Landgericht Düsseldorf:
Urteil vom 18. Juli 2013
Aktenzeichen: 6 O 455/11

(LG Düsseldorf: Urteil v. 18.07.2013, Az.: 6 O 455/11)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Der Fall handelt von einer Klage auf Honorarvergütung einer Rechtsanwältin. Die Klägerin hat sowohl den Beklagten 1 als auch der Beklagten 2 rechtliche Unterstützung in Bezug auf einen Brandschaden an ihrem Haus geleistet. Es wird von den Beklagten bestritten, dass die Klägerin von beiden Beklagten mandatiert wurde, jedoch zeigt das zur Akte gereichte Schriftverkehr, dass beide Beklagte involviert waren. Die Klägerin verlangt eine Vergütung in Höhe von insgesamt 14.504,67 EUR, welche den bereits gezahlten Betrag von 8.742,24 EUR übersteigt. Das Landgericht Düsseldorf gibt der Klage statt und verurteilt die Beklagten zur Zahlung von 5.572,43 EUR nebst Zinsen. Die Klage wird jedoch in Bezug auf den Betrag von 190,00 EUR abgewiesen, da dies bereits als Beratungsgebühr beglichen wurde. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten. Das Urteil kann vorläufig gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des beizutreibenden Betrags vollstreckt werden.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

LG Düsseldorf: Urteil v. 18.07.2013, Az: 6 O 455/11


Tenor

1. Die Beklagten werden verurteilt, an die Klägerin gesamtschuldnerisch 5.572,43 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.03.2011 zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten.

4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin von den Beklagten Honorarvergütung für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen der Beklagten bezüglich eines Gebäude- und Hausratsschadens anlässlich eines Brandes im Einfamilienhaus der Beklagten in Düsseldorf am 01.05.2008.

Am 12.05.2008 wurde Herr Rechtsanwalt A mandatiert, um die Beklagten bei der Regulierung des Brandschadens gegenüber ihrer Gebäudeversicherung (B) und ihrer Hausratversicherung (C) begleiten. Zudem sollten auch Schadensersatzansprüche gegen das Maklerunternehmen B geprüft werden. Einzelheiten bezüglich der Mandatierung sind ebenso streitig, wie bezüglich des Umfangs der Mandatierung. Hierzu wurde die als Anlage K1 zur Akte gereichte Vollmacht vom 12.05.2008 erteilt. Auf den Inhalt wird Bezug genommen.

Rechtsanwalt A war seinerzeit noch für die Sozietät D tätig. Mit seinem Wechsel zur Klägerin unterzeichneten die Beklagten den bei der Klägerin tätigen Rechtsanwälten eine neue Vollmacht am 03.02.2009 (Anlage K 10).

In der Zeit vom 12.05.2008 bis April 2010 fand umfangreiche Korrespondenz zwischen den Parteien statt. Wegen des Inhalts wird auf die Anlagen K3 bis K13 Bezug genommen. Entsprechend eines Sachverständigengutachtens betrug der Brandschaden, welcher von der Gebäudeversicherung getragen werden sollte 936.348,00 EUR. Hierauf regulierte die Versicherung zunächst nur einen Betrag in Höhe von 740.694,15 EUR. Wegen des verbleibenden Differenzbetrages in Höhe von 195.653,85 EUR einigten sich die Versicherung und die Beklagten unter Mitwirkung der Klägerin auf die Auszahlung eines weiteren Betrages in Höhe von 174.305,85 EUR. Grund des Streites hinsichtlich des Restbetrages war eine von der E mit Schreiben vom 08.08.2008 behauptete Unterversicherung. Bis zur Zahlung der E in Höhe von 740.694,15 EUR trat die Klägerin nach außen nicht auf. Erstmals dann wurde die schlussendlich erzielte Einigung unter offener Mitwirkung der Klägerin gegenüber der Versicherung erlangt.

