Bundespatentgericht:
Beschluss vom 7. August 2003
Aktenzeichen: 10 W (pat) 62/01

(BPatG: Beschluss v. 07.08.2003, Az.: 10 W (pat) 62/01)

Tenor

Die Beschwerde der Anmelder gegen den Beschluss der Patentabteilung 1.51 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 6. September 2001 wird zurückgewiesen.

Gründe

I Am 22. September 1998 reichten die Anmelder beim Patentamt die vorliegende Patentanmeldung mit der Bezeichnung "Vorrichtung zur Erzeugung dreidimensionaler Bilder" ein.

Nach vorangegangenem Prüfungsbescheid wurde die Patentanmeldung durch Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G02B vom 9. April 2001 zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, der Gegenstand der Patentanmeldung sei nicht patentfähig; ihm fehle die Neuheit bzw er beruhe nicht auf erfinderischer Tätigkeit.

Hierauf reichten die Anmelder ein an den Präsidenten des Patentamts gerichtetes Schreiben vom 18. Mai 2001, eingegangen am 23. Mai 2001, ein ("Beschwerde gegen die Prüfstelle für Kl. G 02 B aufgrund sachunkundiger Prüfung, Dokumentation und Beschlussfassung sowie persönlicher Befangenheit"). Diesem Schreiben waren zwei weitere Schreiben in Kopie beigefügt, die die weitere Patentanmeldung 100 06 207.5-51 betrafen, nämlich eine "Beschwerde gemäß § 73 PatG" gegen den dortigen Beschluss vom 12. April 2001, und eine "Beschwerde gegen die Prüfstelle für Kl. G 02 B wegen Durchführung der Beschlussfassung zur Erzeugung besonderer Härten für die Anmelder aufgrund persönlicher Befangenheit". In dem an den Präsidenten des Patentamts gerichteten Schreiben wird ausgeführt, dass der in der Patentanmeldung 100 06 207.5-51 angefochtene Beschluss eine falsche Bewertung des Anmeldungsgegenstandes enthalte, eine inhaltliche wie begriffliche Fehlinterpretation; gleiches gelte für den Zurückweisungsbeschluss in der vorliegenden Patentanmeldung. Die Befangenheit des Prüfers sei dadurch verifiziert, dass beide Beschlüsse "unzulässig verflochten wurden." Denn der einmalig nur in der vorliegenden Patentanmeldung gestellte Antrag, bei der Formulierung gewährbarer Ansprüche behilflich zu sein, sei im (vorgangsfremden) Beschluss zu der weiteren Patentanmeldung 100 06 207.5-51 abgelehnt worden. Es liege nahe, dass eine persönliche negative Stimmung des einen Falls auf den anderen Fall übertragen worden sei. Dafür spreche zudem, dass beide Beschlüsse in der verkürzten Karwoche ergangen seien.

Das Patentamt legte vorgenanntes Schreiben als Ablehnungsgesuch gegen den Prüfer Dipl.-Phys. B... gemäß § 42 ZPO aus und übermittelte den Anmeldern die dienstliche Äußerung des Prüfers zur Stellungnahme, wobei es auch auf die mögliche Unzulässigkeit des Ablehnungsgesuchs hinwies.

Durch Beschluss der Patentabteilung 1.51 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 6. September 2001 ist das Ablehnungsgesuch als unzulässig verworfen worden. Zur Begründung ist ausgeführt, es fehle ihm das Rechtsschutzbedürfnis, denn der Beschluss über die Zurückweisung der Patentanmeldung vom 9. April 2001 habe Rechtskraft erlangt. Der Prüfer sei daher mit der Sache nicht mehr befasst.

Hiergegen wenden sich die Anmelder mit der Beschwerde. Sie tragen vor, die mit Schreiben vom 18. Mai 2001 eingelegte Beschwerde sei sowohl als Ablehnungsgesuch gemäß § 42 ZPO als auch als Dienstaufsichtsbeschwerde zu werten. Bedenklich sei die wechselseitige Verquickung der beiden Patentanmeldungen, welche durch große Zeiträume der Anmeldung und Bearbeitung getrennt seien. Die Motivation des Prüfers, alle ihm vorliegenden Verfahren der Anmelder, die sich über Zeiträume von Monaten und Jahren vollziehen, in der Karwoche zurückzuweisen, sei bedenklich, selbst wenn dieser scheinbar Prüfungsrichtlinien eingehalten habe. Ohne die Befangenheit des Prüfers wäre der Zurückweisungsbeschluss mit der prekären Verquickung der beiden Vorgänge (terminliche Verquickung, Notlageerzeugung, bewusstes Fehlinterpretieren usw) nicht ergangen.

II Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

Das mit Schreiben vom 18. Mai 2001 gestellte Ablehnungsgesuch ist schon nicht zulässig, denn ihm fehlt, nachdem der Beschluss vom 9. April 2001 über die Zurückweisung der Patentanmeldung rechtskräftig geworden ist, das Rechtsschutzbedürfnis.

Ein selbständiges Ablehnungsverfahren ist nach Erlass der instanzbeendenden Entscheidung nur dann durchzuführen, wenn von dem abgelehnten Prüfer noch weitere Entscheidungen in Nebenverfahren zu treffen sind. Äußerste Zeitgrenze für die nachträgliche Geltendmachung von Ablehnungsgründen nach § 42 Abs 2 ZPO ist die abschließende Erledigung des Rechtsstreits durch eine unanfechtbare Entscheidung (vgl BGH vom 4. Januar 2001 X ZR 208/99, in juris; Zöller, ZPO, 23. Aufl, § 42 Rdn 4; Thomas/Putzo, ZPO, 25. Aufl, § 42 Rdn 7: Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt, wenn der Richter - hier der Prüfer - mit der Sache nicht, nicht mehr oder nicht wieder befasst werden kann).

Ein solcher Fall der abschließenden Erledigung des Rechtsstreits ist hier gegeben. Denn dadurch, dass keine Beschwerde gemäß § 73 Abs 1 PatG gegen den Zurückweisungsbeschluss vom 9. April 2001 eingelegt worden ist, hat der abgelehnte Prüfer keine weiteren Entscheidungen mehr in der vorliegenden Patentanmeldung zu treffen, insbesondere keine Entscheidung gemäß § 73 Abs 3 PatG.

Das Ablehnungsgesuch vom 18. Mai 2001 ist zwar noch innerhalb der für den Zurückweisungsbeschluss laufenden Beschwerdefrist eingereicht worden, das Schreiben vom 18. Mai 2001 kann aber nicht (auch) als Beschwerdeeinlegung gemäß § 73 Abs 1 PatG angesehen werden. Denn die Ausführungen in diesem Schreiben und den in Kopie beigefügten weiteren Schreiben, die die weitere Patentanmeldung 100 06 207.5-51 betreffen und von denen das eine ausdrücklich als "Beschwerde gemäß § 73 PatG" bezeichnet wird, zeigen, dass die Anmelder einen deutlichen Unterschied machen zwischen der Beschwerde gemäß § 73 Abs 1 PatG und der "Beschwerde wegen persönlicher Befangenheit", wobei letztere den Umständen nach nur als Ablehnungsgesuch wegen Befangenheit zu verstehen ist. Wenn sie daher wie in der weiteren Patentanmeldung 100 06 207.5-51 Beschwerde gemäß § 73 Abs 1 PatG hätten einlegen wollen, hätten sie dies durch eine entsprechende Wortwahl deutlich machen müssen. Diese Auslegung wird nachträglich bestätigt durch die Ausführungen der Anmelder in ihrem Schreiben vom 26. Juni 2001, in dem sie angeben, dass keine Beschwerde nach § 73 PatG erhoben worden sei.

In die inhaltliche Prüfung des Ablehnungsgesuchs kann daher nicht eingetreten werden. Die Anmelder verkennen, dass das Institut der Ablehnung grundsätzlich kein geeignetes Mittel ist, um gegen eine vermeintlich fehlerhafte Rechtsanwendung vorzugehen, sie hätten insoweit Beschwerde gemäß § 73 Abs 1 PatG einlegen müssen. Das Ablehnungsgesuch wäre aber auch inhaltlich unbegründet gewesen, wobei insoweit auf den Beschluss vom selben Tage im Beschwerdeverfahren 10 W (pat) 57/01 verwiesen wird.

Soweit die Anmelder ihr Ablehnungsgesuch vom 18. Mai 2001 auch als Dienstaufsichtsbeschwerde gewertet wissen wollen und insoweit das Bundespatentgericht als hierfür zuständige Stelle erachten, verkennen sie die Funktion des Bundespa-

tentgerichts. Die Dienstaufsicht über die Beamten des Patentamts führt nicht das Bundespatentgericht, sondern der Präsident des Patentamts (vgl Schulte, PatG, 6. Aufl, § 26 Rdn 12).

Schülke Knoll Püschel Be






BPatG:
Beschluss v. 07.08.2003
Az: 10 W (pat) 62/01


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