Bundespatentgericht:
Beschluss vom 27. Juni 2000
Aktenzeichen: 24 W (pat) 280/99

(BPatG: Beschluss v. 27.06.2000, Az.: 24 W (pat) 280/99)

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Markeninhaberin wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 3. Juni 1999 aufgehoben, soweit wegen des Widerspruchs aus der Marke 710 948 die Löschung der angegriffenen Marke für die Waren "Wasch- und Bleichmittel, Putz-, Polier-, Schmirgel- und Schleifmittel" angeordnet worden ist. Insoweit wird der Widerspruch zurückgewiesen.

Im übrigen wird die Beschwerde hinsichtlich des Widerspruchs aus der Marke 710 948 zurückgewiesen.

2. Soweit sich die Beschwerde der Markeninhaberin gegen die teilweise Löschung der angegriffenen Marke wegen des Widerspruchs aus der IR-Marke 612 686 richtet, ist sie derzeit gegenstandslos.

Gründe

I.

Gegen die Eintragung der am 15. September 1994 angemeldeten und am 30. November 1995 veröffentlichten Marke 2 909 421 PESONA für die Waren

"Wasch- und Bleichmittel, Putz-, Polier-, Schmirgel- und Schleifmittel, Seifen, Parfümerien, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer und Lotionen; Zahnputzmittel"

ist Widerspruch erhoben aufgrund 1. der IR-Marke 612 686 PERSONA, deren Warenverzeichnis ua die Waren

"produits pharmaceutiques"

enthält, und 2. der am 12. Februar 1958 eingetragenen Marke 710 948 REXONA, die ua für die Waren

"Parfümerien, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege"

geschützt ist.

Die Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts hat auf den Widerspruch aus der Marke 710 948 die angegriffene Marke vollständig gelöscht. Auf den Widerspruch aus der IR-Marke 612 686 hat sie die Marke teilweise gelöscht, nämlich bezüglich der Waren "Seifen, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer und Lotionen; Zahnputzmittel"; im übrigen hat sie diesen Widerspruch zurückgewiesen. In dem jeweils von der Löschung betroffenen warenmäßigen Umfang hat sie die angegriffene Marke mit den beiden genannten Widerspruchsmarken für verwechselbar gehalten.

Die Markeninhaberin hat Beschwerde eingelegt.

Nachdem sie - auch - die Benutzung der Widerspruchsmarke 710 948 bestritten hatte, hat die aus dieser Marke Widersprechende verschiedene Unterlagen zur Glaubhaftmachung der Benutzung ihrer Marke vorgelegt.

Die Markeninhaberin trägt vor, die zum Vergleich stehenden Marken seien Wortmarken, welche sich nach ihrem jeweiligen Gesamteindruck ohne Verwechslungsgefahr für die Verkehrsbeteiligten auseinanderhalten ließen, selbst wenn die beiden Marken zur Kennzeichnung identischer Waren verwendet würden.

Sie beantragt (sinngemäß), den angefochtenen Beschluß insoweit aufzuheben, als die angegriffene Marke gelöscht worden ist, und die Widersprüche in vollem Umfang zurückzuweisen.

Die Widersprechenden beantragen, die Beschwerde zurückzuweisen.

Die aus der Marke 710 948 Widersprechende macht geltend, diese Marke sei rechtserhaltend für Deodorants, Schaumbäder, Duschgels und Seifen benutzt worden. Die Waren der angegriffenen Marke lägen im Ähnlichkeitsbereich dieser Waren. Nachdem der Widerspruchsmarke 710 948 aufgrund der umfangreichen Benutzung auch eine erhöhte Kennzeichnungskraft zukomme, reiche die Ähnlichkeit der Wortmarken "PESONA" und "REXONA" aus, eine Verwechslungsgefahr zu begründen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

1. Die Beschwerde der Markeninhaberin gegen die vollständige Löschung der angegriffenen Marke wegen des Widerspruchs aus der Marke 710 948 ist teilweise begründet. Im Umfang der Waren "Wasch- und Bleichmittel, Putz-, Polier-, Schmirgel- und Schleifmittel" kann die Löschung der angegriffenen Marke durch den angefochtenen Beschluß keinen Bestand haben.