Mit Schreiben vom 14.04.2010 stellte die Klägerin den Beklagten für die außergerichtliche Tätigkeit bezüglich der Gebäudeversicherung 14.504,67 EUR in Rechnung. Dem liegt ein Streitgegenstandswert von 936.348,00 EUR zu Grunde. Hieran bemessen begehrt die Klägerin eine 1,3 Geschäftsgebühr. Hinsichtlich des streitigen Differenzbetrages von 195.653,15 EUR wurde zudem eine 1,5 Einigungsgebühr in Ansatz gebracht. Die Beklagten sind rechtsschutzversichert bei der F. Diese zahlte zunächst einem Betrag in Höhe von 2.667,53 EUR und einen weiteren Betrag in Höhe von 668,21 EUR. Mit Schreiben vom 20.09.2010 forderte die Klägerin die Beklagte zur Zahlung des Differenzbetrages, versehentlich beziffert auf 11.224,41 EUR auf. Mit Schreiben vom 23.09.2010 erklärten sich die Beklagten mit dem als Anlage K 18 zur Akte gereichten Schreiben, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, bereit, den nicht von der Rechtsschutzversicherung übernommenen Betrag zu begleichen. Sodann zahlten sie auf die offene Forderung jedoch lediglich einen Betrag in Höhe von 5.406,50 EUR. Die Zahlung der Restforderung lehnten sie mit Schreiben vom 09.03.2011 (Anlage K 20) ab.

Die Klägerin behauptet, die Beklagten hätten ihr gemeinschaftlich das Mandat zur umfassenden außergerichtlichen Beratung und Vertretung gegenüber den Versicherungen erteilt, weswegen die in Ansatz gebrachten Streitwerte und Gebühren gerechtfertigt seien. Der Schriftverkehr sei mit beiden Beklagten geführt worden. Zudem seien beide Beklagte aus der Versicherung begünstigt, so dass aus ihrer Sicht nur von einer Mandatierung seitens beider Beklagten auszugehen gewesen sei. Aus dem als Anlage zur Akte gereichten Versicherungsschein (Anlage K22 und K23) ergebe sich, dass auch die Beklagte zu 2.) Versicherungsnehmerin der Gebäudeversicherung sei. Die Erteilung einer Rechnung auch an die Beklagte zu 2.) wäre unnötige Förmelei.

Die Mandatierung sei auch nicht lediglich auf den schlussendlich streitigen Differenzbetrag wegen einer Unterversicherung begrenzt gewesen, sondern sei bereits seinerzeit erteilt worden, als die Problematik der Unterversicherung noch nicht streitgegenständlich gewesen sei. Sie sei von dem Beklagten daher umfassend zur außergerichtlichen Wahrnehmung ihrer rechtlichen Interessen mandatiert worden. Das Mandat sei auch auf eine Vertretung gegenüber der Versicherung ausgerichtet gewesen. Dementsprechend habe sich die Mandatierung auch über den Zeitraum, der mit einer Beratungsgebühr gemäß § 34 RVG berechnet wurde, hinaus erstreckt. Die Beratungsgebühr habe sich lediglich auf die Erstberatung im Zeitraum vom 07.05.2008 bis zum 30.06.2008 bezogen. Erst hiernach sei dann eine umfassende Beratung und Vertretung der Beklagten im Rahmen der Geltendmachung der versicherungsvertraglichen Ansprüche erfolgt. Ein tatsächliches Auftreten nach außen sei für die Entstehung der Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG nicht erforderlich.

Die Beklagten seien zudem darüber informiert worden, dass sich die Höhe der Vergütung nach dem Streitwert bemesse, welcher sich hier an der Höhe des Brandschadens orientiere. Sie seien durch das als Anlage K13 zur Akte gereichte Schreiben der Rechtsschutzversicherung auch darüber im Klaren gewesen, dass diese für die außergerichtlichen Kosten einer gütlichen Einigung nur in dem Verhältnis aufkomme, wie es dem Unterliegen entspreche. Im Übrigen sei die genannte Regelung in § 5 Abs. 3b ARB wegen unangemessener Benachteiligung des Versicherungsnehmers ohnehin unwirksam. Hierüber müssten sich die Beklagten an ihre Rechtsschutzversicherung wenden.

Letztlich sei in dem Schreiben der Beklagten vom 23.09.2010 auch ein Anerkenntnis zu sehen.

