noch die zwischen den Beteiligten zu Recht nicht streitige Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV-RVG und die Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV-RVG i. V. m. § 12 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG), weshalb sich nachfolgende Berechnung ergibt:

Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2400 VV-RVG240,00 €Post- und Telekommunikationspauschale gemäß Nr. 7002 VV-RVG 20,00 €Zwischensumme260,00 €19 % Umsatzsteuer gemäß Nr. 7008 VV-RVG i. V. m. § 12 Abs. 1 UstG 49,40 €Gesamtbetrag309,40 €abzüglich gezahlter114,24 €Endbetrag195,16 €Der so ermittelte Endbetrag entspricht dem aus dem Tenor ersichtlichen Betrag.

Die Kammer hatte im Übrigen nicht darüber zu entscheiden, ob der Bevollmächtigte der Klägerin in dem isolierten Vorverfahren für einen oder mehrere Auftraggeber gehandelt hat. Zwar erhöhen sich nach Nr. 1008 VV-RVG bei Betragsrahmengebühren der Mindest- und Höchstbetrag der Geschäfts- oder Verfahrensgebühr um 30 % für jede weitere Person, wenn Auftraggeber in derselben Angelegenheit mehrere Personen sind; dabei erhöht sich bei mehreren Auftraggebern auch die Schwellengebühr um jeweils 30 % bis maximal zum Doppelten des Ausgangsbetrages (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 21. Dezember 2009, - B 14 AS 83/08 R, zitiert nach juris). Der Bevollmächtigte der Klägerin hat jedoch ohnehin nur die Schwellengebühr geltend gemacht.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG; sie entspricht dem Ergebnis der Hauptsache, in der die Klägerin vollumfänglich zu obsiegen vermochte.

3. Weil schließlich der noch begehrte Erstattungsbetrag ersichtlich die Berufungssumme in Höhe eines Betrages von 750,00 € unterschreitet und wiederkehrende oder laufende Leistungen von mehr als einem Jahr nicht im Streit stehen, bedarf es der ausdrücklichen Zulassung der Berufung (§ 143, § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, S. 2 SGG). Mangels Vorliegen von Berufungszulassungsgründen hatte die Kammer indes keinen Anlass, die Berufung zuzulassen (§ 144 Abs. 2 SGG).






SG Neuruppin:
Urteil v. 18.08.2010
Az: S 26 AS 2238/08


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/6a680760b03c/SG-Neuruppin_Urteil_vom_18-August-2010_Az_S-26-AS-2238-08




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