Bei der Entscheidung über den Widerspruch aus der Marke 710 948 sind nur die Waren der Widerspruchsmarke zu berücksichtigen, für die eine Benutzung glaubhaft gemacht worden ist (§ 43 Abs 1 Satz 3 MarkenG). Da im vorliegenden Fall die Voraussetzungen beider Nichtbenutzungseinreden gemäß § 43 Abs 1 Satz 1 und Satz 2 MarkenG erfüllt sind, hat sich die Glaubhaftmachung der bestrittenen Benutzung sowohl auf den Zeitraum von fünf Jahren vor der Veröffentlichung der Eintragung der angegriffenen Marke (30. November 1995) als auch auf den Zeitraum von fünf Jahren vor Verkündung dieser Entscheidung (27. Juni 2000) zu erstrecken (vgl BGH GRUR 1988, 938, 939 f "DRAGON"; GRUR 1999, 54, 55 "Holtkamp"; GRUR 2000, 510 "Contura"). Eine lediglich für einen dieser beiden Zeiträume erfolgte Glaubhaftmachung der Benutzung ist unzureichend und muß zur Zurückweisung des Widerspruchs führen (vgl Kliems, GRUR 1999, 11, 14). Im vorliegenden Fall konnte die Widersprechende für beide maßgebliche Zeiträume lediglich eine rechtserhaltende Benutzung der Marke 710 984 für Deodorants glaubhaft machen. Nach den in der vorgelegten eidesstattlichen Versicherung des Herrn Reiner Krüger vom 14. Juni 2000 in Verbindung mit den ebenfalls eingereichten Preislisten, welche die entsprechenden Warendarstellungen enthalten, sind unter der Marke "REXONA" in den Jahren 1990 bis 1995 pro Jahr durchschnittlich deutlich über ... Stück Deodo- rants vertrieben worden. In den Jahren 1998 und 1999 betrugen die jährlichen Umsätze dieser Waren jeweils über ... Stück. Diese Angaben sind auch von der Inhaberin der angegriffenen Marke nicht in Zweifel gestellt worden. Insoweit kann von einer in jeder Hinsicht ernsthaften Markenbenutzung in beiden entscheidenden Benutzungszeiträumen ausgegangen werden. Hinsichtlich der weiteren in der eidesstattlichen Versicherung aufgeführten Waren Schaumbäder, Seifen und Duschgels fehlen dagegen für den gemäß § 43 Abs 1 Satz 2 MarkenG maßgeblichen Zeitraum jegliche Angaben und Glaubhaftmachungsmittel.

Bei dieser warenmäßigen Ausgangslage ist lediglich eine Löschung der angegriffenen Marke hinsichtlich der Waren "Seifen, Parfümerien, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer und Lotionen; Zahnputzmittel" gerechtfertigt, wobei dahingestellt bleiben kann, ob hierbei nur von den Waren "Deodorants" auszugehen ist, für die eine Markenbenutzung tatsächlich erfolgt ist, oder ob zugunsten der Widersprechenden im Wege der Integration ein weitergehender Warenbereich aus den insoweit in Betracht kommenden eingetragenen Warenoberbegriffen "Parfümerien, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege" zugrunde zu legen ist (vgl hierzu Althammer/Ströbele, Markengesetz, 5. Aufl, § 26 Rdn 74 ff; BGH GRUR 1999, 164, 165 f "JOHN LOBB"; GRUR 1999, 245, 246 "LIBERO"). Die genannten Kosmetikwaren der angegriffenen Marke sind nämlich auch mit Deodorants unbedenklich ähnlich, wobei sogar von einem hohen Ähnlichkeitsgrad auszugehen ist.