Die Klägerin beantragt ursprünglich,

die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an sie 5.817,91 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.03.2011 zu zahlen.

Mit Schriftsatz vom 09.04.2013 nahm die Klägerin die Klage in Höhe von 55,48 EUR zurück und beantragt nunmehr,

die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an sie 5.762,43 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.03.2011 zu zahlen.

Die Beklagten widersprachen auf entsprechenden Hinweis gemäß § 269 Abs. 2 S. 4 ZPO der Teilklagerücknahme nicht und beantragen,

die Klage abzuweisen

Die Beklagten behaupten, sämtliche Korrespondenz sei ausschließlich vom Beklagten zu 1.) geführt worden, der daher auch ausschließlich als Mandant in der Vollmacht aufgeführt sei. Sie sind daher der Ansicht, ausschließlich dieser habe das Mandat erteilt und schulde etwaiges Honorar. Die Unterzeichnung der Vollmacht durch die Beklagte zu 2.) sei lediglich Erfolg, da man der Auffassung sei, dass dies aus versicherungstechnischen Gründen erforderlich sei. Ausschließlich der Beklagte zu 1.) sei Versicherungsnehmer und Vertragspartner der E.

Im Übrigen stünde der Klägerin ein über die Beratungsgebühr gemäß § 34 Abs. 1 S. 1 RVG, welche bereits in Höhe von 190,00 EUR gegenüber der vorigen Kanzlei des Rechtsanwalts Abeglichen wurde, hinausgehender Anspruch nicht zu, da es sich bei dem Mandat ausschließlich um eine Beratung gehandelt habe. Da die Klägerin erstmals mit Schreiben vom 03.12.2009 nach außen hin aufgetreten sei, könne sich eine Geschäftsgebühr lediglich nach dem zu diesem Zeitpunkt nur noch streitgegenständlichen Differenzbetrag in Höhe von 195.653,15 EUR bemessen. Hierauf sei sodann gemäß § 34 Abs. 2 RVG die bereits geleistete Beratungsgebühr anzurechnen.

Im Übrigen sei die Mandatierung stets auf den streitig verbleibenden Betrag beschränkt gewesen, da sich die Versicherung auf einer Unterversicherung berufen habe. Nur hierum sei es bei der Mandatierung der Klägerin gegangen. Die Zahlungspflicht der Versicherung dem Grunde nach sei im Wesentlichen unstreitig gewesen und habe daher der Einschaltung der Klägerin nicht bedurft. Daher habe er die gesamte Regulierung zunächst in eigener Regie durchgeführt und sich lediglich im Hintergrund von der Klägerin beraten lassen. Erst als dann die Kürzungen konkrete Gestalt annahmen, sei die Klägerin mit der Vertretung beauftragt worden und nach außen hin tätig geworden. Bis dahin habe lediglich ein Beratungsmandat bestanden. Letztlich liege auch ein Verstoß gegen § 49b Abs. 5 BRAO vor, da die Beklagten nicht über die Gebühren und die Gebührenberechnung hingewiesen worden seien. Deswegen stünde der Klägerin bereits kein Honoraranspruch zu, jedenfalls stünde dem Beklagten ein aufrechenbarer Schadensersatzanspruch in dieser Höhe zu, da der Beklagte zu 1.) bei zutreffender Aufklärung, dass die Klägerin von der vollen Versicherungssumme als Gegenstandswert ausgehe, nie einen Auftrag erteilt, sondern, wie tatsächlich auch geschehen, sich auf die Differenz des streitigen Differenzbetrages beschränkt hätte.

Letztlich liege auch eine Schlechtleistung der Klägerin darin begründet, dass sie mit der Versicherung entgegen der allgemeinen Versicherungsbedingungen (§ 5 Abs. 3d ARB) bei der gütlichen Einigung hinsichtlich der Restsumme keine Kostenvereinbarung getroffen habe.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze und den Inhalt der zur Akte gereichten Anlagen, sowie auf den Inhalt des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 07.12.2012 Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig und in zugesprochener Höhe begründet. In Höhe von 190,00 EUR ist sie unbegründet.

