Bundespatentgericht:
Beschluss vom 19. Juli 2000
Aktenzeichen: 26 W (pat) 33/00

(BPatG: Beschluss v. 19.07.2000, Az.: 26 W (pat) 33/00)

Tenor

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die für die Dienstleistungen

"35 Statistical information concerning the transportation of goods from one place to another.

38 Communications via electronic mail, data terminals or by means of facsimile messages, all concerning the transportation of goods from one place to another.

34 Transportation of goods from one place to another; services in the form of freight reservations, receiving information on the status of a certain freight, type of transport, time tables, reservations or similar, related to the transportation of goods from one place to another, including by means of data communication"

in der Bundesrepublik Deutschland Schutz suchende IR-Marke 680 760 TradeTrackist Widerspruch eingelegt worden aus der prioritätsälteren Wortmarke 397 06 711 TRACKTRACER, die ua für die Dienstleistungen

"Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten; Veranstaltung von wirtschaftlichen Ausstellungen; 36: Versicherungswesen; Finanzwesen; Geldgeschäfte; Immobilienwesen; 38: Telekommunikation; 39: Transportwesen; Verpackung und Lagerung von Waren; Veranstaltung von Reisen; 42: Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Erstellen von technischen Gutachten, soweit in Klasse 42 enthalten; Nachforschungen nach Personen; Nachforschungen in Rechtsangelegenheiten; technische Beratung und gutachterliche Tätigkeit; Vermietung von Datenverarbeitungsanlagen; Vermietung von Verkaufsautomaten; Verwaltung und Verwertung von Urheberrechten; Verwertung gewerblicher Schutzrechte"

geschützt ist.

Die Markenstelle für Klasse 39 IR des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Zwar könnten die beiderseitigen Dienstleistungen zumindest teilweise in einem markenrechtlich relevanten Ähnlichkeitsbereich liegen, weshalb hohe Anforderungen an den Abstand der sich gegenüberstehenden Marken zu stellen seien. Selbst bei Anlegen strengster Maßstäbe hielten die beiderseitigen Bezeichnungen jedoch einen hinreichend großen Abstand ein.

Die jüngere Kennzeichnung "TradeTrack" weise neben dem übereinstimmenden Bestandteil "Track" das weitere Markenwort "Trade" auf. Beide englischsprachigen Bestandteile erschienen dabei nicht eigenständig bzw isoliert nebeneinander, sondern bildeten einen einheitlichen Begriff, dessen deutscher Sinngehalt "Handelsspur" sich dem inländischen Verkehr ohne weiteres erschließe, da es sich bei den beiden Wörtern "Trade" und "Track" um Begriffe des englischen Grundwortschatzes handle. Unter Berücksichtigung der Gewohnheiten der beteiligten Verkehrskreise auf den hier maßgeblichen Dienstleistungssektoren seien keine Gründe ersichtlich, weshalb die angesprochenen Verbraucher den Gesamtbegriff "TradeTrack" trennen und nur einem der beiden Worte eine die IR-Marke besonders prägende Wirkung beimessen sollten, zumal sie hierfür den prägnanten Gesamtbegriff willkürlich spalten müßten und außerdem beide Markenelemente durch die geschlossene Schreibweise auch optisch zu einer geschlossenen Einheit verbunden seien. Aus den gleichen Erwägungen sei nicht zu erwarten, daß die Widerspruchsmarke "TRACKTRACER" mit dem ohne weiteres erkennbaren Gesamtbegriff "Spurensucher" auf den Bestandteil "TRACK" verkürzt werde.

In ihrem Gesamteindruck weiche die jüngere Marke trotz der Übereinstimmung im Wortelement "Track" durch den Unterschied im ersten Markenbestandteil "Trade" und den dadurch begründeten Abweichungen in der Konsonantenfolge so deutlich von der Widerspruchsmarke ab, daß die klangliche Unterscheidbarkeit gewährleistet sei, wobei die leicht erfaßbaren Sinngehalte einer Verwechslungsgefahr zusätzlich entgegenwirkten. Bildlich unterschieden sich beide Zeichen durch die konkreten Abweichungen im jeweils unterschiedlichen Wortelement, so daß auch unter diesem Gesichtspunkt eine unmittelbare Verwechslungsgefahr nicht zu befürchten sei.

Hiergegen richtet sich die nicht begründete Beschwerde der Widersprechenden.

Sie beantragt die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses.

Die Inhaberin der IR-Marke hat sich zur Beschwerde nicht geäußert.

II.