Nicht ähnlich mit Deodorants wie auch mit sonstigen Kosmetika sind dagegen die weiteren Waren "Wasch- und Bleichmittel, Putz-, Polier-, Schmirgel- und Schleifmittel" der angegriffenen Marke. Diese Waren des Wasch- und Reinigungsmittelbereichs sind von völlig anderer stofflicher Beschaffenheit als kosmetische Produkte. Sie dienen gänzlich anderen Zwecken und stehen auch in keinerlei funktionellem Zusammenhang zu Waren der Körper- und Schönheitspflege. Insoweit ordnet der Verkehr diese verschiedenen Waren nicht einem gemeinsamen betrieblichen Verantwortungsbereich zu (vgl hierzu EuGH GRUR 1998, 922, 924 "CANON"; BGH GRUR 1999, 245, 246 f "LIBERO"): Dementsprechend ist auch in ständiger Spruchpraxis, von welcher abzuweichen der Senat keinen Anlaß sieht, die Gleichartigkeit bzw Ähnlichkeit der beiden Warengruppen stets verneint worden (vgl Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 11. Aufl, S 272, 290, 350 ff).

Im Bereich der jedenfalls zu berücksichtigenden Deodorants kann der Widerspruchsmarke "REXONA" eine erhöhte Kennzeichnungskraft zuerkannt werden. Nach den insoweit unwidersprochen vorgetragenen und glaubhaft gemachten Unterlagen der Widersprechenden bewegten sich die entsprechenden Stückumsatzzahlen im Jahr 1994, in dem die angegriffene Marke angemeldet worden war, und im Jahr 1999, das dem Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung relativ nahe liegt, zwischen ... und ..., so daß von einer gut benutzten Marke ausgegangen werden kann, der insoweit ein überdurchschnittlicher Schutzbereich zuzusprechen ist.

Hiervon ausgehend muß die angegriffene Marke "PESONA" einen deutlichen Abstand zu der Widerspruchsmarke "REXONA" einhalten, um Markenverwechslungen auszuschließen. Dies ist zumindest in schriftbildlicher Hinsicht nicht der Fall, nachdem neben der eingetragenen Großschreibung auch jede andere verkehrsübliche Wiedergabeform, insbesondere die Normalschreibung "Pesona/Rexona" zu berücksichtigen ist (vgl Althammer/Ströbele, aaO, § 9 Rdn 65). Denn die beiden Markenwörter sind in der Mehrzahl ihrer Buchstaben "-eona" identisch und in ihren restlichen Schriftzeichen "P" bzw "R" und "s" bzw "x" nicht unübersehbar verschieden. Die Anfangsbuchstaben "P" und "R" sind bis auf den mittellangen Schrägstrich im "R" sogar von sehr ähnlicher Gestalt. Die Binnenbuchstaben "s" und "x", die mangels Ober- und Unterlängen von ohnehin eher unauffälliger Figur sind, gleichen sich in Höhe wie Breite und weisen keine markanten Abweichungen auf.

Der Beschwerde der Markeninhaberin gegen die vollständige Löschung der angegriffenen Marke wegen des Widerspruchs aus der Marke 710 948 ist somit lediglich teilweise stattzugeben; im übrigen ist sie zurückzuweisen.

2. Über die Beschwerde der Markeninhaberin gegen die teilweise Löschung der angegriffenen Marke bezüglich der Waren "Seifen, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer und Lotionen; Zahnputzmittel" wegen des Widerspruchs aus der IR-Marke 612 686 braucht derzeit nicht entschieden zu werden. Denn bezüglich dieser Waren bleibt es bei der Löschung der angegriffenen Marke aufgrund des Widerspruchs aus der Marke 710 948, so daß insoweit die Beschwerde der Markeninhaberin hinsichtlich des Widerspruchs aus der IR-Marke 612 686 derzeit gegenstandslos ist. Sollte in dem fraglichen Warenumfang das Recht der Markeninhaberin an der angegriffenen Marke - etwa aufgrund einer Eintragungsbewilligungsklage - wieder aufleben, so wird insoweit über die Beschwerde der Markeninhaberin noch zu entscheiden sein.

Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage besteht kein Anlaß, aus Gründen der Billigkeit gemäß § 71 Abs 1 MarkenG einer der Verfahrensbeteiligten die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.

Dr. Ströbele Werner Dr. Schmittbr/prö






BPatG:
Beschluss v. 27.06.2000
Az: 24 W (pat) 280/99


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