I.

Die Klägerin hat gegen die Beklagten einen Honoraranspruch in Höhe von 14.504,67 EUR gemäß § 611 BGB in Verbindung mit den §§ 2, 13 RVG, der unstreitig bereits in Höhe von 8.742,24 EUR erfüllt wurde, so dass eine Restforderung von 5.762,43 EUR verbleibt. Hierauf sind bereits gezahlte weitere 190,00 EUR anzurechnen.

1.

Der Anspruch richtet sich zunächst gegen beide Beklagten gesamtschuldnerisch.

Aufgrund des zur Akte gereichten Schriftverkehrs zwischen den Parteien ist aus der Sicht des Erklärungsempfängers gemäß §§ 133, 157 BGB davon auszugehen, dass das streitgegenständliche Mandat von beiden Beklagten erteilt wurde.

So wurde nicht nur die als Anlage K1 zur Akte gereichte Vollmacht vom 12.05.2008, sondern auch die Vollmacht der Klägerin vom 03.02.2009 (Anlage K10) unstreitig von beiden Beklagten unterzeichnet. Bereits dies indiziert, dass hier eine Mandatierung durch beide Beklagten erfolgte. Inwieweit dies aus versicherungstechnischen Gründen beklagtenseits für sachdienlich erachtet wurde, ist bereits nicht nachvollziehbar.

Des Weiteren war die Regulierung des Brandschadens aber auch im wirtschaftlichen Interesse der Beklagten zu 2.). Die zur Akte gereichten Versicherungsunterlagen führen nicht zuletzt als Versicherungsnehmer auch die Beklagte zu 2.) auf.

Schließlich wurde auch die zur Akte gereichte Korrespondenz mit dem klägerischen Anwalt nicht nur seitens des Beklagten zu 1.) geführt. Auch wenn sich die Schreiben des Anwalts jeweils namentlich nur an den Beklagte zu 1.) richteten, so erfolgten die Stellungnahmen und Anfragen beklagtenseits u.a. vom 03.11.2009 (Anlage K21) und 18.06.2008 (Anlage K7) jedenfalls auch im Namen der Beklagten zu 2.), so dass der hiermit betraute Rechtsanwalt Aim Ergebnis davon ausgehen konnte, dass auch sie das Mandat erteilt hat.

Im Übrigen ging die Beklagte zu 2.) offensichtlich selbst davon aus, da sie insbesondere im Nachgang des Mandats hinsichtlich des Gebührenanspruches Ansprüche der Klägerin zwar zurückwies, jedoch nur, soweit sie über den bereits regulierten Betrag hinausgehen und nicht, weil sie sich nicht als Schuldnerin des Anspruchs sieht (Anlage K2, Anlage K20)

2.

Das Mandat war auch nicht auf eine einfache Beratung gemäß § 34 RVG gerichtet, sondern rechtfertigt eine Vergütung nach § 13 RVG in Verbindung mit Nr. 2300 VV RVG.

Die Geschäftsgebühr entsteht für das Betreiben eines Geschäfts. Dies setzt eine nach außen gerichtete Tätigkeit als Ziel des Mandats voraus. Dies bedeutet aber nur, dass der Auftrag darauf gerichtet sein muss, dass der Anwalt nach außen hin tätig wird, nicht aber, dass zur Entstehung der Gebühr der Anwalt bereits nach außen hin tätig geworden sein muss (Teubel, in Mayer/Kroiß, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 5. Auflage 2012, Vorbem. 2.3 zu Nr. 2300 VV RVG, Rn 3).

Entscheidend ist, dass das erteilte Mandat hier auf ein Nachaußenauftreten der Klägerin ausgerichtet war. Dies wird seitens der Klägerin durch die zur Akte gereichten Unterlagen substantiiert dargelegt und von Beklagtenseite nicht hinreichend konkret bestritten.

Dass eine Vertretung der Beklagten durch die Klägerin bzw. die Rechtsvorgängerin bereits seit Erteilung des Mandats beabsichtigt war, geht schon daraus hervor, dass eine entsprechende Vollmacht (Anlage K1) erteilt wurde, die auch zur Vertretung berechtigt. Hierfür hätte bei lediglich beratender Tätigkeit kein Anlass bestanden.