Die Beschwerde der Widersprechenden ist zulässig. In der Sache bleibt sie jedoch ohne Erfolg, denn es besteht keine Gefahr von Verwechslungen der angegriffenen IR-Marke mit der Widerspruchsmarke gem § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG.

Die Gefahr markenrechtlich erheblicher Verwechslungen ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, die zueinander in einer Wechselbeziehung stehen, umfassend zu beurteilen. Zu den maßgeblichen Umständen gehören insbesondere die Ähnlichkeit der Marken und der damit gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen sowie die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke (vgl EuGH GRUR 1998 387, 389 - Sabèl/Puma; BGH GRUR 1995 216, 219 - Oxygenol II).

Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der beiderseitigen Dienstleistungen ist im vorliegenden Fall davon auszugehen, daß jedenfalls hinsichtlich der von beiden Marken beanspruchten Dienstleistungen der Klassen 38 und 39 Identität besteht. Bei zumindest durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sind daher an dem Abstand der sich gegenüberstehenden Marken erhebliche Anforderungen zu stellen, den die angegriffene Marke jedoch wahrt.

Bei der Prüfung der Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Kennzeichnungen ist grundsätzlich auf den Gesamteindruck abzustellen, den sie hervorrufen (vgl EuGH aaO - Sabèl/Puma; BGH GRUR 1996, 774 - Sali Toft). Insoweit hat bereits die Markenstelle zutreffend festgestellt, daß die jüngere Marke in ihrem klanglichen und schriftbildlichen Gesamteindruck trotz der Übereinstimmung in dem Wortelement "Track" durch den Unterschied im vorangestellten Bestandteil "Trade" von der Widerspruchsmarke so deutlich abweicht, daß Verwechslungen insoweit hinreichend ausgeschlossen sind.

Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt der Übereinstimmung prägender Markenbestandteile besteht ebenfalls nicht. Zwar kann ausnahmsweise einem Markenbestandteil eine besondere, eine Gesamtmarke prägende Wirkung beigemessen werden und dann eine Verwechslungsgefahr auf die Ähnlichkeit dieses Bestandteils mit einer anderen Bezeichnung gestützt werden. Eine solche prägende Wirkung eines Zeichenteils, hier der Wortbestandteil "Track", setzt aber regelmäßig voraus, daß er die anderen Bestandteile der Gesamtmarke an Kennzeichnungskraft überragt und der Verkehr dem weiteren Markenteil daneben keinen besonderen Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Waren entnimmt (vgl BGH GRUR 1996, 198 - Springende Raubkatze).

Wie bereits die Markenstelle im einzelnen dargelegt hat, kann nicht davon ausgegangen werden, daß die angegriffene Kennzeichnung und die Widerspruchsmarke von dem übereinstimmenden Bestandteil "Track" geprägt werden. Insbesondere auf dem Gebiet der elektronischen Datenübertragung ist davon auszugehen, daß der angesprochene Verkehr den Sinn der englischsprachigen Markenbestandteile "TradeTrack" (= Handelsspur) und "TRACKTRACER" (= Spurensucher) ohne weiteres erfaßt. Beide Marken sind mithin aus zwei gleichrangigen Worten gebildet, die einen prägnanten Gesamtbegriff darstellen. Der Verkehr hat deshalb keine Veranlassung, die jeweiligen Gesamtbegriffe zu trennen und nur jeweils dem übereinstimmenden Wort "Track" eine besonders prägende Wirkung beizumessen. Vielmehr wird er beide Kennzeichnungen in ihrer Gesamtheit verwenden, was die Gefahr unmittelbarer Verwechslungen der Marken ausschließen.

Eine Verwechslungsgefahr ist auch für den Fall zu verneinen, daß der Verkehr den Bedeutungsgehalt der gegenüberstehenden Bezeichnungen nicht ohne weiteres erfaßt, denn die schutzsuchende IR-Marke ruft die Erinnerung an die Widerspruchsmarke schon deshalb nicht wach, weil sich der übereinstimmende Zeichenteil einmal am Wortanfang und einmal am Wortende befindet und so einen deutlich unterschiedlichen Gesamteindruck der Zeichen bewirkt.

Zur weiteren Begründung nimmt der Senat auf die zutreffenden Ausführungen der Markenstelle im angefochtenen Beschluß Bezug und macht sie sich zu eigen. Diesen ist die Widerspechenden nicht entgegengetreten, so daß nicht ersichtlich ist, aus welchen Gründen sie diese Entscheidung für unzutreffend hält.

Zu einer Auferlegung von Kosten gem § 71 MarkenG bestand keine Veranlassung.

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BPatG:
Beschluss v. 19.07.2000
Az: 26 W (pat) 33/00


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