Aus dem als Anlage K4 zur Akte gereichten Schreiben an die Beklagten wird zudem deutlich, dass der klägerische Anwalt zwar von einer Tätigkeit seinerseits im Hintergrund ausging, dies jedoch nur €zunächst€ (€Vereinbarungsgemäß werden zunächst Sie die BBV € anschreiben€). Hieraus ist ersichtlich, dass die Parteien, was vom klägerischen Anwalt in der mündlichen Verhandlung vom 07.12.2012 auch nachvollziehbar ausgeführt wurde, davon ausgingen, dass sich seine Tätigkeit zunächst auf bloße Ratschläge und Anweisungen beschränken soll. Er soll vorgeben, was die Beklagten sodann gegenüber der Versicherung zu tun und zu schreiben haben.

Gleichzeitig war man sich aber bewusst, dass der betraute Rechtsanwalt nach eigenem Ermessen befugt sein soll, im Falle der Erforderlichkeit nach Außen hin gegenüber der Versicherung aufzutreten. Dies geht besonders aus dem als Anlage K8 zur Akte gereichten Schreiben der Beklagten vom 28.10.2008 hervor. So heißt es in dem Schreiben: €Entgegen der ursprünglichen Auffassung, die Gebäudeversicherung würde keine Unterversicherung geltend machen, haben wir nach einem Schreiben vom 8.8.08 doch den Eindruck, dass auch diese Versicherung nicht voll für den Schaden einstehen will€.Unser Architekt schlug nun vor, dass wir einen von Ihnen entworfenen Brief an die Versicherung schicken sollten. Wir sollten noch nicht zeigen, dass wir einen RA eingeschaltet haben. Können Sie das mittragen€€

Hieran wird zum einen deutlich, dass auch die Beklagten bei der Mandatierung der Klägerin davon ausgingen, dass ein Nach-Außen-Auftreten der Klägerin erforderlich werden wird und nur vorerst (€noch nicht zeigen€) ein solches nicht erfolgen soll, aber auch, dass es die Klägerin selbst entscheiden soll, ob sie ein Auftreten für erforderlich halte.

Dem tritt die Beklagtenseite nicht hinreichend entgegen. Sie selbst trägt vor, dass gegebenenfalls später die Durchsetzung von Ansprüchen beabsichtigt war. Es wird dadurch zwischen den Parteien jedenfalls unstreitig gestellt, dass bereits bei Mandatierung eine Vertretung durch die Klägerin gewünscht war, sofern dies aufgrund des Verhaltens der Versicherung erforderlich werde. Diese Einschätzung überließen die Beklagten ausweislich des Schreibens vom 28.10.2008 wiederum ihrem Rechtsanwalt.

Für diesen stellte sich der Auftrag, vor allem im Hinblick auf die von Anfang an auf Vertretung ausgerichtete Vollmacht, so dar, dass er, sobald er es für erforderlich hält, nach Außen hin auftreten soll. Der Auftrag war daher von Anfang an auf ein Nach-Außen-Handeln der Klägerin gerichtet, wenn auch dies zur Zeit der Mandatierung und Entgegennahme der Informationen zeitlich sowie inhaltlich nicht konkretisiert war. Da die Geschäftsgebühr mit der Erteilung der Information entsteht, ist auf den Willen bei Mandatierung abzustellen. Die Geschäftsgebühr entsteht daher unabhängig von der Frage, ob der Anwalt nach Außen auftritt mit der Informationserteilung, gemessen an dem zu diesem Zeitpunkt bestehenden Streitwertes. Anders als im vom OLG Nürnberg (Urteil vom 26. 7. 2010 - 14 U 220/10) zu entscheidenden Fall, war der Auftrag € hiervon geht das Gericht aufgrund obiger Ausführungen aus € nicht auf die bloße Beratung und Begleitung im Hintergrund beschränkt, sondern von Anfang an auf eine Vertretung ausgerichtet. Die Beklagten wollten lediglich die Reaktion der Versicherung abwarten und stellten das Einschreiten nach Außen in das Ermessen der Klägerin.

3.

Zugleich geht aus dem Schreiben der Beklagten vom 28.10.2008 auch hervor, dass zur Zeit der Mandatierung seitens der Beklagten nicht davon ausgegangen wurde, dass die Versicherung sich auf die Unterversicherung berufen wird und es daher nur wegen des letztlich streitigen Differenzbetrages zu Schwierigkeiten kommen könnte.

Eine derartige Einschränkung des Mandatsverhältnisses ist auch den sonstigen Schriftsätzen nicht zu entnehmen. Die Beklagten tragen auch nicht substantiiert vor, inwieweit eine Zahlungsverpflichtung der Beklagten von vornherein unstreitig gewesen sein soll. Aufgrund der Anfragen an den betreuenden Rechtsanwalt ist vielmehr davon auszugehen, dass dieser mit der Abwicklung des gesamten Schadensfalls betraut werden sollte.

4.

Im Ergebnis stehen der Klägerin daher folgende Gebührenansprüche zu:

1,3 Geschäftsgebühr gem. Nr. 2300 VV RVG anhand eines Streitwertes von 936.348,00 EUR 5.649,80 EUR

1,5 Einigungsgebühr gem. Nr. 1000 VV RVG anhand des Differenzbetrages von 195.653,15 EUR 6.519,00 EUR

Auslagenpauschale 20,00 EUR

Mehrwertsteuer 2.315,87 EUR

Summe 14.504,67 EUR

Hierauf muss allerdings eine Anrechnung der bereits gezahlten Beratungsgebühr von 190,00 EUR erfolgen, so dass 14.314,67 EUR verbleiben. Dies gilt schon deshalb, da nach obigen Ausführungen von Anfang an eine umfassende über eine bloße Beratschlagung hinausgehende Betreuung des Schadensfalles, sowie im Rahmen dessen auch die erforderlich werdende vorgerichtliche Tätigkeit nach Außen vereinbart wurden, so dass eine Beratungsgebühr nicht hätte berechnet werden dürfen.

Wenn der klägerische Anwalt nunmehr in der mündlichen Verhandlung selbst zu Protokoll gab, dass die Klägerin diesen Betrag an seine Vorkanzlei abführen musste, um die Akte mitnehmen und das Mandat übernehmen zu dürfen und dies an die Beklagten weitergegeben hat, welche an die Vorkanzlei zahlten, kann dies € ohne entsprechende Vereinbarung € nicht zu Lasten der Beklagten gehen. Eine solche Vereinbarung ist nicht dargelegt, so dass die Beklagten gegenüber der Klägerin in dieser Höhe einen Wertersatzanspruch nach § 818 Abs. 2, 812 Abs. 1 S. 1 2. Alt. BGB für die Befreiung der Verbindlichkeit der Klägerin gegenüber der Vorkanzlei haben. Denn offensichtlich handelt es sich hierbei um eine Verpflichtung der Klägerin gegenüber der Vorkanzlei aus einer Vereinbarung über die Übernahme des streitgegenständlichen Mandats. Soweit die Beklagten eine Zahlung von 226,10 EUR behaupten, sind sie hierfür beweisfällig geblieben. Unstreitig gestellt wurde lediglich eine Zahlung von 190,00 EUR.

Eine Rechnung auch gegenüber der Beklagten zu 2.) ist gemäß § 10 RVG nicht erforderlich für die Einklagbarkeit des Anspruches. § 10 RVG soll gewährleisten, dass dem Auftraggeber vor der Einklagbarkeit des Honorars eine nachvollziehbare Aufschlüsselung des Honorars €mitgeteilt€ wird, damit dieser den Anspruch nachvollziehen und nachprüfen kann. Dieser Schutzzweck ist vorliegend gewahrt, da eine aufgeschlüsselte Abrechnung gegenüber dem Beklagten zu 1.) ergangen ist, von der auch die Beklagte zu 2.) Kenntnis erlangt hat, da sie sich bereits vorgerichtlich hiergegen u.a. mit Schreiben vom 09.03.2011 zur Wehr gesetzt hat. Die Abrechnung ist daher auch ihr bereits mitgeteilt worden.

5.

Dem Gebührenanspruch steht auch kein Verstoß gegen § 49b Abs. 5 BRAO entgegen.

Ein Verstoß gegen § 49b Abs. 5 BRAO führt nicht zu einem Ausschluss des Gebührenanspruches, sondern allenfalls zu einem Schadensersatzanspruch des Mandanten. Durch diesen Hinweis soll der Mandant vor Überraschungen bei der Abrechnung, vor allem bei hohen Gegenstandswerten, geschützt werden. Ein Verstoß gegen die Hinweispflicht kann zu einem Anspruch auf Schadensersatz des Mandanten aus Verschulden bei Vertragsschluss führen (OLG Koblenz: Beschluss vom 11.07.2012 - 2 U 1023/11 m.w.N.).

Ein solcher Schadensersatzanspruch ist hier aber nicht gegeben. Denn bereits aufgrund des Schreibens der Beklagten vom 23.09.2010 (Anlage K18) ist vorliegend davon auszugehen, dass die Beklagten auch bei entsprechender Aufklärung das streitgegenständliche Mandat erteilt hätten. In dem Schreiben sichern sie in Kenntnis der Berechnungsgrundlagen zu, die nicht von der Rechtsschutzversicherung übernommenen Kosten in zu dieser Zeit noch streitgegenständlichen Höhe zu begleichen. Die Höhe der letztlich begehrten Vergütung stellt sich hieraus weder als überraschend für die Beklagten, noch als Hinderungsgrund für die Mandatierung dar. Vielmehr erklären sie sich mit der Höhe nachträglich einverstanden, so dass es selbst bei unterbliebener Aufklärung an der Kausalität ihres Handelns und damit an einem kausalen Schaden fehlt.

6.

An einem kausalen Schaden fehlt es den Beklagten auch, selbst wenn man davon ausginge, dass die Nichtvereinbarung einer Kostentragungsregelung mit der Versicherung einen Schadensersatzanspruch der Beklagten dem Grunde nach begründen würde.

Denn unstreitig war den Beklagten aufgrund des Schreibens der Rechtsschutzversicherung vom 17.02.2009, also vor der Einigung mit der Versicherung, bekannt, dass diese bei einer gütlichen Einigung nur die Kosten übernimmt, die €dem Verhältnis des vom Versicherungsnehmer angestrebten Ergebnisses zum erzielten Ergebnis entsprechen€. In Kenntnis dessen haben sie dem Vergleich ohne Kostenregelung zugestimmt. Eines weiteren Hinweises der Klägerin diesbezüglich hat es daher bereits nicht bedurft, da die Beklagten bereits durch das Schreiben der Rechtsschutzversicherung hinreichend aufgeklärt wurden und dem Vergleich dennoch zustimmten. Zum Anderen ist davon auszugehen, dass sie auch bei nochmaliger Aufklärung den Vergleich geschlossen hätten. Dass sich die Versicherung zwingend auf eine entsprechende Kostenregelung verständigt hätte, wird beklagtenseits nicht behauptet, so dass auch nicht unter diesem Gesichtspunkt ein Schaden der Beklagten zwingend ist.

II.

Der geltend gemachte Zinsanspruch ergibt sich aus den §§ 286 Abs. 2 Nr. 3, 288 Abs. 1 BGB. Durch das als Anlage K20 zur Akte gereichte Schreiben vom 09.03.2011 haben die Beklagten die Begleichung der Klageforderung endgültig und ernsthaft abgelehnt, so dass sie gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB zum beantragten Zeitpunkt in Zahlungsverzug gerieten.

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 709 ZPO. Der zurückgenommene und abgewiesene Teil der Klageforderung macht nur einen verhältnismäßig geringfügigen Anteil am zugesprochenen Betrag aus und war weder streitwert- noch gebührenerhöhend, so dass eine Kostenquotelung nicht vorzunehmen war.

Streitwert: bis 6.000,00 EUR






LG Düsseldorf:
Urteil v. 18.07.2013
Az: 6 O 455/11


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